TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/24 95/17/0480

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Veröffentlicht am 24.01.2000
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §198 Abs2;
BAO §243;
BAO §276;
BAO §289 Abs2;
BAO §92;
BAO §93 Abs2;
BAO §93;
LAO Tir 1984 §148 Abs2;
LAO Tir 1984 §190;
LAO Tir 1984 §207;
LAO Tir 1984 §214 Abs2;
LAO Tir 1984 §72;
LAO Tir 1984 §73 Abs2;
LAO Tir 1984 §73;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/17/0481 E 24. Jänner 2000 95/17/0482 E 24. Jänner 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der B GmbH, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. September 1995, Zl. Ib-8550/2, betreffend Vorschreibung von Wasser- und Kanalgebühren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Vorschreibung von Wasser- und Kanalgebühren betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 24. Jänner 1995 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der beschwerdeführenden Partei ein Wasserzins-Akonto (inklusive USt) von S 1.064,80, ein Kanalgebühren-Akonto (inklusive USt) von S 2.313,30 und die Grundsteuer B in Höhe von S 291,50, zusammen S 3.669,60, vor. Der "Bescheid" enthält die Rubrik

"Zweiter quartalsmäßiger Wasser- und Kanalbenützungsgebührenbescheid für den Zeitraum 1.10.1994 bis 30.9.1995.

Grundsteuerbescheid 1. Quartal 1995.

Hundesteuer, Tierseuchenbeitrag und Waldumlage 1995", weiters die Rechtsmittelbelehrung und schließlich folgende

Aufstellung:

"LASTSCHRIFTSANZEIGE-RECHNUNG

Kto-Nr: 301100 Objektadresse:Auland 11 Fälligkeitsdat.: Tagesdatum:

                                        95.02.          95.01.24

Steuerart-Bezeichnung        Vorschr.                   Vorschr.

                             Betrag   Umsatz            Betrag

                             Netto    steuer  Ust-%     Brutto

Wasserzins-Akonto            968,00   96,80   10        1.064,80

Kanalgebühr-Akonto         2.103,00  210,30   10        2.313,30

Grdst.B/Hebesatz 375 %

AZ: 019-2-0016 MB: 311       291,50                       291,50

     Gesamtsumme:          3.362,50  307,10             3.669,60"

In der Folge werden das Datum der Vorschreibung und die Fälligkeit sowie der Gesamtbetrag nochmals ausgeworfen.

Gegen diesen "Bescheid" erhob die beschwerdeführende Partei Berufung und machte insbesondere geltend, dass diese Erledigung keinen Spruch und damit keinen normativen Inhalt enthalte, die Behörde also keinen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt und nicht normativ entschieden habe. Es sei die Absicht der Behörde, in der Sache selbst verbindlich abzusprechen, keinesfalls eindeutig und für jedermann erkennbar, es könne sich daher nicht um eine der Rechtskraft fähige Entscheidung handeln. Da die Entscheidung der Behörde keinen Spruch enthalte, liege kein Bescheid im Sinne des Art. 131 B-VG vor; diese Rechnung sei "bestenfalls" als eine rechtlich unverbindliche Erklärung zu qualifizieren und "als rechtswidrig aufzuheben oder durch einen gesetzmäßigen Bescheid zu ersetzen." Der für das Vorhandensein eines Bescheides vorausgesetzte Bescheidwille komme nicht zum Ausdruck; die Frage des Bescheidcharakters einer Erledigung dürfe nicht zu Lasten der Partei beantwortet werden.

Die Erledigung habe keine Begründung, in der die maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte rechtliche Beurteilung zusammengefasst würden. Es sei auch kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, was einen Verfahrensmangel darstelle. Die Tiroler Landesabgabenverordung - gemeint offensichtlich:

Landesabgabenordnung (im Folgenden: Tir LAO) - bestimme, dass eine Vorschreibung von Gebühren in Bescheidform zu ergehen habe. Zuletzt wird unter Berufung auf den Gleichheitssatz und das "Prinzip der Einnahmen- und Ausgabenäquivalenz" gerügt, dass die zugrundeliegende Wassergebührenordnung der mitbeteiligten Partei nicht gesetzeskonform sei, weil die vorzuschreibenden Gebühren nach dem Wasserverbrauch zu staffeln seien, also die Wassergebühr mit höherem Verbrauch "degressiv abnehmen" müsse.

Eine vom Bürgermeister erlassene Berufungsvorentscheidung trat infolge rechtzeitigen Vorlageantrages außer Kraft.

1.2. Mit Bescheid vom 24. Juli 1995 wies der Gemeindevorstand die Berufung als unbegründet ab. Der Berufungsbescheid enthält folgende Begründung:

"Auf Grund der Feststellungen des Gemeindevorstandes handelt es sich beim gegenständlichen Bescheid zweifelsfrei um einen Bescheid im Sinne des § 148 TLAO. Alle dort an einen Bescheid vorausgesetzten Spruchbestandteile sind enthalten. Weiters ist die Entscheidung der Abgabenbehörde auf der Grundlage der geltenden Wasser- und Kanalgebührenordnung getroffen worden. Dies wird auch vom Abgabenpflichtigen nicht bestritten. Ob die Kanal- und Wassergebührenordnung selbst rechtswidrig ist, obliegt nicht der rechtlichen Beurteilung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz."

