TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/1 VGW-152/071/1827/2018

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Veröffentlicht am 01.08.2018
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Entscheidungsdatum

01.08.2018

Index

41/02 Staatsbürgerschaft
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StbG 1985 §27 Abs1
AVG §37
AVG §39 Abs2
AVG §45 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Ivica Kvasina über die Beschwerde des Herrn XY., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom 28.12.2017, Zl. MA35/III - ..., mit welchem festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) verloren hat,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gemäß § 53b AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 AVG sowie § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer der Ersatz der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 03.04.2018 zur GZ: VGW-KO-... mit EUR 134,00 bestimmten Barauslagen für den zur mündlichen Verhandlung am 19.03.2018 beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher auferlegt. Der Beschwerdeführer hat diese erwachsenen Barauslagen in Höhe von EUR 134,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 17.05.2017 übermittelte laut Aktenlage der AA. dem Bundesministerium für Inneres (BM.I) einen Datenträger mit „XLSX Dateien“ (Excel-Tabellen), auf dem die Namen von mehreren zehntausend Personen verzeichnet sind. In dem dazugehörigen Begleitschreiben wurden diese Datensatz als eine „türkische Wählerevidenzliste“ bezeichnet. Der AB. übermittelte am 18.05.2017 eine Kopie dieser „Wählerevidenzliste“ an die belangte Behörde zu Händen des zuständigen amtsführenden Stadtrates, worauf die belangte Behörde massenhaft Feststellungsverfahren einleitete. Insgesamt umfasst die Liste laut angefochtenem Bescheid die Personendaten von 66.382 Personen.

Jede Zeile dieser 66.382 Datensätze umfassende Tabelle beinhaltet 12 Spalten: eine 11-stellige Identitätsnummer („Kimlik-Nummer“), den Vornamen, den Familiennamen, die Vornamen der Mutter und des Vaters, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsdatum, die Stadt und dazugehörige Provinz, den Aufenthaltsstaat und die Zuständigkeit der türkischen Vertretungsbehörde in Wien.

Die Datensätze (zwei XLSX-Dateien) wurden seitens des Abteilungsleiters der Abteilung ... des BM.I im Juni 2017 dem Bundeskriminalamt (BKA) per E-Mail zu einer forensischen Untersuchung weitergeleitet. Laut dem Bericht des BKA vom 30.06.2017 konnte nicht festgestellt werden, wie alt die Daten sind, in welcher Abfolge, und wo, oder wie diese entstanden sind, zumal der Originaldatenträger nicht für eine forensisch korrekte Untersuchung zur Verfügung stand und auf die im E-Mail Wege überlieferten Dateien bereits schreibend zugegriffen wurde.

Zur Klärung der Herkunft und der Qualität des Datensatzes, welcher dem Bundesministerium für Inneres vom AA. am 17.05. 2017 und in weiterer Folge den zuständigen Landesregierungen übermittelt wurde (somit derselbe Datensatz, welcher der belangten Behörde am 18.05. 2017 übermittelt wurde), richtete das Amt der Tiroler Landesregierung am 18. 09.2017 eine Reihe an Fragen an den AA.. Konkret wurde der AA. zu folgenden Themen befragt: die Quelle und Aktualität der Daten, wie er in deren Besitz gelangt ist und ob allenfalls Personen benannt werden können, welche die Herkunft, Echtheit und Richtigkeit der Daten bezeugen können. Weiters wurde der AA. gefragt, aufgrund welcher Umstände es anzunehmen ist, dass es sich dabei um ein Verzeichnis der in Österreich wahlberechtigten Personen mit türkischer Staatsbürgerschaft handelt und ob bekannt ist, für welche Wahl das Verzeichnis erstellt wurde.

Der AA. antwortete mit Schreiben vom 20.09.2017 dahingehend, dass der Datenträger anonym zugespielt wurde und eine detaillierte Beantwortung der Fragen daher nicht möglich ist.

Zur Klärung der für das gegenständliche Feststellungsverfahren relevanten türkischen Rechtslage und des Inhaltes und Erscheinungsbildes von türkischen Wählerevidenzlisten wurde seitens des BM.I und der Bundesländern dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) ein Fragenkatalog übermittelt. Mit Schreiben vom 23.06.2017 wurde dieser Fragenkatalog - nach Abstimmung mit der Österreichischen Botschaft in Ankara und ihren Vertrauensanwälten - insbesondere damit beantwortet, dass aktuelle und ehemalige türkische Staatsbürger einen Rechtsanspruch auf die Ausstellung eines Personenstandsregisterauszuges mit staatsbürgerschaftsrechtlichen Daten hätten. Der Antrag auf Ausstellung könne in der Türkei, aber auch bei den türkischen Vertretungsbehörden im Ausland sowie online gestellt werden. Die oftmals getätigte Aussage, dass (ehemalige) türkische Staatsangehörige keinen Personenstandsregisterauszug erhalten, sei in keinem Fall nachgewiesen worden. Regelmäßig werde dieser nach entsprechendem Insistieren nachgereicht.

Hinsichtlich der türkischen Wählerevidenzlisten äußerte sich das BMEIA dahingehend, dass das türkische Recht eine elektronisch erstellte Wählerevidenz für im Ausland lebende Wahlberechtigte vorsehe. Die Wählerevidenzlisten enthalten nach türkischem Recht unter anderem folgende Angaben: Personenstandsnummer („Kimlik-Nummer“), Vor- und Nachname, Name des Vaters, Geschlecht und Geburtsdatum. Jeder türkische Staatsbürger könne den eigenen Eintrag in die Wählerevidenz über die Seite der Hohen Wahlkommission online, nach Eintragung der Heimatgemeinde, der Personalausweisnummer (Kimlik-Nummer) und der Personenstandsregistereintragsnummer einsehen, unabhängig davon, ob es sich um Auslands- oder Inlandswähler handele. Die türkischen Vertretungsbehörden im Ausland bekommen die Auslands-Wählerevidenzliste vom türkischen Außenministerium zugeschickt. Auslandswählerinnen können sich über die türkischen Auslandsvertretungsbehörden oder online über die Homepage der Hohen Wahlkommission informieren, ob sie als Wählerinnen registriert seien. Sowohl Inlands- als auch Auslandswählerinnen können Einspruch gegen ihre Eintragung in die Wählerevidenz erheben. Auslandswählerinnen müssten ihren Einspruch bei der „Wahlkommission für Auslandswählerinnen“, welche der Hohen Wahlkommission unterstellt ist, einreichen. Vom Wahlrecht ausgeschlossen seien Personen, die nicht die türkische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie dürften auf der Auslandswählerliste nicht aufscheinen. Die Auslandswählerlisten werden elektronisch zur Verfügung gestellt, wobei jeder Bürger nur den eigenen Eintrag einsehen könne. Sie werden lediglich den Zentralen der Parteien in der Türkei zur Verfügung gestellt und dürften nicht weitergegeben werden. Die Weitergabe der Wählerevidenzlisten stelle einen Verstoß gegen das türkische Strafgesetzbuch dar.

