TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/10 VGW-122/043/15412/2016, VGW-122/V/043/15413/2016, VGW-122/V/043/15414/2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2018
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Entscheidungsdatum

10.07.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §79c
GewO 1994 §81
AVG §13 Abs8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Kovar-Keri über die Beschwerde 1) des Herrn Mag. A. Ai., Wien, ..., 2) des Herrn Mag. Dr. M. C., Wien, ..., 3) der Frau U. N., Wien, ..., 4) der Frau E. Ei., Wien, ..., 5) des Herrn Ch. W., Wien, ..., 6) der Frau I. B., Wien, ..., 7) des Herrn Ma. B., Wien, ..., 8) der Frau I. R., Wien, ..., 9) der Frau EM. K., Wien, ..., 10) der Frau S. Sc., Wien, ..., 11) des Herrn H. Sc., Wien, ..., und 12) des Herrn Mr. N., Wien, ..., alle vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 27.10.2016, Zahl ..., betreffend I. Genehmigung gemäß § 81 GewO und II. Bescheidabänderung gemäß § 79c GewO 1994 der Betriebsanlage in Wien, ..., X. Gesellschaft m.b.H.,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz – B-VG unzulässig.

 

Entscheidungsgründe:

 

Ad I.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 27. Oktober 2016, GZ ..., wurde der X. Gesellschaft m.b.H. die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage in Wien, ..., durch umfangreiche Zu- und Umbaumaßnahmen samt neuer technischer Ausstattung erteilt.

 

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingebrachte Beschwerde mit folgendem Wortlaut:

1.         Beschwerdegründe

Der angefochtene Bescheid wird vollumfänglich aus den Beschwerdegründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit aufgrund Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften bekämpft. Konkret erachten sich die Bf in ihrem Recht auf Versagung der beantragten gewerberechtlichen Genehmigung (bzw auf Abweisung des Genehmigungsantrages) verletzt, da die Bf in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (insbesondere Schutz vor unzumutbaren Belästigungen und Gesundheitsgefährdungen, die durch die mit der Errichtung und den Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage verursachten Beeinträchtigungen durch Licht, Lärm, Geruch und Schadstoffe, Staub sowie Erschütterungen verbunden sind) verletzt werden. Weiters erachten sich die Bf in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens verletzt.

2.         Zur Beschwerdelegitimation und Rechtzeitigkeit

2.1       Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die Einwendungen der Bf teilweise abgewiesen, zum Teil auch zurückgewiesen. Als Nachbarn, die ihre Parteistellung im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren nicht verloren haben, sind die Bf legitimiert, die in der gegenständlichen Beschwerde unter Pkt 1. dargelegten Rechtsverletzungen geltend zu machen.

2.2       Die vorliegende Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben: Der angefochtene Bescheid wurde den Bf am 8.11.2016 zugestellt, die Beschwerdefrist endet demnach am 6.12.2016.

3.         Sachverhalt

3.1       Mit Schriftsatz vom 4.12.2015 wurde von der mP der Antrag auf Erteilung einer gewerberechtlichen Änderungsgenehmigung im Hinblick auf ihre Betriebsanlage, dem X., gestellt. Dabei handelt es sich um einen völligen Neubau nach Totalabriss des Altbestandes sowie um eine (widmungswidrige) Erweiterung der Betriebsanlage auf Flächen, die ihr bisher nicht zuzurechnen waren (vergrößert wurden sowohl die bebaute Fläche als auch die Freibereiche).

3.2       Im Zuge der ersten mündlichen Verhandlung am 25.1.2016 haben die zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtsfreundlich vertretenen Nachbarn Einwendungen erhoben und die ASV zahlreiche Projektergänzungen nachgefordert. Dies führte zu einem Verbesserungsauftrag und der Vertagung der Verhandlung.

3.3       Am 17.2.2016 hat die rechtsfreundliche Vertretung der Bf Vollmacht gelegt und unter Hinweis auf den Grundsatz der Einheit der Verhandlung weitere Einwendungen erhoben.

3.4       Nachdem die mP zu diesem Zeitpunkt bereits trotz fehlender gewerberechtlicher Genehmigung mit der Errichtung des Vorhabens begonnen hat, wurde mit Schriftsatz vom 22.2.2016 eine Sachverhaltsdarstellung an die belangte Behörde mit der Anregung übermittelt, gewerbepolizeiliche Maßnahmen zu setzen. Die rechtswidrige Bauführung wurde schließlich (nach mehrfacher Urgenz seitens der Bf) mit Verfahrensanordnung vom 4.4.2016 und schließlich auch mit Maßnahmenbescheid vom 15.4.2016 untersagt. 

3.5       Mit Schriftsatz der mP vom 15.3.2016 wurden verbesserte Projektunterlagen vorgelegt und der ursprüngliche Genehmigungsantrag vom 4.12.2015 ausgedehnt.

3.6       Am 13.4.2016 fand eine zweite mündliche Verhandlung statt. Im Zuge dieser Verhandlung haben die Bf zunächst vorgebracht, dass der Genehmigungsantrag ausgedehnt wurde und somit keine Präklusionsfolgen eintreten können. Weiters wurde ein umfangreiches inhaltliches Vorbringen zu den nachgebesserten Unterlagen erstattet und - auch von den involvierten ASV - weiterer Nachbesserungsbedarf aufgezeigt. Daher wurde der mP ein weiteres Mal ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG erteilt und die Verhandlung wieder vertagt.

3.7       Nach Vorlage neuerlich verbesserter Einreichunterlagen und Übermittlung einer konsolidierten Betriebsanlagenbeschreibung mit Schriftsatz der mP vom 22.6.2016 (frühestens zu diesem Zeitpunkt lag ein vollständiger Genehmigungsantrag vor, mit dem die gesetzliche Entscheidungsfrist zu laufen beginnen konnte) wurde die Verhandlung am 17.6.2016 fortgesetzt. Dort legten die Bf eine geruchstechnische Stellungnahme von DI El. vom 6.6.2016, ..., vor, die vom ASV jedoch inhaltlich überhaupt nicht behandelt wurde. Nachdem in Bezug auf die Einreichunterlagen weiterer Ergänzungsbedarf durch den lärmtechnischen und den humanmedizinischen ASV aufgezeigt wurde, waren weitere Nachreichungen der mP erforderlich.

