TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/17 VGW-151/084/5629/2018, VGW-151/084/5633/2018, VGW-151/084/5635/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2018
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Entscheidungsdatum

17.07.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §69 Abs1 Z1
AVG §69 Abs3
NAG §11 Abs1 Z4
NAG §24 Abs3
NAG §30 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Zach über die gemeinsam erhobene Beschwerde vom 14.3.2018, 1.) des Herrn J. K., 2.) des mj. Herrn St. K. und 3.) der Frau T. K., alle vertreten durch RA, gegen die Bescheide vom 28.2.2018 des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, … mit welchen zum einen rechtskräftig abgeschlossene Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen wurden und zum anderen die bereits rechtskräftig bewilligten Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung von Aufenthaltstiteln und die eingebrachten Verlängerungsanträge bzw. Zweckänderungsanträge auf Erteilung von weiteren Aufenthaltstiteln abgewiesen wurden, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, und werden die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführer stellten am 23.11.2012 (Erstantrag des Erstbeschwerdeführers), 17.4.2014 (Erstanträge der von Zweit- und Drittbeschwerdeführer), 26.6.2014 (Verlängerung der Aufenthaltstitel von allen drei Beschwerdeführern), 30.6.2015 (weitere Verlängerung aller 3 Aufenthaltstitel) und 8.7.2016 (Verlängerung der Aufenthaltstitel von Zweit- und Drittbeschwerdeführer) Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln „Familienangehöriger“; am 31.3.2016 stellten der Erstbeschwerdeführer und am 11.7.2017 die Drittbeschwerdeführerin jeweils einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung von Aufenthaltstiteln „Rot-weiß-Rot Karte plus“. Sämtliche der beantragten Titel wurden den Beschwerdeführern erteilt bzw. verlängert.

Im Verfahren betreffend den Erstantrag vom 23.11.2012 des Erstbeschwerdeführers beauftragte die belangte Behörde die LPD Wien mit Ermittlungen wegen des Verdachts des Eingehens einer Scheinehe des Erstbeschwerdeführers mit seiner damaligen Ehefrau S. G., die er am 16.10.2012, knapp 1,5 Monate nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau A. K., mit der er die Zweit- und Drittbeschwerdeführer als gemeinsame Kinder hat, geheiratet hat. Die LPD Wien erstattete am 6.6.2013 schriftlich Bericht an die belangte Behörde und hielt dabei zusammenfassend folgendes fest: „Es wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um eine aufrechte Ehe handelt. Eine genauere Beweislage ist derzeit nicht möglich da der Ehegatte die Hälfte der Zeit in Serbien verbringt. Hierzu wird angeraten die Ehe bei einer weiteren Verlängerung des AT (falls einer derzeitigen Erteilung des AT nichts entgegen spricht) die Ehe neuerlich zu überprüfen. Ob und inwieweit die Unterhaltsmittel für ein weiteres gesichertes Zusammenleben ausreichend sind ist eher zweifelhaft.“ Die belangte Behörde gab nach Erhalt dieses Berichts dem Erstantrag des Erstbeschwerdeführers Folge und erteilte diesem einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“.

Bei sämtlichen in weiterer Folge den 3 Beschwerdeführern erteilten Aufenthaltstiteln führte die belangte Behörde keinerlei weiteren Ermittlungen betreffend die Ehe des Erstbeschwerdeführers mit S. G. durch, wobei diese Ehe am 2.2.2016 rechtskräftig geschieden wurde und danach noch Verlängerungsanträge der Zweit und Drittbeschwerdeführer am 8.7.2016 sowie Zweckänderungsanträge am 31.3.2017 des Erstbeschwerdeführers und am 11.7.2017 der Drittbeschwerdeführerin eingebracht und von der belangten Behörde jeweils positiv erledigt wurden (dem Erstbeschwerdeführer wurde zuletzt am 27.4.2017 und der 3. Beschwerdeführerin wurde zuletzt am 28.7.2017 jeweils ein Aufenthaltstitel „Rot-weiß-rot Karte plus“ erteilt).