Das Verfahren zum Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft werde nach der Äußerung des BMEIA durch einen Wiedererwerbsantrag beim zuständigen Gouverneursamt (nach dem Aufenthaltsort) bzw. der zuständigen türkischen Vertretung im Ausland eingeleitet. Der Antrag müsse persönlich oder durch einen Bevollmächtigten gestellt werden und sei in der Türkei an die Provinzverwaltung des Wohnsitzes und im Ausland an die Auslandsvertretungen zu richten. Nach den Ausführungen des Vertrauensanwaltes der Österreichischen Botschaft in Ankara können personenstandsrelevante Angelegenheiten auch durch die Eltern oder entsprechend bevollmächtigte Vormunde wahrgenommen werden. Ein Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit erfolge aufgrund einer Willenserklärung des Antragstellers. Die Einbürgerung durch behördliche Entscheidung berühre nicht die Staatsbürgerschaft des Ehepartners. Die Kinder des Elternteiles, der zum Zeitpunkt der Einbürgerung Sorgerechtsinhaber ist, erhalten die türkische Staatsbürgerschaft mit, wenn der andere Partner zustimme. Diese Zustimmung kann erforderlichenfalls durch eine richterliche Entscheidung ersetzt werden. Die Kinder von Eltern, die gemeinsam eingebürgert werden, erhalten die türkische Staatsbürgerschaft jedenfalls automatisch, d.h. auch ohne eine eigene Willenserklärung abgegeben zu haben; dies unabhängig davon, ob sie nach österreichischem Recht mündig oder unmündig seien. Dem Antragsteller auf Wiedereinbürgerung werde ein Verleihungsbescheid postalisch eingeschrieben zugestellt. Im Ausland erfolge die Zustellung im Wege der Vertretungsbehörde. Personen, die aus dem türkischen Staatsverband entlassen wurden, bekommen auf Antrag eine Blaue Karte („Mavi-Kart“) ausgestellt, die ihnen bescheinige, dass sie als ehemalige Staatsangehörige in bestimmten Bereichen dieselben Rechte wie türkische Staatsangehörige hätten. Das Wahlrecht sei davon jedoch ausdrücklich ausgenommen. Rechtmäßige Mavi-Karteninhaber sind als ehemalige türkische Staatsbürger vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen und können daher auch nicht rechtmäßiger Weise auf einer Wählerliste aufscheinen.

Da der Beschwerdeführer in dieser „Wählerevidenzliste“ mit der Personenstandsnummer ..., seinem Vor- und Nachnamen, dem Vornamen seiner Mutter (…) und seines Vaters (…), seinem Geschlecht, dem Geburtsort ..., dem Geburtsdatum ...1962 und der Stadt ... in Provinz ... verzeichnet ist, wurde ihm seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 29.09.2017 mitgeteilt, dass der Verdacht der Wiederannahme der türkischen Staatsbürgerschaft besteht und er wurde gleichzeitig dazu aufgefordert, einen vollständigen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister (vatandaslik agiklamali vukuatli nüfus kayit örnegi) mit allen staatsbürgerschaftsrechtlichen Daten vorzulegen.

Ebenso wurde das Generalkonsulat der Türkischen Republik in Wien mit Schreiben vom 29.09.2017, per E-Mail übermittelt am 03.10.2017, zur dringenden Mitteilung darüber gebeten, ob der Beschwerdeführer die türkische Staatsangehörigkeit besitzt bzw. ob er in den türkischen Evidenzen verzeichnet ist. Bis zur Bescheiderlassung langte keine Stellungnahme des Generalkonsulats ein.

Am 13.10.2017 sprach der Beschwerdeführer persönlich bei der belangten Behörde vor und legte eine Bestätigung des Generalkonsulats der Republik Türkei in Wien vom 06.10.2017 vor, aus der hervorgeht, dass er sich am 06. 10.2017 mit der Bitte um Ausstellung eines Personenstandregisterauszugs (Nüfus Kayit Örnegi) an das dortige Generalkonsulat gewendet hat. Dabei stellte das Generalkonsulat fest, dass er aus dem türkischen Staatsverband ausgebürgert wurde und die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen hat. Aufgrund des Mavi Kart (Blaue Karte) Gesetzes vom 17.05.2013 werde der Personenstand der ausgebürgerten Person nicht mehr im Personenstandregister, sondern im „Blaue Karten Register“ (Mavi Kartlilar Kütügü) geführt. Aus diesem Grund könne dem Beschwerdeführer kein Personenstandsregisterauszug ausgestellt werden.

Die österreichische Botschaft in Ankara wurde seitens der belangten Behörde in einem anderen Fall ersucht bezüglich des in der Bestätigung genannten Mavi Kart Gesetzes vom 17.05.2013 Erhebungen durchzuführen. Hierzu hat die österreichische Botschaft in Ankara mit Schreiben vom 16.08.2017 sinngemäß erklärt, dass betreffend dem Mavi-Karten-Gesetz 2013 berichtet werden kann, dass dieses weder der Botschaft noch dem mit der Angelegenheit befassten Vertrauensanwalt der Botschaft bekannt, noch auffindbar ist. Laut Kenntnis der Botschaft hat jeder türkische oder ehemals türkische Staatsangehörige ein Recht auf Ausstellung sowohl eines Nüfus- als auch eines Mavikartenregisterauszuges. Der Botschaft liegen keine Informationen vor, dass ehemaligen türkischen Staatsangehörigen kein Nüfusregister ausgestellt werden kann.

Mit Schreiben vom 05.12.2017 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass sie davon ausgeht, dass er zu einem unbekannten Zeitpunkt, jedoch spätestens mit Wirkung vom 18.05.2017, durch den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit die österreichische Staatsbürgerschaft verloren hat.

In seiner Stellungnahme vom 19.12.2017 äußerte sich der Beschwerdeführer sinngemäß, dass es nie einen Antrag auf Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft bzw. auch keine entsprechende Willenserklärung seinerseits gegeben habe. Sämtliche Ergebnisse der Beweisaufnahme der belangten Behörde stützen sich auf eine anonyme Liste, bei welcher weder der Ersteller, noch das Erstellungsdatum, noch die Echtheit und Richtigkeit der Daten nachgewiesen werden können.

