TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/12 G308 2100593-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2018
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Entscheidungsdatum

12.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4
GSVG §25
GSVG §35

Spruch

G308 2100593-1/17E

G308 2100593-2/2E

G308 2100593-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, gegen die Bescheide der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark, vom 02.12.2014 betreffend die Versicherungspflicht, vom 02.12.2014 betreffend Beitragsgrundlagen und Beiträge zur Krankenversicherung sowie vom 04.12.2014 betreffend Beitragszuschlag, jeweils VSNR: XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), vom 02.12.2014, wurde gemäß § 194 GSVG iVm. §§ 409, 410 ASVG festgestellt, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) aufgrund der Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit jedenfalls im Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG unterliege. Von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung sei der BF im Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011 ausgenommen.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass seitens des Finanzamtes XXXX im Zuge des Datenaustausches der belangten Behörde die rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2010 und 2011 übermittelt worden seien. Der Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 25.000,00 sowie Progressionseinkünfte in Höhe von EUR 14.000,00 aus. Zusätzlich seien Hinzurechnungsbeträge in der Höhe von EUR 6.140,64 festgestellt worden. Der Einkommenssteuerbescheid 2011 weise Einkünfte aus "Gewerbebetrieb" in Höhe von EUR 66.732,83 sowie Progressionseinkünfte in Höhe von EUR 16.701,48 aus. Zusätzlich seien Hinzurechnungsbeträge in Höhe von EUR 1.991,16 festgestellt worden. Die Progressionseinkünfte würden jeweils aus dem Bezug einer Pension aus der Bundesrepublik Deutschland stammen. Der Beschwerdeführer habe der belangten Behörde einen außergerichtlichen Ausgleich übermittelt, welcher von der belangten Behörde mangels Rechtsgrundlage abgelehnt worden sei. Sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Steuerberater hätten angegeben, dass die Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner Konsulenten- bzw. Beratertätigkeit stammen würden. Sodann sei der belangten Behörde mit Schreiben vom 07.02.2014 mitgeteilt worden, dass die Einkünfte des Beschwerdeführers aus einem einmaligen Verkauf von Vermögensteilen stammen würden und der Erlös sofort in eine weitere Unternehmensbeteiligung reinvestiert worden wäre. Der Beschwerdeführer sei mit einem Gesellschaftsanteil von genau 25% am Stammkapital der "XXXX" (im Folgenden: B. GmbH) beteiligt gewesen. Als Lizenzgebühr habe der Beschwerdeführer am 20.12.2010 einmal eine Teilzahlung in Höhe von EUR 30.000,00 und im Jänner/Februar 2011 eine weitere Teilzahlung in Höhe von EUR 100.000,00 erhalten. Geeignete Nachweise habe der BF übermittelt. Nach Anführung der nach Ansicht der belangten Behörde maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen sowie dazu ergangener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes (VwGH) führte die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Begründung aus, dass die Einkommenssteuerbescheide des BF der Jahre 2010 und 2011 unstrittig rechtskräftig seien und versicherungspflichtige Einkünfte über der maßgeblichen Versicherungsgrenze nach § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG enthalten würden. Die Einkünfte des BF aus "Gewerbebetrieb" würden unstrittig aus seiner Tätigkeit als "Konsulent/Berater" stammen. Der Beschwerdeführer habe daher jedenfalls im Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011 eine selbstständige und betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausgeübt. Die belangte Behörde sei an die steuerliche Einordnung der Einkünfte des BF durch das Finanzamt gebunden. Deren Zuordnung dürfe seitens der belangten Behörde nicht mehr geprüft werden. Der Beschwerdeführer sei mit den gegenständlichen Einkünften auch nicht nach einem anderen Bundesgesetz versichert gewesen. Eine Herausrechnung der Einkünfte aus dem einmaligen Verkauf von Vermögensanteilen sei nicht möglich, da gemäß § 25 Abs. 2 Z 3 GSVG nur jene Beträge aus der Beitragsgrundlage hinausgerechnet werden könnten, welche wieder dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt würden. Dies jedoch bei einer GmbH nur dann, wenn der Versicherte daran zu mehr als 25 % beteiligt ist. Dies treffe laut Angaben des BF jedoch nicht zu. Nachdem der BF am 01.01.1998 bereits das Anfallsalter für eine vorzeitige Pension wegen Erwerbsunfähigkeit erreicht habe, sei er von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 273 Abs. 8 GSVG ausgenommen.

