TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/24 LVwG-AV-745/006-2015

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Veröffentlicht am 24.07.2017
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Entscheidungsdatum

24.07.2017

Norm

LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §16 Abs9
BVergG 2006 §129 Abs1 Z7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Vergabesenat 3 unter dem Vorsitz von HR Mag. Kuchar sowie der weiteren Richter Mag. Dr. Becksteiner und Mag. Dr. Wessely, LL.M. in der Vergaberechtssache „Hochwasserschutz *** - Mobilschutz“ über den Feststellungsantrag vom 21.04.2011 (lit. b) – lit. e)) der Bietergemeinschaft B Gesellschaft mbH/A-Hochwasserschutz GmbH, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in ***, ***, (öffentlicher Auftraggeberin: Marktgemeinde ***, vertreten durch die Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH in ***, ***) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Der Feststellungsantrag im Umfang seiner lit. b) – lit. e) vom 21.04.2011 wird zurückgewiesen.

2.   Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wird nicht zugelassen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 4, 5, 7, 9, 11, 16 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz

§§ 1, 2, 129 Bundesvergabegesetz 2006 idF. BGBl. I Nr. 17/2006

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985

Entscheidungsgründe:

Feststellungen:

Die Marktgemeinde *** war öffentliche Auftraggeberin betreffend das Bauvorhaben „Hochwasserschutz *** - Mobilschutz“ für den Bereich der Ortschaften ***, *** und ***. Es handelte sich dabei um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich, zur Anwendung gelangte das offene Verfahren. Der Ablauf der Angebotsfrist war mit 05.11.2007, 10.00 Uhr festgelegt.

Unter anderen haben innerhalb der Angebotsfrist die antragstellende Bietergemeinschaft B Gesellschaft mbH/A-Hochwasserschutz GmbH und die I Planungs- und Vertriebsgesellschaft mbH ein Angebot gelegt.

Mit Telefax vom 08.02.2008 erfolgte durch die Auftraggeberseite die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung zugunsten der I Planungs- und Vertriebsgesellschaft mbH. Die Vergabesumme (exklusive USt) des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde mit € *** angegeben, dieses Angebot hat laut Bewertung durch den öffentlichen Auftraggeber 77 Punkte für den Preis erhalten, 3,98 Punkte für den Aufbauaufwand, 7,3 Punkte für die Systemqualität und 3 Punkte für die Gewährleistung.

Weiters wurde im Schreiben vom 08.02.2008 von Seite des öffentlichen Auftraggebers bekannt gegeben, dass das Angebot der nunmehr antragstellenden Bietergemeinschaft nicht berücksichtigt werden konnte, weil zwingende Ausscheidensgründe vorliegen würden. Hingewiesen wurde in diesem Zusammenhang darauf, dass einem Aufklärungsersuchen vom 15.01.2008 nicht innerhalb der gesetzten Frist bis 17.01.2008 (15.00 Uhr) entsprochen worden sei. Des Weitern wurde ausgeführt, dass laut Aufklärungsschreiben (verspätetes Aufklärungsschreiben vom 21.01.2008) Herr DI AG für die Überprüfung der Pläne und technischen Berichte sowie der Korrespondenzstatik bzw. Objektstatik namhaft gemacht wurde, dieser sei doch im Angebot nicht als Subunternehmer genannt worden.

Mit Antrag vom 07.03.2008 hat die genannte Bietergemeinschaft beim unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ einen Antrag auf Nachprüfung und u.a. einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 08.02.2008 sowie der Zuschlagsentscheidung vom selben Tag eingebracht. In eventu wurde beantragt, die Festlegung des Auftraggebers, das Angebot der Antragstellerin nicht zu bewerten und nicht der Zuschlagsentscheidung zu Grunde zu legen für nichtig zu erklären, weiters die Festlegung des Auftraggebers, das Angebot der präsumtiven Bestbieterin nicht auszuscheiden, für nichtig zu erklären, die Festlegung des Auftraggebers, das Vergabeverfahren trotz Vorliegen von Ausscheidensgründen hinsichtlich aller Bieter nicht zu widerrufen für nichtig zu erklären, weiters eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und dem öffentlichen Auftraggeber die Verpflichtung zum Ersatz der Gebühren aufzuerlegen.