3.8       Mit Anschreiben der Behörde vom 1.8.2016 wurden die Bf im Wege des Parteiengehörs über die weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit, dazu innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen, verständigt und die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten übermittelt.

3.9       Innerhalb offener Frist erstatteten die Bf mit Schriftsatz vom 16.8.2016 eine umfangreiche Stellungnahme, der ua ein (weiteres) geruch- und luftreinhaltetechnisches Gutachten von Ing. Sch. vom 12.8.2016 sowie ein schalltechnischer Messbericht der Nu. GmbH vom 22.6.2016, …, beigefügt wurde. Diese fachlichen Ausführungen untermauerten das Vorbringen der Bf, wonach bspw der Ist-Zustand (Lärm) unrichtig erhoben wurde. Weiters wurde (mit näherer Begründung) ein weiteres Mal dargelegt, dass von einer deutlich höheren Geruchsbelastung auszugehen ist und daher die ohnehin unbegründeten Annahmen des ASV, der sich ausschließlich auf die ebenfalls nicht erörterten Daten der mP bezieht, nicht zutreffen.

3.10      Anfang September 2016 erkundigte sich die rechtsfreundliche Vertretung bei der zuständigen Sachbearbeiterin fernmündlich über den Stand der Dinge. Im Zuge des Telefonats wurde ihr mitgeteilt, dass die eingebrachten Stellungnahmen bereits den ASV zur Bearbeitung übermittelt wurden und nach Erstellung dieser ergänzenden Ausführungen ein weiteres Parteiengehör stattfinden wird. Im Zuge des Telefonats wurde insbesondere auch das Erk des VwGH vom 28.7.2016, 2013/07/0078, angesprochen, dem Folgendes zu entnehmen ist:

„Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Dem Parteiengehör unterliegt nicht nur eine von der Behörde getroffene Auswahl jener Ergebnisse des Beweisverfahrens, welche die Behörde zur Untermauerung der von ihr getroffenen Tatsachenfeststellungen für erforderlich hält, sondern der gesamte Inhalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme. Auch Stellungnahmen von Sachverständigen, auf die sich die Behörde in der Begründung des Bescheides maßgeblich stützt, stellen ein Gutachten dar und damit ein Beweismittel, das gemäß § 45 Abs. 3 AVG dem Parteiengehör zu unterziehen ist. Daran ändert die Auffassung der Behörde, in diesen Stellungnahmen sei die bisherige Beurteilung bestätigt worden, ohne dass neue Sachverhaltselemente hervorgekommen seien, nichts, wenn sich die Behörde entscheidend auf dieses Beweismittel gestützt hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2014, 2012/11/0131)."

3.11      Obwohl ein weiteres Parteiengehör zugesagt und ein solches aufgrund der bereits zitierten Judikatur erforderlich gewesen wäre (die belangte Behörde stützt ihren Bescheid insbesondere auch auf die ergänzenden Stellungnahmen der ASV), wurde den Bf am 8.11.2016 der nunmehr angefochtene Genehmigungsbescheid zugestellt (dass die Bauarbeiten am X. bereits am 7.11.2016 fortgeführt wurden und die mP offenbar früher über den Ausgang des Verfahrens informiert wurde, sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber erwähnt).

           

 Die ergänzenden Stellungnahmen der MA 36-A vom 31.8.2016, der MA 22 - Lärm vom 12.9.2016, und der MA 22 - EMIL vom 5.10.2016, auf die sich der angefochtene Bescheid ausdrücklich stützt wurden den Bf erst mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis gebracht.

4.           Zurückverweisung gemäß § 28 Abs 3 VwGVG

4.1          Zwar haben die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden (Primat der Sachentscheidung), allerdings gehen die Bf im vorliegenden Fall davon aus, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen ist: Denn die belangte Behörde hat sowohl im Hinblick auf die schalltechnische, als auch die luftreinhalte- und geruchstechnische Beurteilung Ermittlungen unterlassen bzw bloß ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt, obwohl die Bf in ihren Stellungnahmen vom 13.4.2016 und 16.8.2016 zahlreiche Ermittlungslücken aufgezeigt und diese auch fachlich untermauert haben.

4.2          Diese Ermittlungslücken konnten (besser: wollten) bis zuletzt nicht geschlossen werden. Hinzu kommt, dass die überhastete (rechtswidrige) Vorgangsweise der belangten Behörde (Erlassung des Bescheides ohne weiteres Parteiengehör) ausschließlich der mP zugute kam, die die untersagte rechtswidrige Bauführung mit Bescheidzustellung wieder fortsetzen konnte und in weiter Folge vom Betriebsrecht nach § 78 Abs 1 GewO 1994 profitiert.

4.3          Dass am Ende des behördlichen Verfahrens grobe Ermittlungslücken bestehen, liegt wohl auch daran, dass den ASV keine konkreten Beweisthemen vorgegeben wurden. Ganz im Gegenteil: Die Gutachtensaufträge der belangten Behörde vom 24.8.2016 laufen auf unzulässige Erkundungsbeweise hinaus. In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des OGH vom 23.1.2014, 12 Os 90/13x, zu verweisen, wonach - umgelegt auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren - Sachverständige, die im behördlichen Verfahren ohne konkretes Beweisthema einen Erkundungsbeweis geführt haben, vom Verwaltungsgericht nicht mehr beigezogen werden dürfen.

