TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/26 LVwG-2018/15/1075-3

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn Jakob Hirschuber, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 28.03.2018, Zl ****, betreffend Übertretung nach dem WRG 1959,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Umfang gemäß § 45 Abs 1 Z 4 unter Erteilung einer Ermahnung aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

1.   „Im Zuge der am 22.11.2017, in der Zeit von 09:00 Uhr bis 15:30 Uhr, durch ein Kontrollorgan der Agrarmarkt Austria am Betrieb des AA, BNR ****, durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle wurde festgestellt, dass im Kontrollzeitraum am 22.11.2017 von 9:00 Uhr bis 15:30 Uhr ein Verstoß gegen die Regeln der sachgerechten Düngung vorlag.

Erläuterungen/Korrekturen: Es wurde ein positiver N-Saldo errechnet. Positiver N-saldo:  435,69/ 24,64= 50,31 kgN/ ha DFL

Sie haben hierdurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs 1 Z 15 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. 215/1959, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2017 (kurz: WRG 1959) iVm § 55 p WRG 1959 iVm § 8 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm 2012 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (Aktionsprogramm Nitrat 2012) begangen.

2.   Im Zuge der am 22.11.2017, in der Zeit von 09:00 Uhr bis 15:30 Uhr, durch ein Kontrollorgan der Agrarmarkt Austria am Betrieb des AA, BNR ****, durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle wurde festgestellt, dass das Fassungsvermögen von Behältern bzw. Flächen zur Lagerung von Wirtschaftsdünger zu gering war.

 

Gülle

Jauche

Mist

Tiefstallmist

betriebsbezogener Anfall in m3

346,73

161,72

166,31

78,06

festgestellte Lagerkapazität in m3

161,00

14,00

0,00

0,00

festgestellte Lagerkapazität in %

46,43

8,66

0,00

0,00

festgestellte Lagerkapazität in m3 (Kombisystem)

0,00

202,50

festgestellte Lagerkapazität in % (Kombisystem)

0,00

82,87

Sie haben hierdurch eine Verwaltungsübertretung § 137 Abs 1 Z 15 WRG 1959 iVm § 55 p WRG 1959 iVm § 6 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm Nitrat 2012 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (Aktionsprogramm Nitrat 2012) begangen.

3.   Im Zuge der am 22.11.2017, in der Zeit von 09:00 Uhr bis 15:30 Uhr, durch ein Kontrollorgan der Agrarmarkt Austria am Betrieb des AA, BNR ****, durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle wurde eine Versickerung von mehr als geringfügigen Mengen an Gülle, Jauche bzw. Silagesickersäfte über eine Bodenpassage in das Grundwasser ohne wasserrechtliche Bewilligung festgestellt.

Sie haben hierdurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs 2 Z 5 iVm § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 iVm § 7 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den guten chemischen Zustand des Grundwassers (Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser – QZV Chemie GW), BGBl. II Nr. 98/2010, in der geltenden Fassung BGBl. II Nr. 461/2010, iVm § 32 WRG 1959 begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie nachstehende Geldstrafen verhängt

Zu 1.: gemäß § 137 Abs 1 Z 15 iVm § 55p WRG 1959

€ 100,00

zu 2.: § 137 Abs 1 Z 15 iVm § 55p WRG 1959

€ 150,00

zu 3.: gemäß § 137 Abs 2 Z 5 iVm § 32 WRG 1959

€ 300,00

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von

Zu 1.:                                               6 Stunden

Zu 2.:                                               6 Stunden

Zu 3.:                                               13 Stunden“

Außerdem wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde verpflichtet.

Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel in welchem zusammenfassend vorgebracht wird, dass bei der Berechnung der Stickstoffsaldos offensichtlich ein Irrtum vorliegen müsse. Fälschlicherweise sei die Düngerberechnung mit dem Düngesystem Gülle durchgeführt worden. Tatsache sei allerdings, dass auf seinem Betrieb lediglich Mist und Jauche anfalle. Einzig im Zuge der Ausbringung werde Mist zu Jauche vermengt. Diese Vermengung habe allerdings keinerlei Einfluss auf die vorhergehenden Stalllagerverluste. Somit müsse seines Erachtens die Berechnung auch auf Basis auf Mist und Jauche erfolgen. Diese Tatsache verändert das Ergebnis seiner Stickstoffbelastung maßgeblich, da die Verluste im tatsächlichen System wesentlichen höher seien als im Güllesystem. Eine entsprechende Berechnung der Stickstoffbilanz für das Jahr 2016 lege er der Beschwerde bei. Zudem möchte er anführen, dass der Düngerabnahmevertrag von 100 m³ Mist, welche im Zuge der Aufforderung zur Rechtfertigung angesprochen worden sei, in der Berechnung noch nicht berücksichtigt sei. Aus dem Bericht der Vor-Ort-Kontrolle gehe hervor, dass dem Stickstoffanfall eine DFL von 24,64 ha gegenüberstehe. Laut Aktionsprogramm Nitrat 2012 – Anlage 3 Tabelle 2 liege die Obergrenze im Grünland bei bis zu zwei Nutzungen pro Jahr bei 90 kg N/ha. Auch unter Berücksichtigung der sachgerechten Düngung Auflage 7 errechne sich für seinen Betrieb kein positiver Stickstoffsaldo, da lediglich 1,41 ha der DFL weniger als zwei Nutzungen aufweisen würden. Daraus würde sich ein jahreswirksamer Stickstoffbedarf von 2.133,00 kg N für seinen gesamtbetrieblichen DFL errechnen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nach Vorlage der Beschwerde diese der Agrarmarkt Austria mit dem Ersuchen um Stellungnahme vorgelegt. In der Stellungnahme vom 29.06.2018 wird zusammenfassend ausgeführt, dass entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers sich aus dem AMA Stickstoffrechner ergebe, dass die „Kühe ohne Nachzucht – Milchkühe“ entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers auf Gülle gehalten würden. Bei den restlichen Tieren liege ein Mist-Jauche-System vor. Die von der AMA vorgenommenen Einstufungen seien daher nach ihrer Sicht korrekt. Im Zuge einer von der AMA durchgeführten Nachkontrolle im Mai 2018 habe sich jedoch ergeben, dass bei der ursprünglichen Stickstoffberechnung die Alpung bei den Milchkühen nicht berücksichtigt worden sei und das Berechnungsergebnis für die Stickstoffgrenze daher zu hoch ermittelt worden sei. Aus der korrigierten Stickstoffberechnung, die unter Berücksichtigung der Alpungstage für die Milchkühe vorgenommen worden sei, ergebe sich nunmehr lediglich eine geringfügige Überschreitung der Anforderung 2: bedarfsgerechter Düngung. Die Berücksichtigung der Alpung führe auch dazu, dass bei der Anforderung 1 Mengenbeschränkung Wirtschaftsdünger kein Verstoß mehr vorliege und somit die 170 kg N/ha LN-Grenze eingehalten werde. Der in der Beschwerde angeführte Düngeabnahmevertrag sei bei der Vorortkontrolle nicht vorgelegt worden und sei daher von der AMA auch nicht berücksichtigt worden.

Diese Stellungnahme wurde den Parteien des Verfahrens mit der Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme dazu ist allerdings nicht erfolgt.

II.      Sachverhalt:

Festgehalten wird, dass sich die Beschwerde ausdrücklich lediglich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat die AMA als anzeigende Stelle mit dem Rechtsmittel des Beschwerdeführers konfrontiert, worauf diese dem Landesverwaltungsgericht Tirol mitgeteilt hat, dass nach Berücksichtigung der Alpungstage lediglich eine geringfügige Überschreitung der Anforderung 2: bedarfsgerechte Düngung vorliegen würde. Aus der Stellungnahme der AMA ergibt sich somit, dass lediglich ein geringfügiger Verstoß vorliegt.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den Akt der belangten Behörde sowie auf die vom Landesverwaltungsgericht Tirol eingeholte Stellungnahme der AMA. Diese Stellungnahme wurde den Parteien des Verfahrens übermittelt, eine Stellungnahme dazu wurde allerdings nicht eingebracht. Insgesamt bestehen daher für das Landesverwaltungsgericht Tirol keinerlei Bedenken an der inhaltlichen Richtigkeit der Feststellungen der AMA.