Mit Bescheid vom 29.04.2008, Senat-AB-08-2010, hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ den Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung abgewiesen, sämtliche übrigen Anträge wurden zurückgewiesen.

Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21.03.2011, 2008/04/0083 behoben.

Mit Schriftsatz vom 18.09.2012 hat die antragstellende Bietergemeinschaft einen auf § 16 Abs. 9 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz gestützten Fortsetzungsantrag eingebracht auf Grund der Vermutung, dass im gegenständlichen Vergabeverfahren vor der Entscheidung des VwGH vom 21.03.2011, 2008/04/0083, der Zuschlag bereits erteilt worden sei. Konkret wurde beantragt festzustellen, dass

a)   die Ausscheidensentscheidung vom 08.02.2008, mit der die Antragstellerin von dem Vergabeverfahren ausgeschieden wurde, und bzw. in eventu

b)   die Zuschlagsentscheidung vom 08.02.2008, und bzw. in eventu

c)   die Festlegung des Auftraggebers, das Angebot der Antragstellerin nicht zu bewerten und nicht der Zuschlagsentscheidung zu Grunde zu legen, und bzw. in eventu

d)   die Festlegung des Auftraggebers, das Angebot der präsumtiven Bestbieterin nicht auszuscheiden, und bzw. in eventu

e)   die Festlegung des Auftraggebers, das Vergabeverfahren trotz Vorliegen von Ausscheidensgründen hinsichtlich aller Bieter nicht zu widerrufen

rechtswidrig waren.

Weiters wurde in diesem Schriftsatz ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Fall gestellt, dass der genannte Fortsetzungsantrag (ursprünglich datiert mit 21.04.2011) irrtümlich nicht an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ gesendet worden sei. Jedenfalls sei laut einer Auskunft beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ ein Fortsetzungsantrag mit Datum 21.04.2011 nicht auffindbar.

Auf Grund dieses Fortsetzungsantrages hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ mit Bescheid vom 19.12.2013, Senat-AB-11-2013, dem Feststellungsantrag, die Ausscheidensentscheidung der öffentlichen Auftraggeberin vom 08.02.2008, mit welchem die antragstellende Partei aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden wurde, rechtswidrig zu erklären, stattgegeben. Weiters wurde die Antragsgegnerin (öffentliche Auftraggeberin) verpflichtet, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die entrichteten Pauschalgebühren von € 5.000,-- zu ersetzen.

Eine gegen diesen Bescheid durch die Marktgemeinde *** als öffentliche Auftraggeberin eingebrachte Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.07.2014, Ro 2014/04/0055-5 zurückgewiesen, da die Antragstellerin in ihrem Vorbringen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt hat.

Mit Schriftsatz vom 03.10.2014 hat die antragstellende Bietergemeinschaft mitgeteilt, dass mit dem Bescheid vom 19.12.2013, Senat-AB-11-2013, der Unabhängige Verwaltungssenat lediglich über Antrag lit. a des Fortsetzungsantrages entschieden habe, über die Punkte lit. b) - lit. e) wäre aber noch nicht abgesprochen worden. Es sei daher von Relevanz insbesondere über Antragspunkt lit. b) zu entscheiden. Die Feststellung, dass die Zuschlagsentscheidung vom 08.02.2008 und der daraufhin erteilte Zuschlag rechtswidrig waren sei eine zwingende Folge der Feststellung, dass die Antragstellerin zu Unrecht aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden worden sei. Im weiteren führt die antragstellende Bietergemeinschaft durch eine detaillierte Schilderung einer Punkteberechnung aus, dass selbst unter der unrealistischen Annahme, dass die antragstellende Bietergemeinschaft bei den Zuschlagskriterien „Aufbauaufwand“ und „Systemqualität“ jeweils 0 Punkte erhalten würde, sich jedenfalls bei der Endpunktezahl im Vergleich zur Bewertung des Angebotes der I als Zuschlagsempfängerin auf Grund des Preises ein uneinholbarer Punktevorsprung ergeben würde.

