TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/18 LVwG-2017/32/2004-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.07.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §74 Abs1
GewO 1994 §74 Abs2 Z2
GewO 1994 §366 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Z vom 03.07.2017, GZ ****, betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994 nach der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird mit der Maßgabe, wonach die Wort- und Zeichenfolge im 1. fettgedruckten Satz bei der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (§ 44a Z 1 VStG) „als Verantwortlicher der ‚Firma CC‘ in Z, Adresse 2, zu verantworten, dass die genannte Firma“ zu entfallen hat und am Ende dieses 1. Satzes das Wort „betreibt“ durch die Wort „betrieben“ ersetzt wird, insofern sattgegeben, wonach die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen auf 36 Stunden herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Bei den verletzten Verwaltungsvorschriften (§ 44a Z 2 VStG) hat es wie folgt zu lauten:

§ 366 Abs 1 Z 2 GewO 1994

3.       Bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) hat es wie folgt zu lauten:

„§ 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994“

4.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis 03.07.2017 wurde Herrn AA nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie, Herr AA, geb. am 14.06.1971, haben zumindest am 22.04.2017 von 07:36 Uhr bis 08:15 Uhr (Einsatz Lärm – mobile Überwachungsgruppe Z MÜG) in Innsbruck, Adresse 2 bzw. Adresse 3; „CC“, folgende Verwaltungsübertretung begangen.

Sie haben als Verantwortlicher der „Firma CC“ in Z, Adresse 2, zu verantworten, dass die genannte Firma auf dem Standort in Adresse 2 bzw. Adresse 3 von zumindest 22.04.2017 bis zumindest 03.07.2017 eine gemäß § 74 Abs.1 und 2 GewO genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage für das „Trainingsstudio CC“ betreibt.

Die Genehmigungspflicht ist dadurch gegeben, da Anrainer sich durch die entstehenden Emissionen, wie Lärm, belästigt fühlen könnten.“

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten gemäß § 366 Abs 1 Z 2 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 360,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) verhängt.

Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darin wie folgt ausgeführt:

„Der Beschwerdeführer erhebt gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 3.7.2017 zu ZI. ****, zugestellt am 5.7.2017, sohin binnen offener Frist, nachstehende

BESCHWERDE

an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

Das angefochtene Straferkenntnis wird in vollem Umfang bekämpft und zu den Gründen der Rechtswidrigkeit wie folgt ausgeführt:

Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, dass er als Verantwortlicher der „Firma CC“ in Z, Adresse 2, die genannte Firma zumindest vom 22.4.2017 bis 3.7.2017 betrieben habe, obwohl die Betriebsanlage für das „Trainingsstudio CC“ nicht genehmigt sei. Die Genehmigungspflicht sei dadurch gegeben, dass Anrainer sich durch die entstehenden Emissionen, wie Lärm, belästigt fühlen könnten.

Zunächst wird ausdrücklich bestritten, dass eine Genehmigungspflicht für das vom Beschwerdeführer betriebene Trainingsstudio besteht. Am 10.7.2017 hat im Rahmen des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens ein Lokalaugenschein mit der Behörde an Ort und Stelle stattgefunden und wurden dabei zahlreiche Versuche im Probebetrieb durchgeführt. Unzumutbarer Lärm oder Erschütterungen konnten dabei von den Anwesenden nicht festgestellt werden, auch nicht im angrenzenden Bürogebäude des DD.

Obwohl der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass Anrainer durch Emissionen aus seinem Trainingsstudio, wie Lärm, nicht belästigt werden, hat der Beschwerdeführer bereits Anfang des Jahres 2016 den Antrag auf Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für sein Fitnessstudio „CC“ gestellt. Die Einreichunterlagen liegen der Behörde bereits seit langer Zeit vollständig vor, eine Entscheidung ist bislang jedoch nicht ergangen. Der Einspruchswerber hat alle erforderlichen Schritte zur Erreichung der Genehmigung gesetzt, die Behörde ist mit der Erlassung einer Entscheidung allerdings säumig.

Wie bereits ausgeführt, fand im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren am 10.7.2017 ein Lokalaugenschein an Ort und Stelle statt. Mit der Erlassung der Betriebsanlagengenehmigung ist demnächst zu rechnen.