1.2. Mit einem Bescheid der belangten Behörde vom 02.12.2014 wurde gemäß § 194 GSVG iVm. §§ 409, 410 ASVG festgestellt, dass die monatliche Beitragsgrundlage des BF in der Krankenversicherung nach dem GSVG im Zeitraum von 01.01.2010 bis 31.12.2010 EUR 2.595,05 und im Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2011 EUR 4.900,00 betrage (Spruchpunkt 1.), der BF verpflichtet sei, für die Dauer der Pflichtversicherung einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung in den Zeiträumen vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 in Höhe von EUR 198,53 und von 01.01.2011 bis 31.12.2011 in Höhe von EUR 374,85 zu leisten (Spruchpunkt 2.), und er weiters verpflichtet sei, für die Dauer der Pflichtversicherung einen monatlichen Beitrag zur Selbstständigenvorsorge nach dem BMSVG in den Zeiträumen vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 in Höhe von EUR 39,70 und von 01.01.2011 bis 31.12.2011 in Höhe von EUR 74,97 zu leisten (Spruchpunkt 3.).

Begründend wurde der zum ersten Bescheid festgestellte Sachverhalt angeführt. Zur Höhe der Beitragsgrundlagen wurde ausgeführt, dass die aus der deutschen Pension des Beschwerdeführers stammenden Progressionseinkünfte keinen Teil der Bemessungsgrundlage darstellen würden. Aus den in den Einkommenssteuerbescheiden festgesetzten Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 25.000,00 für das Jahr 2010 und den addierten Hinzurechnungsbeträgen in Höhe von EUR 6.140,64, für 2010 habe sich eine monatliche Beitragsgrundlage von EUR 2.595,05 monatlich für das Jahr 2010 ergeben. Im Jahr 2011 seien Einkünfte aus "Gewerbebetrieb" in Höhe von EUR 66.732,83 geltend gemacht worden. Zu diesen seien Hinzurechnungsbeträge in Höhe von EUR 1.991,16 addiert worden, sodass die monatliche Beitragsgrundlage von EUR 5.727,00 die Höchstbeitragsgrundlage 2011 von EUR 58.800,00 (EUR 4.900,00/Monat) überschritten habe, weshalb für 2011 eine monatliche Beitragsrundlage in Höhe der Höchstbeitragsgrundlage festgesetzt worden sei. Die monatlichen Krankenversicherungsbeiträge würden sich aus 7,65 % der monatlichen Beitragsgrundlage errechnen. Darüber hinaus seien für die Dauer der Pflichtversicherung monatlich 1,53 % der Beitragsgrundlage als monatlicher Beitrag nach dem BMSVG zu leisten.

Beide Bescheide vom 02.12.2014 wurden dem Beschwerdeführer nachweislich am 05.12.2014 zugestellt.

1.3. Mit dem dritten gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 04.12.2014 wurde gemäß § 194 GSVG iVm. §§ 409, 410 ASVG noch festgestellt, dass der BF aufgrund des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts weiters verpflichtet sei, für das Jahr 2010 einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 221,52 und für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 418,32 gemäß § 35 Abs. 6 GSVG zu bezahlen.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 16.12.2014 zugestellt.

2. Gegen diese drei Bescheide richtet sich die gegenständliche, am 30.12.2014 fristgerecht bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde des BF. Darin wurde sinngemäß beantragt, des Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und die angefochtenen Bescheide aufheben. Hilfsweise beantrage der BF einen Teilerlass der bescheidmäßig festgesetzten Beträge. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF nicht die Korrektheit der in allen drei angefochtenen Bescheiden angewandten Berechnungsmethoden sowie der angeführten Berechnungsgrundlagen nicht bezweifle. Er bestreite jedoch vielmehr die grundsätzliche Berechtigung der belangten Behörde, diese Beiträge bei ihm einzuheben. Er habe von der belangten Behörde niemals eine Versicherungskarte erhalten, die ihn in die Lage versetzt hätte, eine Versicherungsleistung zu erhalten. Nach geltender Rechtsprechung dürfe niemand zur Zahlung von Versicherungsbeiträgen gezwungen werden, wenn keinerlei Möglichkeit bestünde, derlei Leistungen in Anspruch zu nehmen. Weiters sei der BF als deutscher Pensionist bereits dort pflichtversichert. Die Einkünfte aus den Jahren 2010 und 2011 würden aus dem Verkauf von Nutzungsrechten an Patenten stammen, welche aus den Jahren 2005 bis 2008 stammen würden und welchen Entwicklungen des BF in Deutschland vorangegangen seien. Bei einem Verkauf anderer Vermögensgegenstände, wie etwa eines Bildes, würden auch keine Versicherungsbeiträge an die belangte Behörde anfallen. Dass die Wiederanlage dieser Einkünfte in ein anderes Unternehmen aufgrund der Beteiligungshöhe des BF von "nur" 25% bei der Berechnung der Beitragsgrundlagen nicht berücksichtigt werden könne, stelle zumindest einen Härtefall dar und wäre diese Wiederanlage bei 25% + EUR 1,00 Anteilen sehr wohl zu berücksichtigen gewesen. Der BF habe sein gesamtes Barvermögen in dieses weitere Unternehmen gesteckt und verloren, als dieses insolvent geworden sei. Er lebe nun ausschließlich von seiner Pension und könne die geforderten Beiträge nicht bezahlen. Die belangte Behörde habe zudem nicht berücksichtigt, dass die ursprünglichen Einkommenssteuerbescheide später wegen nachgewiesener Zahlungsunfähigkeit des BF um 60 % im Zuge eines Vergleichs reduziert worden seien. Es sei zudem völlig unzumutbar, dass der BF trotz seiner Zahlungsunfähigkeit Beiträge zur Mitarbeitervorsorgekasse zu entrichten habe, nur um ihm später wieder rückerstattet zu werden. Der BF ersuche neuerlich um einen Vergleich und schlage eine Abschlagszahlung in Höhe von EUR 6.880,56 vor, sofern auf alle übrigen Beträge verzichtet werde.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt den maßgeblichen Verwaltungsakten wurde am 11.02.2015 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4. Mit Schreiben vom 29.05.2017 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichtes das Ersuchen an den BF, die rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2010 und 2011 vorzulegen.