Nach Ansicht der antragstellenden Bietergemeinschaft ergebe sich die Bestbieterstellung bereits aus den Kriterien „Preis“ und „Gewährleistung“. Somit sei es absolut irrelevant, ob und wie der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien „Aufbauaufwand“ und „Systemqualität“ beurteilt hätte. Damit ergäbe sich zwingend, dass tatsächlich der Zuschlag rechtswidriger Weise an die IBS erteilt worden sei.

Beantragt wurde über lit. b) des Feststellungsantrages zu entscheiden und zwar dahingehend, dass die Erteilung des Zuschlages an die I Planungs- und Vertriebsgesellschaft mbH rechtswidrig erfolgt sei.

Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 01.06.2015, LVwG-AB-14-2021, wurde der mit Schriftsatz vom 06.10.2014 gestellte Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass der begehrten Entscheidung das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegenstehe. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass über den Antrag bereits mit Bescheid vom 19.12.2013 durch den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ entschieden worden sei.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.10.2015, Ra 2015/04/0074, wurde die Revision der nunmehr antragstellenden Bietergemeinschaft gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 01.06.2015, LVwG-AB-14-2021, zurückgewiesen. Begründend wurde dazu vom Verwaltungsgerichtshof aufgeführt, dass im alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen der Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorgebracht wurde.

Auf Grund eines von der beschwerdeführenden Bietergemeinschaft eingebrachten Fristsetzungsantrages hat der Verwaltungsgerichtshof eine mit 02.11.2015, Fr 2015/04/0001-4, datierte verfahrensleitende Anordnung erlassen und die Verfügung getroffen, dass binnen drei Monaten die Entscheidung über die von der Bietergemeinschaft gestellten Anträge lit. b) - lit. e) des Antrages vom 21.04.2011 zu ergehen hat.

Daraufhin hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Beschluss vom 02.02.2016, LVwG-AV-745/003-2015, diese Anträge der Bietergemeinschaft (Anträge lit. b) - lit. e)) zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.09.2016, Ra 2016/04/0052-5, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Bei dem von der antragstellenden Bietergemeinschaft angebotenen Hochwasserschutzsystem handelt es sich grundsätzlich um ein fertig entwickeltes System bestehend aus Stehern und Dammbalken (Dammbalkensystem). Das Standardprodukt (von A-Hochwasserschutz GmbH) ist statisch bereits geprüft im Sinne einer vorhandenen Statikgrundleistung bezogen auf diverse Standard- bzw. Normlastfälle. Gestützt auf dieser Statikgrundleistung hätte im Auftragsfall der zweite Partner dieser Bietergemeinschaft (B Gesellschaft mbH) vor Ort die an das konkrete Projekt angepasste Statik erarbeitet (Objektstatik). Ebenso hätte das Unternehmen B Gesellschaft mbH im Auftragsfalle sämtliche Teile des angebotenen mobilen Hochwasserschutzes in Österreich selbst produziert und auf Basis der Pläne der
A-Hochwasserschutz GmbH montiert, dies auch unter Berücksichtigung der von der B Gesellschaft mbH selbst erarbeiteten Objektstatik. Diese Objektstatik wäre im Auftragsfall vom Prüfstatiker DI AG als Ziviltechniker überprüft worden.

Herr DI AG wurde im Angebot der antragstellenden Bietergemeinschaft in keiner wie immer gearteten Form genannt.

Mit Schreiben vom 15.01.2008 hat die öffentliche Auftraggeberin die genannte Bietergemeinschaft um Aufklärung ersucht, da laut Angebot die „Systemstatiken“ als Bestandteil der Konstruktionsunterlagen durch das Ingenieurbüro W,
DI HPT, erstellt würden. Es fehle aber eine Angabe, von wem die „Pläne und technischen Berichte“ im Sinne des Punktes E.24.2 erstellt würden. Weiters würde im Firmenportrait der A-Hochwasserschutz GmbH darauf hingewiesen werden, dass die „Objektstatiken“ als Bestandteil der Konstruktionsunterlagen durch die Vertragstatiker vor Ort erstellt werden. Aus dem Angebot sei jedoch nicht festzustellen, wer diese Vertragsstatiker im konkreten Fall wären. Bezugnehmend auf die erwähnte Anfrage hat die genannte Bietergemeinschaft mit Schriftsatz vom 21.01.2008 mitgeteilt, dass u.a. die Überprüfung der Pläne und technischen Berichte durch den Korrespondenzstatiker DI AG erfolgen würde. Die Statikgrundleistung erfolge durch das Ingenieurbüro W. Die Korrespondenzstatik bzw. Objektstatik nach österreichischen Normen würde durch DI AG wiederum erfolgen. DI AG ist weder bei der B Gesellschaft mbH noch bei der A-Hochwasserschutz GmbH Mitarbeiter.

Beweiserhebung und Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die Akten des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ „Senat-AB-08-2010“, „Senat-AB-11-2013“ und des erkennenden Gerichtes „LVwG-AB-14-2021“ und „LVwG-AV-745-2015“ sowie durch das Vorbringen der Parteien in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am
23. Juni 2017.

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich weitgehend auf die unbedenkliche Aktenlage und ist diesbezüglich auch unbestritten.

Hinsichtlich der Leistungszuordnung zu den beiden die antragstellende Bietergemeinschaft bildenden Unternehmen folgt das erkennende Gericht den glaubwürdigen Ausführungen dieser Bietergemeinschaft, diese Ausführungen decken sich im Wesentlichen auch mit den Ausführungen im abgegebenen Angebot. Dies gilt auch für die Feststellung, dass für das angebotene Produkt bereits von Haus aus eine Statikgrundleistung gegeben ist, darüber hinaus jedoch für das konkrete Projekt noch eine angepasste Objektstatik eigens durch das Unternehmen B Gesellschaft mbH erstellt worden wäre, wobei diese zusätzlich zu erbringende Objektstatik durch den externen Statiker und Ziviltechniker DI AG auf ihre Richtigkeit hin überprüft worden wäre. Ebenso unbestritten ist die Feststellung, dass DI AG im von der Bietergemeinschaft abgegebenen Angebot nicht erwähnt wurde.

In den Ausschreibungsunterlagen (Punkt E.23) ist festgelegt, dass ein Bieter einen allfälligen Subunternehmer bereits im Angebot mit konkret geforderten Details zu benennen hat. Für den Fall, dass dieser zwingenden Vorgabe nicht entsprochen würde, müsse das betroffene Angebot ausgeschieden werden.

Rechtliche Beurteilung:

Das vorliegende Vergabeverfahren wurde im Jahr 2007 und somit noch vor dem 01. Jänner 2008 eingeleitet, sodass in materiellrechtlicher Hinsicht die Stammfassung des BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17, zur Anwendung gelangt.

Wie bereits unter der Rubrik „Feststellungen“ dargelegt, hat gemäß Pkt. E.23 der Ausschreibungsunterlagen der Bieter jedenfalls in der nachstehenden Tabelle die Personen eines allfälligen Subunternehmers (genauer Firmenwortlaut, Adresse, Telefonnummer, Kontaktperson) zu nennen sowie jene Auftragsteile, die von diesem Subunternehmer erbracht werden sollen, und den Umfang dieser Subunternehmerleistungen in Prozent vom Gesamtauftragswert anzugeben. Des Weiteren ist konkret und unmissverständlich ausgeführt, dass für den Fall des Fehlens der namentlichen Angabe eines Subunternehmers, der Bezeichnung des Subunternehmer-Leistung oder der Subunternehmer-Verfügungserklärung in einem Angebot ein unbehebbarer Mangel vorliegt, sodass das Angebot zwingend auszuscheiden ist.

Gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 in der in Rede stehenden Fassung hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund der Ergebnisse der Prüfung Angebote auszuscheiden, die den Ausschreibungsbestimmungen widersprechen, ebenso Teil-, Alternativ- oder Abänderungsangebote, sofern sie den Ausscheidungsbestimmungen widersprechen und sie nicht zugelassen wurden. Ebenso sind nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote oder Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.

Im gegenständlichen Fall gesteht sogar die antragsstellende Bietergemeinschaft zu, dass seitens der A-Hochwasserschutz GmbH lediglich eine von vornherein vorhandene Grundstatik beigestellt wird. Diese ist aber insofern nicht ausreichend, als zusätzlich eine auf das konkrete Projekt bezogene Objektstatik vor Ort zu erstellen ist. Diese zusätzliche Statikerleistung wäre von der antragsstellenden Bietergemeinschaft selbst erbracht worden, konkret durch die B Gesellschaft mbH.

Dazu bestimmt Pkt. E.24.2 „Konstruktionsunterlagen“ der Ausschreibungsbedingungen, dass vom Auftragnehmer beizubringende statische Berechnungen und Pläne im Auftrag des Auftragnehmers durch einen Ziviltechniker zu verfassen oder überprüfen zu lassen sind und vor Ausführung dem Auftraggeber, allenfalls einschließlich Abnahmebestätigung des Ziviltechnikers, rechtzeitig vor Baubeginn vorzulegen sind (Pläne und technische Berichte in drei-facher Konverstatik in zwei-facher Ausfertigung).

Dies bedeutet im Ergebnis, dass die B Gesellschaft mbH grundsätzlich berechtigt war, die vor Ort zusätzlich zu erstellende und zwingend notwendige Objektstatik selbst zu erstellen. Allerdings hätte sie in diesem Fall ihre eigene erstellte statische Berechnung durch einen Ziviltechniker überprüfen lassen müssen. Dies wäre aufgrund des Vorbringens und auch aufgrund des Aufklärungsschreibens durch den Statiker DI AG vorgesehen gewesen. Da der genannte Statiker jedoch kein Mitarbeiter einer der beiden Bietergemeinschaften bildenden Unternehmen ist sondern ein externer selbständiger Statiker und Ziviltechniker, hätte Herr DI AG aufgrund der Ausschreibungsbedingungen bereits im Angebot zwingend als Subunternehmer genannt werden müssen. Dies ist aber unzweifelhaft und unbestritten nicht geschehen und laut Ausschreibungsbedingungen stellt dies einen unbehebbaren Mangel und damit einen zwingenden Ausscheidungsgrund dar. Im Ergebnis hätte daher das Angebot der antragsstellenden Bietergemeinschaft vom öffentlichen Auftraggeber zwingend gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG idF BGBl. I Nr. 17/2006 ausgeschieden werden müssen. Dass es sich bei einem Prüfstatiker (Prüfingenieur) um einen Subunternehmer handelt, ergibt sich u.a. aus der diesbezüglichen Judikatur (1 Ob 232/05g).

Nach der zu dieser Thematik ergangenen Judikatur (VwGH Ro 2014/04/0067 u.a.) hat ein rechtswirksam ausgeschiedener Bieter keine Antragslegimitation zur Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung. Damit fehlt jedenfalls die Antragslegimitation für die Anträge lit. b) bis lit. e) des Antrages vom 21.04.2011.

Dem steht auch nicht die rechtskräftige Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 19.12.2013, Senat-AB-11-2013, entgegen. Die bescheidmäßig festgestellte rechtswidrige Ausscheidung bedeutet nämlich nicht, dass nicht andere Gründe eine Ausscheidung rechtfertigen können. Somit wurde keine verbindliche Feststellung getroffen, dass überhaupt keine Ausscheidungsgründe vorliegen und daher nicht aus anderen Gründen ausgeschieden werden dürfe.

Hinsichtlich der Anträge lit. c) bis lit. e) des erwähnten Antrages ist darüber hinaus wie folgt ausführen:

§ 16 Abs. 9 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz sah für den Fall, dass ein Erkenntnis oder Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes vom Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde und vor der Entscheidung des Verfassungs- oder des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde, vor, dass das Landesverwaltungsgericht auf Antrag des Unternehmers, der den Nachprüfungsantrag gestellt hat, unter Zugrundelegung der festgestellten Rechtsanschauung festzustellen hat, ob die angefochtene Entscheidung des Auftraggebers rechtswidrig war. Wird bis zum Ablauf der Frist nach § 11 Abs. 6 kein Antrag gestellt, so ist das Verfahren formlos einzustellen. § 11 Abs. 6 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen ist.

Im gegenständlichen Fall wurde unzweifelhaft und unbestritten vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt, ebenso unbestritten wurde innerhalb der Frist nach § 11 Abs. 6 NÖ Vergabenachprüfungsgesetz ein Feststellungsantrag gestellt.

Aus der Formulierung „ob die angefochtene Entscheidung des Auftraggebers rechtswidrig war“ nach § 16 Abs. 9 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz ist unmissverständlich abzuleiten, dass im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nur solche Beschwerdepunkte behandelt werden dürfen, die zulässiger Weise auch Gegenstand des ursprünglichen Nachprüfungsantrages sein konnten und auch tatsächlich waren. Welche Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nun einer gesonderten Anfechtung zugänglich sind, regelt § 2 Z 16 BVergG 2006 taxativ, sodass von einem Typenzwang der selbständig anfechtbaren Entscheidungen des Auftraggebers auszugehen ist. Damit kann aber in einem Feststellungsverfahren aufgrund des erteilten Zuschlages vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes nichts anderes gelten. Ein weiterer Umfang der Anfechtungsmöglichkeiten wäre geradezu sachlich nicht gerechtfertigt und gleichheitswidrig gegenüber den Anfechtungsmöglichkeiten vor Zuschlagserteilung im Rahmen eines Verfahrens zur Nichtigerklärung. Sonstige Verfahren auf Feststellung sind nur im Rahmen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage zulässig, eine derartige Grundlage ist jedoch im gegenständlichen Fall nicht gegeben und wurde von der antragstellenden Bietergemeinschaft auch nicht behauptet.

Ebenso dürfen nur solche selbständig anfechtbaren Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers Gegenstand des Feststellungsverfahrens sein, die bereits Gegenstand des Antrages auf Nichtigerklärung waren. Schließlich wäre die Zulassung der Ausweitung auf ursprünglich noch nicht aufgegriffene selbständig anfechtbare Entscheidungen ebenfalls unsachlich und somit gleichheitswidrig.

Im gegenständlichen Fall wird unter lit. c) des Antrages vom 21.04.2011 die Feststellung beantragt, dass die Festlegung des Auftraggebers, das Angebot der Antragstellenden nicht zu bewerten und nicht der Zuschlagsentscheidung zugrunde zu legen, rechtswidrig sei. Ein derartiger Antrag wäre aufgrund des Vorgesagten auch im Rahmen eines Antrages auf Nichtigerklärung nicht zulässig, weil es sich eben um keine selbständig anfechtbare Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers handelt. Die „Entscheidung“ des Auftrages, ein Angebot nicht zu bewerten und der Zuschlagsentscheidung Zugrunde zu legen ist zwangsläufig die Folge jener Entscheidung des Auftraggebers, das betreffende Angebot aufgrund eines oder mehrerer Ausscheidungsgründe auszuscheiden.

Des Weiteren wird in lit. e des Antrages vom 21.04.2011 die Feststellung beantragt, dass die „Festlegung“ des Auftraggebers, das Vergabeverfahren trotz Vorliegens von Ausscheidungsgründen hinsichtlich aller Bieter nicht zu widerrufen, rechtswidrig gewesen sei. Warum die Angebote sämtlicher Bieter auszuscheiden gewesen wären, bleibt die antragstellende Bietergemeinschaft schuldig. Ohne konkretes Vorbringen jedoch, warum sämtliche abgegebenen Angebote hätten ausgeschieden werden müssen, könnte nicht einmal theoretisch eine Überprüfung in diese Richtung vorgenommen werden. Darüber hinaus regelt das NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz detailliert die Voraussetzungen für einen Antrag auf Nichtigerklärung bzw. Feststellungsantrag. Ohne konkretes Vorbringen sind zwangsläufig die gesetzlichen Voraussetzungen für einen derartigen Antrag nicht erfüllt, wodurch alleine schon aus diesem Grund auch ein solcher Antrag zwingend zurückzuweisen ist.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Anträge lit. b) - lit. e) des Antrages vom 21.04.2011 unzulässig sind, weshalb sie spruchgemäß zurückzuweisen waren. Somit findet auch ein Kostenersatz nicht statt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iS des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt. Insbesondere wird auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ebenso wenig ist von fehlender oder divergierender Judikatur auszugehen. Somit ist nur die außerordentliche Revision zulässig.

Schlagworte

Vergaberecht; Nachprüfung; Antragslegitimation; Ausscheidung; Bieter;

Anmerkung

VwGH 08.08.2018, Ra 2017/04/0112-6, Aufhebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.AV.745.006.2015

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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