Die beschwerdeführende Gesellschaft erhob Vorstellung.

1.3. Die Tiroler Landesregierung wies diese Vorstellung mit Bescheid vom 18. September 1995 (dem angefochtenen Bescheid) als unbegründet ab. Im ersten Gliederungspunkt der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, dass durch den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Partei keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Der erstinstanzlichen Erledigung komme Bescheidcharakter zu, "da sie eine erstmalige Abgabenforderung enthalte". Durch die Ausfertigung einer Lastschriftanzeige sei den in § 73 Tir LAO angeführten Kriterien für einen schriftlichen Bescheid Rechnung getragen worden. Die Lastschriftanzeige enthalte den Verpflichteten (nämlich die Beschwerdeführerin), das Tagesdatum ( 24.1.1995), das Fälligkeitsdatum (27.2.1995), sowie die Abgabenarten (Wasser- und Kanalgebühr sowie die Grundsteuer B). Ebenso sei die entsprechende Rechtsmittelbelehrung enthalten und sei der Bescheid auch vom Bürgermeister der mitbeteiligten Partei unterfertigt. Es lägen daher alle Kriterien vor, die die LAO für die Erlassung eines Bescheides vorgebe, auch wenn dieser nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet sei. "Es reiche aus, wenn der hoheitliche Zahlungsbefehl dem Papier zu entnehmen sei". Ein den gesetzlichen Vorschriften der Tir LAO entsprechender Bescheid habe zu enthalten:

1.

Die Bezeichnung der Behörde,

2.

das Datum,

3.

die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid,

4.

den Spruch,

5.

die Begründung,

6.

die Rechtsmittelbelehrung und

7.

die Unterschrift dessen, der den Bescheid genehmigt hat.

Hinsichtlich der Punkte 1, 2, 4, 6 und 7 werde festgehalten, dass der Erstbescheid formell richtig abgefasst sei. Es folgen sodann Ausführungen zur Notwendigkeit der ausdrücklichen Bezeichnung der Erledigung als Bescheid und zum Wesensmerkmal des Spruches. Eine fehlende Begründung sei nur dann ein Verfahrensmangel, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen müssen. Aufgrund der geltenden Gebührenordnung der mitbeteiligten Partei hätten aber weder deren Bürgermeister noch deren Gemeindevorstand zu einer anders lautenden Entscheidung kommen können.

Im zweiten Gliederungspunkt des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, dass in der gemäß § 207 Abs 2 Tir LAO erlassenen Berufungsvorentscheidung eine Begründung für den Abgabenanspruch "nachgewiesen" worden sei, und dass die Bezeichnung "Berufungsvorentscheidung" die Bezeichnung als "Bescheid" in ausreichendem Maße ersetze. Durch den Vorlageantrag trete die Berufungsvorentscheidung außer Kraft; daher sei auf dieses Argument nicht weiter einzugehen.

Im dritten Gliederungspunkt des angefochtenen Bescheides wird zunächst dargelegt, dass die Gemeinden gemäß § 15 Abs. 3 Z. 5 Finanzausgleichsgesetz 1993 ermächtigt würden, durch Beschluss des Gemeinderates Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen (wie Gemeindewasserleitungen und -kanalisation), die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, auszuschreiben. Solche Regelungen stellten selbständige Verordnungen dar, die im Bescheid näher dargestellten Bedingungen entsprechen müssten. Die im vorliegenden Verfahren vorzuschreibenden Wasser- und Kanalgebühren der mitbeteiligten Partei würden jedoch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Einnahmen- und Ausgabenäquivalenz verstoßen. Nichts gegenteiliges ergebe sich aus § 53 Abs 3 Tir GO. Dadurch, dass die mitbeteiligte Partei von einem Großverbrauchertarif abgesehen habe, habe sie ihren rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der anzuwendenden Wasser- und Kanalgebührenordnung seien nicht hervorgekommen.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich unter Bezugnahme auf den "zweiten quartalsmäßigen Wasser- und Kanalgebührenbescheid für den Zeitraum 1.10.1994 bis 30.9.1995" in ihrem Recht "auf Vorschreibung von Gebühren in der gesetzlich vorgeschriebenen Bescheidform sowie der rechtlich richtigen Höhe" verletzt.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich erkennbar (nur) im Recht auf rechtsrichtige Vorschreibung der Wasser- und Kanalgebühren verletzt (vgl. oben Pkt. 1.4.). Die Grundsteuervorschreibung fällt daher nicht in den Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG.

2.2. § 73 Tir LAO, LGBl. Nr. 34/1984 in der für den hier relevanten Zeitpunkt - nämlich der Erlassung des Berufungsbescheides durch den Gemeindevorstand - geltenden Fassung LGBl. Nr. 89/1993, lautet:

"(1) Für schriftliche Bescheide gelten, soweit in den Abgabenvorschriften nichts anderes bestimmt ist, die Abs. 2 bis 6, der § 75 Abs. 2 und der § 76.