IV.      Rechtslage:

WRG 1959

„Programme im Rahmen der Europäischen Integration

§ 55p

(1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat durch Verordnung Programme zur schrittweisen Reduzierung und Verhinderung der weiteren Verschmutzung der Gewässer (§ 30) durch direkte oder indirekte Ableitungen von Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen zu erlassen. Diese Programme haben Maßnahmen, Verfahren und Verhaltensweisen insbesondere betreffend Düngeverbotszeiträume, das Ausbringen von stickstoffhältigen Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Nutzflächen und das Fassungsvermögen von Behältern zur Lagerung von Wirtschaftsdünger zu enthalten. Durch diese Programme wird sichergestellt, dass bei landwirtschaftlichen Betrieben der auf den Boden ausgebrachte Wirtschaftsdünger, einschließlich des von den Tieren selbst ausgebrachten Dungs, eine Höchstmenge von 170 kg Stickstoff nach Abzug der Stall- und Lagerungsverluste pro Hektar und Jahr nicht überschreitet. Diese Programme sind allgemein im öffentlichen Interesse einzuhalten.

(2) In einem Programm mit den Zielsetzungen gemäß Abs. 1 können zusätzliche Kriterien (zB lange Wachstumsphasen, Pflanzen mit hohem Stickstoffbedarf, hoher Nettoniederschlag), Maßnahmen, Verfahren und Verhaltensweisen festgelegt werden, deren Vorliegen bzw. Einhaltung sicherstellen, dass die schrittweise Reduzierung und Verhinderung der weiteren Verschmutzung der Gewässer (§ 30) nicht gefährdet ist, wenn landwirtschaftliche Betriebe von der in Abs. 1 festgelegten Höchstmenge an Stickstoff abweichen. Zugleich sind in einem solchen Programm Vorhaltungsverpflichtungen sowie die zur Einhaltung der Ausnahmebestimmungen weiters erforderlichen Regelungen, insbesondere Meldeverpflichtungen, zu treffen. Strengere Regelungen gemäß § 34 bzw. § 33f betreffend wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete bleiben unberührt. Die Ausnahmebestimmungen bedürfen der Zustimmung der Europäischen Kommission gemäß Art. 9 iVm. Anhang III Z 2 lit. b der Richtlinie 91/676/EWG.

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm Nitrat 2012 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (Aktionsprogramm Nitrat 2012), CELEX Nr. 391L0676

Begrenzung für die Ausbringung von stickstoffhältigen Düngemittel

aus landwirtschaftlichen Nutzflächen

§ 8

(1) Die jahreswirksame Stickstoffausbringungsmenge an stickstoffhältigen Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Nutzflächen darf die in Anlage 3 festgestellten Mengenbegrenzungen nicht überschreiten.

Die Obergrenze Grünland/Feldfutterbau liegt gemäß Anlage 3 bei zwei Nutzungen pro Jahr bei 90 kg N/ha.

VStG

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

4.   die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;“

V.       Erwägungen:

Wie sich aus den Feststellungen der AMA ergibt, erweist sich die Überschreitung der Anforderung 2: bedarfsgerechte Düngung (positiver Stickstoff-Saldo gesamtbetrieblich) als geringfügig. Zumal daher lediglich eine geringfügige Überschreitung vorliegt, ein tatsächlicher Schaden durch die Überschreitung sich aus dem Akt nicht ableiten lässt und überdies nur von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen ist, war das Strafverfahren betreffend Spruchpunkt 1. gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG einzustellen. Der Beschwerdeführer wird allerdings dazu ermahnt, in Zukunft entsprechend Vorsorge dafür zu treffen, dass es zu keinen weiteren Überschreitungen bei der genannten Bestimmung des Aktionsprogramms Nitrat 2012 kommt. Sollten Überschreitungen durch entsprechende Kooperationsverträge verhindert werden, so sind die entsprechenden Unterlagen evident zu halten und bei einer allfälligen Kontrolle durch die AMA vorzuweisen. Eine Bestrafung war allerdings betreffend Spruchpunkt 1. nicht erforderlich.

Zu den restlichen Spruchpunkten wird festgehalten, dass sich die Beschwerde dagegen nicht richtet, weshalb die Bestrafungen dazu bereits in Rechtskraft erwachsen sind.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So handelt es sich im vorliegenden Fall um eine sachverhaltsbezogene Einzelfallbeurteilung und um keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Geringfügige Überschreitung der bedarfsgerechten Düngung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.15.1075.3

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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