Der Einspruchswerber war stets darum bemüht, allfällige Beeinträchtigungen für die Nachbarn hintanzuhalten oder zumindest auf ein erträgliches Maß zu minimieren. Der Einspruchswerber hat den staatlich befugten und beeideten Zivilingenieur für Bauwesen EE, EE ZT GmbH, mit der Erstellung eines Konzepts für das Fitnessstudio im Hinblick auf die behaupteten Lärmbelästigungen der Nachbarn beauftragt. Dieses Konzept enthielt diverse Sofortmaßnahmen für die Unterbindung von Schallübertragungen, die der Einspruchswerber umgesetzt hat.

Folgende Minderungsmaßnahmen wurden durchgeführt:

   Schallschutzmatten: Die 5 cm starken Geokunststoffmatten (Marke: Euroflex) werden doppelt (übereinander) am Boden aufgelegt und weisen folgende Abmessungen auf: 50x50x4 cm, 100x100x2,5 cm Schalldämmwert: LW = 45 dB bei 50 mm

   Körperschallentkopplung des Bodenbelages in der Trainingshalle: Das Pflaster wurde mit einem Längsschnitt versehen, sodass zwischen „großer Halle“ und „Nordhalle“ eine körperschallmäßige Trennung erfolgt.

   Errichtung einer Schallschutzwand: Zur „Nordhalle“ hin wurde zum Zweck des Schallschutzes eine 5 cm starke Ständerwand aus Rigips (hinter der Trennungsfuge in der Bodenplatte) errichtet;

   Das Training wird entsprechend eingeschränkt durchgeführt und die Kunden zu Verhaltensregeln angeleitet, damit eine Lärmbelästigung verhindert wird.

Nach den durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen sind nachteilige Auswirkungen auf Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO durch die Betriebsanlage auszuschließen.

Ein Verschulden seitens des Einspruchswerbers ist jedenfalls nicht gegeben oder, wenn überhaupt, nur als geringfügig zu bezeichnen. Der Einspruchswerber hat sich sowohl rechtzeitig um die Betriebsanlagengenehmigung bemüht, als auch darum, die Lärmbelästigung für die Nachbarn so gering wie möglich zu halten.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren wie auch das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ausschließlich auf die überbordende Flut von Beschwerden des Nachbars DD zurückzuführen sind. Das Verhalten des Nachbarn DD stellt Schikane dar, und belastet den Beschwerdeführer erheblich. Die von DD erhobenen Vorwürfe sind haltlos und sollte sein irrationales Verhalten nicht noch dadurch bestärkt werden, dass im gegenständlichen Verfahren eine Verwaltungsstrafe über den Beschwerdeführer verhängt wird.

Wenn die belangte Behörde ausführt, dass das Einreichen eines Antrages auf Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung nicht dazu berechtige, die Betriebsanlage sofort zu betreiben und das Einreichen eines Antrags auf Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung in keinerlei Zusammenhang mit der Verwaltungsübertretung im anzeigengegenständlichen Sinn stehe, so ist dazu folgendes auszuführen:

Für die Beurteilung der subjektiven Tatzeit ist der Umstand, dass die Betriebsanlagengenehmigung bereits Anfang des Jahres 2016 beantragt wurde, durchaus wesentlich. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG ist Fahrlässigkeit dann anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschwerdeführer wartet sei über 1 1/2 Jahren auf die Betriebsanlagengenehmigung. Vom Beschwerdeführer kann nicht verlangt werden, dass er mit dem Betrieb seines Fitnessstudios, mit dessen Ertrag der Beschwerdeführer immerhin seinen Unterhalt bestreitet, so lange zuwartet. Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall alle ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten ließen.

Sollte dennoch vom Vorliegen einer Verwaltungsübertretung ausgegangen werden, so wäre zumindest als mildernd zu berücksichtigen gewesen, dass der Beschwerdeführer bereits seit Anfang des Jahres 2016 auf die Entscheidung der Behörde über seinen Antrag auf Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung wartet und andererseits vollkommen unbescholten ist.