4.4          Weiters ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde keine weiteren Ermittlungsschritte zur Ist-Situation (Grundbelastung) veranlasst hat, obwohl der ASV in seiner (nicht dem Parteiengehör unterzogenen) ergänzenden Stellungnahme in Bezug auf den schalltechnischen Messbericht der Nu. GmbH vom 22.6.2016, …, ausgeführt hat, dass wenigstens das Herausfiltern des Presslufthammers zulässig war. Die belangte Behörde hätte daher jedenfalls feststellen müssen, wie sich dieses Herausrechnen auf die Umgebungssituation ausgewirkt hätte. Der beiliegenden Stellungnahme der Nu. GmbH vom 22.11.2016, …, ist nun zu entnehmen, dass sich selbst bei Berücksichtigung der vom ASV vorgebrachten Bedenken keine merkliche Änderung der Situation ergibt (./1). Unter Hinweis auf die Messung der Nu. GmbH ist somit (wie die Bf bereits in ihrer Stellungnahme vom 16.8.2016 dargelegt haben) davon auszugehen, dass die Grundbelastung deutlich niedriger ist, als dies im Verfahren angenommen wurde. Im Ergebnis wird daher der planungstechnische Grundsatz nicht eingehalten und werden unzumutbaren Lärmbelästigungen auftreten.

4.5          Ähnliches gilt für die Ausführungen des luftreinhaltetechnischen ASV, der sich über weite Strecken nicht mit der - auf gleicher fachlicher Ebene - vorgebrachten Kritik von DI El. und Ing. Sch. auseinandergesetzt hat (vgl dazu auch die beiliegende Stellungnahme von Ing. Sch. vom 5.10.2016; ./2).

4.6          Nachdem die vorliegenden (ergänzten) Gutachten nicht als Entscheidungsgrundlagen für die Beurteilung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind, ausgereicht haben und dies für die Behörde erkennbar war, wäre es zwingend erforderlich gewesen, zur Klärung der unzureichend beantworteten Fachfragen die sachverständigen Entscheidungsgrundlagen zu ergänzen bzw gegebenenfalls weitere Gutachten einzuholen.

4.7          Diese erforderlichen Ermittlungsschritte wurden - offenbar nicht zuletzt aufgrund der Interventionen der mP - nicht mehr gesetzt und damit das Verfahren unter Missachtung der Verfahrensvorschriften sowie der (mitgeteilten) Judikatur des VwGH abgeschlossen.

            

 Vor diesem Hintergrund gehen die Bf im gegenständlichen Fall davon aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs 3 VwGVG vorliegen.

5.          Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit

5.1          Unzumutbare Belästigung bzw Gesundheitsgefährdung der Bf durch Lärm

5.1.1        Zunächst möchten die Bf darauf hinweisen, dass das nachstehende Vorbringen bereits im Verwaltungsverfahren erstattet, jedoch von der belangten Behörde nicht gewürdigt wurde.

5.1.2        Insbesondere wurde vorgebracht, dass die schließlich von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommene Rechtsauffassung der mP, wonach dieser ein Einwirkmaß, das der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ..., zu entnehmen sei, rechtskräftig genehmigt wurde und im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Änderung ausschließlich die Frage relevant sei, wie sich die Änderung auf dieses genehmigte Einwirkmaß auswirken würde, unzutreffend ist. Dies aus nachstehenden Gründen:

-  Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind die Genehmigungsvoraussetzungen des § 81 GewO 1994 keine anderen als jene, an die die GewO 1994 in § 77 die Errichtung und den Betrieb einer Anlage knüpft. Somit ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen ausschließlich auf die durch die Änderung der Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse abzustellen.

            

-  Daher hätte die mP zunächst im Zuge der Planungsphase - vor Rückbau des Altbestandes und Umsetzung der verfahrensgegenständlichen Änderung - den Ist-Zustand bei aufrechtem Anlagenbetrieb erheben müssen. Denn nach der gefestigten Judikatur ist der Durchführung von Messungen der Vorrang vor lärmtechnischen Berechnungen einzuräumen.

 In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass die dem Verfahren zugrunde gelegte (zwei Jahre alte) Erhebung der Grundbelastung (sie erfolgte am 31.3.2014 und 1.4.2014) durchgeführt wurde, als Bauarbeiten die örtlichen Verhältnisse stark beeinflusst haben. Von einer repräsentativen Messung kann somit keine Rede sein. Ferner soll der Anlagenbetrieb am Wochenende stattfinden, sodass eine Messung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zwingend auch am Wochenende (die erfahrungsgemäß niedrigere Ergebnisse auswirft und damit für die Ermittlung der für die Bf relevanten worst case Belastung relevant ist) zu erfolgen hat. Eine solche Messung wurde nicht durchgeführt.

-  Dass diese Messungen aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens der mP (Durchführung nicht genehmigter, jedoch genehmigungspflichtiger Umbauarbeiten) mangels vorhandener Betriebsanlage unstrittig nicht mehr möglich sind, darf nun nicht dazu führen, dass bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Änderung auf einen Betriebszustand abgestellt wird, der über den tatsächlichen örtlichen Verhältnisse liegt.

     -     Nachdem der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ..., jene Situation zugrunde zu legen war, die für die Nachbarn am ungünstigsten ist („Maximalbelastung“), können aus dieser Untersuchung keine (direkten) Rückschlüsse auf die (maßgeblichen) tatsächlichen örtlichen Verhältnisse getroffen werden. Mit anderen Worten: Die (rechtlich ohnehin nicht verbindliche) rechnerische Maximalbelastung ist nicht mit der Mitbestimmung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse gleichzusetzen.

     -     Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die gegenständliche Änderung auf Grundstücksteile bezieht, die von der ehemaligen Betriebsanlage nicht betroffen waren. Dadurch kommt es (widmungswidrig) zu einer massiven Vergrößerung der für die Betriebsanlage benötigten Fläche. Insbesondere zur Liegenschaft des Zweitbeschwerdeführers findet ein massiver Ausbau statt, der mit einer Zunahme von Immissionen verbunden sein wird. Aber auch in Richtung … wären bei rechtskräftiger Genehmigung der Änderung Emissionen zu erwarten, die bislang (aufgrund der vorhandenen Flächenwidmung) schlicht nicht vorhanden waren und insbesondere bei Berücksichtigung von aktuellen Messungen der Bf zu unzumutbaren Belästigungen führen würden (die in der Stellungnahme von Ing. AW. vom 11.7.2016, MA 22 - ..., Seite 3, angeführten Schallpegelmessungen entsprechen nach wie vor nicht der ÖNORM S 5004, da bspw keine Angaben in Bezug auf das Messgerät gemacht wurden).