Am 11.8.2016 schloss der Erstbeschwerdeführer erneut die Ehe mit seiner 1. Ehefrau (und der Mutter der Zweit- und Drittbeschwerdeführer) Frau A. K. in Serbien. Am 26.1.2017 brachte Frau A. K. bei der belangten Behörde einen Antrag auf Familienzusammenführung in Österreich ein.

(Erst) mit Schreiben vom 28.7.2017 beauftragte die belangte Behörde neuerlich die LPD Wien mit Ermittlungen hinsichtlich der mittlerweile geschiedenen Ehe zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau S. G. wegen des Verdachtes einer Scheinehe („Zwischenehe“). Die LPD Wien führte in der Folge Einvernahmen mit dem Erstbeschwerdeführer und Frau S. G. durch und kam zu dem Schluss, dass es sich bei dieser (mittlerweile geschiedenen) Ehe um eine Scheinehe gehandelt habe.

In weiterer Folge verständigte die belangte Behörde alle Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.1.2018 vom Ergebnis der Beweisaufnahme und informierte alle Beschwerdeführer von der Absicht, sämtliche Verfahren betreffend der bisher erteilten Aufenthaltstitel wieder aufzunehmen und die Anträge abzuweisen.

Mit den nunmehr bekämpften Bescheiden, alle vom 28.2.2018, nahm die belangte Behörde alle bisherigen Verfahren betreffend die bisherigen Aufenthaltstitel der drei Beschwerdeführer wieder auf und wies sämtliche Anträge ab.

In der Begründung gab die belangte Behörde die Ermittlungsergebnisse der LPD Wien wieder und führte sinngemäß zusammengefasst aus, dass der Erstbeschwerdeführer durch Täuschung der belangten Behörde seinen ersten Aufenthaltstitel erschlichen habe und auch die darauf folgenden Verlängerungen sowie die Aufenthaltstitel seiner Kinder (Zweit-und Drittbeschwerdeführer) nur wegen der Täuschung der belangten Behörde hinsichtlich der Ehe zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau S. G. erschlichen worden seien. Daher seien die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme sämtlicher Verfahren vorgelegen und seien diese Verfahren aufgrund einer erwiesenen Scheinehe negativ zu erledigen gewesen.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde bringen die Beschwerdeführer durch ihren rechtsfreundlicher Vertreter sinngemäß vor, dass trotz des Berichts der LPD Wien, der im Verfahren betreffend den Erstantrag des Erstbeschwerdeführers ergangen ist und in welchem festgehalten wurde, dass aufgrund des Auslandsaufenthaltes des Erstbeschwerdeführers eine Beweisführung nicht möglich sei und daher angeraten wurde, die Ehe in Verlängerungsverfahren nochmals prüfen zu lassen, keinerlei weiteren Ermittlungsmaßnahmen erfolgten, nachdem der Erstantragsteller nach Österreich übersiedelt sei. Auch die Erstanträge von Zweit- und Drittbeschwerdeführer sowie nachfolgend sämtliche Verlängerungsanträge seien ohne neuerliche Überprüfung bewilligt worden.

Eine Wiederaufnahme könne nach ständiger Judikatur des VwGH nicht auf Umstände gestützt werden, die der Behörde bereits vor Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels bekannt gewesen seien. Ein Erschleichen liege nicht vor, wenn die Behörde aufgrund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens die Unrichtigkeit der Angaben hätte erkennen können und dies nur deshalb nicht erkannt habe, weil sie es verabsäumt habe, von den ihr zu Verfügung stehenden Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung Gebrauch zu machen (VwGH 94/20/0779). Da die Behörde entsprechende Sachverhaltsermittlungen unterlassen habe, könne eine Wiederaufnahme nicht auf diese Gründe gestellt werden. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in die Rechtskraft des von der Behörde erlassenen Bescheides dar. Weiters würden sich die zuletzt erteilten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ nicht mehr auf die seinerzeit eingegangene Ehe stützen. Auch habe der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Eingehen einer Aufenthaltsehe den Kindern des eine Aufenthaltsehe eingehenden Elternteils nicht schlechthin angelastet werden könne.

