TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/30 W204 2176774-1

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Veröffentlicht am 30.04.2018
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Entscheidungsdatum

30.04.2018

Norm

BörseG 1989 §18 Z1
BörseG 1989 §48 Abs1 Z7
BörseG 1989 §81a Abs1 Z12
BörseG 2018 §1 Z16
BörseG 2018 §107 Abs1 Z4
BörseG 2018 §33 Z1
B-VG Art.133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
FMABG §22 Abs8
VStG 1950 §1 Abs2
VStG 1950 §16 Abs2
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §22 Abs2
VStG 1950 §31 Abs2
VStG 1950 §45 Abs1
VStG 1950 §45 Abs1 Z6
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64 Abs2
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs2
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §24
VwGVG §42
VwGVG §48
VwGVG §50 Abs1
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2

Spruch

W204 2176774-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER als Vorsitzende, den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Beisitzer und die Richterin Mag. Katharina DAVID als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Rechtsanwälte in 1010 Wien, sowie vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 18.09.2017 zu Zl. FMA-XXXX in einer Angelegenheit nach dem Börsegesetz zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird in der Schuldfrage keine Folge gegeben. Spruchpunkt I. des angefochtenen Straferkenntnisses wird mit der Maßgabe bestätigt, dass aufgrund der fortgesetzten Tateinheit die ziffernmäßige Unterteilung entfällt und die vorgeworfenen Tathandlungen laufend von 1 bis 56 durchnummeriert werden.

Der Beschwerde wird in der Straffrage insofern Folge gegeben, als die von der FMA insgesamt verhängte Strafe auf 12.600 Euro herabgesetzt wird. Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wird mit 63 Stunden bemessen.

Die Strafnorm lautet § 48 Abs 1 Z 7 BörseG 1989, BGBl Nr. 555/1989 idF BGBl I Nr. 184/2013, iVm § 18 Z 1 1. Fall BörseG 1989, BGBl Nr. 555/1989 idF BGBl I Nr. 124/2005, iVm § 12 Abs 2 Handelsregeln für das automatisierte Handelssystem XETRA(r) der Wiener Börse mit Stand vom 06.10.2014.

II. Der Beschwerdeführer hat gem. § 64 Abs 2 VStG einen Beitrag von 1.260 Euro zum Verfahren vor der belangten Behörde zu leisten, das sind 10 % der nunmehr verhängten Strafe.

Daraus ergibt sich ein zu zahlender Gesamtbetrag von 13.860 Euro.

III. Die XXXX Company XXXX haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Das Straferkenntnis vom 18.09.2017, zugestellt am 21.09.2017, richtet sich gegen XXXX (im Folgenden BF) als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:

"Sehr geehrter Herr XXXX!

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Ad I.1. und I.2.: § 48 Abs 1 Z 7 BörseG, BGBl Nr. 555/1989 idF BGBl I Nr. 184/2013, iVm § 18 Z 1 BörseG, BGBl Nr. 555/1989 idF BGBl I Nr. 124/2005, iVm § 12 Abs 2 Handelsregeln für das automatisierte Handelssystem XETRA(r) der Wiener Börse mit Stand vom 06.10.2014.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß §§

Ad I.1.1.: 300 Euro Ad I.1.2.: 300 Euro Ad I.1.3.: 300 Euro Ad I.1.4.: 300 Euro Ad I.1.5.: 300 Euro Ad I.1.6.: 300 Euro Ad I.1.7.: 300 Euro Ad I.1.8.: 300 Euro Ad I.1.9.: 300 Euro Ad I.1.10.: 300 Euro Ad I.1.11.: 300 Euro Ad I.1.12.: 300 Euro Ad I.1.13.: 300 Euro Ad I.1.14.: 300 Euro Ad I.1.15.: 300 Euro Ad I.1.16.: 300 Euro Ad I.1.17.: 300 Euro Ad I.1.18.: 300 Euro Ad I.1.19.: 300 Euro Ad I.1.20.: 300 Euro Ad I.1.21.: 300 Euro Ad I.1.22.: 300 Euro Ad I.1.23.: 300 Euro Ad I.1.24.: 300 Euro Ad I.1.25.: 300 Euro Ad I.1.26.: 300 Euro Ad I.1.27.: 300 Euro Ad I.1.28.: 300 Euro Ad I.1.29.: 300 Euro Ad I.1.30.: 300 Euro Ad I.1.31.: 300 Euro Ad I.1.32.: 300 Euro Ad I.1.33.: 300 Euro Ad I.1.34.: 300 Euro Ad I.1.35.: 300 Euro Ad I.1.36.: 300 Euro Ad I.1.37.: 300 Euro Ad I.1.38.: 300 Euro Ad I.1.39.: 300 Euro Ad I.1.40.: 300 Euro Ad I.1.41.: 300 Euro Ad I.1.42.: 300 Euro Ad I.1.43.: 300 Euro Ad I.1.44.: 300 Euro Ad I.1.45.: 300 Euro Ad I.1.46.: 300 Euro Ad I.1.47.: 300 Euro Ad I.1.48.: 300 Euro Ad I.2.1.: 300 Euro Ad I.2.2.: 300 Euro Ad I.2.3.: 300 Euro Ad I.2.4.: 300 Euro Ad I.2.5.: 300 Euro Ad I.2.6.: 300 Euro Ad I.2.7.: 300 Euro Ad I.2.8.: 300 Euro

