TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/18 96/18/0502

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Veröffentlicht am 18.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §64 Abs2;
AVG §8;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §22;
FrG 1993 §27 Abs4;
SGG §12;
SGG §16;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. des V L, (geboren am 10. Jänner 1964), 2. der M S L, (geboren am 21. November 1967), 3. des A W L, (geboren am 13. November 1992), und 4. der T L, (geboren am 13. Oktober 1990), alle vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27-28, der Erstbeschwerdeführer auch vertreten durch Dr. Marcella Zauner-Grois und Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. Juli 1996, Zl. SD 723/96, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers) und Zurückweisung einer Berufung (der übrigen Beschwerdeführer) in Angelegenheit dieses Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. Juli 1996 wurden das von der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, gegen den Erstbeschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot und der unter einem gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer (allfälligen) Berufung im Grund des § 66 Abs. 4 AVG bestätigt. Ferner wurde die von den übrigen Beschwerdeführern eingebrachte Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Zweitbeschwerdeführerin die Ehegattin sowie der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin die Kinder des Erstbeschwerdeführers seien. Diesen Angehörigen des Erstbeschwerdeführers komme keine Parteistellung zu, weil iS des § 8 AVG (nur) derjenige als Partei anzusehen sei, dessen Rechtssphäre durch die betreffende Maßnahme unmittelbar berührt werde. Maßgebend für die Parteistellung sei dabei, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden unmittelbar eingreife und eine unmittelbare (nicht bloß abgeleitete und daher mittelbare) Wirkung erziele. Die Parteistellung müsse aus den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften abgeleitet werden. Diesbezüglich finde sich in den hier zur Anwendung kommenden fremdenrechtlichen Vorschriften (§§ 18 ff FrG) kein Hinweis dafür, dass Familienangehörige eine von der unmittelbar betroffenen Partei abgeleitete Parteistellung hätten. Im vorliegenden Fall könne kein Zweifel bestehen, dass mit dem angefochtenen Bescheid unmittelbar die Rechtssphäre des vom Bescheid betroffenen Erstbeschwerdeführers berührt werde. Für die übrigen Beschwerdeführer habe der Bescheid hingegen eine bloß abgeleitete mittelbare Wirkung und greife in deren Rechtssphäre nur indirekt ein.

In der Sache selbst seien die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides auch für die Berufungsentscheidung maßgebend gewesen. Zu den Berufungsausführungen des Erstbeschwerdeführers werde ergänzend festgestellt:

Unbestritten sei, dass dieser am 9. Jänner 1996 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 Suchtgiftgesetz (SGG) sowie der Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG und § 36 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, wovon 16 Monate bedingt nachgesehen worden seien, rechtskräftig verurteilt worden sei. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Erstbeschwerdeführers sei darüber hinaus zu berücksichtigen gewesen, dass gegen ihn bereits am 7. Juli 1989 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot habe verhängt werden müssen, weil er insgesamt sechsmal wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG bestraft und bereits am 5. August 1988 vom Strafbezirksgericht Wien wegen § 16 SGG zu einer Geldstrafe sowie am 2. Juni 1989 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs. 1 SGG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden sei. Diese Verurteilungen hätten ihn jedoch nicht davon abgehalten, neuerlich straffällig zu werden. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass dieses Gesamtfehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß beeinträchtige, sodass vorliegend (auch) die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 leg. cit. entgegenstünden.