Daraufhin erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid und stellte von Amts wegen fest, dass der Beschwerdeführer durch den Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit spätestens mit Wirkung vom 18.05.2017 die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG verloren habe und er nicht österreichischer Staatsbürger sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig eine Beschwerde welcher eine Kopie seiner „Mavi-Kart“, sowie eine Bestätigung des türkischen Generalkonsulats vom 18.01.2018 (mit gleichlautendem Inhalt wie die Bestätigung vom 06.10.2017) beigelegt wurden.

Der Verwaltungsakt wurde seitens der belangten Behörde am 06.02.2018 (einlangend) an das Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung weitergeleitet.

Das erkennende Gericht nahm Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), den Versicherungsdatenauszug und forderte die belangte Behörde auf, den Einbürgerungsakt des Beschwerdeführers zu Zl. MA 61/IV - ... vorzulegen.

Mit Schreiben vom 28.02.2018 ersuchte das erkennende Gericht die Österreichische Botschaft Ankara zwecks Klärung entscheidungsrelevanter Tatsachen in Angelegenheit dieser Beschwerde um Beantwortung folgender Fragen:

1.) Dem angeführten Beschwerdeführer wurde im Jahr 1991 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen, zuvor ist dieser nachweislich aus dem türkischen Staatsverband ausgeschieden. Der Beschwerdeführer verfügt jedoch über eine „Kimlik-Nummer“, welche erst ab dem Jahr 2000 jedem türkischen Staatsbürger vergeben wurde. Konnte der Beschwerdeführer, welcher vor der Einführung der „Kimlik-Nummer“ die türkische Staatsbürgerschaft verloren hat, auch eine „Kimlik-Nummer“ bekommen, obwohl er fremde Staatsbürger war/ist?

2.) Kann aus der Tatsache, dass die Beschwerdeführer, welche zu einem Zeitpunkt aus dem türkischen Staatsverband ausgeschieden sind, wo die „Kimlik-Nummer“ nicht existierten, und nunmehr über eine „Kimlik-Nummer“ verfügen, darauf geschlossen werden, dass sie die türkische Staatsbürgerschaft zu einem späteren Zeitpunkt wiedererworben haben?

3.) Wird eine „Kimlik-Nummer“ ehemaligen türkischen Staatsbürger, welche die türkische Staatsbürgerschaft vor der Einführung der „Kimlik-Nummer“ verloren haben, zugewiesen, falls diese eine „Mavi-Kart“ beantragen?

Mit Schreiben vom 14.03.2018 teilte die ÖB Ankara dem erkennenden Gericht mit, dass im Hinblick auf die 1. Frage keine eindeutige gesetzliche Regelung der nachträglichen Vergabe der Kimlik-Nummer bestehe, wobei die türkische Personenstandsbehörde einräumte, dass eine nachträgliche Vergabe in jenen Fällen denkbar wäre, in welchen der Staat ein Interesse an der Beseitigung einer Rechtsunsicherheit hätte, z.B. offene Fragen zum Grundeigentum. Deshalb müsse in konkreten Fällen stets genau geprüft werden, ob es sich um eine tatsächliche „Kimlik-Nummer“ (für türkische Staatsbürger) oder eine „Mavi-Kart-Nummer (für ehemalige türkische Staatsbürger) handele. Zu der 2. Frage teilte die ÖB Ankara mit, dass von der bloßen nachträglichen Vergabe einer „echten“ Kimlik-Nummer nicht zwangsläufig auf das Vorliegen einer türkischen Staatsangehörigkeit geschlossen werden könne, allerdings könnte es sich dabei um ein starkes Indiz handeln. Im Hinblick auf die 3. Frage verwies die ÖB Ankara auf die mit Schreiben vom 14.03.2018 gemeinsam übermittelte „erläuternden Vorbemerkungen, welchen Folgendes zu entnehmen ist:

„ Erläuternde Vorbemerkungen:

- Nüfus-Register (Register für türkische Staatsangehörige/TR StAng): Register, in welchem alle Personalinformationen aller TR StAng aufscheinen. Die an jeden TR StAng vergebene Identitätsnummer (Kimlik-Nummer) scheint in diesem Register auf.

- Mavi-Kart-Register (Blaue-Karte-Register): Register aller ehemaligen TR StAng.

- Register für ausländische Staatsangehörige (= Fremdenregister): Register aller in der Türkei ansässigen nicht-türkischen Staatsangehörigen. Kinder von ehemaligen TR StAng werden, wenn auch sie in der Türkei ansässig sind, grundsätzlich in diesem Register erfasst. Diese in der Türkei ansässigen Kinder von ehemaligen TR StAng (= die ihrerseits automatisch ins Mavi-Kart Register übernommen werden), können auf Antrag der Eltern ebenfalls in das Mavi-Kart-Register übertragen werden.

- T.C. Identifikationsnummer: 11-stellige Nummer, die seitens der Türkei an jeden, d.h. TR StAng oder in der Türkei lebenden Fremdbürger, vergeben wird.

o Kimlik-Nummer: T.C. Identifikationsnummer eines TR StAng

o Fremden-Nummer: T.C. Identifikationsnummer für in der Türkei lebende Fremdbürger (s. Art. 8 des Gesetzes über das Personenstandswesen, Nr. 5490 vom 25.04.2006) mit „99“ beginnend.

o Mavi-Kart-Nummer:

- aus dem Nüfus-Register übernommene T.C. Identifikationsnummer, sofern diese Person die TR StAng zurückgelegt hat,

- mit „99“ beginnende T.C. Identifikationsnummer, sofern dieser Fremdbürger ein direkter Nachkomme (Kind/Enkelkind) eines Mavi-Kart-Inhabers ist.

Der Vertrauensanwalt führt allgemein aus, dass die T.C. Identifikationsnummer im Jahr 2000 für TR StAng eingeführt wurde.

Anmerkung: gem. Übergangsbestimmung des Gesetzes über das Personenstandswesen, Nr. 5490 vom 25.04.2006, wurde die Nutzung der T.C. ID-Nummer mit 2008 verpflichtend.

Gemäß Art 46 Abs. 2 dieses Gesetzes wird auch Ausländern, deren Eintragungen in der Türkei geführt werden, im Rahmen der durch das Ministerium festzulegenden Richtlinien eine Identifikationsnummer erteilt.

Exkurs:

TR StAng kraft Geburt, die aus dem türkischen Staatsverband entlassen wurden, werden gemäß Art. 28 des Staatsbürgerschaftsgesetzes (Nr. 5901 v. 29.5.2009) in vielen Bereichen TR StAng gleichgestellt, wobei beim zit. Artikel auch auf die Einschränkungen eingegangen wird, z.B. kein aktives oder passives Wahlrecht, keine Wehrpflicht und kein Zugang zum Beamtenstatus.

