TE Vwgh Beschluss 2018/7/17 Ra 2018/02/0209

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Veröffentlicht am 17.07.2018
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer LL.M., über die Revision des M in B, vertreten durch die Pichler Rechtsanwalt GmbH in 6850 Dornbirn, Marktstraße 33, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 19. April 2018, Zl. LVwG-1-192/2018-R14, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe sich - als Lenker eines bestimmten Fahrzeuges - zu einer näher angeführten Zeit an einem näher angeführten Ort nach Aufforderung eines besonders geschulten Organes der Bundespolizei geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Wegen der damit begangenen Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO wurde er gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO zu einer Geldstrafe von EUR 1.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 367 Stunden) verurteilt. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, wie ein dringend anstehender Toiletten-Gang zu beurteilen sei, aufgeworfen. Konkret stelle sich die Frage, ob einem Rechtsunterworfenen, der von behördlich ermächtigen Organen zur Untersuchung seiner Atemluft aufgefordert worden sei, zuzumuten sei, den Test genau im jenem Moment durchführen zu müssen, in dem das dringende körperliche Bedürfnis eine Toilette aufzusuchen, vorliege, oder ob er seiner Pflicht zur Untersuchung auch dann nachkomme, wenn er sich vor und unmittelbar nach der Dauer eines üblichen Toilettengangs zur Verfügung stellte. Zudem stelle sich die Frage, ob durch den unmittelbaren Drang die Notdurft zu verrichten nicht auch ein Notstand iSd § 6 VStG vorliege.

6 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

7 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur festhält, dass über die näheren Umstände der Durchführung einer Atemluftprobe allein das jeweils einschreitende Organ bestimmt. Der Aufgeforderte hat weder ein Bestimmungsrecht hinsichtlich Ort und Zeit der Atemluftprobe noch kommt ihm ein Wahlrecht zur Art der Untersuchung zu (VwGH 18.11.2011, 2008/02/0339, mwH).

8 Dem Verwaltungsgericht kann nicht entgegengetreten werden, wenn es in nicht unschlüssiger Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen ist, dass der Verantwortung des Revisionswerbers, er habe nach Ablauf der 15 minütigen Wartezeit, nachdem er bereits einmal mit Erlaubnis des amtshandelnden Organs seine Notdurft verrichtet habe, just zu dem Zeitpunkt, als der Alkomat betriebsbereit gewesen sei, nunmehr "wegen Durchfalls" erneut die Toilette aufsuchen müssen, keine Glaubwürdigkeit zukomme. Es ist somit angesichts der festgestellten Umstände weder erkennbar, dass der Revisionswerber nicht in der Lage gewesen wäre, noch dass es ihm nicht zumutbar gewesen wäre, sich dem Alkomattest zu unterziehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt in Fragen der Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 15.1.2018, Ra 2018/02/0002, mwH). Dass dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall ein derartig krasser Fehler der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, ist aber nicht zu erkennen.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Juli 2018

Schlagworte

Alkotest WahlrechtAlkotest Zeitpunkt OrtAlkotest Straßenaufsichtsorgan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020209.L00

Im RIS seit

23.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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