Nachdem die belangte Behörde davon ausging, dass sich die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse aus der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ..., ableiten lassen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (sekundärer Verfahrensmangel).

5.1.3        In Bezug auf die Zu- und Ablieferung wird von der belangten Behörde festgehalten, dass sich diese antragsgemäß nicht verändern werden und daher nicht zu betrachten wären. Dieser Auffassung ist aus rechtlicher Sicht zwar grundsätzlich zuzustimmen, allerdings widerspricht sie der Lebenserfahrung und dem tatsächlichen Betrieb: Es bedarf keines Beweises (§ 45 Abs 1 AVG), dass eine Vergrößerung der Betriebsanlage (179 zusätzliche Verabreichungsplätze) und eine Ausdehnung der Öffnungszeiten in die Morgenstunden zu einer Erhöhung der Verkehrsbewegungen führt. Weiters werden von der mP in Bezug auf den Bestand bloß Annahmen getroffen, die nicht näher spezifiziert werden. Die belangte Behörde kann daher überhaupt nicht beurteilen, ob sich Fahrbewegungen verändern und wie sich die Emissionen auf die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auswirken.

 Auf diesen Umstand haben die Bf bereits in ihrer Stellungnahme vom 16.8.2016 hingewiesen und dort festgehalten, dass weder dem Antrag noch der konsolidierten Betriebsbeschreibung (verbindliche) konkrete Angaben über den Anlieferungsvorgang (zB Standzeit des jeweiligen LKW, Standort des LKW etc) zu entnehmen sind. Dies war für die Bf insoweit überraschend, als die mP im Zuge der mündlichen Verhandlung zugesichert hat, ein Anlieferungskonzept auszuarbeiten (ein solches Logistikkonzept ist aus der Sicht der Bf aufgrund der beengten Platz- Verhältnisse im Anlieferungsbereich und der fehlenden Ladezone vor der Betriebsanlage unumgänglich). Vorgelegt wurde das Konzept jedoch nicht.

 Nachdem der Zu- und Abtransport unbestritten ein wesentliches Betriebsgeschehen darstellt und mit ihm nicht nur unerhebliche Emissionen verbunden sind, wird von der mP gemäß § 353 Z 1 lit a bzw Z 2 lit a GewO 1994 ein entsprechendes Anlieferungs- und Abtransportkonzept vorzulegen sein.

 

In diesem Zusammenhang ist abschließend auf Seite 10 der Schalluntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016 hinzuweisen. Dort wird ausgeführt, dass „sämtliche projektbedingten Kfz-Fahrten ausschließlich auf öffentlichem Gut [stattfinden]. Die Kfz-Fahrten werden daher in der gegenständlichen Untersuchung nicht berücksichtigt." Inhaltsgleiche Ausführungen finden sich auf den Seiten 20 und 26 der Schalluntersuchung. Diese Annahme widerspricht der Judikatur des VwGH, der in seinem Erk vom 26.4.2000, 99/04/0194, Folgendes festgehalten hat:

„Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist zwischen Betriebsanlagen im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1994 und Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO grundsätzlich zu unterscheiden. Dies schließt - sofern es sich nicht um ein Verhalten von Kunden handelt, das gemäß § 74 Abs. 3 GewO 1994 der Betriebsanlage nur dann zuzurechnen ist, wenn es ‚in der Betriebsanlage' stattfindet - zwar nicht aus, dass die Eignung einer ,örtlich gebundenen Einrichtung', die Nachbarn zu belästigen, in Vorgängen liegen kann, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielen. Solche Vorgänge sind aber gegenüber dem Verkehr auf öffentlichen Straßen in der Weise abzugrenzen, dass zwar das wesentlich zum Betriebsgeschehen in einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das Wegfahren von dieser, nicht jedoch das bloße Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr dem einer Betriebsanlage zugehörenden Geschehen zuzurechnen ist (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 98/04/0225)."

Wesentliche zum Betriebsgeschehen gehörende Zu- und Abfahren sind somit - entgegen der vom Sachverständigen vertretenen Rechtsansicht - auch dann der Betriebsanlage zuzurechnen, wenn sie auf öffentlichen Straßen stattfinden. Nachdem solche Fahrten nicht berücksichtigt wurden, ist die Schalluntersuchung unvollständig und folglich fehlerhaft (diese rechtliche Beurteilung bezieht sich auch auf die - ohnehin nicht dargelegten - Auswirkungen der genehmigten Anlage auf die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse).

5.1.4        Zu den baurechtlich verbindlich (bescheidförmig)vorgeschriebenen, im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht vorgesehenen bzw berücksichtigten, Pflichtstellplätzen führt die belangte Behörde aus, dass diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Recht der Bf bestehe. Dies ist insoweit unrichtig, als mit der Stellplatzbenützung Emissionen (insbesondere Schall, Geruch, Staub) verbunden sind, die ohne Zweifel Gegenstand des Verfahrens sind. Die Einwendungen wären daher nicht als unzulässig zurückzuweisen, sondern inhaltlich zu behandeln gewesen.

5.1.5        Unverständlich und unschlüssig sind schließlich die Ausführungen des lärmtechnischen ASV sowie der belangten Behörde, wonach für die verschiedenen Gastgartenbereiche unterschiedliche Schallemissionen bzw unterschiedliche Gästeverhalten anzusetzen sind. Insoweit haben die Bf bereits in ihrer Stellungnahme vom 13.4.2016, Seite 7, ausgeführt, dass für die Schallemissionen der Gastgärten aufgrund des Restaurantkonzeptes generell die Kategorie III nach der ÖNORM S 5012 („angeregte Unterhaltung mit Lachen, Gästegruppen, zB Biergarten, Heuriger, Buschenschank") anzusetzen ist (LW.A.IP: 71 dB, Lw.A,Recha: 102 dB).

 In der Schalluntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016, wurde diesem Vorbringen insoweit Rechnung getragen, als für den neu geplanten Gastgarten (Biergarten) an der … tatsächlich die Kategorie III angesetzt, für die anderen Gastgärten aber weiterhin mit der Kategorie II gerechnet wurde.