Selbst im Fall, dass die Wiederaufnahme rechtlich zulässig gewesen sei, würden keine hinreichenden Nachweise für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe vorliegen. Es gebe eine Vielzahl von Zeugen, die aufgrund von Wahrnehmungen bei Besuchen bzw. gemeinsamen Unternehmungen bestätigen könnten, dass die Ehegatten in Wohn-, Wirtschaft-, und Geschlechtsgemeinschaft gelebt hätten.

Aufgrund dieser Beschwerde, die auch einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung enthielt, fand beim Verwaltungsgericht Wien am 29.6.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, bei der folgendes zu Protokoll genommen wurde:

Der Verhandlungsleiter erörtert seine Rechtsansicht hinsichtlich der Zulässigkeit von Wiederaufnahme abgeschlossener Verfahren und verweist insbesondere uaf die beiden in der Beschwerde angeführte Judikate des VwGH, 94/20/0779 vom 25.4.1995 und 2009/22/0325 vom 22.7.2011. Aus den Akten betreffend die Erstanträge und die früheren Verlängerungs- bzw. Zweckänderungsanträge geht hervor, dass nach dem Bericht der LPD Wien vom 6.6.2013, in welchem die Polizei explizit darauf hinweist, dass die damalige Ehe des ErstBf bei einer Verlängerung des AT neuerlich zu überprüfen wäre, keinerlei weiteren Ermittlungen hinsichtlich der damaligen Ehe zwischen dem ErstBF und Frau G. S. durchgeführt wurde.

Die Vertreterin der Behörde gibt zu Protokoll:

Es ist richtig, dass in diesem Verlängerungsverfahren keine weiteren Ermittlungen zur damaligen Ehe des ErstBF mehr veranlasst wurden. In der Praxis ist es normalerweise so, dass die Aufenthaltsehen vor allem dann erkannt werden können, wenn die „echte Familie“ nachgeholt werden soll. Weiters ist es auch so, dass die Verlängerungsverfahren nicht von der gleichen Stelle in der MA 35 durchgeführt werden, wie die Erstanträge. Es ist auch so, dass dann, wenn die Berichte der LPD zu den Aufenthaltsehen eher dünn sind, von manchen Sachbearbeitern, dann der beantragte Titel erteilt wird. Es sollte dann aber schon so sein, dass das im Verlängerungsverfahren noch einmal überprüft wird. Im hier gegenständlichen Fall ist eben die „Zwischenehe“ erst erkannt worden, als der neue Antrag der jetzigen Ehefrau des BF gestellt wurde.

Aus meiner Sicht ist aufgrund einer abweichenden Vorfragenbeurteilung die Wiederaufnahme zulässig.

Hinsichtlich der BF T. K. wird vorgebracht, dass diese als mündige mj. jedenfalls hätte erkennen müssen, dass ihr Vater und ihre Stiefmutter keine echte Ehe führen. Es ist daher kein schutzwürdiges Familienleben des Art. 8 EMRK vorhanden.

Die letzten Aufenthaltstitel der beiden Kinder für den Zweck „Familienangehöriger mit Österreicher“ wurden zu einem Zeitpunkt gestellt, als die Ehe des ErstBF mit einer Österreicherin, nämlich Frau G. bereits geschieden war. Daher hätten diese Verfahren jedenfalls wieder aufgenommen werden müssen.

Der BFV gibt zu Protokoll:

Entsprechend der vorgebrachten Judikatur hätte eben gleich bei den ersten Verlängerungen ermittelt werden müssen und nicht erst jetzt, 5 Jahre später bzw. nach 3 bewilligten Verlängerungen bzw. Zweckänderungen.