Auf Grund der Tatsache, dass sich der Erstbeschwerdeführer seit dem Jahr 1979 im Bundesgebiet befinde und hier mit seiner Familie (Mutter, Gattin und Kinder) lebe, sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen schwerwiegenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen gewesen. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes auf Grund des Dringend-Geboten-Seins dieser Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zu bejahen. Allein der Umstand, dass er zum wiederholten Mal gegen wesentliche Bestimmungen des Suchtgiftgesetzes verstoßen habe, lasse eine positive "Zukunftsprognose" für ihn nicht zu. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei vor allem im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) als dringend geboten zu erachten. Die Tatsache, dass das Gericht die Strafe teilweise bedingt nachgesehen habe, ändere nichts daran, weil - abgesehen davon, dass dieser Umstand keine Garantie für ein künftiges Wohlverhalten des Erstbeschwerdeführers sein könne, was auch sein Verhalten in der Vergangenheit sehr augenfällig dokumentiert habe - die Behörde die Frage der Erforderlichkeit des Aufenthaltsverbotes eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen habe, ohne an die Erwägungen des Gerichtes gebunden zu sein. Darüber hinaus ergebe sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils vom 9. Jänner 1996 keineswegs, dass der Beschwerdeführer aus einer Notlage oder Zwang gehandelt hätte. Vielmehr habe er nach den Feststellungen des Gerichtes den Haschischhandel in seinem Lokal zugelassen und dafür auch regelmäßig ein Entgelt bezogen.

Ebenso habe die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten des Erstbeschwerdeführers ausschlagen müssen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Fall von Suchtgiftdelikten sei auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig. Darüber hinaus komme der aus dem langjährigen inländischen Aufenthalt des Erstbeschwerdeführers ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zu, weil sich die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes zwischen 1989 und 1994 lediglich darauf gestützt habe, dass die Vollstreckung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes aufgeschoben worden sei, und die für eine Integration wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen schwerwiegenden Straftaten zusätzlich erheblich beeinträchtigt worden sei. Hinzu komme, dass er einer allfälligen Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen Kindern auch vom Ausland aus nachkommen könne. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Dem weiteren Vorbringen, er sei auf Grund seiner schweren Körperbehinderung in seinem Heimatstaat der völligen Hilflosigkeit ausgeliefert, mangle die rechtliche Relevanz. Denn entgegen der offenbaren Meinung des Erstbeschwerdeführers werde mit einem Aufenthaltsverbot nicht auch eine Abschiebung des Fremden (in ein bestimmtes Land) angeordnet, sondern vielmehr ausschließlich das Verbot ausgesprochen, sich weiter in Österreich aufzuhalten.

Auch komme dem Erstbeschwerdeführer die Regelung des § 20 Abs. 2 FrG, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unzulässig sei, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes hätte verliehen werden können, nicht zugute, weil die Ausnahmebestimmung einer Verurteilung wegen einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung verwirklicht worden sei.

Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und die damit verbundene enorme Wiederholungsgefahr habe die erstinstanzliche Behörde das Aufenthaltsverbot zutreffend auf unbestimmte Zeit (unbefristet) erlassen. In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Erstbeschwerdeführers könne derzeit nicht vorhergesehen werden, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebende Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Erstbeschwerdeführers im Bundesgebiet, weggefallen sein werde. Ebenso zutreffend sei einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden, weil kein Zweifel daran bestehen könne, dass bei einem Fremden, der - wie der Erstbeschwerdeführer - gewerbsmäßig zur Inverkehrsetzung von Suchtgiften in einer großen Menge beigetragen habe, die vorzeitige Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sei.

2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 30. September 1996, B 2754/96). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird unter Geltendmachung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dessen Aufhebung begehrt.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zum Erstbeschwerdeführer:

1. Mit dem - am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen - Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75, wurden die gesetzlichen Voraussetzungen zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes unterschiedlich zu jenen des FrG geregelt. Die Abs. 4 und 7 des § 114 des Fremdengesetzes 1997 lauten:

"(4) Aufenthaltsverbote, die beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof angefochten sind, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der angefochtene Bescheid nicht offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände.

(7) In den Fällen der Abs. 4 und 5 ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen; mit dem Beschluss über die Gegenstandslosigkeit der Beschwerde tritt in diesen Fällen auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft. Solchen Aufenthaltsverboten oder Ausweisungen darf für Entscheidungen, die nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes getroffen werden sollen, keine nachteilige Wirkung zukommen."

Gemäß § 36 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). Damit wurde der Behörde - anders als nach § 18 Abs. 1 FrG - Ermessen eingeräumt.