Ad I.1.1.: 6 Stunden Ad I.1.2.: 6 Stunden Ad I.1.3.: 6 Stunden Ad I.1.4.: 6 Stunden Ad I.1.5.: 6 Stunden Ad I.1.6.: 6 Stunden Ad I.1.7.: 6 Stunden Ad I.1.8.: 6 Stunden Ad I.1.9.: 6 Stunden Ad I.1.10.: 6 Stunden Ad I.1.11.: 6 Stunden Ad I.1.12.: 6 Stunden Ad I.1.13.: 6 Stunden Ad I.1.14.: 6 Stunden Ad I.1.15.: 6 Stunden Ad I.1.16.: 6 Stunden Ad I.1.17.: 6 Stunden Ad I.1.18.: 6 Stunden Ad I.1.19.: 6 Stunden Ad I.1.20.: 6 Stunden Ad I.1.21.: 6 Stunden Ad I.1.22.: 6 Stunden Ad I.1.23.: 6 Stunden Ad I.1.24.: 6 Stunden Ad I.1.25.: 6 Stunden Ad I.1.26.: 6 Stunden Ad I.1.27.: 6 Stunden Ad I.1.28.: 6 Stunden Ad I.1.29.: 6 Stunden Ad I.1.30.: 6 Stunden Ad I.1.31.: 6 Stunden Ad I.1.32.: 6 Stunden Ad I.1.33.: 6 Stunden Ad I.1.34.: 6 Stunden Ad I.1.35.: 6 Stunden Ad I.1.36.: 6 Stunden Ad I.1.37.: 6 Stunden Ad I.1.38.: 6 Stunden Ad I.1.39.: 6 Stunden Ad I.1.40.: 6 Stunden Ad I.1.41.: 6 Stunden Ad I.1.42.: 6 Stunden Ad I.1.43.: 6 Stunden Ad I.1.44.: 6 Stunden Ad I.1.45.: 6 Stunden Ad I.1.46.: 6 Stunden Ad I.1.47.: 6 Stunden Ad I.1.48.: 6 Stunden Ad I.2.1.: 6 Stunden Ad I.2.2.: 6 Stunden Ad I.2.3.: 6 Stunden Ad I.2.4.: 6 Stunden Ad I.2.5.: 6 Stunden Ad I.2.6.: 6 Stunden Ad I.2.7.: 6 Stunden Ad I.2.8.: 6 Stunden

---

Ad I.1. und I.2.: § 48 Abs 1 Z 7 BörseG, BGBl Nr. 555/1989 idF BGBl I Nr. 184/2013

Weitere

Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

---

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

* 1.680 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

* 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für .

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

18.480 Euro."-

Begründend führte die Finanzmarktaufsicht (im Folgenden FMA oder belangte Behörde) auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, die XXXX Company XXXX (im Folgenden XXXX oder haftende Gesellschaft) habe in den im Spruch genannten Fällen die Kauf- und Verkaufsaufträge an der Wiener Börse (im Folgenden WBAG) entgegen den Verpflichtungen eines Market Makers gegen sich selbst und nicht mit einem von der haftenden Gesellschaft verschiedenen Markteilnehmer ausgeführt und dem Markt somit nicht nur keine Liquidität zur Verfügung gestellt, sondern eine solche vorgetäuscht. Ein Market Maker quotiere jedoch so, dass er sich mit den gestellten Bid und Ask nicht gegeneinander ausführen könne.

Eine Trennung im Bereich des Market Makers dürfe (etwa durch Chinese Walls) gar nicht erst erfolgen, denn dies würde gerade dazu führen, dass die haftende Gesellschaft gar nicht erst in der Lage sei zu verhindern, dass es zu Crossings im Market Making komme. Diesfalls wäre ein System geschaffen, in welchem die "linke Hand nicht weiß, was die rechte tut". Abgesehen davon müssten im konkreten Fall auch dann, wenn tatsächlich rechtswidrig gegenläufige Order durch unterschiedliche natürliche Personen über ein- und dieselbe Händler-ID erfolgt wären, entsprechende Anti-Crossing-Filter im Einsatz gewesen sein.

Das von der haftenden Gesellschaft überdies als "aktives" Market Making beschriebene Verhalten entspreche typischen Aktivitäten im Rahmen des Eigenhandels und sei - insbesondere auch durch das Ausnutzen von Arbitragesituationen - ausschließlich auf das Lukrieren von Handelsgewinnen ausgerichtet. Die Aufträge wären daher richtigerweise als Nostroaufträge und nicht als Market Maker-Aufträge ("M") zu qualifizieren und folglich mit "P" (für Proprietary) zu kennzeichnen gewesen.

Der BF hafte als Vorstand. Seitens des Beschuldigten sei nicht vorgebracht worden, dass ihm die Einhaltung der § 48 Abs 1 Z 7 BörseG iVm § 18 Z 1 BörseG iVm § 12 Abs 2 der Handelsregeln für das automatisierte Handelssystem XETRA(r) der Wiener Börse nicht möglich gewesen wäre. Bei dem vorliegenden massiven Fehlen eines funktionierenden Kontrollsystems zur Verhinderung von Übertretungen könne keinesfalls von einem geringfügigen Verschulden des Beschuldigten gesprochen werden (vgl VwGH 18.4.2017, Ra 2016/02/0061 mit Hinweis auf VwGH 27.6.2007, 2005/03/0166; 24.3.1994, 92/18/0461; 28.10.1991, 91/19/0225).

Die konkret verhängten Strafen - die sich im untersten Bereich des Strafrahmens bewegten - erschienen daher zusammengefasst im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert gemessen am zur Verfügung stehenden Strafrahmen tat- und schuldangemessen und ihre Verhängung erforderlich, um den Beschuldigten und Dritte von der Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen abzuhalten.

I.2. Diesem Straferkenntnis ging eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.07.2017 an den BF voraus, nachdem zuvor am 21.01.2015 eine Hauptuntersuchung der FMA anlässlich der Bearbeitung der Alarme der WBAG wegen des Verdachts auf Marktmanipulation eingeleitet worden war.

I.3. Nach Einlangen der schriftlichen Rechtfertigung, in der im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass der BF einerseits verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich sei und andererseits die von der FMA beanstandeten Aufträge entgegen deren Ansicht korrekt durchgeführt worden seien, erließ die FMA das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

I.4. Mit Schreiben vom 19.10.2017, am selben Tag bei der FMA eingelangt, erhob der BF Beschwerde gegen das Straferkenntnis im vollen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts. In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, die Handelsaktivitäten der haftenden Gesellschaft stünden im Einklang mit dem nationalen und europäischen Recht. Die Aufträge seien insbesondere korrekt gekennzeichnet gewesen, weil sie der Definition eines Market Maker-Auftrages der Handelsregeln entsprochen hätten. Market Maker-Aufträge würden in verschiedenen Bestimmungen unterschiedlich definiert, maßgeblich sei hier jedoch die Regelung in den Handelsregeln der WBAG, deren Anforderungen die Aufträge jedenfalls gerecht würden.

Die gegenläufigen Aufträge seien unter derselben Trader-ID eingegeben worden, allerdings seien die Aufträge von verschiedenen Tradern in verschiedenen Abteilungen, die durch technische Informationsbarrieren ("Chinese Walls") getrennt gewesen seien, erteilt worden. Während des betroffenen Zeitraums habe die haftende Gesellschaft nicht für jeden Trader, der in einer der drei Abteilungen tätig gewesen sei, eine separate Trader-ID registriert. Um die Kontrolle über die von eine Abteilung ausgeführten Handelsgeschäfte durch einen leitenden Mitarbeiter sicherzustellen und angesichts der höheren Fluktuation unter Nachwuchs-Tradern im Vergleich zu leitenden Mitarbeitern, habe die haftende Gesellschaft es für die beste Möglichkeit empfunden, eine einzelne Trader-ID für mehrere Trader zu verwenden. So sei bis zum 19.10.2015 die Trader-ID "PROXXXX" für alle Formen des Eigenhandels verwendet worden. Die vorgeworfenen Aufträge seien daher von verschiedenen Personen in verschiedenen Abteilungen erteilt worden, die von den jeweils gegenläufigen Aufträgen nicht Bescheid gewusst hätten. Eine Software, die derartige Transaktionen verhindern hätte sollen, habe die von der FMA beanstandeten Aufträge nicht aufgegriffen.

Selbst wenn es sich bei den Aufträgen jedoch nicht um Market Making-Aufträge gehandelt hätte, wäre durch die Aufträge nicht gegen die Handelsregeln im Sinne des BörseG verstoßen worden, sondern hätte dies lediglich eine höhere Transaktionsgebühr ausgelöst.

Darüber hinaus sei der BF für den betreffenden Geschäftsbereich in der haftenden Gesellschaft nicht zuständig, was auch im Vorstand entsprechend beschlossen worden sei. Überdies sei der BF den geforderten Sorgfaltspflichten nachgekommen. Der BF sei daher verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich.

Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben sowie das Verfahren einzustellen; in eventu aufgrund der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der geringen Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie aufgrund des geringen Verschuldens des BF nur eine Ermahnung zu erteilen; in eventu die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

Der Beschwerde beigelegt war ein Vertrag vom 23.10.2014 in XXXX Sprache (samt deutscher Übersetzung) über die Ausübung der Funktion des Vorstandsmitglieds zwischen der haftenden Gesellschaft und dem BF, unterschrieben durch den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden (BF zu W204 2162546-1) und den BF.

I.5. Am 16.11.2017 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

I.6. Mit 11.12.2017 wurde die Rechtsache der erkennenden Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

I.7. Am 12.01.2018 langte eine Stellungnahme der FMA ein, in der auf ein systematisches Vorgehen der haftenden Gesellschaft mit ihrem im Tatzeitraum angewandten Handelsmodell und vermeintliche Widersprüche im Vorbringen des BF eingegangen wurde. Außerdem wurde erneut festgehalten, dass nach Ansicht der FMA keine Market Making-Aufträge vorgelegen hätten. Darüber hinaus seien jene Mitarbeiter, die die Aufträge durchgeführt hätten, nicht als Market Maker an der WBAG aufgetreten. Weiter führte die FMA aus, dass die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch als fortgesetztes Delikt angesehen werden könnten.

Der Stellungnahme war ein Schreiben der haftenden Gesellschaft beigelegt, in dem Fragen der FMA aus einem anderen Verfahren (Vorwurf von Crossings in mehreren Finanzinstrumenten an der WBAG vom 01.07.2015 bis zum 30.06.2016) beantwortet wurden, aus dem insbesondere die Abteilungen der haftenden Gesellschaft sowie deren Aufgaben und Mitarbeiter im relevanten Zeitraum hervorgehen.

I.8. Am 22.01.2018 übermittelte die FMA eine Aufstellung der Börse-Alarme, die von der haftenden Gesellschaft im Tatzeitraum ausgelöst wurden, sowie die AGB der WBAG vom 18.08.2014.

I.9. Am 24.01.2018 hielt der erkennende Senat eine zur gemeinsamen Behandlung der Verfahren W204 2162418-1, W204 2162546-1 und W204 2176774-1 anberaumte öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung ab, in der die drei Beschwerdeführer (damit auch der BF des gegenständlichen Verfahrens), deren Rechtsvertreter, die haftende Gesellschaft als weitere Partei, die belangte Behörde sowie zwei Mitarbeiter der haftenden Gesellschaft als Zeugen - dies alles unter Zuziehung einer Dolmetscherin für die XXXX Sprache - gehört wurden.

Die Beschwerdeführer wie auch deren Rechtsvertreter betonten, dass die jeweiligen Ausführungen, die wiederum die Schriftsätze mit einbezogen, für alle drei Beschwerdeführer gälten. Sie brachten erneut vor, dass die Aufträge korrekt gekennzeichnet gewesen seien. Es sei dem Markt sehr wohl Liquidität zur Verfügung gestellt worden, indem die Order erst mehrere Stunden, nachdem sie ins System gestellt worden seien, zur Ausführung gelangten.

Die FMA wiederholte ihre Ansicht, dass die Aufträge nicht korrekt gekennzeichnet worden seien und verwies auf ihre bisherigen Ausführungen. Alle Parteien verzichteten ausdrücklich auf eine Fortsetzung der Beschwerdeverhandlung anlässlich der Übermittlung weiterer Stellungnahmen.

I.10. Am 07.02.2018 langte die in der Verhandlung angekündigte gemeinsame Stellungnahme der drei Beschwerdeführer ein, in der ausgeführt wurde, Market Making sei eine Form des Eigenhandels, weswegen dem Market Making auch Gewinnerzielungsabsicht immanent sei. Ein Verstoß gegen die AGB der WBAG durch Verwenden lediglich einer Trader-ID sei für die Bezeichnung der Aufträge irrelevant und wäre auch nicht strafbar. Maßgeblich für die korrekte Beurteilung sei einzig, dass die haftende Gesellschaft die Verpflichtungen als Market Maker stets eingehalten habe, wie in den Veröffentlichungen der WBAG bestätigt werde. Auch das unbeabsichtigte Crossing habe keine Relevanz für die Qualifikation eines Auftrags. Weiter wurden Ausführungen zu den von der FMA vorgebrachten Widersprüchen getätigt. Letztlich wurde nochmals betont, dass die FMA die Aufgabenverteilung zwischen den Vorstandsmitgliedern nicht berücksichtigt habe, weshalb für den BF von keinem Verschulden auszugehen sei.

Der Stellungnahme beigelegt war ein Gutachten eines deutschen, allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Kapitalmarkt, Bank und Behördenwesen samt neun Anlagen, in dem der Verfasser zusammengefasst zum Ergebnis kommt, die Aufträge seien korrekt gekennzeichnet gewesen und die Begründung der belangten Behörde nicht haltbar.

I.11. Am 09.02.2018 übermittelte die FMA eine Stellungnahme, in der sie sich gegen die Zulassung des Gutachtens als Beweismittel ausspricht, weil dies angesichts des bevorstehenden Eintritts der Verjährung in Verschleppungsabsicht eingebracht worden sei. Die Erklärungen des BF zu den von der FMA vorgebrachten Widersprüchen überzeuge nicht, so entbehre etwa das vom BF dargelegte Verständnis der Verwendung einer einzigen Trader-ID jeglicher gesetzlicher Grundlage. Ob die haftende Gesellschaft die Verpflichtungen als Market Maker nach Ansicht der WBAG erfüllt habe, sei ohne Relevanz und daher auch nicht verfahrensgegenständlich. Auch sei das Gutachten in wesentlichen Punkten mangelhaft, weil es sich in weiten Teilen auf die deutsche Rechtslage stütze und die Sach- und Rechtslage überdies grob verkenne.

I.12. Am 15.02.2018 langte eine weitere Stellungnahme des BF gemeinsam mit den beiden anderen Vorständen der haftenden Gesellschaft ein, in der geltend gemacht wird, es handle sich bei den vorgelegten Unterlagen um keine unzulässigen Neuerungen, sondern es sei lediglich das bisherige Vorbringen zusammengefasst worden und den von der FMA erst kurz vor der Verhandlung aufgeworfenen Punkten entgegnet worden. Es habe auch keine Verschleppungsabsicht vorgelegen. Auch sei das Gutachten richtig, weshalb beantragt werde, das Gutachten zuzulassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und den Akt des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere die vorgelegten Stellungnahmen und das beigelegte Gutachten, sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.01.2018.

II.1. Sachverhaltsfeststellungen

II.1.1. Die XXXX Company XXXX (haftende Gesellschaft), mit der Geschäftsanschrift XXXX, war vom 03.12.2014 bis 05.05.2015 ein Mitglied der Wiener Börse AG (WBAG).

II.1.2. Die haftende Gesellschaft war (und ist) nicht nur Börsemitglied der WBAG, sondern auch an der XXXX Börse XXXX tätig (ON 14).

II.1.3. Die haftende Gesellschaft war in den folgenden beiden Titeln vom 03.12.2014 bis 05.05.2015 registrierter Market Maker an der WBAG:

o XXXX Bank AG (XXXX)

ISIN: ATXXXX

Markt: Amtlicher Handel

Marktsegment: prime market

Wertpapierart/-gattung: Stammaktie

Marktkapitalisierung XXXX.

Handelsform: Fortlaufender Handel, Handelszeiten von 08:55 bis 17:33

Dabei handelt es sich um eine sehr liquide Aktie.

o XXXX. AG (XXXX)

ISIN: ATXXXX

Markt: Amtlicher Handel

Marktsegment: prime market

Wertpapierart/-gattung: Stammaktie

Marktkapitalisierung XXXX.

Handelsform: Fortlaufender Handel, Handelszeiten von 08:55 bis 17:33

Der Titel weist eine geringere Liquidität auf als jener der XXXX.

II.1.4. Vorstände der haftenden Gesellschaft vom 03.12.2014 bis 05.05.2015 waren:

o Herr XXXX, seit XXXX bis laufend (BF zu W204 2162546-1)

o Herr XXXX, seit XXXX bis laufend (BF zu W204 2162418-1)

o Herr XXXX, seit XXXX bis laufend (BF)

II.1.5. Folgende, alle mit "M" für Market Making gekennzeichneten Order wurden durch die haftende Gesellschaft im Handelssystem XETRA an der WBAG erteilt und jeweils gegeneinander ausgeführt, weil sie in Anzahl, Preis und Orderlimit mit dem jeweils gegenläufigen Kaufbzw Verkaufsauftrag übereinstimmten (diese Crossings sind farblich entsprechend abgebildet):

 

TradeDate

TradeTime

OrderEntryTime

ISIN

Acc.Type

B/S

Qty

Price

Limit

1.

03.12.2014

15:34:07

03.12.2014 15:34

XXXX

M

B

500

0,993

0,993

2.

03.12.2014

15:34:07

03.12.2014 13:44

XXXX

M

S

500

0,993

0,993

3.

04.12.2014

10:08:31

04.12.2014 10:07

XXXX

M

B

2.000

0,984

0,984

4.

04.12.2014

10:08:31

04.12.2014 10:08

XXXX

M

S

2.000

0,984

0,984

5.

04.12.2014

10:08:32

04.12.2014 10:08

XXXX

M

B

2.000

0,988

0,988

6.

04.12.2014

10:08:32

04.12.2014 10:07

XXXX

M

S

2.000

0,988

0,988

7.

04.12.2014

10:15:45

04.12.2014 10:08

XXXX

M

B

2.000

0,984

0,984

8.

04.12.2014

10:15:45

04.12.2014 10:15

XXXX

M

S

2.000

0,984

0,984

9.

04.12.2014

11:16:56

04.12.2014 11:16

XXXX

M

B

1.000

0,984

0,984

10.

04.12.2014

11:16:56

04.12.2014 11:16

XXXX

M

S

1.000

0,984

0,984

11.

04.12.2014

15:25:42

04.12.2014 15:25

XXXX

M

B

500

0,981

0,981

12.

04.12.2014

15:25:42

04.12.2014 15:25

XXXX

M

S

500

0,981

0,981

13.

09.01.2015

15:12:19

09.01.2015 15:11

XXXX

M

B

1000

0,785

0,785

14.

09.01.2015

15:12:19

09.01.2015 15:12

XXXX

M

S

1000

0,785

0,785

15.

09.01.2015

15:13:07

09.01.2015 15:12

XXXX

M

B

1.000

0,795

0,795

16.

09.01.2015

15:13:07

09.01.2015 15:13

XXXX

M

S

1.000

0,795

0,795

17.

09.01.2015

15:17:31

09.01.2015 15:17

XXXX

M

B

1.000

0,794

0,794

18.

09.01.2015

15:17:31

09.01.2015 15:17

XXXX

M

S

1.000

0,794

0,785

19.

09.01.2015

15:17:58

09.01.2015 15:17

XXXX

M

B

1.000

0,788

0,788

20.

09.01.2015

15:17:58

09.01.2015 15:17

XXXX

M

S

1.000

0,788

0,788

21.

09.01.2015

15:19:53

09.01.2015 15:19

XXXX

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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