Es wird bestritten, dass kein schutzwürdiges Familienleben der Kinder oder des Vater der Familie K. vorhanden gewesen wäre.

Der ErstBF hat am 31.3.2016 einen Zweckänderungsantrag für „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ bestellt und diese am 10.5.2016 erhalten. Die Behörde hätte daher schon bei der Antragstellung der Kinder erkennen müssen, dass hier nicht eine Verlängerung des Titels „Familienangehöriger mit Österreicher“ erteilt werden kann, sondern hätte zu einem Zweckänderungsantrag anleiten bzw. den Antrag abweisen müssen. Die Titel für die Kinder wurden rechtskräftig erteilt, aber da der Fehler für die Behörde erkennbar war, kann kein Wiederaufnahmegrund vorliegen.

Der BFV gibt zu Protokoll:

Auf die Einvernahme der heute stellig gemachten Zeugen wird verzichtet.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Die Beschwerdeführer sind allesamt serbische Staatsbürger und stellten am 23.11.2012 (Erstantrag des Erstbeschwerdeführers), 17.4.2014 (Erstanträge der von Zweit- und Drittbeschwerdeführer), 26.6.2014 (Verlängerung der Aufenthaltstitel von allen drei Beschwerdeführern), 30.6.2015 (weitere Verlängerung aller drei Aufenthaltstitel) und 8.7.2016 (Verlängerung der Aufenthaltstitel von Zweit- und Drittbeschwerdeführer) Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln „Familienangehöriger“; am 31.3.2016 stellten der Erstbeschwerdeführer und am 11.7.2017 die Drittbeschwerdeführerin jeweils einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung von Aufenthaltstiteln „Rot-weiß-Rot Karte plus“. Sämtliche der beantragten Titel wurden den Beschwerdeführern erteilt bzw. verlängert.

Im Verfahren betreffend den Erstantrag vom 23.11.2012 des Erstbeschwerdeführers beauftragte die belangte Behörde die LPD Wien mit Ermittlungen wegen des Verdachts des Eingehens einer Scheinehe des Erstbeschwerdeführers mit seiner damaligen Ehefrau S. G., die er am 16.10.2012, knapp 1,5 Monate nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau A. K., mit der er die Zweit- und Drittbeschwerdeführer als gemeinsame Kinder hat, geheiratet hat. Die LPD Wien erstattete am 6.6.2013 schriftlich Bericht an die belangte Behörde und hielt dabei zusammenfassend folgendes fest: Es wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um eine aufrechte Ehe handelt. Eine genauere Beweislage ist derzeit nicht möglich da der Ehegatte die Hälfte der Zeit in Serbien verbringt. Hierzu wird angeraten die Ehe bei einer weiteren Verlängerung des AT (falls einer derzeitigen Erteilung des AT nichts entgegen spricht) die Ehe neuerlich zu überprüfen. Ob und inwieweit die Unterhaltsmittel für ein weiteres gesichertes Zusammenleben ausreichend sind ist eher zweifelhaft.“ Die belangte Behörde gab nach Erhalt dieses Berichts dem Erstantrag des Erstbeschwerdeführers Folge und erteilte diesem einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“.

Bei sämtlichen in weiterer Folge den 3 Beschwerdeführern erteilten Aufenthaltstiteln führte die belangte Behörde keinerlei weiteren Ermittlungen betreffend die Ehe des Erstbeschwerdeführers mit S. G. durch, wobei diese Ehe am 2.2.2016 rechtskräftig geschieden wurde und danach noch Verlängerungsanträge der Zweit und Drittbeschwerdeführer am 8.7.2016 sowie Zweckänderungsanträge am 31.3.2017 des Erstbeschwerdeführers und am 11.7.2017 der Drittbeschwerdeführerin eingebracht und von der belangten Behörde jeweils positiv erledigt wurden (dem Erstbeschwerdeführer wurde zuletzt am 27.4.2017 und der 3. Beschwerdeführerin wurde zuletzt am 28.7.2017 jeweils ein Aufenthaltstitel „Rot-weiß-rot Karte plus“ erteilt).

