TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/16 LVwG-1-374/2018-R17

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Veröffentlicht am 16.08.2018
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Entscheidungsdatum

16.08.2018

Norm

KFG 1967 §103 Abs2
VStG §19 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Stefanie Sutter über die Beschwerde des T G, F, vertreten durch Rechtsanwalt Mathias C. Tiedemann, Frankfurt am Main, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 20.06.2018, Zl X-9-2018/08946, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 700 Euro und die für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe auf 141 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG zu leistende Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens verringert sich auf 70 Euro.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.               Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe als Zulassungsbesitzer eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges der Behörde nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft erteilt, von wem das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt (20.01.2018, 16:17 Uhr) und an einem bestimmten Ort (B, Astraße, Höhe Km XX, R, Fahrtrichtung-T) gelenkt worden sei, bzw jene Person nicht benannt, welche die Auskunft erteilen hätte können. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 103 Abs 2 Kraftfahrgesetz (KFG). Es wurde eine Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 201 Stunden festgesetzt.

2.               Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, dass das Tatfahrzeug einem großen Personenkreis zur Verfügung stehe. Er habe seinen Rechtsvertreter beauftragt, Akteneinsicht zu nehmen, um an Hand des in der Akte enthaltenen Tatfotos den Fahrer mitteilen zu können. Trotz entsprechendem Antrag unter Vorlage einer auf seinen Rechtsanwalt lautenden Vollmacht sei diesem Begehren bis heute nicht stattgegeben worden. Mangels Einsicht in das Tatfoto sei es ihm mangels Personenzuordnung nicht möglich, den Lenker mitzuteilen. Er ersuche um zeitnahe Nachholung der Akteneinsicht. Er sei darüber informiert, dass nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes auch Personen mit Auslandswohnsitz wegen Auskunftsverweigerung bzw bei Erteilung einer unrichtigen Auskunft nach § 103 Abs 2 KFG bestraft werden könnten. Eine Vollstreckung werde in Deutschland aus näher dargelegten Gründen nicht vollzogen werden. Er habe nicht die Zusammenarbeit abgelehnt, sondern vielmehr mangels Gewährung von Akteneinsicht den Fahrer nicht mitteilen können. Das Verfahren sollte im Interesse einer wirtschaftlichen Erledigung eingestellt werden.

3.               Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschuldigte hat als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen XXX der Bezirkshauptmannschaft B auf Verlangen vom 08.03.2018 nicht binnen zwei Wochen nach der am 12.03.2018 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft erteilt, von wem das Kraftfahrzeug am 20.01.2018, um 16:17 Uhr in B auf der Astraße, Höhe Km XX – R, Fahrtrichtung T gelenkt wurde, und auch nicht jene Person genannt, die diese Auskunft hätte erteilen können.

4.               Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt. Er wird vom Beschuldigten auch nicht bestritten.

5.1.           Nach § 103 Abs 2 Kraftfahrgesetz (KFG), BGBl Nr 267/1967, idF BGBl I Nr 40/2016, kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese Person trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Wer der Vorschrift des § 103 Abs 2 KFG zuwiderhandelt, begeht nach § 134 Abs 1 KFG, BGBl Nr 267/1967, idF BGBl I Nr 9/2017, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Wie unter Punkt 3. festgestellt wurde, hat der Beschuldigte der belangten Behörde über deren Aufforderung keine Auskunft erteilt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt das nach § 103 Abs 2 KFG straf-bare Verhalten darin, dass der befragte Zulassungsbesitzer innerhalb der gesetzten Frist keine, bzw keine richtige Auskunft erteilt hat (vgl VwGH 26.11.2015, Ra 2015/02/0168).

Der Beschuldigte hat den objektiven Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt, in dem er der belangten Behörde keine Auskunft erteilt hat. Dies wird vom Beschuldigten gar nicht bestritten.

5.2.           Der Beschuldigte hat in seiner Beschwerde vorgebracht, dass er nicht die Zusammenarbeit abgelehnt habe, sondern vielmehr mangels Gewährung der beantragten Akteneinsicht nicht den Fahrer habe mitteilen können.