Die geforderten Einkommenssteuerbescheide wurde nach Fristerstreckung am 22.08.2017 vom BF dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Darüber hinaus nahm der BF noch schriftlich Stellung und führte zur Höhe der in den Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünften aus, dass diese aus einer Abfindung für die Überlassung von Schutzrechten an patentierten Erfindungen an die österreichische Firma "XXXX GmbH" (im Folgenden: M. GmbH) stammen, welche der BF in den Jahren 2002 bis 2008 in Deutschland entwickelt und zum Patent angemeldet habe. Die erhaltene Abfindung habe er in Österreich sofort wieder in die B. GmbH investiert. Diese Investition sei aufgrund der Insolvenz und mittlerweile amtswegigen Löschung aus dem Firmenbuch zur Gänze für den BF verloren gegangen. Dieser Totalverlust sei bereits 2013 absehbar gewesen, sodass dem Antrag des BF auf Löschung seiner Steuerschulden aus 2010 und teilweise 2011 vom Finanzamt [teilweise, Anm.] stattgegeben worden sei. Der entsprechende Antrag sowie der Kontoauszug des Finanzamtes vom 12.11.2013 liege bei. In den Jahren 2008 bis 2010 sei der BF als freiberuflicher Berater der M. GmbH tätig gewesen und habe in dieser Zeit regelmäßig Beiträge an die belangte Behörde abgeführt. Trotz mehrjähriger Versicherungszahlungen habe er nie eine Versicherungskarte erhalten. Die Einreichung einer Arztrechnung in Österreich sei mit dem Vermerk, diese in Deutschland geltend zu machen, retourniert worden. Es sei daher nicht korrekt, dass der BF aufgrund eines überholten Steuerbescheides nachträglich noch Versicherungsbeiträge leisten müsse, für die er keine Gegenleistung habe in Anspruch nehmen können. Dies widerspreche auch der europäischen Rechtsprechung.

5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.02.2018 wurde die belangte Behörde um Mitteilung ersucht, aus konkret welchen Beträgen und aus welchen Versicherungszeiträumen stammend sich die jeweiligen Hinzurechnungsbeträge zusammensetzen.

Der Aufforderung wurde mit Schreiben vom 12.02.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag per ERV einlangend, seitens der belangten Behörde nachgekommen und die entsprechenden Unterlagen übermittelt.

6. Mit einem weiteren Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.02.2018 wurde zudem der BF schriftlich um Auskunft und die Beantwortung konkreter Fragen ersucht. Darüber hinaus wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb des ihm zustehenden Parteiengehör eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Am 07.03.2018 langte die Stellungnahme des BF vom 05.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Bei den an die M. GmbH mit Aufhebungsvertrag vom 13.12.2010 überlassenen Schutzrechten handle es sich um vier (unter Anführung der Patentnummern konkret genannte) Patente. Die Schutzrechte seien noch aufrecht. Er habe diese Erfindungen als Pensionist gemacht und zum Patent angemeldet. Die Kosten für Musteranfertigung und Patentanmeldung habe er von seiner Pension finanziert. An der deutschen Gesellschaft "XXXX GmbH" (im Folgenden: deutsche BFS. GmbH) sei er ursprünglich nicht beteiligt gewesen. Da dieses Unternehmen jedoch nicht in der Lage gewesen sei, die Forderungen des BF zu bezahlen, habe er im Frühjahr 2016 notgedrungen für etwa EUR 10.000,00 oder etwa 1,2 % des Stammkapitals Anteile erwerben müssen. An der chinesischen Gesellschaft "XXXX" (im Folgenden: J. LV) sei der BF nicht beteiligt. Der BF könne mangels vorhandener Unterlagen keine Angaben dazu machen, welcher Anteil der im Einkommenssteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf die Ablöse für Schutzrechte und welcher Teil auf Einkünfte aus der Beratertätigkeit des BF für die M. GmbH stamme. Jedenfalls gehe aus dem Aufhebungsvertrag der M. GmbH hervor, dass diese am 20.12.2010 an den BF EUR 30.000,00 als Teilzahlung für die Schutzrechte entrichtet habe. Der BF sei tatsächlich im Zeitraum 14.04.2008 bis 30.09.2010 für die M. GmbH als Berater tätig gewesen. Nach Beendigung dieser Tätigkeit habe er die B. GmbH beraten, dafür aber kein Entgelt erhalten, da diese Firma seinem Sohn gehöre. Während seiner Beratertätigkeit für die M. GmbH habe der BF Versicherungsbeiträge an die belangte Behörde entrichtet und seien diese auch bei seinen Steuererklärungen durch den damaligen Steuerberater als Betriebsausgaben geltend gemacht worden.