Aus diesen Gründen werden gestellt die

ANTRÄGE:

Das Landesverwaltungsgericht Tirol möge

1.   eine mündliche Verhandlung durchführen und

2.   a)  das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben sowie das Verwaltungsstrafverfahren einstellen;

in eventu

2.   b)  das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren unter Erteilung einer Ermahnung eingestellt wird;

in eventu

2.   c)  das angefochtene Straferkenntnis abändern und die Strafhöhe schuld- und tatangemessen herabsetzen;

in eventu

2.   d)  das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

Innsbruck, am 28.7.2017                                                       AA“

Es wurde am 05.10.2017 eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer als auch sein Rechtsvertreter erschienen sind. Der Beschwerdeführer wurde einvernommen. Beweis wurde weiters aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verwaltungsstrafakt, den behördlichen Betriebsanlagengenehmigungsakt und in das nunmehr vorliegende Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 11.06.2018, LVwG-2070/15/2442-13, welches sämtlichen Verfahrensparteien vorliegt.

II.      Sachverhalt:

Herr AA war im hier vorgeworfenen Zeitraum vom 22.04.2017 bis zum 03.07.2017 Betreiber des Trainingsstudios mit der Etablissementbezeichnung „CC“ im Anwesen Adresse 2 bzw. Adresse 3 in Z.

Diese Anlage wurde im vorgenannten Zeitraum gewerblich betrieben. Die Anlage war während dieses Zeitraumes betriebsanlagenrechtlich nicht genehmigt.

Die Anlage war geeignet, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

III.     Beweiswürdigung:

Der vorgenannte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aufgrund der Feststellungen der mobilen Überwachungsgruppe des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol gibt der Beschwerdeführer an, dass es sich bei der Bezeichnung „CC“ lediglich um die Etablissementbezeichnung des hier in Rede stehenden Trainingsstudios handelt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, das hier in Rede stehende Trainingsstudio während der vorgenannten Zeit betrieben zu haben. Vielmehr erschließt sich aus seiner Aussage vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol im Zuge der mündlichen, dass er während des hier vorgeworfenen Tatzeitraumes der Betreiber war.

Dem behördlichen Betriebsanlagengenehmigungsakt liegt der betriebsanlagenrechtliche Genehmigungsbescheid vom 24.08.2017, **** LB, ein. Zwischenzeitlich ist das verwaltungsgerichtliche Erkenntnis vom 11.06.2018, LVwG-2070/15/2442-13 ergangen, mit dem die Beschaffenheit der Betriebsanlage im Sinne des
§ 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 festgestellt wird.

Die Genehmigungspflicht der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die im § 74 Abs 2 GewO 1973 erwähnten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen Einwirkungen hervorgerufen werden. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.09.1994, 94/04/0068).

Nichts anderes kann im Hinblick auf die Genehmigungspflicht für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage gelten (Neugenehmigung).

Am 23.04.2018 wurde von der mobilen Überwachungsgruppe aufgrund einer Beschwerde eines Nachbarn ein Lokalaugenschein durchgeführt, wobei leichte Geräusche direkt vor der Betriebsanlage wahrgenommen werden konnten.

Auch wenn vom Beschwerdeführer bestritten wird, dass eine Genehmigungspflicht besteht, zumal unzumutbare Lärm- oder Erschütterungen bei Lokalaugenscheinen nicht festgestellt werden konnten, ist darauf hinzuweisen, dass es für den Eintritt der Genehmigungspflicht ausreicht, dass derartige Einwirkungen (wie zum Beispiel Lärm) bei Nachbarn grundsätzlich möglich sind. Inwieweit diese Einwirkungen zumutbar oder unzumutbar sind, ist dann im nachfolgenden Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zu beurteilen.

Es ist daher nicht abwegig, wenn die belangte Behörde von der Möglichkeit derartiger Einwirkungen (konkret Lärm) ausgegangen ist, wurden doch Geräusche vom Bediensteten der mobilen Überwachungsgruppe bei einem Lokalaugenschein vor der Betriebsanlage wahrgenommen, vom Nachbarn darüber Beschwerde geführt und kann auch nach dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut beim Betrieb eines Trainingsstudios auf Lärmeinwirkungen zu Nachbarn hin geschlossen werden, deren Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit dann im durchzuführenden Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zu beurteilen ist.