Fachlich begründet wird diese Differenzierung mit keinem Wort; sie ist auch nicht schlüssig: Schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass sich das Gästeverhalten keinem Gastgarten zuordnen lässt. Vielmehr ist - der ÖNORM S 5012 folgend, die ua von „Heuriger“ und „Buschenschank“ spricht - ohne weitere Unterscheidung auf das jeweilige Lokal bzw den jeweiligen Lokaltyp abzustellen.

Aufgrund des Restaurantkonzeptes (hervorzuheben sind insbesondere Spareribs und Bier sowie die damit verbundene Biergartenatmosphäre; vgl dazu den bereits mit Schriftsatz vom 16.8.2016 vorgelegten Auszug) und der Erfahrungen in der Vergangenheit (siehe dazu die ebenfalls mit Schriftsatz vom 16.8.2016 vorgelegten Lichtbilder, wonach die - abgerissene - Betriebsanlage gerne von Bussen bzw Reisegruppen besucht wurde) ist nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen, dass alle Gastgarten- bzw Freiluftflächen der Kategorie III zuzuordnen sind.

Ob manche Bereiche früher - bspw in der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ... - der Kategorie II zugerechnet wurden, ist für das gegenständliche Verfahren ohne Bedeutung, da ein bestimmtes Gästeverhalten im Bestand nicht Gegenstand der genehmigten Betriebsanlage war.

Ohne nähere Begründung kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass „leise“ Gäste in den bereits bestehenden Gastgartenflächen, namentlich am F., der ...terrasse und der (im Altbestand überdachten, daher lärmdämmenden) ...terrasse Platz nehmen, während „lauten“ Gästen der neue Gastgarten zugewiesen wird. Auch kann nicht nachdrücklich behauptet werden, dass bei gleicher Bedienung und gleichem Getränke- und Speisenangebot (insbesondere Spareribs und Bier) unterschiedliches Gästeverhalten in den verschiedenen Gastgartenflächen anzunehmen ist.

Hinzu kommt, dass die Gastgarten- bzw Freiluftflächen am F., der ...terrasse und der ...terrasse in Summe 425 Gäste aufnehmen können; der Gastgarten an der ... dagegen bloß 80 Gästen Platz bieten soll. Es ist aufgrund der skizzierten Rahmenbedingungen auszuschließen, dass auf 425 „leise" Gäste 80 „laute“ Gäste fallen. Tatsächlich wird sich ein Großteil der Lokalbesucher iSd ÖNORM S 5012 angeregt unterhalten und lachen (dies war bereits im Altbestand so und wird sich auch im neuen Gastgarten, der überdies im Erholungsgebiet liegt, nicht ändern).

Daher ist für alle Gastgartenflächen die Kategorie III anzusetzen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kategorie II eingehalten wird.

5.1.6     Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das Abfallwirtschaftskonzept von unschlüssigen Annahmen ausgeht: Dort wird bspw ausgeführt, dass im Sommer (Hauptsaison) bloß 500 - 900 abgegebene Tagesportionen zu erwarten sind. Bei 795 Sitzplätzen und einem Küchenvollbetrieb von 11:00 Uhr bis 22:00 Uhr wird jedoch schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung von einer deutlich höheren Anzahl an Tagesportionen auszugehen sein.

Aber auch folgende Tatsache spricht für die Unschlüssigkeit des Abfallwirtschaftskonzeptes: Das Vorhaben wurde im Verfahrensverlauf mehrfach in nicht unwesentlichen Punkten (bspw Verringerung der Anzahl der Verabreichungsplätze, Ausdehnung der Betriebszeiten in die Morgenstunden) verändert, das Abfallwirtschaftskonzept jedoch niemals an diese Veränderungen angepasst. Eine Erklärung dafür findet sich nicht.

Die Bf gehen davon aus, dass bei einer realistischen Annahme häufigere Warenanlieferungen und Abfalltransporte und damit höhere Emissionen anzusetzen sind, sodass die vorliegende Schalluntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016 das tatsächliche Betriebsgeschehen nur unzureichend abbildet.

5.1.7     Zusammenfassend ist festzustellen, dass die belangte Behörde die maßgeblichen tatsächlichen örtlichen Verhältnisse als Bezugsgröße für die Genehmigung der Änderung nicht ermittelt hat. Andererseits sind die vorhandenen Gutachten widersprüchlich sowie unvollständig und liegen ihnen unrichtige Messergebnisse und Rechtsansichten zugrunde.

5.2       Unzumutbare Belästigung bzw Gesundheitsgefährdung der Bf durch Luftschadstoffe, insbesondere Geruch

5.2.1     Die Bf haben bereits in ihrer Stellungnahme vom 13.4.2016 darauf hingewiesen, dass in der Geruchsuntersuchung

           -      die Vorbelastung nicht berücksichtigt wurde und dies dem Stand der Technik widersprechen würde, zumal „der Geruchsstundenanteil [...] nicht durch einen Emittenten allein ausgeschöpft werden darf“,

           -       nicht dargelegt wurde, welche Auswirkungen die Änderung auf die bestehende Situation hat, und

           -      ungeeignete Referenzküchen gewählt wurden.

5.2.2     Um dieses Vorbringen fachlich zu untermauern, haben die Bf die luftreinhalte- technische Stellungnahme von DI El. vom 6.6.2016, ..., vorgelegt. Dieser Stellungnahme ist - mit näherer Begründung - zu entnehmen, dass die „ausgewiesenen Geruchstoffkonzentrationen von 304 GE/m3 (...) bzw. 360 GE/m3 (...) im gegenständlichen Fall nicht repräsentativ sind und keinesfalls die zu erwartende Situation wiederspiegeln. [...] Unter dem Gesichtspunkt der um einen Faktor 10 zu gering angesetzten Geruchsemissionen resultieren auch zu geringe Geruchshäufigkeitsprognosen und eine nicht haltbare lufttechnische Geruchsbeurteilung.“ Weiters kommt der Sachverständige im Zusammenhang mit der Abluftreinigungsanlage zu dem Ergebnis, dass „der angenommene Minderungsgrad deutlich zu hoch angesetzt [ist] und wahrscheinlich nur in Kombination mit einer UV-Oxidation und Aktivkohleanlage erreicht werden [kann]. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass mit dieser Kombination nur geringe Standzeiten (2-8 Wochen) zu erzielen sind. Zur wirksamen und dauerhaften Reinigung von geruchsbeladenen Rauchgasen kann nur eine thermische Nachverbrennungsanlage wie sie bei Räucheranlagen zum Einsatz gelangen, empfohlen werden.“