Könnte die Auskunft iSd § 103 Abs 2 KFG ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden, sind gemäß § 103 Abs 2 KFG entsprechende Aufzeichnungen zu führen. Die Notwendigkeit, solche Aufzeichnungen zu führen, erweist sich gerade im Fall der Benützung von Kraftfahrzeugen durch eine Mehrzahl von Personen als vorhersehbar (vgl VwGH 07.07.2016, Ra 2016/02/0141). § 103 Abs 2 KFG trägt dem Auskunftspflichtigen keine „Ermittlungspflichten“ auf, sondern erforderlichenfalls – was bei einem Dienstfahrzeug, das von mehreren Mitarbeitern sowohl dienstlich als auch privat genutzt wird – das Führen von Aufzeichnungen, welcher Fahrer das Fahrzeug in welchem Zeitraum lenkt. Dabei wird dem Auskunftspflichtigen nicht vorgeschrieben, in welcher Weise und ob er die Aufzeichnungen vor oder nach dem Lenken zu führen hat, sie haben jedenfalls richtig zu sein. Die Aufzeichnungen sind so zu führen, dass sie auch „nicht-disponierte“ Änderungen beim Lenken erfassen (vgl VwGH 07.07.2016, Ra 2016/02/0141).

Den Beschuldigten trifft somit die Pflicht, Aufzeichnungen darüber zu führen, wer das gegenständliche Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt gelenkt hat, weil er offensichtlich entsprechende Auskünfte ohne Aufzeichnungen auf Verlangen der belangten Behörde nicht erteilen kann.

Dieser Pflicht ist er nicht nachgekommen. Die Verwaltungsübertretung ist dem Beschuldigten daher auch vorwerfbar. Es ist zumindest von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen.

Es ist hingegen nicht die Pflicht der Verwaltungsbehörde einem Zulassungsbesitzer Lichtbilder in einer solchen Qualität zur Verfügung zu stellen, dass er einen Lenker unzweifelhaft aufgrund eines Lichtbildes identifizieren kann. Vielmehr ist es die Pflicht des Beschwerdeführers als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges eine entsprechende Auskunft zu erteilen (Aufzeichnungs-pflicht).

Das weitere Vorbringen betrifft eine allfällige Vollstreckung der Entscheidung in Deutschland. Dieses Vorbringen ist für das gegenständliche Verfahren nicht relevant.

6.   Gemäß § 19 VStG iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Schutzzweck des § 103 Abs 2 KFG ist insbesondere, es der Behörde zu ermöglichen, den Lenker eines Fahrzeuges, der verkehrsrechtliche Vorschriften übertreten hat, ausfindig zu machen und zur Verantwortung zu ziehen. Die Vorschrift dient damit letztlich dem Interesse der Verkehrssicherheit. Der Beschuldigte hat durch sein Verhalten dieses Interesse erheblich beeinträchtigt. Im konkreten Fall war es nicht möglich, eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 56 km/h (oder ca 70 Prozent) zu ahnden. Der Unrechtsgehalt dieser Verwaltungsübertretung ist als erheblich einzustufen. Als Verschuldensform wird von Fahrlässigkeit ausgegangen. Als Milderungsgrund war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten in Vorarlberg zu berücksichtigen.

Die Strafe war herabzusetzen, weil die belangte Behörde als nachteilige Folge der Tat ua gewertet hat, dass jenem Lenker, der die der Lenkererhebung zugrundeliegende Verwaltungsübertretung begangen hat, die Lenkberechtigung trotz Vorliegen einer bestimmten Tatsache (§ 7 Abs 3 Z 4 FSG) nicht entzogen habe werden können. Dieser Umstand kann nicht als erschwerend gewertet werden.

Der Beschuldigte hat keine Angaben zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen gemacht. Das Landesverwaltungsgericht würde die nunmehr verhängte Geldstrafe bei einer Person mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ungefähr 1.800 Euro nicht als überhöht ansehen. Bei einer Einschätzung der diesbezüglichen Verhältnisse des Beschuldigten gelangt das Landesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass dieser jedenfalls nicht schlechter gestellt ist als die erwähnte Vergleichsperson.

Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die nunmehr festgesetzte Strafe (14 % des gesetzlichen Strafrahmens), schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.

7.   Da der Beschwerde teilweise Folge gegeben wurde, entfällt gemäß § 52 Abs 8 VwGVG die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch auf 10 Euro. Außerdem verringert sich der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens auf 10 % der nunmehr herabgesetzten Strafe, mindestens jedoch auf 10 Euro.

8.   Weder der anwaltlich vertretene Beschuldigte noch die belangte Behörde haben die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Der Sachverhalt ist unbestritten. In der Beschwerde wird eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Von einer mündlichen Verhandlung konnte aus diesem Grund gemäß § 44 Abs 3 Z 1 VwGVG abgesehen werden.

9.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Lenkererhebung, Unmöglichkeit, Lenker Führerschein zu entziehen, kein Erschwerungsgrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2018:LVwG.1.374.2018.R17

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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