Art. 28 Abs. 6 bestimmt, dass „Personen im Anwendungsbereich dieser Bestimmungen […] auf Antrag eine Blaue Karte ausgestellt [wird], die ihnen bescheinigt, dass sie diese Rechte ausüben dürfen“, Art. 28 Abs. 8, dass diesen Personen „nach Grundsätzen, die durch das Ministerium bestimmt werden, eine Identifikationsnummer gegeben wird“ (Erläuterung: entweder die Weiterverwendung der Kimlik-Nr. oder die Neuvergabe der Fremdennummer, s. oben), die dort verwendet wird, „wo sonst die Identifikationsnummer der Türkischen Republik verwendet wird“.

Am 19.03.2018 führte das erkennende Gericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde in der Ladung zur Verhandlung aufgefordert, seinen gültigen Reisepass, alle österreichischen Reisepässe (auch abgelaufene), einen Auszug aus dem Mavi-Kart-Register (Mavi Kart?lar Kütügü) sowie die Mavi–Kart im Original in der Verhandlung vorzulegen.

Der Beschwerdeführer gab, als Partei einvernommen und unter Heranziehung einer Dolmetscherin für türkische Sprache, Folgendes an:

„Meinen ersten Reisepass, den ich im Jahre 1991 bekommen habe, hat die zuständige Behörde gelöchert und entsorgt. Den zweiten Reisepass habe ich verloren und der dritte Reisepass wurde mir gestohlen.

Seit meinem Ausscheiden aus dem türkischen Staatsverband im Jahre 1991 habe ich niemals einen Antrag auf Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft gestellt. Im Jahr 1992 ist mein Vater in der Türkei verstorben und ich habe von ihm einen Acker und ein Haus geerbt. Da ich in der Türkei nicht leben wollte, habe ich im Jahre 1995 das Geerbte verkaufen wollen. Am Standesamt musste ich diesbezüglich ein Schriftstück unterschreiben. Mir wurde gesagt, dass zu diesem Zeitpunkt Ausländer in der Türkei keine Immobilien kaufen und verkaufen durften. Bei dem Schriftstück ging es um ein amtlich vorgefertigtes Formular und es ging dabei um den Erwerb von Grundstücken durch Fremde. Ich habe dieses Formular dann unterschrieben. Das Haus und das Grundstück wurden verkauft. Ich hatte sonst keine Amtsgeschäfte in der Türkei zu erledigen.

Ich habe am Standesamt in ... vorgesprochen und wollte einen Auszug aus dem Mavikart-Register beantragen. Es wurde mir mitgeteilt, dass ich nach Ankara fliegen muss und mir dort beim Außenministerium einen Auszug holen soll. Ich hatte leider keine Zeit um nach Ankara zu fliegen. Ich bin erst gestern zurückgekommen und hatte keine Zeit beim türk. GK in Wien vorzusprechen. Meine erste Mavikarte habe ich im Jahre 2004 bekommen, leider hat diese meine Ehegattin mit meiner Wäsche zusammen gewaschen. Die aktuelle Mavikarte ist die zweite Mavikarte die ich bekommen habe.

Bevor ich in die Türkei gereist bin hatte ich keine Zeit um das türk. GK in Wien zu besuchen.“

Anlässlich dieser Verhandlung legte der Beschwerdeführer das Original der MaviKart vom 16.06.2017 sowie eine Anzeigebestätigung der LPD Wien vom 28.01.2016 zwecks Beweises, dass ihm ein österr. Reisepass, ausgestellt am 30.11.2010 mit der Nr. ..., gestohlen wurde. Die Vertreterin des Beschwerdeführers legte ein Schreiben der Rechtsanwälte ... vom 05.03.2018 adressiert an das Generalkonsulat der Republik Türkei in Wien vor, womit beantragt wurde einen Auszug aus dem Mavi-Kart-Register auszustellen. Laut eigener Angabe der Vertreterin bekam sie am 15.03.2018 einen Anruf des türkischen Generalkonsulats wo ihr mitgeteilt wurde, dass die Ausstellung eines Auszuges aus dem Mavi-Kart-Register nicht übermittelt wird und zwar ohne Angabe von Gründen. Die belangte Behörde legte drei Schreiben des türkischen Generalkonsulats in Wien vom 27.12.2017, 23.02.2018 und 08.03.2018 betreffend verfahrensfremde Personen.

Dem Beschwerdeführer wurde am Schluss der Verhandlung zur Vorlage des vollständigen Personenstandsregisterauszuges samt staatsbürgerschaftsrechtlichen Angaben (NÜFUS KAYIT ÖRNEGI) eine Frist bis zum 02.05.2018 eingeräumt.

Mit Schreiben vom 20.4.2018 übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme des BMEIA vom 06.04.2018 zur Kenntnisnahme, wonach unter anderem bei der Ausstellung eines Personenstandsregisterauszuges bestimmte Sachverhalte wie. z.B. ein allfälliger Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit auf Wunsch der Partei nicht angeführt werden können.

Mit Schreiben vom 30.04.2018, eingelangt am 03.05.2018, übermittelte der Beschwerdeführer die Kopie seines Mavi-Kart-Registerauszuges (Mavi Kartlilar Nüfus Kayit Örnegi) vom 12.03.2018 ohne Übersetzung auf Deutsch. Dieses Schreiben wurde der belangten Behörde mit Schreiben vom 16.05.2018 zur Kenntnis gebracht.

Das Schreiben der ÖB Ankara vom 14.03.2018, sowie die Stellungnahme des BMEIA vom 06.04.2018 wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.05.2018 und der belangten Behörde das Schreiben der ÖB Ankara vom 14.03.2018 mit Schreiben vom 18.06.2018 zur Kenntnis gebracht.

Im Hinblick auf das Schreiben des Beschwerdeführers vom 30.04.2018 und die übermittelte die Kopie seines Mavi-Kart-Registerauszuges teilte die belangte Behörde mit Stellungnahme vom 24.05.2018 mit, dass „auffallend ist, dass dieser Maviregisterauszug bereits am 12. März 2018 und somit noch vor der Verhandlung am 19. März 2018, in welcher die Beschaffung des Nüfusregisterauszuges aufgetragen wurde, ausgestellt wurde. Darüber hinaus fehlt auch im Auszug von Herrn XY., (…), die Zeile mit den Eintragungen.“

Zur Unmöglichkeit einen Nüfus zu erhalten wurde ausgeführt, „dass diesbezüglich einerseits auf die bereits aktenkundige Stellungnahme des BMEIA verwiesen wird, wonach auch ehemalige türkische Staatsangehörige das Recht auf Ausstellung eines Nüfusregisterauszuges haben, andrerseits werden beiliegend beispielhaft drei h.a. in Feststellungsverfahren vorgelegte Auszüge übermittelt (GZ: MA 35/III - …, MA 35/III - …, und MA 35/III - … Aus den Auszügen, welche 2017 und 2018 ausgestellt wurden, geht hervor, dass die betreffenden Personen im Zeitpunkt der Ausstellung des Nüfus nicht mehr türkische Staatsangehörige waren.