Im Übrigen bringt die Beschwerde vor, dass der Beschwerdeführer schalldämmende Maßnahmen getroffen hat, was darauf schließen lässt, dass er selbst die Lärmeinwirkungen beim Nachbarn für möglich gehalten hat.

IV.      Rechtslage:

Gewerbeordnung 1994:

„§ 74

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.

die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.

die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.

eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

§ 77

(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.

§ 359b

(1) Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß Abs. 2 bis 4 ist durchzuführen, wenn

1.

jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2.

das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder

3.

die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder

4.

das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder

5.

bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt ist.

§ 366

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer

2.

eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;

§ 371c

(1) Stellt die Behörde eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 2, 3, 3a, § 367 Z 24a bis 26 oder § 368, sofern die Übertretung gemäß § 368 gewerbliche Betriebsanlagen betrifft, fest und sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat gering und ist das Verschulden des Gewerbetreibenden leicht, so hat die Behörde den Gewerbetreibenden mit dem Ziel einer möglichst wirksamen Beendigung des strafbaren Verhaltens oder der strafbaren Tätigkeiten zu beraten und den Gewerbetreibenden schriftlich unter Angabe der festgestellten Sachverhalte aufzufordern, innerhalb einer angemessenen Frist den den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustellen. Die schriftliche Aufforderung gilt als Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 und 3 VStG.

(2) Wird der schriftlichen Aufforderung innerhalb der von der Behörde festgelegten oder erstreckten Frist entsprochen, dann ist die weitere Verfolgung einer Person wegen jener Übertretungen, betreffend welche der den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechende Zustand hergestellt worden ist, unzulässig.

(3) Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes ist jedenfalls nicht gering, wenn die Übertretung nachteilige Auswirkungen auf Personen oder Sachgüter bewirkt hat oder das Auftreten solcher Auswirkungen bei auch nur kurzem Andauern des strafbaren Verhaltens oder der strafbaren Tätigkeiten zu erwarten ist.

(4) Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gilt als gering, wenn geringfügige Abweichungen von technischen Maßen festgestellt wurden und keine im Abs. 3 genannten Umstände vorliegen.

(5) Abs. 1 und 2 sind jedenfalls nicht anzuwenden auf

1.

Übertretungen von Verwaltungsvorschriften, die zur Strafbarkeit vorsätzliches Verhalten erfordern;

2.

Übertretungen, die innerhalb der letzten drei Jahre vor Feststellung der Übertretung bereits Gegenstand einer Beratung und schriftlichen Aufforderung durch die Behörde waren oder zu denen einschlägige noch nicht getilgte Verwaltungsvorstrafen bei der Behörde aufscheinen;

3.

Übertretungen, die Anlass zu behördlichen Maßnahmen gemäß § 360 Abs. 4 geben;

4.

Übertretungen, für welche die Verwaltungsvorschriften die Maßnahme der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorsehen.“

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG):

„§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 45

. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

4.

die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

㤠27

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

         1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

         2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

…“

§ 50

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses hat überdies zu enthalten:

         1.       im Fall der Verhängung einer Strafe die vom Verwaltungsgericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten;

         2.       im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe.“

…“

Im Übrigen wird auf die Internetseite https://www.ris.bka.gv.at (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

V.       Erwägungen:

Wie bereits auf Sachverhaltsebene festgestellt, war das hier in Rede stehende Trainingsstudio CC als gewerblich betriebene Anlage geeignet, Nachbarinteressen nachteilig durch Lärm zu berühren.

Aus der Einvernahme des Beschwerdeführers bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ergibt sich unzweifelhaft, dass der nunmehrige Beschwerdeführer Betreiber der hier in Rede stehenden Betriebsanlage während des vorgeworfenen Zeitraumes war.

Nachdem der Beschwerdeführer in der Verhandlung dargelegt hat, er habe den Betrieb deshalb aufrechterhalten, da er seine Existenz bedroht sah, steht außer Zweifel, dass die Anlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde.

Vorgeworfen wird ein mehr als 2-monatiger, sohin nicht bloß vorübergehrender Betrieb.

Insofern war die gegenständliche Betriebsanlage nach der Gewerbeordnung genehmigungspflichtig iSd § 77 Abs 1 iVm § 74 Abs 1 und Abs 2 Z 2 GewO 1994.