Obwohl der Erstbeschwerdeführer in dem zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden Verfahren keine Möglichkeit hatte, erst im Rahmen der nunmehr vorgesehenen Ermessensentscheidung gemäß § 36 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 relevante, gegen diese Maßnahme sprechende Umstände aufzuzeigen, und der angefochtene Bescheid keine Begründungselemente, die eine Überprüfung der Ermessensübung ermöglichen würden, enthält, sind vorliegend die Voraussetzungen für die Erklärung der Beschwerde als gegenstandslos und die Einstellung des Verfahrens gemäß § 114 Abs. 4 und 7 Fremdengesetz 1997 nicht erfüllt. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in seinem Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490, auf den gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass bei rechtskräftiger Verurteilung eines Fremden u.a. wegen der in § 35 Abs. 3 Fremdengesetz 1997 genannten strafbaren Handlungen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im dort genannten Ausmaß das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eindeutig und daher eine gesonderte Begründung der Ermessensentscheidung entbehrlich ist. § 35 Abs. 3 Z. 2 Fremdengesetz 1997 nennt die rechtskräftige Verurteilung eines Fremden zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten wegen einer Vorsatztat, die auf derselben schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruht, wie eine andere von ihm begangene strafbare Handlung, deren Verurteilung noch nicht getilgt ist. Da der Erstbeschwerdeführer - unbestrittenermaßen - bereits am 5. August 1988 vom Strafbezirksgericht Wien wegen § 16 SGG und am 2. Juni 1989 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs. 1 SGG rechtskräftig verurteilt worden war - dafür, dass diese Verurteilungen getilgt seien, bestehen keine Anhaltspunkte - sowie von diesem Gericht am 9. Jänner 1996 u.a. wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, wovon 16 Monate bedingt nachgesehen wurden, rechtskräftig verurteilt wurde, ist der angefochtene Bescheid unter dem Blickwinkel, dass § 36 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 nunmehr der Behörde Ermessen einräumt, nicht gemäß § 114 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 außer Kraft getreten.

Ferner kann auch nicht gesagt werden, dass der angefochtene Bescheid angesichts des § 38 Abs. 1 Z. 3 Fremdengesetz 1997 (der Nachfolgebestimmung des § 20 Abs. 2 FrG), nicht offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände.

§ 38 Abs. 1 Z. 3 Fremdengesetz 1997 lautet:

     "§ 38 (1) Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden,

wenn

     ...

3. dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden;"

Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid war gegen den Erstbeschwerdeführer, der sich seit dem Jahr 1979 im Bundesgebiet aufhält, bereits am 7. Juli 1989 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden, weil er insgesamt sechsmal wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG bestraft sowie am 5. August 1988 und 2. Juni 1989 gerichtlich rechtskräftig verurteilt worden war. Dieses Aufenthaltsverbot war in Rechtskraft erwachsen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1989, Zl. 89/01/0420) und wurde über Antrag des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 1. Juni 1994 aufgehoben. Wenn auch der Erstbeschwerdeführer nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung zu keiner längeren als zweijährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist, so käme die Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z. 3 Fremdengesetz 1997 schon deshalb nicht zu seinen Gunsten zum Tragen, weil mit der rechtskräftigen Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Erstbeschwerdeführer im Jahr 1989 gemäß § 15 Abs. 1 lit. a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 der Lauf der Wohnsitzfrist nach § 10 Abs. 1 Z. 1 dieses Gesetzes unterbrochen wurde, was einen Wegfall von allenfalls bereits erworbenen Voraussetzungen für die Erteilung der Staatsbürgerschaft an ihn im Grunde des § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 bewirkte.

Das vorliegende Aufenthaltsverbot ist daher mit Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 nicht außer Kraft getreten.

2. In der Beschwerde bleibt die Rechtsansicht der belangten Behörde, es sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.

3.1. Die Beschwerde hält indes den angefochtenen Bescheid wegen unrichtiger Anwendung des § 20 Abs. 1 FrG für rechtswidrig. Die belangte Behörde verkenne die Tatsache, dass der Aufschub der Vollstreckung des von 1989 bis 1994 wirksamen Aufenthaltsverbotes nicht verhindere, dass seine Inlandsbeziehung durch den langen Aufenthalt immer stärker werde. Der 32 Jahre alte Beschwerdeführer sei seit seinem 15. Lebensjahr in Österreich und habe deshalb zu dem Land, dessen Staatsbürgerschaft er besitze, keine Beziehung.