Aus den genannten Gründen ist es für die MA 35 nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführer bzw. die Beschwerdeführerin keinen Auszug erhalten.“

Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18.06.2018 zur Kenntnis gebracht.

Im Hinblick auf Parteiengehör vom 16.05.2018 (betreffend das Schreiben der ÖB Ankara vom 14.03.2018, sowie die Stellungnahme des BMEIA vom 06.04.2018) teilte der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht mit der Stellungnahme vom 05.06.2018, eingelangt am 06.06.2018, ua. mit, dass er „im Jahr 2004 erstmals eine Mavi-Kart beantragt hat. Dabei wurde seine ehemalige T.C. Identifikationsnummer, die er bei seiner Geburt erlangt hatte als Mavi-Kart Nummer weiter geführt. Aus dem Schreiben der österreichischen Botschaft geht nicht hervor, dass bei Austreten der türkischen Staatsbürger aus dem Staatsverband, die T.C. Identifikationsnummer gelöscht oder neu vergeben werden. Es werden die Personen im Personenstandsregister als aus dem Staatsverband ausgeschieden weitergeführt. Sobald sie gemäß dem Gesetz über das Personenstandswesen Nr. 5490 eine Mavi-Kart beantragen, wird die T.C. Identifikationsnummer des jeweiligen ehemaligen Staatsbürgers als Mavi-Kart weiter geführt.“ Aus all diesen Gründen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer zu keiner Zeit die türkische Staatsbürgerschaft wiedererworben habe.

Diese Stellungnahme wurde der belangten Behörde am 18.06.2018 zur Kenntnisnahme übermittelt. Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 26.06.2018, dass sie auf die Abgabe einer weiteren Stellungnahme zu den bis dato übermittelten Unterlagen verzichte.

Am 27.06.2018 nahm die Vertreterin des Beschwerdeführers Akteneinsicht ein.

Im Hinblick auf Parteiengehör vom 18.06.2018 (betreffend die Stellungnahme der belangten Behörde vom 24.05.2018) teilte der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht mit der Stellungnahme vom 02.07.2018, eingelangt am 03.07.2018, ua. mit, dass sich der Beschwerdeführer zwecks Beschaffung eines Nüfusregisterauszuges in die Türkei begeben habe. Die Ausstellung dieses Auszuges sei ohne Angabe von Gründen seitens des türkischen Generalskonsulats in Wien verweigert worden. Der Beschwerdeführer habe während seines Aufenthaltes in der Türkei am Standesamt in ... vorgesprochen, habe aber auch dort keinen Auszug erhalten. Einige Wochen nach der Verhandlung und vor dem 02.05.2018 sei der vorgelegte Mavi-Kart-Registerauszug eingelangt, ohne dass der Beschwerdeführer eine Möglichkeit hatte zu beeinflussen, in welcher Form der Auszug erstellt werde.

II. Sachverhalt

Aus dem den Beschwerdeführer betreffenden Administrativakt der belangten Behörde zur Zl. MA35/III - ..., den eingeholten Einbürgerungsakt des Beschwerdeführers zur Zl. MA 61/IV - ..., den vom Beschwerdeführer und von der belangten Behörde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Dokumenten und Unterlagen sowie den vom Verwaltungsgericht Wien getätigten Anfragen ergibt sich folgender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde am ...1962 in ..., Republik Türkei, geboren und lebt seit Oktober 1987 in Österreich. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.11.1990, GZ: MA 61/IV - ..., wurde ihm die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 20 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 für den Fall zugesichert, dass er binnen zwei Jahren das Ausscheiden aus dem türkischen Staatsverband nachweist. Am 14.12. 1990 langte bei der belangten Behörde die Bestätigung der Türkischen Botschaft in Wien, dass der Beschwerdeführer am 13.12.1990 um Entlassung aus dem türkischen Staatsverband angesucht hat, ein. Der Bestätigung ist zu entnehmen, dass sein Ansuchen an die zuständige Stelle in der Türkei weitergeleitet wird und eine Erledigung erfahrungsgemäß in etwa zwei Jahre dauert. Mit Wirkung vom 14.01.1991 wurde dem Beschwerdeführer zur GZ: ..., die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 11a des Staatsbürgerschaftsgesetztes 1985 verliehen. Mit Entlassungsurkunde entsprechend dem Ministerratsbeschluss zur Zahl ... vom 28.10.1991, ausgestellt am 18.11.1991, bei der belangten Behörde eingelangt am 15.12.1992, wurde der Beschwerdeführer endgültig aus dem türkischen Staatsverband entlassen. Einen Antrag auf Bewilligung der Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbs einer fremden Staatsbürgerschaft hat der Beschwerdeführer laut Aktenlage nie gestellt.

Er verfügt über einen österreichischen Reisepass mit der Nummer ..., gültig bis 04.02.2026, sowie eine „Mavi-Kart“ („Blaue Karte“) mit der Nummer ..., ausgestellt am 16.06.2017 vom Generalkonsulat der Republik Türkei in Wien. Die „Mavi-Kart“ wird an ehemalige türkische Staatsbürger zwecks leichterer Einreise und Bewahrung gewisser Rechte in der Türkei ausgestellt, berechtigt jedoch nicht zur Teilnahme an türkischen Wahlen.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens legte er einen Mavi-Kart-Registerauszug (Mavi Kartlilar Nüfus Kayit Örnegi), ausgestellt am 12.03.2018 seitens des Standesamtes ..., sowie eine Bestätigung des Generalskonsulats der Republik Türkei in Wien vom 18.01.2018, in welcher das Generalkonsulat bestätigt, dass der Beschwerdeführer aus dem türkischen Staatsverband ausgebürgert sei und die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen habe. Des Weiteren bestätigte das Generalkonsulat, dass nach der „Mavi-Kart“ Rechtsverordnung der Personenstand der ausgebürgerten Personen nicht mehr im Personenstandsregister, sondern in „Blaue Karten Register“ (Mavi Kartlilar Kütügü) geführt werde. Aus diesem Grund dürfe den ausgebürgerten Personen kein Personenstandsregisterauszug ausgestellt werden.

Trotz Aufforderung des erkennenden Gerichtes konnte der Beschwerdeführer seine bereits abgelaufenen österreichischen Reisepässe nicht vorlegen, zumal ihm laut eigener Angabe der im Jahre 1991 ausgestellter (erster) Reisepass seitens der zuständigen Behörde gelöchert und abgenommen worden sei, er den zweiten Reisepass verloren habe und der dritte Reisepass, ausgestellt am 30.11.2010, laut Anzeigebestätigung der LPD Wien vom 28.01.2016 am selben Tag gestohlen wurde.

