TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/22 99/04/0191

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Veröffentlicht am 22.12.1999
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §26 Abs2;
GewO 1994 §26 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des PR in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. Juli 1999, Zl. 320.089/2-III/4/99, betreffend Nachsicht gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. Juli 1999 das Ansuchen des Beschwerdeführers um Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gewerbes "Teppich- und Polsterreinigung mit haushaltsüblichen Shamponiermitteln und -geräten" abgewiesen. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 von der Ausübung eines Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, weil mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 17. Jänner 1992, GZ. 6 Nc 713/91, der Antrag auf Konkurseröffnung über sein Vermögen mangels hinreichendem Vermögens abgewiesen worden sei. Von der Erstbehörde sei die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers, ihm Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, im Wesentlichen mit der Begründung verweigert worden, es seien beim Bezirksgericht Innere Stadt nach wie vor Exekutionsverfahren anhängig, denen Forderungen der Einbringungsstelle des Oberlandesgerichtes Wien in der Höhe von ca. S 163.000,-- und der Gebietskrankenkasse in der Höhe von ca. S 14.400,-- zugrunde lägen. Da keine Unterlagen über Ratenvereinbarungen oder Begleichungen vorgelegt worden seien, könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer über die notwendigen liquiden Mittel verfüge, um neben der Abdeckung dieser Verbindlichkeiten auch die mit einer Gewerbeausübung anfallenden Forderungen zu begleichen. In seiner Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer u. a. behauptet, er könne Ratenvereinbarungen fristgerecht nachkommen, weil ihm Verwandte und Bekannte finanzielle Unterstützung zugesagt hätten. Die Berufungsbehörde habe u. a. Auszüge aus dem Exekutionsregister des Bezirksgerichtes Innere Stadt, aus dem Exekutionsregister des Bezirksgerichtes Donaustadt sowie aus dem Exekutionsregister des Bezirksgerichtes Fünfhaus eingeholt, zusätzlich Auskünfte bei der Wiener Gebietskrankenkasse über etwaige Beitragsrückstände des Beschwerdeführers. In der Folge sei der Beschwerdeführer ersucht worden, zu den ihm vorgehaltenen Verbindlichkeiten Stellung zu nehmen bzw. deren Begleichung durch Zahlungsbelege binnen festgesetzter Frist nachzuweisen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin Urkunden über Ratenvereinbarungen mit der Wiener Gebietskrankenkasse vom 26. Mai 1998, mit der Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Wien vom 22. Mai 1998 sowie mit einer

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näher bezeichneten - Einzelperson vom 19. Juni 1997, nicht aber Zahlungsbelege zum Nachweis der Einhaltung dieser Zahlungsvereinbarungen vorgelegt. Das Beitragskonto des Beschwerdeführers bei der Wiener Gebietskrankenkasse weise einen Rückstand von S 21.655,60 zuzüglich Verzugszinsen auf (Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse vom 17. Dezember 1998). Der Beitragsrückstand des Beschwerdeführers bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in der Höhe von S 565.597,02 habe infolge Verjährung des Einforderungsrechtes gelöscht werden müssen (Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 15. Dezember 1998). Schließlich seien beim Bezirksgericht Innere Stadt gegen den Beschwerdeführer Exekutionsverfahren über Forderungen in der Gesamthöhe von ca. S 240.000,-- anhängig (Auszüge aus dem Exekutionsregister des Bezirksgerichtes Innere Stadt vom 11. Dezember 1998). Trotz nachweislicher Aufforderung habe es der Beschwerdeführer unterlassen, die Begleichung der ihm vorgehaltenen Verbindlichkeiten oder zumindest den Abschluss und die Erfüllung von Zahlungsvereinbarungen durch Zahlungsbelege nachzuweisen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehenden Verbindlichkeiten nach wie vor nicht beglichen worden seien. Der Beschwerdeführer habe sogar zugestanden, dass keine liquiden Mittel zur Abtragung der fälligen Forderungen vorhanden seien. Da er vor der Nachsichtserteilung schon nicht in der Lage sei, seine hohen und zeitlich lange zurückliegenden Verbindlichkeiten ordnungsgemäß

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also bei Fälligkeit - zu begleichen, bestünden begründete Bedenken dagegen, dass ihm die ordnungsgemäße Begleichung der mit der beabsichtigten Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten möglich wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Erteilung der beantragten Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen hinsichtlich des vom Beschwerdeführer auszuüben beabsichtigten Gewerbes, insbesondere was die mit der beabsichtigten Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten anlange, zu treffen. Da es sich bei dem vom Beschwerdeführer auszuüben beabsichtigten Gewerbe um die "Teppich- und Polsterreinigung mit haushaltsüblichen Shamponiermitteln und -geräten" handle, seien die mit dieser Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten äußerst gering. Es würden lediglich Kosten auflaufen, wie sie in diesem Zusammenhang in einem durchschnittlichen Haushalt für die Reinigung entstünden. Darüber hinaus sei die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer sei seiner Verpflichtung zur Mitwirkung und Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes nicht nachgekommen, unrichtig. Es seien sehr wohl - wie die belangte Behörde auch zutreffend festgestellt habe - Urkunden über Zahlungsvereinbarungen vorgelegt worden. In diesem Zusammenhang werde von der belangten Behörde weiters verkannt, dass es sich bei Ratenvereinbarungen um Stundungen handle, sodass die Fälligkeit der betroffenen Forderungen hinausgeschoben werde.

Gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 346 Abs. 1 Z. 1) im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 die Nachsicht vom Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0001, und die hier zitierte Vorjudikatur), ergibt sich aus dem Wortlaut "wenn ... erwartet werden kann ...", dass keine Bedenken vorliegen dürfen, die eine derartige Erwartung ausschließen. Die im Gesetz definierte Erwartung setzt aber jedenfalls voraus, dass der Nachsichtswerber über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die mit der beabsichtigten Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten - und zwar bei Fälligkeit - abdecken zu können.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls bereits wiederholt dargelegt hat (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis und die hier zitierte Vorjudikatur), korrespondiert dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zu Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft auch auf die Bestimmung des § 26 Abs. 2 GewO 1994 insofern zu, als die Feststellung der "nunmehrigen wirtschaftlichen Lage" notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen.

Ausgehend von dieser Rechtslage kann der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer selbst nicht in Abrede gestellten, exekutiv betriebenen Forderungen zur Annahme gelangte, dass er zurzeit nicht über die erforderlichen liquiden Mittel im Sinne der obigen Ausführungen verfüge. Daran vermag der Umstand, dass der Beschwerdeführer - wie er ausführt - Urkunden über Ratenvereinbarungen vorgelegt habe, nichts zu ändern. Denn zum einen behauptet er nicht einmal, dass er Ratenvereinbarungen über alle offenen Forderungen abgeschlossen habe, zum anderen tritt er der Feststellung der belangten Behörde, er habe trotz Aufforderung keine Zahlungsbelege vorgelegt, aus denen ersehen werden könne, dass die Zahlungsvereinbarungen auch pünktlich erfüllt würden, nicht entgegen.

Soweit der Beschwerdeführer aber vorbringt, die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass mit dem von ihm auszuüben beabsichtigten Gewerbe nur äußerst geringe Zahlungspflichten verbunden seien, übersieht er, dass in der gegebenen Situation - trotz entgegenstehender Absicht des Beschwerdeführers - die Erfüllung selbst geringfügiger Zahlungsverpflichtungen etwa durch die Exekution eines "Altgläubigers" unmöglich werden kann.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040191.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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