5.2.3       Zu diesen fachlichen Ausführungen von DI El. hat der ASV im Zuge der mündlichen Verhandlung am 17.6.2016 - ohne nähere Begründung - bloß festgestellt, dass „die im Projekt vorliegenden Emissionen in ihrer Größenordnung nachvollziehbar [sind]." Zur Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage finden sich überhaupt keine Ausführungen. Auch der vom ASV formulierte und von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommene Auflagenvorschlag stellt nicht sicher, dass das Emissionsverhalten begrenzt wird; die Auflage dient bloß der Überprüfung, nicht unmittelbar dem Gesundheits- oder Belästigungsschutz.

5.2.4     Obwohl die Bf davon ausgingen (und immer noch davon ausgehen), dass bereits nach den begründeten Ausführungen von DI El. eine Genehmigung der Änderung ohne Nachbesserung der Einreichunterlagen bzw des Projektes nicht in Frage kommt, haben sie sich aus Vorsichtsgründen dazu entschlossen, eine weitere fachliche Stellungnahme von Ing. Sch. vom 12.8.2016 einzuholen. Unter Hinweis auf näher bezeichnete Fundstellen wird dort dargelegt, dass

           -      „die bei den unterschiedlichsten Zubereitungsverfahren gemessenen Geruchsstoff-Emissionskonzentrationen beispielsweise im Bereich von 4200 bis 7100 Geruchseinheiten pro Kubikmeter (GE/m3) für das Grillen von Steaks und Burgern bzw. von 1500 bis 9000 GE/m3 in der Abluft eines ... Lokales [liegen]“ (in der Geruchsuntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016, Seite 20, wird von weit geringeren Werten - nämlich von bloß 304 GE/m3 bzw 360 GE/m3 ausgegangen),

           -      in Bezug auf die Abgasanlage und Ozon-Abluftbehandlungsanlage wesentliche Auslegungsparameter und Angaben hinsichtlich der Vorreinigung der Abluftströme fehlen, sodass die emissionsmindernde Wirkung nicht (insbesondere auch nicht von einem SV) nachvollzogen werden kann,

           -      „bei den Geruchsermittlungen festzustellen [ist], dass keine gezielte Recherche im Hinblick auf die plausible Größenordnung der Geruchsstoffemissionen, sei es in Form eines Emissionsfaktors oder einer Emissionskonzentration für die projektierte Grillküche mit Holzkohle samt Anfeuerungs-Feuerstätte vorgenommen wurde“ und „die Geruchsemissionen, welche der Ausbreitungsrechnung (Immissionsprognose) zugrunde gelegt wurden, als extrem niedrig angesehen werden und somit als unzutreffend für eine plausible Immissionsprognose bezeichnet werden“,

           -      auch „bei der Ermittlung der Luftschadstoffparameter [...] lediglich von der Verbrennung von Holzkohle (ohne den Emissionsbeitrag des Grillgutes!) ausgegangen wurde. Dabei zeigt sich, dass bei Heranziehen von fachlich plausiblen Emissionsfaktoren nicht nur die Hauptluftschadstoffkomponenten (auch mit Aufteilung der Staubfraktionen!) zu betrachten, sondern auch medizinisch relevante Schadstoffparameter (z.B. Aldehyde, Aromaten wie Benzol) abzuschätzen gewesen wären",

           

             und

             -     „in Anbetracht der wechselnden Betriebsbedingungen bei Anlagen zur Speisenbereitung [...] der Empfehlung von DI El. in der Stellungnahme vom 6.6.2016 (Einsatz einer „thermischen Nachverbrennungsanlage“) beigepflichtet werden [kann].“

5.2.5     In der ergänzenden Stellungnahme des ASV vom 5.10.2016 wurde - neuerlich ohne Hinweise auf einschlägige Fachberichte, Messungen etc - versucht, die Ausführungen von Ing. Sch. zu widerlegen. Dies ist nicht geglückt, teilweise verkennt der ASV die Stoßrichtung des fachlichen Vorbringens von Ing. Sch. (vgl dazu auch die beiliegende Stellungnahme von Ing. Sch. vom 5.10.2016; ./2), der seit über 30 Jahren als luftreinhaltetechnischer Sachverständige tätig ist (mit den Worten der belangten Behörde daher mehr Erfahrung als der ASV besitzt) und seine Auffassung auf zahlreiche Literaturhinweise stützen konnte bzw kann.

5.2.6     Nachdem die Aussagen von Sachverständigen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert haben und demnach zwischen dem Gutachten eines ASV und dem eines Privatsachverständigen kein verfahrensrechtlicher Wertunterschied besteht, kommt es ausschließlich auf den inneren Wahrheitsgehalt der Gutachten an. Der Wert der Beweismittel muss somit ausschließlich nach ihrer Beweiskraft, dh nach der Schlüssigkeit der Aussagen, beurteilt werden. Demnach können innere Widersprüche, aber auch Widersprüche mit der allgemein anerkannten Literatur eines Fachgebiets ein Gutachten erschüttern.

Bereits vor diesem Hintergrund wäre im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Ausführungen von DI El. und Ing. Sch. zu folgen (und im Ergebnis von einer unzumutbaren Belästigung auszugehen), da beide SV unter Hinweis auf einschlägige Literatur näher begründen, warum die Referenzküchen keinesfalls die zu erwartende Situation widerspiegeln und die Abluftreinigungsanlage nicht den angenommenen Geruchsminimierungsgrad erreicht (angemerkt sei an dieser Stelle auch, dass das Büro von DI El. einen Untersuchungsbefund über die Bestimmung der Geruchsstoff- und Ozonkonzentration erstellt hat, der der Geruchsuntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016 zugrunde liegt; DI El. ist also bestens über die angenommenen Referenzküchen informiert). Dagegen begründen weder der ASV noch die Ro. GmbH die Eignung der Referenzküchen; auch über die Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlagen finden sich keine Ausführungen.