Am 11.8.2016 schloss der Erstbeschwerdeführer erneut die Ehe mit seiner 1. Ehefrau (und der Mutter der Zweit- und Drittbeschwerdeführer) Frau A. K. in Serbien. Am 26.1.2017 brachte Frau A. K. bei der belangten Behörde einen Antrag auf Familienzusammenführung in Österreich ein.

(Erst) mit Schreiben vom 28.7.2017 beauftragte die belangte Behörde neuerlich die LPD Wien mit Ermittlungen hinsichtlich der mittlerweile geschiedenen Ehe zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau S. G. wegen des Verdachtes einer Scheinehe („Zwischenehe“). Die LPD Wien führte in der Folge Einvernahmen mit dem Erstbeschwerdeführer und Frau S. G. durch und kam zu dem Schluss, dass es sich bei dieser (mittlerweile geschiedenen) Ehe um eine Scheinehe gehandelt habe.

In weiterer Folge verständigte die belangte Behörde alle Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.1.2018 vom Ergebnis der Beweisaufnahme und informierte alle Beschwerdeführer von der Absicht, sämtliche Verfahren betreffend die bisher erteilten Aufenthaltstitel wieder aufzunehmen und die Anträge abzuweisen.

Mit den nunmehr bekämpften Bescheiden, alle vom 28.2.2018, nahm die belangte Behörde alle bisherigen Verfahren betreffend die bisherigen Aufenthaltstitel der drei Beschwerdeführer wieder auf und wies sämtliche Anträge ab.

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen sind in der unbestrittenen Aktenlage begründet. Insbesondere wurde auch seitens der Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Beschwerdeverhandlung glaubwürdig ausgesagt, dass bei sämtlichen nunmehr wiederaufgenommenen Verfahren, abgesehen vom Verfahren betreffend den Erstantrag des Erstbeschwerdeführers, keinerlei Ermittlungen betreffend die nunmehr im Wiederaufnahmeverfahren geltend gemachte angebliche Scheinehe des Erstbeschwerdeführers mit Frau S. G. seitens der belangten Behörde durchgeführt bzw. veranlasst wurden. Da im gegenständlichen Verfahren insbesondere die Zulässigkeit der von der belangten Behörde durchgeführten Wiederaufnahmen der bereits abgeschlossenen Verfahren strittig ist, waren lediglich Feststellungen hinsichtlich des bisherigen Verfahrensverlaufes und hinsichtlich der durchgeführten Ermittlungen durch die belangte Behörde zu treffen.

Rechtliche Beurteilung:

Zur Wiederaufnahme von rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren normiert § 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) folgendes:

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.

neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.

der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4.

nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

Gemäß § 24 Abs. 3 NAG ist Fremden im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für diesen weiterhin vorliegen.

Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde gemäß § 25 Abs. 1 NAG - gegebenenfalls nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

Der VwGH hat in ständiger Judikatur (hier betreffend ein Verfahren nach dem Asylgesetz) folgenden Rechtsatz hinsichtlich des Erschleichens eines Bescheides gemäß § 69 Abs. 1 Ziffer 1 AVG erarbeitet (Hervorhebungen erfolgten durch das Verwaltungsgericht Wien):

Ein "Erschleichen" eines Bescheides liegt dann vor, wenn dieser in der Art zustandegekommen ist, daß bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zugrundegelegt worden sind, wobei Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist (Hinweis E 16.4.1985, 84/04/0050 uva). Dabei muß die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und eine solche Lage bestehen, daß ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides iSd § 69 Abs 1 Z 1 AVG zu werten (Hinweis E 9.3.1983, 83/01/0002 und E 19.2.1986, 84/09/0216 ua). Zusammengefaßt müssen daher drei Voraussetzungen vorliegen: Objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung, ein Kausalitätszusammenhang zwischen der unrichtigen Angabe der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde und Irreführungsabsicht der Partei, nämlich eine Behauptung wider besseres Wissen in der Absicht, daraus einen Vorteil zu erlangen (Hinweis E 27.4.1978, 2624/76).