3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die belangte Behörde hat den langjährigen Aufenthalt des Erstbeschwerdeführers und seine familiären Bindungen in Österreich ausdrücklich zu seinen Gunsten in ihre Beurteilung einbezogen. Die Beschwerde zeigt mit ihren auf diese Umstände gerichteten Ausführungen keine Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung auf, weil die für eine Integration des Erstbeschwerdeführers wesentliche soziale Komponente durch die neuerliche Verübung eines Verbrechens nach dem Suchtgiftgesetz, das zu seiner Verurteilung vom 9. Jänner 1996 geführt hat, beträchtlich gemindert wurde. Obwohl er bereits zweimal wegen strafbarer Handlungen nach dem Suchtgiftgesetz verurteilt und gegen ihn ein Aufenthaltsverbot verhängt worden war, konnte ihn dies nicht davon abhalten, neuerlich in einschlägiger Weise straffällig zu werden und gewerbsmäßig zur Inverkehrsetzung von Suchtgiften in einer großen Menge beizutragen. Im Übrigen steht bei Suchtgiftdelikten wegen deren großer Sozialschädlichkeit selbst eine ansonsten volle soziale Integration des Fremden der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aus der Sicht des § 20 Abs. 1 FrG nicht entgegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0318, mwN).

Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Erstbeschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme, begegnet daher keinem Einwand.

4. Auch mit ihrem weiteren Vorbringen, es sei kein Grund vorgelegen, gemäß § 64 Abs. 2 AVG der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, weil vom Erstbeschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides keine Gefährdung öffentlicher Interessen ausgegangen sei, vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Im Hinblick darauf, dass die wiederholten strafgerichtlichen Verurteilungen und selbst die Verhängung des Aufenthaltsverbotes im Jahr 1989 den Erstbeschwerdeführer nicht davon abhalten konnten, neuerlich in gravierender Weise nach dem Suchtgiftgesetz straffällig zu werden, sowie angesichts der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, insbesondere für die Gesundheit anderer, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die vorzeitige Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sei (§ 64 Abs. 2 AVG), keinen Bedenken, zumal, geht man von der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Erstbeschwerdeführers (der nach Ausweis der Verwaltungsakten in weiterer Folge am 24. Mai 1996, somit vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides, abgeschoben wurde) vor Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes aus, auch die Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 FrG erfüllt waren.

5. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass der besagte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung den Erstbeschwerdeführer "seiner effizienten Rechtsschutzmöglichkeiten beraubte", und damit auf die Bestimmung des Art. 1 des 7. ZPEMRK abzielt, so ist auch dieser Einwand nicht zielführend, legt doch die Beschwerde nicht dar, welche konkreten Verfahrensschritte im Einzelnen der Erstbeschwerdeführer infolge seiner Abschiebung nicht habe setzen können.

6. Nach dem Gesagten haftet dem angefochtenen Bescheid im Umfang der Verhängung des Aufenthaltsverbotes die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

B. Zu den übrigen Beschwerdeführern:

Bei der Zweitbeschwerdeführerin handelt es sich um die - laut dem im vorliegenden Beschwerdeverfahren erstatteten Schriftsatz des Erstbeschwerdeführers vom 6. Juli 1999 infolge deren zwischenzeitiger Ehescheidung - ehemalige Ehefrau des Erstbeschwerdeführers, beim Drittbeschwerdeführer und bei der Viertbeschwerdeführerin um seine beiden Kinder. Zutreffend hat die belangte Behörde die von diesen Beschwerdeführern erhobene Berufung als unzulässig zurückgewiesen, weil das FrG in einem Verwaltungsverfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einem Dritten eine Parteistellung oder ein Berufungsrecht nicht einräumt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0421).

Demzufolge war auch die von diesen Beschwerdeführern erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

C. Zur Kostenentscheidung:

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 52 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Jänner 2000

Schlagworte

Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996180502.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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