5.2.7     Schließlich hält Ing. Sch. (auch aus rechtlicher Sicht) zutreffend in seiner Stellungnahme vom 12.8.2016 fest, dass in einem allfälligen Genehmigungsbescheid höchstzulässige Emissionsgrenzwerte normativ festzusetzen sind (gleiches gilt für eine allfällige Bestätigung der behördlichen Entscheidung durch das VwG). Nur eine solche Nebenbestimmung stellt in geeigneter Weise sich, dass es weder zu Gesundheitsgefährdungen noch zu unzumutbaren Belästigungen kommt.

6.         Zur Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften

6.1       Mangelhafte Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts

6.1.1     Wie bereits oben unter Pkt 4. ausgeführt wurde, wurden - offenbar nicht zuletzt aufgrund der inhaltlich ohnehin ungerechtfertigten Interventionen der mP - Ermittlungen unterlassen und somit Ermittlungslücken provoziert, die ein Vorgehen nach § 28 Abs 3 VwGVG rechtfertigen.

6.1.2     So wurden beispielsweise nicht die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse ermittelt, die als Vergleichsmaßstab für die verfahrensgegenständliche Änderung heranzuziehen sind (vgl dazu oben unter Pkt 5.1.2). Weiters wurden im Hinblick auf die Geruchsbelastung und die Schallemissionen nur ungeeignete Ermittlungsschritte (Gutachtensauftrag ohne Beweisthemen) gesetzt, die die vorgelegten fachlichen Bedenken der Bf überhaupt nicht oder nur unzureichend behandeln. Beispielhaft sei auf folgende - nicht behandelte - Vorbringen der Bf verwiesen:

           -      Veränderung der Zu- und Ablieferungssituation (keine konkretes - schlüssiges - Anlieferungs- und Abtransportkonzept);

           -      Nichtberücksichtigung wesentlicher - der Betriebsanlage zuzurechnenden - Fahrbewegungen auf öffentlichem Grund;

           -      Nichtberücksichtigung von baurechtlich vorgeschriebenen Pflichtstellplätzen bzw von Emissionen, die von diesen Stellplätzen herrühren;

           -       unschlüssige Berechnung der Schallemissionen, da das Gästeverhalten einer Betriebsanlage teilweise der Kategorie III, zum Teil der Kategorie II zugeordnet wurde;

           -      unzureichende Feststellungen im Hinblick auf das Abfallwirtschaftskonzept;

           -      Nichtberücksichtigung der Geruchsvorbelastung.

6.1.3     Nachdem die vorliegenden technischen Gutachten aus den dargelegten Gründen mangelhaft sind und somit das Ausmaß der Lärm- und Geruchsemissionen noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ist auch die humanmedizinische Stellungnahme vom 27.7.2016, MA 15 - BGA 22 - ..., zu verwerfen. Auch diesbezüglich fehlen daher taugliche Sachverhaltsermittlungen.

6.2       Begründungsmangel

6.2.1     Der belangten Behörde sind ganz massive Begründungsmängel unterlaufen; dies aus nachstehenden Gründen:

6.2.2     Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besitzen die Aussagen von Amtssachverständigen und Privatsachverständigen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert; zwischen dem Gutachten eines Amtssachverständigen und dem eines Privatsachverständigen besteht somit kein verfahrensrechtlicher Wertunterschied. Dem Gutachten eines Amtssachverständigen kommt daher keine Vorrangstellung zu und darf diesem daher nicht schon wegen seiner Stellung Vorrang vor anderen Gutachten, etwa verfasst von einem Privatsachverständigen, eingeräumt werden.

6.2.3     Der Wert eines Beweismittels muss daher stets nach seiner Beweiskraft, dh nach der Schlüssigkeit der Aussagen, beurteilt werden. Daher gibt auch bei einem Widerspruch von Gutachten eines privaten und eines amtlichen Sachverständigen nur der innere Wahrheitsgehalt der Gutachten den Ausschlag.

6.2.4     Bei einander widersprechenden Gutachten ist die Behörde, wenn sie kein „Obergutachten“ in Auftrag gibt, verpflichtet, sich dem einen oder dem anderen Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit bzw Schlüssigkeit anzuschließen. Dabei hat sie in der Bescheidbegründung zwingend die Gedankengänge und sachlichen Erwägungen darzulegen, die dafür maßgebend waren, dass sie das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen hat. Wenn die Behörde sich über ein von der Partei beigebrachtes Sachverständigengutachten hinwegsetzt, ist dies zu begründen.

6.2.5     Dieser Begründungspflicht ist die belangte Behörde mit keinem Wort nachgekommen. Ihre Ausführungen erschöpfen sich auf Verweise auf die (diesbezüglich inhaltsleeren) Stellungnahmen der ASV.

6.2.6     Aber nicht nur im Hinblick auf den Vorzug der (zum Teil nicht begründeten und fachlich nicht untermauerten) Gutachten der ASV gegenüber den Privatgutachten fehlt eine Begründung der belangten Behörde: Vielmehr fehlt es in Bezug auf das gesamte inhaltliche Vorbringen der Bf, das sich auf zahlreiche Judikate und Literaturstimmen stützen konnte, an einer Begründung, warum diesem Vorbringen nicht Rechnung getragen wurde.

