TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/29 LVwG-S-2344/001-2017

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Veröffentlicht am 29.06.2018
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Entscheidungsdatum

29.06.2018

Norm

GewO 1994 §1 Abs4
GewO 1994 §366 Abs1 Z1
GewO 1994 §1 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 31. August 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 eingestellt.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergibt sich nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

1.1.  In einem Schreiben vom 11. Juli 2017 an die belangte Behörde führte die Finanzpolizei wie folgt aus (Anonymisierung in eckiger Klammer durch das Landesverwaltungsgericht):

„Am 23.06.2017 um 11:05 Uhr wurde durch die Finanzpolizei *** in ***, ***, aufgrund einer Anzeige eine Kontrolle nach AuslBG, LSD-BG und Erhebungen nach EStG durchgeführt.

Dabei wurden 3 Personen angetroffen:

Herr [R],

Herr [D] und

Herr [Z], welcher als Beschäftiger der beiden Obgenannten mit Sitz in [der Tschechischen Republik] nach Österreich zur Erbringung von Bauleitungen, Fassadenarbeiten, entsendet hat.

Der Auftrag an genannter Adresse wurde vom Onkel des Herrn [R], [Name und Geburtsdatum des Beschwerdeführers], an Herrn [Z] vermittelt. Er verfügt über keinerlei Gewerbeberechtigung hierzu, befindet sich in Pensionsbezug wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die auf der "Firmentafel" (Aufhang am Baugerüst, siehe Fotos) unten angeführte Telefonnummer "***" ist im Besitz [des Beschwerdeführers]. Unter dieser Telefonnummer nimmt er im Namen des Herrn [Z] Aufträge entgegen.

Bei der Vermittlung von Werkverträgen handelt es sich um ein freies Gewerbe. Hierfür ist dennoch eine Gewerbeberechtigung vonnöten:

"Vermittlung von Werk- und Dienstleistungsverträgen an Befugte unter Ausschluss der Übernahme von Aufträgen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ..."

Aus der Sicht der Finanzpolizei hat [der Beschwerdeführer] durch die Vermittlung von Werkverträgen die Vorschriften der Gewerbeordnung, § 366 Abs. 1 Z 1 verletzt. Daher wird um Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens ersucht.

[Der Beschwerdeführer] wurde darüber belehrt, dass er künftig ohne Erlangung einer Gewerbeberechtigung die Vermittlung von Werkverträgen zu unterlassen hat. Weiters, dass Herr [Z] über kein Gewerbe (siehe Dienstleistungsanzeige) zur Ausübung von Fassadenarbeiten verfügt.

Die weitere Vermittlung von Aufträgen durch [den Beschwerdeführer] an Herrn [Z] hätte somit die Anstiftung zur illegalen Gewerbeausübung zur Folge.“

1.2.  Die in diesem Schreiben genannte, auf dem Baugerüst angebrachte Firmentafel („Banner“) hatte folgenden Wortlaut:

„***             ***

[Foto eines Hauses]   C

                                             D

                                    [tschechische Telefonnummer]

                                    Fassadenarbeiten

                                    Anstrich- und Malerarbeiten

                                    Trockenbau-Innenausbauten

                                    Fliesenlegerarbeiten

                                    [österreichische Handynummer des Beschwerdeführers]“

1.3.  Nach Erlassung einer Strafverfügung vom 19. Juli 2017, einem dagegen gerichteten Einspruch durch den Beschwerdeführers, einer Stellungnahme der Finanzpolizei zu den Rechtfertigungsangaben im Einspruch und einer weiteren Stellungnahme dazu durch den Beschwerdeführer wurde dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Straferkenntnis – wie in der Strafverfügung – zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit: 23.06.2017, 11:05 Uhr

Ort: *** ***

Tatbeschreibung:

Sie haben selbständig, regelmäßig und in der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, das freie Gewerbe "Vermittlung von Werkverträgen" ausgeübt, ohne jemals eine erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Die Ausübung ergibt aus der Nennung Ihrer Telefonnummer "***" in einem Aufhang ("Firmentafel") bei einer Baustelle an der Örtlichkeit ***, ***. Unter dieser Nummer nehmen Sie Aufträge im Namen des Herrn [Z] entgegen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 1 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 iVm § 1 Abs.4 zweiter Satz Gewerbeordnung 1994, § 366 Abs.1 Z.1 Gewerbeordnung 1994“

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß „§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994“ eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) zuzüglich Kosten verhängt.