Ebenso konnte der Beschwerdeführer trotz Aufforderung der belangten Behörde und des erkennenden Gerichtes keinen Personenstandsregisterauszug mit staatsbürgerschaftlichen Eintragungen (Nüfus Kayit Örnegi) vorlegen. Nachweise darüber, dass er – wie selbst behauptet – in die Türkei gereist ist, um die aufgeforderten Dokumente bei der zuständigen Behörden zu beschaffen, konnte der Beschwerdeführer auch nicht vorlegen. Selbst eine Negativbescheinigung in der Form, dass keine Auskunft seitens der Behörden in der Türkei erteilt wird, wurde nicht nachgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist in der vom AA. überreichten „Wählerevidenzliste“ mit der Personenstandsnummer („Kimlik-Nummer“) ..., seinem Vor- und Nachnamen, dem Vornamen seiner Mutter (...) und seines Vaters (...), seinem Geschlecht, dem Geburtsort ..., dem Geburtsdatum ...1962 und der Stadt ... in Provinz ... verzeichnet. Diese Angaben sind identisch mit den Angaben in der von ihm vorgelegten „Mavi-Kart“ sowie den Angaben in dem Mavi-Kart-Registerauszug (Mavi Kartlilar Nüfus Kayit Örnegi) vom 12.03.2018.

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG Z 1 erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten:

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Im Streit, ob eine Person die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder nicht, ist schon auf Grund der sich aus dem Besitz der Staatsbürgerschaft ergebenden Rechte und Pflichten offenkundig ein öffentliches Interesse an der Feststellung zu erkennen und daher die Berechtigung zur amtswegigen Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 42 Abs. 3 StbG 1985 gegeben (VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0338). Daher erfolgte die Erlassung eines amtswegigen Bescheides in vorliegenden Fall zu Recht.

Gemäß § 27 Abs. 1 StbG verliert die Staatsbürgerschaft, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.

Das türkische Staatsangehörigkeitsgesetz regelt in seinen Art. 1 bis 18 den Erwerb der Staatsangehörigkeit und beinhaltet ua. den Sonderfall des "Rückerwerbs" der türkischen Staatsangehörigkeit gemäß Art 8. Nach dieser Bestimmung (Türkisches Staatsangehörigkeitsgesetz Nr. 403 vom 11.2.1964 in der Fassung vor 2003) können Personen, die die türkische Staatsangehörigkeit nach diesem Gesetz verloren haben, ohne das Erfordernis eines Aufenthaltes (in der Türkei) erneut in den türkischen Staatsverband aufgenommen werden; dies gemäß Art. 11 des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (in der Fassung vor 2003) allerdings nur über einen entsprechenden Antrag. Der erneute Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit ohne das Erfordernis des Aufenthaltes in der Türkei kann daher nach der türkischen Rechtsordnung nur freiwillig und nicht aufgrund gesetzlicher Automatismen ohne Wissen des Betroffenen erfolgen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Bestimmung des § 27 Abs. 1 StbG voraus, dass der Staatsbürger eine auf den Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft gerichtete „positive Willenserklärung“ abgibt und die fremde Staatsbürgerschaft infolge dieser Willenserklärung tatsächlich erlangt. Da das Gesetz verschiedene Arten von Willenserklärungen („Antrag“, „Erklärung“, „ausdrückliche Zustimmung“) anführt, bewirkt jede Willenserklärung, die auf Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtet ist, im Falle deren Erwerbs den Verlust der (österreichischen) Staatsbürgerschaft. Auf eine förmliche Verleihung der fremden Staatsangehörigkeit kommt es nicht an (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2018/01/0045, Rn. 16, mwN). In Bezug auf ausländisches Recht gilt der Grundsatz „iura novit curia“ nicht, sodass dieses in einem - grundsätzlich amtswegigen – Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei aber auch hier die Mitwirkung der Beteiligten erforderlich ist, soweit eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2018/01/0045, Rn. 17, mwN).

Die belangte Behörde hat in der vorliegenden Rechtssache beweiswürdigend angenommen, dass der Beschwerdeführer spätestens mit Wirkung vom 18.05.2017 (Tag der Übermittlung der „Wählerevidenzliste“ an das BM.I) die türkische Staatsbürgerschaft wiedererworben hätte. Dies stützt die Behörde auf die ihr vom AB. übermittelten Kopie einer „Wählerevidenzliste“, welche die Personendaten (eine 11-stellige Identitätsnummer, den Vornamen, den Familiennamen, die Vornamen der Mutter und des Vaters, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsdatum, die Stadt und dazugehörige Provinz, den Aufenthaltsstaat und die Zuständigkeit der türkischen Vertretungsbehörde in Wien) von 66.382 Personen welche für die Teilnahme an den türkischen Wahlen für den Zuständigkeitsbereich des Generalkonsulats der Republik Türkei berechtigt sein sollen – darunter auch die des Beschwerdeführers – enthält. Im Hinblick auf die Tatsache, dass nur türkische Staatsbürger aktives Wahlrecht besitzen, und der Beschwerdeführer im Jahre 1992 aus dem türkischen Staatsverband entlassen wurde, nahm die belangte Behörde an, der Beschwerdeführer habe zu einem unbestimmten Zeitpunkt die türkische Staatsangehörigkeit wiederangenommen, zumal er auf einer türkischen Wählerevidenzliste aufscheine.

Im Hinblick auf diese „Wählerevidenzliste“, welche seitens des BKA forensisch untersucht wurde, lassen sich keine Schlüsse auf ihre Authentizität, Herkunft, Zeitpunkt der Entstehung, sowie die Richtigkeit der darin enthaltenen Daten schließen.