7.         Anträge

           Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage stellen die Bf die

ANTRÄGE:

           Das Verwaltungsgericht Wien wolle

           -      den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen,

           in eventu

           -      nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

           -       gemäß Art 130 Abs 4 B-VG und § 28 Abs 2 VwGVG in der Sache selbst entscheiden und den Genehmigungsantrag abweisen.“

 

Die mitbeteiligte Partei und Betriebsinhaberin erstattete zum Beschwerdevorbringen nachstehende Stellungnahme:

„Die Beschwerdeführer haben die im bewilligten Projekt festgelegten Werte für Geruchsemissionen selbst nie als zu hoch erachtet, sondern die Meinung vertreten, dass diese Werte nicht eingehalten werden könnten und das Verwaltungsgericht daher selbst eine Untersuchung vornehmen lassen solle. Dafür gibt es jedoch keine Notwendigkeit und sind die Beschwerdeführer diesbezüglich auch nicht beschwert, da genau eine solche Untersuchung bereits von der belangten Behörde vorgeschrieben ist:

Inhaltlich der Auflage 25 des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde vorgeschrieben, dass „innerhalb eines Zeitraums von 3-6 Monaten nach Inbetriebnahme der Betriebsanlage, jedenfalls in den Monaten mit Maximalauslastung der Betriebsanlage (Anfang Mai bis Ende September), eine Messung über die resultierten Geruchsemissionen durch eine befugte Person nach gültigem Normen- und Regelwerk durchführen zu lassen" ist. „Das Messprotokoll ist unaufgefordert der belangten Behörde zu übermitteln und zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörde in der Betriebsanlage aufzubewahren."

Die im Zusammenhang mit dieser Auflage aufgestellte Behauptung der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe diese Auflage vorgeschrieben, weil sie Zweifel an der Funktionsfähigkeit der Abgasreinigungsanlage gehabt habe, ist schlicht unrichtig. Die in Rede stehende Auflage dient einfach der Überprüfung der Einhaltung der bewilligten Geruchsemissionen bei Vollbetrieb der Betriebsanlage und ist in keinster Weise unüblich - im Gegenteil: Es ist wohl unbestreitbar gängige Praxis, dass die Behörde im Wege einer Auflage die Befundung von Anlagenteilen und die Vorlage des Befundes an die Behörde bzw. die Aufbewahrung in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsicht vorsieht. So hat die belangte Behörde wie üblich ja etwa auch in der Auflage 24 vorgeschrieben, dass „über die Eignung des Abgasfanges bzw. des Abgassystems, in weichen das Gasgerät einmündet, und die ordnungsgemäße Abgasabführung, ein Befund von einer befugten Fachkraft (z.B. Rauchfangkehrer) erstellen zu lassen und in der Betriebsanlage zur Einsichtnahme der zuständigen Behörde bereitzuhalten“ ist.

Nur der Vollständigkeit halber sei nochmals in aller Kürze darauf verwiesen, dass - wie der Amtssachverständige insbesondere in seinen Stellungnahmen vom 17. Juni 2016 und vom 5. Oktober 2016 festgehalten hat -

•        die in der Geruchsuntersuchung der Ro. GmbH dargestellten Geruchsstoffemissionen aus Referenzküchen in jener Bandbreite liegen, die dem Amtssachverständigen aufgrund von Messprotokollen von Betrieben mit Holzkohlengrill bekannt sind und die dargestellten Emissionen daher als plausibel zu werten sind,

•        in der Geruchs- und Luftschadstoffuntersuchung der Ro. GmbH die bisherigen Emissionen der Betriebsanlage nicht subtrahiert werden und damit eine „worst case"-Betrachtung vorliegt,

•        trotzdem die Grenzwerte gemäß Immissionsschutzgesetz - Luft unterschritten bzw. bestehende Überschreitungen durch Zusatzimmissionen nicht messbar erhöht werden,

•        die projektierten Wirkungsgrade von 50 % für den Rauchgaswäscher bzw. 60 % für den Ozongenerator der zu erwartenden Reinigungsleistung entsprechen und

•        bereits der Einbau von Abluftreinigungsanlagen eine Verbesserung gegenüber der bestehenden Betriebsanlage darstellt.

Die Interessen der Beschwerdeführer sind durch den erstinstanzlichen Bescheid daher gesichert. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführer zeigt deren Unredlichkeit, zumal die Einschreiterin die Betriebsanlage auf den modernsten Stand der Technik (auch und insbesondere in Ansehung der Vermeidung von Geruchsemissionen durch den Einbau von Abluftreinigungsanlagen) gehoben und damit eine ganz wesentliche Verbesserung der Betriebsanlage geschaffen hat.“

 

Das Verwaltungsgericht Wien bestellte Amtssachverständige auf dem Gebiet der Gewerbetechnik, des Schallschutzes, der Luftreinhaltung, der Verkehrstechnik und der Medizin. Die angeforderten Gutachten langten – mit Ausnahme des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen – ein und wurden den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht.

 

Die belangte Behörde übermittelte am 18. August 2017 eine Stellungnahme, wonach die gegenständliche Betriebsanlage am 2. August 2017 einer Konsensüberprüfung unterzogen wurde. Bestehende Mängel seien sogleich behoben worden. Die festgestellten Abweichungen vom Konsens würden entweder gar keine Genehmigungspflicht auslösen oder als emissionsneutrale Änderung zu qualifizieren sein, welche keine Verpflichtung zur Anzeige auslösen würde. Unter einem legte sie das Verhandlungsprotokoll vom 2. August 2017 vor.

 

Am 29. November 2017 langte eine weitere Stellungnahme der belangten Behörde ein, wonach die mitbeteiligte Partei und Betriebsinhaberin mit Schriftsatz vom 14. November 2017 die Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage angezeigt hat. Die Rauchfänge der Betriebsanlage wurden in anderer Form hergestellt, als der Rauchfang für den Grill um 2,3 m höher und jener für die Küche um 1 m niedriger als geplant errichtet wurde. Diese Anzeige samt den dazugehörigen Einreichunterlagen in vierfacher Ausfertigung wurden übermittelt. Gleichzeitig wurde auch eine Geruchsstundenuntersuchung übermittelt.

 

Die Anzeige der geänderten Ausführung der Betriebsanlage wurde seitens des Verwaltungsgerichtes Wien den Amtssachverständigen für Gewerbetechnik, Schallschutz und Luftschadstoffe übermittelt. Dem letztgenannten Amtssachverständigen wurde zudem die Geruchsstundenuntersuchung zur Kenntnis gebracht.

In seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 2017 erläuterte der Amtssachverständige für Luftschadstoffe, dass aufgrund der Tatsache, dass die Abgasöffnung für die Grillflächen augenschein

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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