Verwaltungsgerichtlich wurde im Administrativverfahren nunmehr festgestellt, dass die Anlage den Voraussetzungen nach § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 entspricht.

Dies ändert jedoch im Hinblick auf die hier zu treffende rechtliche Beurteilung nichts:

Sofern die Voraussetzungen nach § 359b GewO 1994 vorliegen, hat dies die Behörde (und in der Folge das Verwaltungsgericht) mit Bescheid festzustellen. Voraussetzung für die Genehmigung oder Feststellung ist ein Antrag um die Erteilung der gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage (vgl § 353 GewO 1994). Der Feststellungsbescheid nach § 359b GewO 1994 gilt als Genehmigungsbescheid der Anlage (vgl § 359b Abs 4 GewO 1994). Mit anderen Worten: es macht keinen Unterschied, ob das betriebsanlagenrechtliche Verfahren mit einem betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheid oder Feststellungsbescheid der Behörde, oder einem Erkenntnis, mit dem eine betriebsanlagenrechtliche Genehmigung erteilt wird, oder – wie gegenständlich – mit einem Erkenntnis, mit dem eine Feststellung im Sinn des
§ 359b GewO 1994 getroffen wird, abgeschlossen wird.

Auch wenn der Beschwerdeführer während der Dauer des betriebsanlagenrechtlichen Verfahrens seine Anlage durch lärmtechnische Maßnahmen verbessert hat, so war es ihm dennoch nicht erlaubt, die Anlage vor der Erlassung des behördlichen Genehmigungsbescheides zu betreiben (vgl § 78 Abs 1 GewO 1994). Der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 24.08.2017 kann dem Beschwerdeführer denkunmöglich vor diesem Datum zugegangen sein, weshalb auch eine vorläufige Errichtungs- und Betriebsgenehmigung iSd § 78 Abs 1 GewO 1994 während des hier vorgeworfenen Tatzeitraumes nicht vorgelegen hat.

Im Hinblick auf § 2 Abs 1 Z 12 GewO 1994 geht das Landesverwaltungsgericht davon aus, dass durch die ergriffene Wortwahl „Trainingsstudio“ bei der als erwiesen angenommenen Tat eine gerade noch ausreichende Abgrenzung zum Tatbestand des Privatunterrichtes vorliegt. Mit dieser Wortwahl wird hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass nicht die Vermittlung von Fähigkeiten im Blick der Verwaltungsstrafbehörde stand.

Auch hat der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht vorgebracht, dass eine Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich sei. Letztlich hat er dann selbst die Betriebsanlagengenehmigung beantragt.

Auch ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes der Tatvorwurf auch im Hinblick auf den Vorwurf der gewerblichen Ausübung ausreichend konkretisiert (vgl § 44a Z 1 VStG), zumal dem nunmehrigen Beschwerdeführer vorgeworfen wird, eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (ohne Betriebsanlagengenehmigung) betrieben zu haben. Nachdem eine Genehmigungspflicht nach den betriebsanlagenrechtlichen Bestimmungen ua voraussetzt, dass eine Betriebsanlage gewerblich betrieben wird – eine Anlage im Sinn des § 2 Abs 12 GewO 1994 wird durch den Begriff „Trainingsstudio“ bei der als erwiesen angenommenen Tat ausgeschlossen –, wird damit auch die gewerbliche Betriebsweise der hier in Rede stehenden örtlich gebundenen Einrichtung Trainingsstudio ausreichend konkretisiert vorgeworfen.

Das Tatbestandsmerkmal des nicht bloß vorübergehend Betriebes, welches in diesem Zusammenhang das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit ersetzt, ist durch die Tatzeit von mehr als 2 Monaten ohnehin vorgeworfen.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Weise begangen hat.

Zur subjektiven Tatseite:

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die Schuldformen des Vorsatzes werden im VStG nicht definiert. Sie sind nach herrschender Auffassung besonders in dem von § 5 Strafgesetzbuch (StGB) umschriebenen Sinn zu verstehen (vgl VwGH 15.05.1991, 90/10/0152):

„§ 5 (1) StGB: Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.“

Mit dem Eingang vom 17.02.2016 hat der nunmehrige Beschwerdeführer um die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung der hier in Rede stehenden Betriebsanlage angesucht.