1.4.  Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde u.a. mit dem Antrag das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.   Rechtliche Erwägungen:

2.1.  Zunächst ist festzuhalten, dass sich aus dem von der belangten Behörde sowohl in der Strafverfügung als auch im zitierten Straferkenntnis erhobenen Tatvorwurf nicht ergibt, ob damit die (tatsächliche) unbefugte Ausübung eines Gewerbes (§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) vorgeworfen wurde, oder ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das – dem Ausüben gleichzuhaltende – Anbieten einer Tätigkeit (§ 1 Abs. 4 GewO 1994) zum Vorwurf machte. Egal welcher der beiden Varianten man den Vorzug gibt, erweist sich das angefochtene Straferkenntnis als rechtswidrig:

2.2.1.  Im Falle der Variante des Vorwurfs der tatsächlichen Ausübung ist festzuhalten, dass sich „die Ausübung der Vermittlung von Werkverträgen“ nicht bereits aus der Angabe einer Telefonnummer auf einer Firmentafel ergibt (so aber der Vorwurf im Straferkenntnis). Die Angabe der Telefonnummer mag ein Indiz in diese Richtung sein, stellt aber für sich keine „Vermittlungstätigkeit“ dar. Der Umstand, dass laut Tatvorwurf „Aufträge im Namen des Herrn [Z]“ entgegengenommen würden, spricht wiederum gerade gegen eine selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers. Weiters gibt es auch kein Beweisergebnis, dass – so aber der Tatvorwurf in zeitlicher Hinsicht – „am 23.06.2017, 11:05 Uhr“ eine Vermittlungstätigkeit ausgeübt wurde; dies stellt vielmehr den Zeitpunkt der Kontrolle der Baustelle durch die Finanzpolizei dar.

2.2.2.  Wollte die belangte Behörde hingegen – wofür sowohl die Nennung des § 1 Abs. 4 GewO 1994 im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als auch die Tatzeit spräche – das (unbefugte) Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit zum Tatvorwurf erheben, erweist sich das Straferkenntnis aus folgenden Erwägungen als rechtswidrig:

Beim – der Ausübung des Gewerbes gleichzuhaltenden – Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit kommt es auf den in diesem Zusammenhang zu prüfenden objektiven Wortlaut und nicht etwa auf die Absicht des Anbietenden an. Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende, gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (vgl. zB VwGH vom 1. Februar 2017, Ra 2016/04/0147).

Nach dem oben wiedergegebenen Wortlaut der Ankündigung kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer das freie Gewerbe „Vermittlung von Werkverträgen“ angeboten hat; der Wortlaut geht vielmehr (eindeutig) in die Richtung, dass die auf dem Banner genannten Tätigkeiten (Fassadenarbeiten, Anstrich- und Malerarbeiten, Trockenbau-Innenausbauten, Fliesenlegerarbeiten) angeboten wurden (vgl. zum Ganzen einen ähnlichen Tatvorwurf betreffend VwGH vom 17. März 1987, 85/04/0210). Das Anbieten der „Vermittlung von Werkverträgen“ kann aus dem oben ersichtlichen Wortlaut des Banners keinesfalls abgeleitet werden.

2.3.  Das angefochtene Straferkenntnis ist daher – gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG unter Entfall der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung – aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.4.  Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und im Übrigen nur eine, den konkreten Tatvorwurf betreffende Einzelfallbeurteilung vorzunehmen war (zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0053).

Schlagworte

Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Gewerbeberechtigung; Ankündigung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2344.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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