In derselben Entscheidung führte der VwGH auch aus, es „müssen aber schon im wiederaufzunehmenden Verfahren (nicht also nur etwa im Wiederaufnahmeverfahren selbst) Handlungen und Unterlassungen feststellbar gewesen sein, die eine Erschleichungsabsicht erkennen lassen.“

Im Verfahren betreffend den Erstantrag des Erstbeschwerdeführers hatte die belangte Behörde den Verdacht, dass es sich bei der Ehe zwischen dem Erstbeschwerdeführer und seiner damaligen Gattin, Frau S. G., um eine Scheinehe handeln könnte. Die belangte Behörde hat dementsprechend Ermittlungsschritte gesetzt und die LPD Wien mit Erhebungen beauftragt. Die LPD Wien konnte jedoch in diesem Verfahren keine Scheinehe feststellen. Im Bericht der LPD Wien wurde jedoch abschließend folgendes festgehalten: „Hierzu wird angeraten die Ehe bei einer weiteren Verlängerung des AT (falls einer derzeitigen Erteilung des AT nichts entgegen spricht) die Ehe neuerlich zu überprüfen.“

Bei sämtlichen weiteren, nunmehr wiederaufgenommenen und abgewiesenen Verfahren der Beschwerdeführer wurde jedoch – trotz des eindeutigen Anratens der LPD Wien – kein einziger Ermittlungsschritt hinsichtlich der Überprüfung der Ehe zwischen dem erst Beschwerdeführer und Frau S. G. gesetzt. Dies wurde auch von der Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bestätigt. Diese gab auch weiters an, dass es normalerweise so ist, dass die Aufenthaltsehen vor allem dann erkannt werden können, wenn die „echte Familie“ nachgeholt werden soll. Weiters ist es nach Angaben der Vertreterin der belangten Behörde auch so, dass dann, „wenn die Berichte der LPD zu den Aufenthaltsehen eher dünn sind, von manchen Sachbearbeitern, dann der beantragte Titel erteilt wird. Es sollte dann aber schon so sein, dass das im Verlängerungsverfahren noch einmal überprüft wird.“