Insofern hätte er zumindest ab diesem Zeitpunkt Kenntnis davon haben müssen, dass jedenfalls für den Betrieb der Anlage eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus seiner Einlassung im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol, wenn er angibt, es habe eine Anzeige eines Nachbarn gegebenen und in der Folge habe es dann geheißen, dass eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sei.

Der Beschwerdeführer hätte sohin den Betrieb einstellen müssen.

Es ist daher von zumindest bedingt vorsätzlicher Tatbegehung während des gesamten hier vorgeworfenen Tatzeitraumes auszugehen.

Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer machte zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie Sorgepflichten im Rahmen der mündlichen Verhandlung Angaben. Diesen Angaben folgend ist von leicht unterdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind erheblich, zumal der die hier relevanten Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 auch das Ziel verfolgen, Nachbarn vor unzumutbar belästigenden oder gar gefährdenden Immissionen wie zum Beispiel durch den von der Betriebsanlage ausgehenden Lärm zu schützen. Durch den Betrieb der gegenständlichen, während der Tatzeit nicht genehmigten Betriebsanlage wurde dieses Schutzziel unterlaufen.

Mildernd wurde bereits von der belangten Behörde die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt. Erschwerungsgründe sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

VI.      Ergebnis:

In Ansehung der vorgenannten Strafzumessungsgründe kann die verhängte Geldstrafe in der Höhe von Euro 360,-- keinesfalls als überhöht angesehen werden, wird doch der gesetzliche Strafrahmen von bis zu Euro 3.600,-- lediglich zu 10 % ausgeschöpft. Den leicht unterdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen steht die zumindest bedingt vorsätzliche Tatbegehung gegenüber, welche auch einem Vorgehen nach § 371c Gewerbeordnung 1994 entgegensteht. Aufgrund der zumindest bedingt vorsätzlichen Tatbegehung liegt auch kein geringes Verschulden im Sinn des § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor.

Mangels anderslautender materiell rechtlicher Bestimmungen beträgt gegenständlich der Strafrahmen für die Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen (§ 16 Abs 2 VStG). Die Behörde hat eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt und damit diesen Strafrahmen zu mehr als 20% ausgeschöpft. Deshalb erfolgte verwaltungsgerichtlich eine Korrektur der Ersatzfreiheitsstrafe dahingehend, sodass auch die Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von ca 10 % des möglichen Strafrahmens bemessen ist und somit mit dem Strafrahmen der Geldstrafe in Relation steht.

Verwaltungsgerichtlich erfolgte zudem lediglich eine Richtigstellung bei der als erwiesen angenommenen Tat, zu der das Verwaltungsgericht berechtigt war:

In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nicht Sachverhaltselement der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist, ob dem Beschuldigten die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter vorgeworfen wird hat, sondern ist dies eine Frage der Verantwortlichkeit. Insofern liegt auch keine Verjährung vor, wenn dem Beschuldigten erstmals im Berufungsbescheid die Tat in geänderter Verantwortung vorgeworfen wird (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Seite 1285 zu § 9 VStG).

Diese Rechtsprechung ist auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren übertragbar.

Die Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften (vgl VwGH 31.01.2000, 97/10/0139) und der Strafsanktionsnorm (VwGH 28.05.2014, 2012/07/0033, uva) konnte vom Landesverwaltungsgericht vorgenommen werden.

VII.     Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine solche Rechtsprechung fehlt.

Soweit dem erkennenden Gericht bekannt ist, liegt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, inwieweit durch den Vorwurf des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage dem Konkretisierungsgebot iSd § 44a Z 1 VStG im Hinblick auf den Vorwurf der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit in einer Anlage, die von Anlagen iSd § 2 Abs 12 GewO 1994 verschiedenen ist, entsprochen wird, nicht vor. Dies vor dem Hintergrund, dass der nicht bloß vorübergehende Betrieb vorgeworfen wird (vgl die nunmehrige Fassung des § 74 Abs 1 GewO 1994).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Kein Genehmigungsbescheid; Nachbarinteressen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.32.2004.5

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten