TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/18 W221 2143261-6

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Veröffentlicht am 18.07.2018
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Entscheidungsdatum

18.07.2018

Norm

AVG §13 Abs1
AVG §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W221 2143261-6/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Dr. Christian Schmaus, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2017, Zl. 15-1071894510/150603387, betreffend Verhängung einer Mutwillensstrafe, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2017, zugestellt am 23.08.2017, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 35 AVG eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 370,00 verhängt. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass über den Beschwerdeführer bereits mit Bescheid vom 20.08.2017 eine Mutwillensstrafe in der Höhe von €

70,00 verhängt worden sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch die Tätigkeit der Behörde dadurch offenbar und mutwillig in Anspruch genommen, indem er am 10.08.2017 und am 13.08.2017 wiederum schriftliche Eingaben in Form von E-Mails ohne jeglichen sachlichen Bezug zu seinem Asylverfahren, an die Behörde gerichtet habe. Deswegen habe er mit Bescheid vom 21.08.2017 neuerlich eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 350,00 auferlegt bekommen. Am 24.08.2017 habe der Beschwerdeführer dann in wiederholter Weise E-Mail-Eingaben mit dem Betreff "Manupulation" an die Behörde übermittelt, die in keiner Weise einen zu rechtfertigenden sachlichen Wert für sein Asylverfahren erkennen lassen würden. Dies obwohl dem Beschwerdeführer bereits mehrfach mündlich die Auskunft erteilt worden sei, dass das Ermittlungsverfahren in seinem Fall bereits abgeschlossen worden sei. Es sei somit evident, dass er durch diese zusätzlichen Eingaben keine weiteren Erkenntnisse erlangen habe können, sodass die Behörde annehmen habe können, dass die weitere Inanspruchnahme lediglich aus Freude an der Behelligung der Behörde erfolgt sei. Soweit das Gesetz weiters vorsehe, dass der Mutwille offenbar sein müsse, sei dies dann anzunehmen, wenn die erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschehe, dass die Aussichtslosigkeit den angestrebten Erfolg zu erreichen für jedermann erkennbar sei. Im Fall des Beschwerdeführers sei eindeutig erkennbar, dass die Eingaben nicht dazu geeignet seien, einen entsprechenden Erfolg herbeizuführen. Der offenbare Mutwille sei somit klar gegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass bezweifelt werde, ob das Verhalten des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall überhaupt den objektiven Tatbestand des § 35 AVG erfülle. Zwar sei es richtig, dass der Beschwerdeführer wiederholt E-Mails an die Behörde übermittelt habe, doch hätten diese weder den Zweck gehabt das Verfahren absichtlich zu verschleppen, noch hätten die Anbringen ein entsprechendes, fristgebundenes verwaltungsbehördliches Tätigwerden verlangt. Der Beschwerdeführer habe weder einen Antrag im Zuge der E-Mails gestellt, noch mutwillig ein Rechtsmittel erhoben. Auch hätten sich Teile des Vorbringens sehr wohl auf den Antrag auf Zuerkennung des internationalen Schutzes bezogen. Es könne somit nicht davon gesprochen werden, dass die entsprechenden E-Mails per se gänzlich ungeeignet gewesen seien eine Entscheidung durch die damals zuständige Behörde voranzutreiben. Weiters leide der Beschwerdeführer an einer krankheitswerten psychischen Störung, nämlich paranoider Schizophrenie, welche mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen, sowie dem Hören von Stimmen einherginge. Dem Beschwerdeführer sei nicht voll bewusst gewesen, dass diese E-Mails nicht dazu geeignet gewesen seien, eine positive Entscheidung zu erwirken. Es könne bei der Beurteilung des Verhaltens jedenfalls nicht der Maßstab, welcher an die Bewertung und Würdigung des Handelns eines Durchschnittsmenschen gestellt werde herangezogen werden, sondern sei vielmehr die Erkrankung und die damit einhergehende Symptomatik bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Schließlich sei der Beschwerdeführer weder im Rahmen seines Rechts auf Parteiengehör zu den Vorwürfen gehört worden, noch sei ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchgeführt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger und stellte am 02.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2016 wurde dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Spruchpunkt I. der angefochtenen Entscheidung (Asylabweisung) wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 05.01.2017, W221 2143261-1, behoben und gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Mit Bescheid vom 20.06.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abermals gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer leidet unter einer krankheitswerten psychischen Störung, nämlich paranoider Schizophrenie, wobei aktuell eine Teilremission besteht und der Beschwerdeführer gut in der Lage ist, seinen Alltag selbständig zu organisieren. Amtswege und finanzielle Angelegenheiten konnten von ihm bisher immer selbständig geregelt werden und es besteht kein Grund für eine Besachwalterung.

Mit vom Bundesverwaltungsgericht bestätigtem, rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017 wurde über den Beschwerdeführer eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 70,-- verhängt, weil er ein Email vom 20.06.2017 ohne jeglichen Bezug zu seinem Asylverfahren schickte.

Mit vom Bundesverwaltungsgericht bestätigtem, rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017 wurde über den Beschwerdeführer eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 350,-- verhängt, weil er in der Zeit vom 27.02.2017 bis zum 14.06.2017 insgesamt 11 E-Mails ohne jeglichen Bezug zu seinem Asylverfahren schickte.

Am 24.08.2017 schickte der Beschwerdeführer ein E-Mail an die belangte Behörde, bei dem es sich um eine Weiterleitung eines Mails an seine Caritas-Betreuerin handelte. Das E-Mail hat den Betreff "Manupulation" und hat in der Weiterleitung keinen Inhalt. Der Inhalt an die Caritas-Betreuerin ist ein Screenshot eines Desktops.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

Die Ausführungen zur psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers basieren auf dem im Akt zu W221 2143261-2 befindlichen Gutachten vom 27.03.2017 (Aktenseiten 419 und 425).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lauten wie folgt:

"Mutwillensstrafen

§ 35. Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen."

Mit der in § 35 AVG vorgesehenen Mutwillensstrafe kann geahndet werden, wer "in welcher Weise immer" die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt (vgl. VwGH 16.02.2012, 2011/01/0271). Jedenfalls kann eine solche Inanspruchnahme der Tätigkeit der Behörde durch alle Arten von Anbringen iSd § 13 Abs. 1 AVG erfolgen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (VwGH 16.02.2012, 2011/01/0271).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer lediglich ein E-Mail, das an seine Caritas-Betreuerin adressiert war, mit einem Screenshot eines Desktops an die Behörde weitergeleitet und das zu einem Zeitpunkt, in dem sein Verfahren bei der Behörde bereits abgeschlossen war. Er hat sich damit nicht mit einem Anbringen an die Behörde gewandt, das irgendein Handeln der Behörde auslöste. Soweit die Behörde im angefochtenen Bescheid auch die davorliegenden E-Mails heranzieht, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer für diese E-Mails bereits bestraft wurde, weshalb sie nicht nochmals herangezogen werden können.

Es ist daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Anbringen, Asylantragstellung, Aussichtslosigkeit, Behebung der
Entscheidung, Erkrankung, ersatzlose Behebung, Mutwillensstrafe,
psychische Störung, subsidiärer Schutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2143261.6.00

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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