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.03.2018 wurde der Beschwerdeführer neuerlich um Vorlage der Einkommenssteuererklärungen für die Beitragsjahre 2010 und 2011 ersucht.

Mit Schreiben vom 08.05.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am 11.05.2018 einlangend nahm der BF neuerlich schriftlich Stellung und wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und präzisierte, nach seiner Beratertätigkeit für die M. GmbH für die deutsche BFS. GmbH unentgeltlich als Berater tätig gewesen zu sein, da diese seinem Sohn gehöre. Weiters habe er die österreichische B. GmbH beraten. Diese sei jedoch von Anfang an notleidend gewesen und sei daher auch dieser Tätigkeit kein Entgelt entgegengestanden. Die B. GmbH sei zwischenzeitig von Amts wegen aufgrund Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht worden. In den Jahren 2012 und 2013 habe der BF in China für die "XXXX" für insgesamt neun Monate als Berater gearbeitet.

8. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.05.2018 wurde dem BF das Schreiben der belangten Behörde vom 12.02.2018 zur Zusammensetzung der Hinzurechnungsbeträge sowie die damit eingereichten Beweismittel zur Stellungnahme übermittelt und der Beschwerdeführer neuerlich um Vorlage der Einkommenssteuererklärungen für die Beitragsjahre 2010 und 2011 ersucht.

Mit Schreiben vom 24.06.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am 27.06.2018 einlangend, übermittelte der BF die elektronische Version seiner Einkommenssteuererklärung aus dem Jahr 2011 und führte aus, dass laut Auskunft des zuständigen Finanzamtes für das Jahr 2010 offenbar von der damaligen Steuerberatung des BF keine Einkommenssteuererklärung eingereicht worden sei, sodass das Finanzamt zunächst eine Steuerschätzung vorgenommen habe, welche später gemäß den vorliegenden Unterlagen korrigiert worden sei. Weiters lege der BF ein Schreiben der belangten Behörde aus dem Jahr 2009 vor, wonach vom BF die erfolgte Vergütung für eine Arztrechnung zurückgefordert worden sei. Es sei unkorrekt, den BF zur Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen in Österreich zu verpflichten, obwohl er keine Leistungen habe in Anspruch nehmen können, zumal er in Deutschland immer pflichtversichert gewesen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist deutscher Staatsangehöriger, ist in Deutschland pflichtversichert und bezieht dort eine Alterspension.

Diese betrug im Jahr 2010 vom Finanzamt geschätzt EUR 14.000,00 (vgl Einkommenssteuerbescheid 2010 vom 14.06.2012; Angaben des BF im Schreiben vom 24.06.2018) und im Jahr 2011 EUR 16.701,48 (vgl Einkommenssteuerbescheid 2011 vom 02.04.2013).

Der BF ist als Erfinder mehrerer Entwicklungen sowohl beim deutschen, britischen als auch beim europäischen Patentamt mehrfach registriert.

Ab dem Jahr 2007 war der BF neben seiner aus Deutschland bezogenen Pension in Österreich selbstständig als Konsulent und Berater erwerbstätig. Er weist in seinen Sozialversicherungsdaten beginnend mit 01.01.2007 eine Pflichtversicherung als "Neuer Selbstständiger" gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG auf (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 01.02.2018).

Im Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2009 entrichtete der BF auch Beiträge in der Pflichtversicherung im Zweig der Krankenversicherung (vgl aktenkundige Kontoaufstellung der belangten Behörde vom 12.02.2018).

Nachdem der BF am 01.01.1998 bereits das Anfallsalter für eine vorzeitige Alterspension in Österreich erreicht hatte, unterlag er zu keiner Zeit dem Versicherungszweig der Pensionsversicherung.

Der BF verfügte im Bundesgebiet bisher über keine Gewerbeberechtigung (vgl GISA-Abfrage vom 29.06.2018).

1.2. Im Zeitraum zwischen 14.04.2008 und 30.09.2010 war der BF als Berater/Konsulent der zur Firmenbuchnummer FN XXXX registrierten "XXXX GmbH" (M. GmbH) mit Sitz in XXXX tätig (vgl aktenkundiger Aufhebungsvertrag vom 13.12.2010; Angaben des BF im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahmen vom 05.03.2018 und vom 11.05.2018).

Mit Aufhebungsvertrag vom 13.12.2010 wurde die Zusammenarbeit des BF mit der M. GmbH einvernehmlich beendet. Punkt 2. des Vertrages lautet auszugsweise:

"Die Vereinbarung vom 14. April 2008 über den Verkauf des know-how und der Schutzrechte von MZ [der BF, Anm.] an MXXXX [M. GmbH, Anm.] wird einvernehmlich aufgehoben. An Stelle der Vereinbarung zu 2. tritt eine neue Vereinbarung mit folgendem Wortlaut:

MXXXX bezahlt an MZ eine einmalige Lizenzgebühr in Höhe von €

155.000,00 (in Worten einhundertfünfundfünfzigtausend EURO) zuzüglich 20 % MwSt., insgesamt somit € 186.000,00. Der Betrag ist wie folgt zu leisten:

€ 25.000,00 (fünfundzwanzigtausend) + 20 % MwSt. = € 30.000,00 wurden bereits 2008 bezahlt,

€ 30.000,00 (dreißigtausend) + 20 % MwSt. = € 36.000,00 werden am 20. Dez. 2010 bezahlt,

€ 50.000,00 (fünfzigtausend) + 20 % MwSt. = € 60.000,00 werden am 10. Jan. 2011 bezahlt,

€ 50.000,00 (fünfzigtausend) + 20 % MwSt. = € 60.000,00 werden am 10. Feb. 2011 bezahlt.

Die vorgenannte Lizenzgebühr deckt alle bisherigen und zukünftigen Nutzungen der in der Anlage angeführten Schutzrechte durch MXXXX ab. Dieses Nutzungsrecht ist von MXXXX nicht an Dritte übertragbar.

[...]"

Laut Angabe des BF handelte es sich dabei um die zu folgenden Nummern registrierten Schutzrechte (vgl Angaben des BF im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahmen vom 05.03.2018 und vom 11.05.2018):

? DE XXXX

? DE XXXX

? EP XXXX

? "GBR DE XXXX"

Es konnte nicht festgestellt werden, ob das Patent zu "GBR DE XXXX" tatsächlich existiert oder existiert hat. Eine entsprechende Eintragung findet sich in keinem Register. Die übrigen Patente sind im Register des Europäischen Patentamtes registriert (vgl aktenkundige Auszüge vom 03.07.2018).

1.3. Der BF erhielt von der M. GmbH am 20.12.2010 brutto EUR 36.000,00 (netto daher EUR 30.000,00) als zweite Teilzahlung für die Überlassung von Patenten (vgl aktenkundiger Aufhebungsvertrag vom 13.12.2010; Angaben des BF im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahmen vom 05.03.2018 und vom 11.05.2018).

Ob der BF im Jahr 2010 darüber hinaus auch für seine Beratertätigkeit ein Honorar von der M. GmbH tatsächlich erhalten hat, konnte nicht festgestellt werden.

Eine Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2010 wurde vom BF bzw. dessen steuerlicher Vertretung nicht beim Finanzamt eingereicht, sodass dieses in der Folge im Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 vom 14.06.2012 zur Steuernummer XXXX eine Schätzung der Einkünfte des BF für das Jahr 2010 vornahm und daher Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 25.000,00 sowie ausländische Pensionseinkünfte in Höhe von EUR 14.000,00 feststellte. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft (vgl Einkommenssteuerbescheid 2010 vom 14.06.2012; Angaben des BF im Schreiben vom 24.06.2018).

1.4. Anfang des Jahres 2011 erhielt der BF als letzte Teilzahlungen für die Überlassung der Schutzrechte von der M. GmbH netto insgesamt EUR 100.000,00 (vgl aktenkundiger Aufhebungsvertrag vom 13.12.2010; Angaben des BF im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahmen vom 05.03.2018 und vom 11.05.2018).

Diese EUR 100.000,00 investierte der BF mit Einzahlung vom 03.03.2011 in die mit Gesellschaftsvertrag vom 24.02.2011 gegründete und ehemals zur Firmenbuchnummer FN XXXX in Österreich registrierte "XXXX GmbH" (B. GmbH) mit Sitz in XXXX und erwarb damit für sich und seinen Sohn, XXXX, jeweils Gesellschaftsanteile von exakt 25 % des Stammkapitals zu je EUR 50.000,00. Unternehmenszweck war die "Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Magnetventilen, Magnetpumpen und zugehörigen Steuerungselementen". Ab 18.03.2011 war der Sohn des BF mit jeweils einem weiteren Geschäftsführer zur handelsrechtlichen Geschäftsführung der B. GmbH selbstständig befugt. Infolge Vermögenslosigkeit wurde die B. GmbH am 29.11.2016 gemäß § 40 FBG aus dem Firmenbuch gelöscht (vgl aktenkundiger Kontoauszug des BF der Raiffeisenbank XXXX vom 04.03.2011; Firmenbuchauszug zur B. GmbH vom 01.02.2018; schriftliche Stellungnahmen des BF).

Im Jahr 2011 war der BF jedenfalls für die M. GmbH nicht mehr als Berater tätig. Er setzte seine Beratertätigkeit in Deutschland für die deutsche, im deutschen Handelsregister zur Nummer HRB XXXX eingetragene "XXXXGmbH" (BFS. GmbH) mit Sitz in XXXXDeutschland, sowie für die nunmehr ehemalige österreichische B. GmbH unentgeltlich fort. Zum damaligen Zeitpunkt war unter anderem der Sohn des BF offenbar auch zur Geschäftsführung der deutschen BFS. GmbH befugt. Die Geschäftsführungsbefugnis des Sohnes des BF an der BFS. GmbH endete im März 2017 (vgl aktenkundige Abfrage aus dem deutschen Unternehmensregister vom 01.02.2018 und vom 03.07.2018; Firmenbuchauszug zur B. GmbH vom 01.02.2018; Angaben des BF im Schreiben vom 24.06.2018).

In den Jahren 2012 und 2013 arbeitete der BF für insgesamt neun Monate als Berater in der Volksrepublik China (vgl Angaben des BF im Schreiben vom 08.05.2018).

Seit Frühjahr 2016 hält der BF eigenen Angaben nach Anteile am Stammkapital der deutschen BFS. GmbH in Höhe von etwa 1,2 % oder EUR 10.000,00 als Ausgleich für von der BFS. GmbH nicht beglichenen Forderungen des BF (vgl. Schreiben des BF vom 08.05.2018).

1.5. Mit am 19.02.2013 elektronisch beim Finanzamt eingelangter Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2011 wurden die folgenden Einkünfte und Betriebsausgaben veranlagt:

Erlöse ohne § 109a EStG

 

 

EUR

100.000,00

abzgl. Grundfreibetrag

EUR

3.900,00

 

 

abzgl. übrige Aufwendungen/Betriebsausgaben

EUR

2.670,00

EUR

-6.570,00

Grundlage

 

 

EUR

93.430,00

zzgl. Weitere Erlöse ohne § 109a EStG

EUR

2.721,38

 

 

abzgl. Waren-, Roh- und Hilfsstoffe

EUR

-2.084,20

 

 

abzgl. Reise- und Fahrtspesen

EUR

-2.653,03

 

 

abzgl. tatsächliche KFZ-Kosten (inkl. Korrektur)

EUR

-1.689,81

 

 

abzgl. Miet-/Pachtaufw., Leasing (inkl. Korrektur)

EUR

-7.238,40

 

 

abzgl. Werbe-/Repräsentationsaufwendungen

EUR

-201,08

 

 

abzgl. eigene Pflichtversicherung

EUR

-5.000,00

 

 

abzgl. übrige Aufwendungen/Betriebsausgaben

EUR

-10.552,03

EUR

-26.697,17

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

 

 

EUR

66.732,83

davon Halbsatzeinkünfte KZ 423

 

 

EUR

66.732,83

Ausländische Einkünfte m. Progressionsvorbehalt

 

 

EUR

16.701,48

Aus dem rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2011 vom 02.04.2013 zur Steuernummer XXXX ergeben sich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von EUR 66.732,83, die vollumfänglich dem Hälftesteuersatz unterlagen, sowie ausländische Progressionseinkünfte aus der deutschen Pension des BF in Höhe von EUR 16.701,48.

Es wird daher festgestellt, dass der BF im Jahr 2011 bezogen auf die ihm in diesem Jahr zugeflossenen Lizenzeinkünfte Betriebsausgaben geltend gemacht hat.

1.6. Mit Schreiben vom 15.05.2013 entsprach das Finanzamt XXXX dem Antrag des BF vom 29.03.2013 auf Gewährung einer Abschlagszahlung gemäß § 235 Abs. 1 BAO und führte eine Löschung eines Rückstandsteiles in Höhe von EUR 12.048,75 unter Anführung konkreter, vom BF einzuhaltender Bedingungen durch und behielt sich den rückwirkenden Widerruf nach den Bestimmungen des § 294 BAO vor (vgl. aktenkundiges Schreiben des Finanzamtes vom 15.05.2013).

Ein Löschungsbescheid gemäß § 235 BAO ist nicht aktenkundig.

1.7. Der BF strebte mehrmals äquivalent zur gewährten Abschlagszahlung beim Finanzamt einen Vergleich mit der belangten Behörde über die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge an (vgl etwa E-Mails an die belangte Behörde vom 02.05.2013, vom 07.05.2013, vom 16.05.2013, vom 17.09.2013, vom 10.02.2014).

1.8. Mit den gegenständlich angefochtenen Bescheiden wurde der BF aufgrund seiner in den Jahren 2010 und 2011 rechtkräftig festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. selbstständiger Tätigkeit für den Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011 rückwirkend in die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG einbezogen sowie eine entsprechende Feststellung der Beitragsgrundlagen und Krankenversicherungsbeiträge durchgeführt und für beide Jahre ein Beitragszuschlag verhängt.

Die Beitragsgrundlagen und Beiträge setzen sich - unstrittig - wie folgt zusammen (vgl Aufstellung der belangten Behörde und Kontoauszüge vom 12.02.2018):

Beitragsjahr 2010:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb EUR 25.000,00

zzgl. Hinzurechnungsbeträge EUR 6.140,64

Gesamt EUR 31.140,64/12 = EUR 2.595,05 pro Monat

Die Hinzurechnungsbeträge des Jahres 2010 stammen ausschließlich aus dem Zweig der Krankenversicherung und betreffen die Jahre 2007 (EUR 816,72), 2008 (EUR 3.848,52) sowie 2009 (EUR 1.475,40).

Beitragsjahr 2011:

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit EUR 66.732,83

zzgl. Hinzurechnungsbeträge EUR 1.991,16

Gesamt EUR 68.723,99/12 = EUR 5.727,00 pro Monat

Die Höchstbeitragsgrundlage 2011 betrug EUR 58.800,00/12 = EUR

4.900,00 pro Monat.

Die Hinzurechnungsbeträge des Jahres 2011 stammen ausschließlich aus dem Zweig der Krankenversicherung und betreffen die Jahre 2008 (EUR 1.009,44) sowie 2009 (EUR 981,72).

Die rechnerische Richtigkeit der Hinzurechnungsbeträge, der Beitragsgrundlagen sowie in weiterer Folge auch der monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung, der betrieblichen Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorge als auch der Beitragszuschläge wurde vom BF zu keiner Zeit bestritten und ausdrücklich außer Streit gestellt (vgl. Beschwerde vom 30.12.2014).

Ebenso unbestritten sind der Sachverhalt sowie die Höhe der Einkünfte des BF in den Jahren 2010 und 2011. Der BF bestreitet jedoch das Vorliegen einer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG im Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011 sowie die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachverrechnung dem Grunde nach und damit auch der Verhängung von Beitragszuschlägen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Das BVwG nahm Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Firmenbuch, das Gewerberegister sowie das Patentregister des Österreichischen Patentamtes, des Deutschen Patentamtes sowie des Europäischen Patentamtes, erhob bezüglich des BF einen Sozialversicherungsdatenauszug und führte bezüglich der vom BF angeführten deutschen BFS. GmbH eine Internetrecherche durch (https://www.XXXX).

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom BF gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom BF zu keiner Zeit bestritten wurden.

Ein Löschungsbescheid gemäß § 235 BAO ist nicht aktenkundig.

Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, ob der BF im Jahr 2010 über die Teilzahlung für die Überlassung von Schutzrechten in Höhe von netto EUR 30.000,00 hinausgehend ein Honorar für seine Beratungstätigkeit von der M. GmbH erhalten hat, ergibt sich einerseits daraus, dass der BF hierzu keine Angaben gemacht hat und andererseits aus dem Umstand, dass dem Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 mangels Einkommenssteuererklärung eine Schätzung durch das Finanzamt zugrunde liegt. Nachdem die Einkünfte des BF aus Gewerbebetrieb im Jahr 2010 jedoch auf EUR 25.000,00 geschätzt wurden, der BF aber laut Vertrag und seinen glaubhaften Angaben bereits für die Überlassung der Patentrechte tatsächlich netto EUR 30.000,00 erhalten hat, bleibt rechnerisch kein Raum für die Annahme, der BF habe ein zusätzliches Beraterhonorar im Jahr 2010 erhalten, zumal der Einkommenssteuerbescheid in Rechtskraft erwuchs.

Im Übrigen wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit.. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerde und den Anträgen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ergibt sich aus den soeben dargestellten Bestimmungen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Prüfungsumfang auf die strittige Rechtsfrage, ob der BF überhaupt der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG im strittigen Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011 unterliegt sowie zur Zulässigkeit der nachträglichen Einhebung von Beiträgen, beschränkt ist. Eine Überprüfung der - basierend auf der tatsächlich zur Anwendung kommenden Beitragsgrundlage - konkreten Berechnung der einzelnen monatlichen Beiträge und der Beitragszuschläge hat daher angesichts der diesbezüglichen ausdrücklichen Außerstreitstellung des BF nicht stattzufinden.

3.2. Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung:

Gemäß § 39 Abs. 2 AVG hat die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) geht davon aus, dass - aufgrund § 17 VwGVG 2014 - auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten das sich aus § 39 Abs. 2 AVG ergebende Amtswegigkeitsprinzip maßgeblich ist (etwa VwGH vom 17.12.2014, Zl. Ro 2014/03/0066; VwGH vom 18.02.2015, Zl. Ra 2015/04/0007; VwGH vom 24.03.2015, Zl. Ra 2014/21/0058). Gleiches hat auch bezüglich der in § 39 Abs. 2 AVG für die Verwaltungsbehörden vorgesehene Möglichkeit zu gelten, den Gang des Verfahrens dahingehend zu bestimmen, mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden und sie wieder zu trennen. Bei der Entscheidung, die Verfahren zu verbinden oder zu trennen, hat sich das Verwaltungsgericht - wie auch die Verwaltungsbehörden - von den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen (VwGH vom 17.11.2015, Zl. Ra 2015/03/0058, RS 1).

Nach Ansicht des VwGH sind Verwaltungsgerichte unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 AVG berechtigt und unter der Voraussetzung des § 39 Abs. 2a AVG auch verpflichtet, Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung zu verbinden (VwGH vom 17.11.2015, Zl. Ra 2015/03/0058, RS 3 erster Satz).

Aufgrund desselben Sachverhalts erachtet das Bundesverwaltungsgericht und angesichts dessen, dass derselbe BF betroffen ist, den jeweiligen Bescheiden der belangten Behörde derselbe Sachverhalt zugrunde liegt und der langen Verfahrensdauer jedenfalls unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gerechtfertigt, gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG die Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.

Über beide seitens des BF anhängigen Beschwerden wird somit mit der gegenständlichen Entscheidung gemeinsam abgesprochen.

Zu Spruchteil A):

3.3. Zur Versicherungspflicht des BF nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG:

Der BF bestreitet, in dem im erstangefochtenen Bescheid festgestellten Zeitraum von 01.01.2010 bis 31.12.2011 gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der gewerblichen Wirtschaft und damit auch der betrieblichen Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorge unterlegen zu sein, da es sich bei seinen Einkünften aus den Jahren 2010 und 2011 ausschließlich um Einkünfte aus dem Verkauf von Schutzrechten gehandelt habe, der BF für diesen Zeitraum aufgrund der rückwirkenden Feststellung der Pflichtversicherung überhaupt keine Möglichkeit einer Leistungsinanspruchnahme gehabt habe, das Finanzamt dem BF einen Teil seiner Steuerschuld gemäß § 235 BAO erlassen habe, sodass sich die Einkommenssteuerbescheid der Jahre 2010 und 2011 verändert hätten und der BF wirtschaftlich überhaupt nicht in der Lage sei, der Beitragsnachverrechnung zu entsprechen.

Strittig ist daher, ob der BF im Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011 durch Berücksichtigung seiner Lizenzeinkünfte bei seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb bzw. selbstständiger Arbeit der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlag.

Die Höhe der in den Einkommenssteuerbescheiden veranlagten Einkünfte des BF blieb grundsätzlich unbestritten. Der BF bestreitet vielmehr, dass es sich dabei um Einkünfte handelt, die der Versicherungspflicht unterliegen.

3.3.1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 131/2006 sind aufgrund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung selbstständig erwerbstätige Personen pflichtversichert, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.

§ 6 Abs. 4 Z 1 GSVG lautet in den maßgeblichen Fassungen:

"(4) Bei den im § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Personen beginnt die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung

1. mit dem Tag der Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit; hat jedoch der Versicherte die Meldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 erstattet, mit Beginn des Kalenderjahres, in dem die Beitragsgrundlage die Grenzen des § 25 Abs. 4 Z 2 übersteigt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, daß er die betriebliche Tätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt begonnen hat;"

§ 7 Abs. 4 GSVG lautet in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 71/2005:

"(4) Bei den im § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Personen endet die Pflichtversicherung mit dem Letzten des Kalendermonates,

1. in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt; hat der Versicherte die Abmeldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 erstattet, mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, dass er die betrieblichen Tätigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt beendet hat;

2. in dem die berufsrechtliche Berechtigung wegfällt;

3. in dem der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte entgegen der Erklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) nicht übersteigen werden;"

§ 7 Abs. 4 GSVG lautet in der von 01.01.2011 bis 31.12.2013 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 92/2010:

"(4) Bei den im § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Personen endet die Pflichtversicherung mit dem Letzten des Kalendermonates,

1. in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt; hat der Versicherte die Abmeldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 erstattet, mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, dass er die betrieblichen Tätigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt beendet hat;

2. in dem die berufsrechtliche Berechtigung wegfällt;

3. in dem der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte entgegen der Erklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) nicht übersteigen werden;

4. in dem ein Ausnahmegrund eintritt."

§ 18 GSVG normiert die Meldepflichten von Pflichtversicherten. Gemäß Abs. 1 leg. cit. haben die nach diesem Bundesgesetz Pflichtversicherten den Eintritt der Voraussetzungen für den Beginn und das Ende der Pflichtversicherung binnen einem Monat nach deren Eintritt beim Versicherungsträger zu melden. Die gleiche Meldepflicht hat der von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Ausgenommene im Falle des Eintrittes oder des Wegfalles des Ausnahmegrundes. Der Meldung an den Versicherungsträger ist eine Meldung nach § 333 Abs. 2 GewO 1994 für den Beginn der Pflichtversicherung an die Gewerbebehörde gleichzuhalten. Aus Abs. 2 leg. cit. geht weiters hervor, dass die Meldepflichtigen gemäß Abs. 1 innerhalb der dort angegebenen Frist alle für das Versicherungsverhältnis bedeutsamen Änderungen sowie maßgebenden Ereignisse und Tat

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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