Gerade eine solche Überprüfung des Bestehens einer „echten Ehegemeinschaft“ zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau S. G. wurde jedoch – abgesehen vom Verfahren betreffend den Erstantrag des Erstbeschwerdeführers – in keinem einzigen der mit dem bekämpften Bescheiden wiederaufgenommenen und infolge negativ erledigten Verfahren durchgeführt, obwohl es für die belangte Behörde problemlos möglich gewesen wäre, in jedem dieser dem Erstantrag des Erstbeschwerdeführers nachfolgenden Verfahren zumindest Erhebungen durch die LPD Wien betreffend dessen Ehe zu veranlassen. Damit hat aber die belangte Behörde auch in sämtlichen Verfahren, die nach dem Verfahren betreffend den Erstantrag des Erstbeschwerdeführers vom 23.11.2012 über die folgenden Anträge aller 3 Beschwerdeführer geführt wurden, ihre Ermittlungspflichten verletzt. Insbesondere ist auch in § 24 Abs. 3 NAG normiert, dass Fremden im Rahmen eines Verlängerungsverfahren ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck (nur) zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen für diesen weiterhin vorliegen. Dieser Norm ist eine Ermittlungspflicht der Behörde im Verlängerungsverfahren immanent, die besagt, dass in jedem Verlängerungsverfahren die Voraussetzungen für den beantragten Titel zu prüfen sind. Spätestens bei der 1. Verlängerung des Aufenthaltstitels des Erstbeschwerdeführers (Antrag vom 26.6.2014) hätte daher das aufrechte Bestehen einer ehelichen Gemeinschaft zwischen dem Erstbeschwerdeführer und Frau S. G. (erneut) überprüft werden müssen, insbesondere da schon im Verfahren betreffend den Erstantrag ein Verdacht hinsichtlich des Vorliegens einer Scheinehe bestanden hat. Die belangte Behörde hätte daher in allen auf das Verfahren betreffend den Erstantrag des Erstbeschwerdeführers folgende Verfahren – im Sinne der oben zitierten VwGH Judikatur – ohne besondere Schwierigkeiten von den ihr offenstehenden Möglichkeiten zur Sachverhaltsermittlung, nämlich die Veranlassung von Erhebungen durch die LPD Wien, Gebrauch machen können und hätte spätestens beim Verfahren betreffend den 1. Verlängerungsantrag des Erstbeschwerdeführers (Antrag vom 26. Juni 2014) Feststellungen hinsichtlich einer allfälligen Scheinehe des Erstbeschwerdeführers treffen können. Die Anstellung derartiger Ermittlungen spätestens mit dem 1. Verlängerungsantrag des Erstbeschwerdeführers hätten von der belangten Behörde schon aufgrund des Hinweises der LPD Wien vom 6.6.2013 im Verfahren betreffend den Erstantrag, dass „eine genauere Beweislage derzeit nicht möglich ist da der Ehegatte die Hälfte der Zeit in Serbien verbringt“ und weiters angeraten wird, „die Ehe bei einer weiteren Verlängerung des AT (falls einer derzeitigen Erteilung des AT nichts entgegen spricht) die Ehe neuerlich zu überprüfen“, erfolgen müssen

Im Lichte der oben zitierten Judikatur hat es daher die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Dieser Mangel schließt es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides im Sinne des § 69 Abs. 1 Ziffer 1 AVG zu werten (VwGH 94/20/0779 vom 25.4.1995).

Dies muss gerade im Verlängerungsverfahren nach dem NAG, welches ja gerade den Zweck hat, die Lebensverhältnisse eines Fremden nach positiver Erledigung eines Erstantrages neuerlich nach Ablauf der Geltungsdauer des erteilten Aufenthaltstitels zu überprüfen, umso mehr gelten, da durch die Regelungen der §§ 24 und 25 NAG eine Überprüfungs- und Ermittlungspflicht der Behörde im Verlängerungsverfahren besteht. Nur wenn die erforderlichen Ermittlungen mit einem übermäßigen, außer Verhältnis stehenden Aufwand verbunden wären und es in den Angaben der Partei keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie falsch oder lückenhaft sind, kann – auch wenn die Behörde die ihr nicht zumutbaren Erhebungen unterlassen hat – davon ausgegangen werden, dass der Tatbestand des Erschleichens iSd § 69 Abs 1 Z 1 AVG erfüllt ist (VwGH 29. 1. 2004, 2001/20/0346; ferner VwGH 8. 6. 2006, 2004/01/0470). Eine Beauftragung der LPD Wien mit Erhebungen stellt für die belangte Behörde jedenfalls keinen unzumutbaren Aufwand dar und hätte spätestens im 1. Verlängerungsverfahren betreffend den Aufenthaltstitel des Erstbeschwerdeführers erfolgen müssen und hätte – sofern sich der Verdacht betreffend das Vorliegen einer Scheinehe erhärtet hätte – die belangte Behörde gemäß § 25 NAG vorgehen müssen.

