RS Vfgh 2018/6/11 E941/2018 ua

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Veröffentlicht am 11.06.2018
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung der Anträge einer afghanischen Familie mit drei minderjährigen Kindern auf subsidiären Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung; Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative mangels familiärer Unterstützung oder sozialer Anknüpfung

Rechtssatz

Entgegen den Länderfeststellungen erachtete das Bundesverwaltungsgericht in der rechtlichen Beurteilung familiäre bzw soziale Anknüpfungspunkte im konkreten Neuansiedlungsgebiet als nicht erforderlich. Vielmehr kam es zum Schluss, den Beschwerdeführern sei es ohne familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Neuansiedelungsgebiet zumutbar, sich in Kabul oder Mazar-e-Sharif in Form einer innerstaatlichen Fluchtalternative niederzulassen. Diese Annahme begründete das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf die zitierten Länderberichte, insbesondere die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016. Die Beschwerdeführer stellten als verheiratetes Paar im berufsfähigen Alter ohne besonderen Schutzbedarf eine Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung durch die Familie oder eine ethnische Gruppe dar.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt, dass es sich bei den Beschwerdeführern nicht um ein verheiratetes Paar, sondern um eine fünfköpfige Familie - bestehend aus einem verheirateten Elternpaar und drei minderjährigen Kindern weiblichen Geschlechts im Alter von eineinhalb bis fünf Jahren - handelt. Die unsubstantiierte Schlussfolgerung, den Beschwerdeführern könne als Familie eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul oder Mazar-e-Sharif auch ohne familiäre Unterstützung oder soziale Anknüpfung zugemutet werden, steht sohin im Widerspruch zu den Ausführungen in den Länderfeststellungen, wonach lediglich alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf die einzigen Ausnahmen von der Anforderung externer Unterstützung darstellen. Das Ergebnis der rechtlichen Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes findet daher keine Deckung in den Länderfeststellungen, weshalb das angefochtene Erkenntnis schon aus diesem Grund mit Willkür belastet ist.

Ablehnung der Beschwerdebehandlung jeweils betr die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten.

Entscheidungstexte

  • E941/2018 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.06.2018 E941/2018 ua

Schlagworte

Asylrecht, Rückkehrentscheidung, Entscheidungsbegründung, Kinder

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E941.2018

Zuletzt aktualisiert am

07.06.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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