Sämtliche – den Beschwerdeführer betreffende – Personendaten in dieser Liste (insbesondere die „Kimlik-Nummer“) sind jedoch identisch mit den Personendaten welche auf der „Mavi-Kart“ des Beschwerdeführers (ein offizieller türkischer Ausweis für ehemalige türkische Staatsbürger) aufscheinen. Die Richtigkeit der Personendaten des Beschwerdeführers auf der Liste ist daher gegeben und wurde auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Die belangte Behörde stellte im Rahmen des Feststellungsverfahrens fest, dass die persönlichen Daten auf der Liste mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vollumfanglich korrekt sind, zumal in den bis dato eingeleiteten 3.880 Feststellungsverfahren der Verfahrenseinleitung in jedem Einzelfall eine Identitätsprüfung in der Form vorausging, dass die in der übermittelten Aufstellung angeführten persönlichen Daten (insbesondere Geburtsdatum und -ort) mit den vorhandenen Datenapplikationen ZSR/ZPR abgeglichen wurden. Diese Daten stimmten nahezu in sämtlichen Fallen überein. Im Zuge des Feststellungsverfahrens bei der belangten Behörde wurden ebenfalls die übrigen Daten - insbesondere die Namen der Eltern - mit dem Einbürgerungsakt verglichen. Auch dieser Abgleich hat bislang in nahezu allen Fällen eine Übereinstimmung ergeben. Da die wesentlichen Angaben in den ca. 3.800 Fallen, welche bis zur Bescheiderlassung geprüft wurden, richtig sind, nahm die belangte Behörde an, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass auch die übrigen ca. 62.500 Personen mit den korrekten Personendaten widergegeben werden. Dieser Schluss wurde überdies in den sechs Fällen, in denen bereits negative Feststellungsbescheide seitens der belangten Behörde erlassen wurden, bestätigt (Geschäftszahlen MA 35/lll - …). Als der Datensatz vom AA. am 18. Mai 2017 übermittelt wurde, waren zu diesen Personen bereits Feststellungsverfahren anhängig, weil ein Verdacht auf Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft bestand. Die vorgelegten türkischen Personenstandsregister in diesen Fällen bestätigten diesen Verdacht schließlich. Auf diesem Dokument findet sich die „Kimlik-Nummer“, welche in allen sechs Fallen jener auf dem übermittelten Datensatz entspricht. Auch die übrigen persönlichen Daten entsprachen der Angabe auf der Liste.

Obwohl die Authentizität dieser Liste (im Hinblick auf die Annahme es handelt sich hierbei um eine Wählerevidenzliste für den Amtsbereich des türkischen Generalkonsulats in Wien) nicht festgestellt werden konnte, ist der Annahme der belangten Behörde zu folgen, wenn sie meint, dass es sich hierbei um Aufzeichnung einer türkischen Behörde handelt, zumal eine – wie im diesen Fall - inhaltlich richtige Personendatensammlung von derartigem Ausmaß eine behördliche, mit staatlichem Imperium ausgestattete, Strukturen voraussetzt, sodass es geradezu ausgeschlossen ist, dass der Datensatz von einer privaten Person(engruppe) herrührt.

Ein weiteres Indiz für die Annahme, der Beschwerdeführer habe die türkische Staatsangehörigkeit wiederangenommen, stellt die Tatsache dar, dass der Beschwerdeführer über die „Kimlik-Nummer“ (Türkiye Cumhuriyeti Kimlik Numaras) ... verfügt. Dabei handelt es sich um eine 11-stellige Nummer, die seitens der türkischen Behörden an jeden türkischen Staatsbürger (oder in der Türkei lebenden Fremdbürger) seit dem Jahr 2000 vergeben wird. Dabei wird die bestehende „Kimlik-Nummer“, sofern einem ehemaligen türkischen Staatsbürger eine „Mavi-Kart“ ausgestellt wird, vom Personenstandsregister in die „Mavi-Kart“ übernommen. Sofern es sich um Fremde welche in der Türkei leben oder direkte Nachkommen (Kind/Enkelkind) eines Mavi-Kart-Inhabers handelt, beginnt die „Kimlik-Nummer“ mit „99“.

Die „Kimlik-Nummer“ des Beschwerdeführers, welche nicht mit „99“ beginnt, und welche auch auf seiner „Mavi-Kart“ aufscheint, spricht dafür, dass diese aus dem Personenstandsregister übernommen wurde. Dafür spricht auch, dass dieselbe „Kimlik-Nummer“ im Mavi-Kart-Registerauszug (Mavi Kartlilar Nüfus Kayit Örnegi) aufscheint. Diesbezüglich stellt sich die Frage, wie der Beschwerdeführer zu einer „Kimlik-Nummer“ gekommen ist, zumal er die türkische Staatsbürgerschaft im Jahre 1991 (9 Jahre vor der Einführung der „Kimlik-Nummer“) zurückgelegt hat und laut eigener Angabe in der mündlichen Verhandlung am 19.03.2018 zuletzt im Jahr 1995 (5 Jahre vor der Einführung der „Kimlik-Nummer“) Amtsgeschäfte in der Türkei getätigt hat.

Auf Anfrage des erkennenden Gerichtes teilte die ÖB Ankara mit, dass eine nachträgliche Vergabe in jenen Fällen denkbar wäre, in welchen der Staat ein Interesse an der Beseitigung einer Rechtsunsicherheit hätte, z.B. offene Fragen zum Grundeigentum. Im Falle des Beschwerdeführers, welcher zuletzt im Jahre 1995 sein geerbtes Grundstück verkauft hat und seitdem keine Amtsgeschäfte in der Türkei getätigt hat, kam daher eine nachträgliche Vergabe der „Kimlik-Nummer“ (ab dem Jahr 2000) nicht in Frage.

Vielmehr spricht die Aktenlage dafür, dass der Beschwerdeführer nach dem Austritt aus dem türkischen Staatsverband im Jahre 1991 die türkische Staatsbürgerschaft wiedererworben hat und ihm eine „Kimlik-Nummer“ (nicht mit „99“ beginnend), welche nur an türkische Staatsbürger vergeben wird, erteilt wurde, welche in der Folge auch auf seine „Mavi-Kart“ übertragen wurde.

Die Angabe des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 05.06.2018, er habe die „Kimlik-Nummer“ bei seiner Geburt (am ...1962) erhalten und diese wurde dann in seine „Mavi-Kart“ übertragen, erscheint insofern nicht nachvollziehbar, zumal die „Kimlik-Nummer“ erst ab dem Jahr 2000 vergeben wurden und der Beschwerdeführer nicht substantiell nachweisen konnte, dass ihm diese – ohne eine Wiederannahme der türkischen Staatsbürgerschaft – nachträglich vergeben wurde.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nunmehr über eine „Mavi-Kart“ verfügt, und er diese nur als ehemaliger türkischer Staatsbürger erteilt bekommen kann, bedeutet nicht, dass er durchgehend seit der Entlassung aus dem türkischen Staatsverband im Jahre 1991 die türkische Staatsbürgerschaft nicht innehatte, da es ihm möglich war, auch nach erfolgten Wiederannahme der Staatsbürgerschaft diese wieder aufzugeben und somit zu einer „Mavi-Kart“ zu gelangen. Dafür spricht auch, dass ihm die „Mavi-Kart“ erst am 16.06.2017 ausgestellt wurde und er nicht nachweisen konnte, dass ihm auch zuvor „Mavi-Karten“ erteilt wurden.

Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Vorlage eines Auszuges aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfüs Kayit Örnegi) für ehemalige türkische Staatsbürger nicht möglich ist, kann Folgendes festgehalten werden:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Parteien eines (ihnen bekannten) Verwaltungsverfahrens - ungeachtet der behördlichen Verpflichtung zur amtswegigen Feststellung des Sachverhaltes - verpflichtet, durch substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. Eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind, die Behörde also nicht in der Lage ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden bzw. sich relevante Daten amtswegig zu verschaffen. Soweit einzelne Sachverhaltselemente ihre Wurzel im Ausland haben, ist die Mitwirkungspflicht der Partei in dem Maß höher, als die Pflicht der Behörde zu amtswegigen Erhebungen wegen des Fehlens entsprechender Möglichkeiten geringer ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 10 [Stand 1.7,2005, rdb.at] mN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits auf die offenkundige Unmöglichkeit, von Amts wegen personenbezogene Auskünfte von den türkischen Behörden zu erhalten, hingewiesen (vgl. VwGH 15.3.2010, 2008/01/0590, mit Verweis auf VwGH 19.3.2009, 2007/01/0633). In dieser Entscheidung führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Türkei das Übereinkommen über den Austausch von Einbürgerungsmitteilungen (ICCS-Konvention Nr. 8) mit Wirksamkeit vom 30.09.2010 gekündigt habe und nach Mitteilung der türkischen Behörden Informationen zur Staatsbürgerschaft im Rahmen des Geheimhaltungsprinzips nur durch den Betroffenen beantragt werden können. Daher stünden einer amtswegigen Ermittlung faktische (und rechtliche) Hindernisse entgegen.

Der Beschwerdeführer wurde sowohl von der belangten Behörde wie auch vom erkennenden Gericht aufgefordert, einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfüs Kayit Örnegi) betreffend seine Person vorzulegen. Die Vorlage dieses Auszuges, dessen Einholung im Amtswege für das erkennende Gericht unmöglich ist, ist für das Beschwerdeverfahren insofern unumgänglich, zumal dieser Auszug sämtliche relevante staatsbürgerschaftsrechtlichen Eintragungen wie Aufgabe und die Wiederannahme der türkischen Staatsbürgerschaft enthält. Nachweise darüber, dass er – wie selbst behauptet – in die Türkei gereist ist, um die aufgeforderten Dokumente bei der zuständigen Behörden zu beschaffen, konnte der Beschwerdeführer nicht vorlegen. Selbst eine Negativbescheinigung in der Form, dass keine Auskunft seitens der türkischen Behörden erteilt wird, wurde nicht nachgewiesen.

 

Angesichts der auch im vorliegenden Beschwerdefall offenkundigen Unmöglichkeit von Amts wegen personenbezogene Auskünfte von den türkischen Behörden zu erhalten hätte der Beschwerdeführer ua. den entsprechenden Auszug aus dem Personenstandsregister (Nüfüs Kayit Örnegi) verlangen und vorlegen müssen. Dies hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen und diese mit der – nicht nachgewiesenen - Behauptung begründet, er habe während seines Aufenthaltes in der Türkei am Standesamt in ... vorgesprochen, dort aber keinen Auszug erhalten.

Die Angaben in den Bestätigungen des Generalskonsulats der Republik Türkei in Wien vom 06.10.2017 und 18.01.2018, in welchen das Generalkonsulat bestätigt, dass den ausgebürgerten Personen kein Personenstandsregisterauszug ausgestellt werden könne, ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar angesichts der aktenkundigen Äußerung des BMEIA vom 23.06.2017, wonach ein Rechtsanspruch von aktuellen und ehemaligen türkischen Staatsangehörigen auf Ausstellung eines Personenstandsregisterauszug gemäß Gesetz Nr. 5490 zum Personenstandswesen existiert.

Abgesehen davon, dass die Angabe des türkischen Generalkonsulats der geltenden türkischen Rechtslage widerspricht, erscheint das Vorbringen des Beschwerdeführers als bloße Schutzbehauptung, zumal das erkennende Gericht in anderen Feststellungsverfahren Personenstandsregisterauszüge von ehemaligen türkischen Staatsbürgern vorgelegt bekam (z.B. Beschwerdeverfahren zu VGW-... und VGW-...) und auch die belangte Behörde mit Vorbringen vom 24.05.2018 die Möglichkeit der Vorlage der Personenstandsregisterauszüge durch ehemalige türkische Staatsbürger nachweisen konnte.

Für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers spricht auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zunächst behauptete, die Ausstellung eines „Mavi-Kart Registerauszuges“ wurde ihm verweigert und er mit Schreiben vom 02.05.2018 diesen dem Gericht doch vorlegte.

Das erkennende Gericht, welches im Rahmen der freien Beweiswürdigung davon ausgeht, dass es sich bei der „Wählerevidenzliste“ um eine offizielle Aufzeichnung einer türkischen Behörde handelt, zumal nur eine türkische Behörde über derartiges Fakten- und Zahlenmaterial verfügen kann, jemand nur dann wieder türkischer Staatsbürger wird, wenn er nach Entlassung aus dem türkischen Staatsverband einen entsprechenden Antrag stellt, keine Anhaltspunkte im Verfahren hervorgekommen sind, dass sich die Vollzugspraxis der türkischen Behörden über die eindeutige Rechtslage hinweggesetzt habe und ein Wiedereinbürgerungsantrag des Beschwerdeführers fingiert worden sei, sowie dem Beschwerdeführer als türkischen Staatsbürger eine „Kimlik-Nummer“ ab dem Jahr 2000 erteilt wurde, ist befugt, auch für die Beschwerdeführerin negative Schlüsse zu ziehen (VwGH 24.10.1980, 1230/78; VwGH 16.10.2001, 99/09/0260; VwGH 26.2.2002, 2001/11/0220). Wenn es der Behörde rechtlich und faktisch nicht möglich ist, personenbezogene Daten eines anderen Staates (hier: Türkei) zu erhalten und das betreffende Staatsbürgerschaftsrecht einen Antrag verlangt, darf die Behörde davon ausgehen, dass dem Erwerb auch ein Antrag zugrunde gelegen hat, wenn die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist (VwGH 15.3.2012, 2010/01/0022).

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages frühestens am 18.11.1991 (Datum der Entlassung aus dem türkischen Staatsverband), spätestens jedenfalls am 18.05.2017 die türkische Staatsbürgerschaft wieder erworben hat, hat der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG in dem angeführten Zeitraum ex lege verloren, weil er die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht vorher beantragt hat und ihm auch keine solche Genehmigung erteilt wurde.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft, Türkisches Staatsangehörigkeitsgesetz, türkische Wählerevidenzliste, Kimlik-Nummer, Personenstandsnummer, Personenstandsregisterauszug, „Mavi-Kart“, „Blaue Karte“, Mavi-Kart-Registerauszug, Offizialmaxime, Mitwirkungspflicht, freie Beweiswürdigung

Anmerkung

VfGH v. 12.12.2018, E 3728/2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.152.071.1827.2018

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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