Die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 AVG hat nicht den Zweck, jegliche Fehler der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, nachträglich zu korrigieren, insbesondere dann, wenn die Behörde verabsäumt hat, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Dies gilt insbesondere auch für das Vorbringen der Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, wonach die letzten Aufenthaltstitel von Zweit- und Drittbeschwerdeführer für den Zweck „Familienangehöriger mit Österreicher“ zu einem Zeitpunkt gestellt worden sind, als die Ehe des Erstbeschwerdeführers mit einer Österreicherin, nämlich Frau S. G. bereits geschieden war und daher diese Verfahren jedenfalls wieder aufgenommen hätten werden müssen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass es für die belangte Behörde ein leichtes gewesen wäre, etwa durch eine Abfrage des Personenstandsregisters, festzustellen, ob der Erstbeschwerdeführer noch mit Frau S. G. verheiratet war. Außerdem hatte er auch der erst Beschwerdeführer bereits am 31.3.2016 einen Zweckänderungsantrag gestellt und eine „Rot-weiß-rot-Karte plus“ beantragt, wodurch jedenfalls hinsichtlich des letzten Verlängerungsantrages von Zweit- und Drittbeschwerdeführer, der jeweils am 8.7.2016 gestellt wurde, der belangten Behörde bekannt gewesen sein muss, dass der erst Beschwerdeführer nicht mehr mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war. Auch diesbezüglich kann daher im Lichte der Judikatur des VwGH eine Wiederaufnahme nicht stattfinden. Weiters ist hinsichtlich der Aufenthaltstitel von Zweit- und Drittbeschwerdeführer die ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich, wonach die Frage der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die allenfalls rechtsmissbräuchliche Eheschließung eines Elternteils keine Vorfrage im Verlängerungsverfahren seiner Kinder darstellt, ist doch die Frage der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (§ 11 Abs. 2 Ziffer 1 in Verbindung mit Abs. 4 1 NAG) nicht im Wege einer „Sippenhaftung“, sondern fallbezogen in Form einer Prognose ausgehend vom Gesamtverhalten für jede Person eigenständig zu prüfen (siehe VwGH 2009/22/0325 vom 22.7.2011 m.w.N.). Eine solche Überprüfung betreffend Zweit- und Drittbeschwerdeführer durch die belangte Behörde fand vor der Erlassung der hier gegenständlichen Bescheide überhaupt nicht statt. Die Wiederaufnahme und negative Erledigung der Aufenthaltstitelverfahren betreffend Zweit-und Drittbeschwerdeführer war daher auch aus diesem Grund rechtswidrig.

Die angefochtenen Bescheide waren daher spruchgemäß ersatzlos aufzuheben.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Ein Vergleich der Regelungen zum Ablehnungsmodell gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG aF mit dem Revisionsmodell nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zeigt, dass diese Bestimmungen nahezu ident sind. Zur Auslegung des Begriffs „Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung“ kann auf die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum Ablehnungsrecht nach Art. 131 Abs. 3 B-VG aF zurückgegriffen werden (in diesem Sinne Thienel, Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 74). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Art. 131 Abs. 3 B-VG aF liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dann vor, wenn die Entscheidung der Sache im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzliche Argumente gestützte Rechtsprechung liegt. Das ist dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die auch für eine Reihe anderer gleichgelagerter Fälle von Bedeutung ist und diese durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bisher nicht abschließend geklärt worden ist. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder formellen Rechts handeln (vgl. Paar, ZfV, 892). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, wenn die Rechtsfrage klar aus dem Gesetz lösbar ist (vgl. Köhler, ecolex 2013, 596, mit weiteren Nachweisen). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt dann vor, wenn die Klärung dieser Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (vgl. Thienel, aaO, 73f).

Da im gegenständlichen Fall eine solche Rechtsfrage nicht vorliegt, sondern auf die zitierte, keineswegs uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Kriterien für die Wiederaufnahme von rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren gemäß § 69 AVG zurückgegriffen werden konnte, war die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Scheinehe, Aufenthaltsehe, Erschleichen des Bescheides, Ermittlungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.151.084.5629.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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