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten:

a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;

b) eine Belehrung, ob eine Berufung zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde diese einzubringen ist, unter welchen Voraussetzungen ihr die Wirkung eines Zahlungsaufschubes zukommt (§ 199 Abs. 2 lit. a und b) und daß Zinsen nach § 160a Abs. 1 vorgeschrieben werden können; weiters ist auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages hinzuweisen.

(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.

(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.

(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei der das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde."

2.2.1. Soweit im vorliegenden Verfahren strittig ist, ob die im Abgabenverfahren jeweils zur Entscheidung berufenen Behörden bescheidförmig - also normativ - entschieden haben, besteht für den Gerichtshof kein Grund zu einer gegenteiligen Beurteilung. Der formularhafte, mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellte Erstbescheid des Bürgermeisters wurde jedenfalls ausdrücklich als Bescheid bezeichnet (was im Übrigen auch die belangte Behörde übersieht, wenn sie den Charakter dieser Erledigung als Bescheid bejaht, "auch wenn dieser ausdrücklich nicht als solcher bezeichnet ist"). Die mangelnde Bezeichnung als "Bescheid" ist überdies (zutreffend) in der Berufung nicht releviert worden, sodass auch die Vorstellung (diese verweist lediglich auf das "bisherige" Vorbringen) ein solches Vorbringen nicht umfasst.

Das Beschwerdevorbringen, die Berufungsvorentscheidung sei nicht als "Bescheid" bezeichnet und leide an einem Begründungsmangel, verkennt die Rechtslage insofern, als durch den am 14. Mai 1995 gestellten Vorlageantrag die Berufung gemäß § 207 Tir LAO, ungeachtet des Umstandes, dass die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung dadurch nicht berührt wurde, zunächst als unerledigt galt und die Berufungsvorentscheidung gemäß § 214 Abs. 2 Tir LAO durch Erlassung des Berufungsbescheides jede selbständige Wirkung nach außen verlor (vgl. Stoll, Kommentar zur BAO, 2791 zum vergleichbaren § 289 BAO). Mit diesem Vorbringen in der Beschwerde wird daher eine dem angefochtenen Vorstellungsbescheid anzulastende Rechtswidrigkeit nicht mit Erfolg dargetan.

Soweit zunächst in der Berufung und in weiterer Folge in der Beschwerde ein Verstoß gegen § 73 Abs. 2 zweiter Satz Tir LAO (die Erledigung hätte keinen Spruch) releviert wird, haftet dem Erstbescheid eine Rechtswidrigkeit, die den Bescheid "nichtig" machen würde, nicht an. Zwar wurde in diesem Bescheid nicht ausdrücklich das Wort "Spruch" verwendet, doch kommt aus der Wortfolge "Zweiter quartalsmäßiger Wasser- und Kanalbenützungsgebührenbescheid für den Zeitraum 1.10.1994 bis 30.9.1995", die in Verbindung mit der tabellarischen Aufstellung über die zu entrichtenden Abgaben den Spruch darstellt, mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, welche Abgaben für welchen Zeitraum in welcher Höhe vorgeschrieben werden sollten. Die fehlende klare Trennung des Spruches von sonstigen Bescheidbestandteilen macht den Bescheid dadurch allein nicht rechtswidrig (vgl. Stoll, a.a.O, 959 zum vergleichbaren § 93 BAO, mwH). Im erstinstanzlichen Bescheid kommt hinreichend klar zum Ausdruck, dass die Bemessung und Vorschreibung eines Wasserzins- und eines Kanalgebühren-Akontos intendiert war und normativ in Form eines Abgabenbescheides der abgabepflichtigen Beschwerdeführerin gegenüber in Erscheinung treten sollte. Dafür, dass nicht nur eine Zahlungserinnerung erfolgt ist, spricht ebenfalls die ausdrückliche Bezeichnung als "Bescheid", die Verwendung der Worte "Zweiter quartalsmäßiger Wasser- und Kanalbenützungsgebührenbescheid für den Zeitraum 1.10.1994 bis 30.9.1995..." und die Rechtsmittelbelehrung. Damit im Zusammenhang lassen auch die "Bezeichnung der Steuerart", der Begriff "Vorschreibungsbetrag" und das Fälligkeitsdatum objektiv erkennen, dass damit eine Abgabenvorschreibung bescheidförmig vorgenommen wurde. Für die Auffassung der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, der erstinstanzliche Bescheid stelle einen "Nichtbescheid" dar, dieser sei somit eine bloß nicht normative Erklärung, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Im Übrigen wäre ein solcher "Nichtbescheid" weder durch Berufung bekämpfbar noch der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, da ein "absolut nichtiger Rechtsakt" bereits ursprünglich nicht (als Bescheid) entsteht (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht6, Rz 436 ff mwH) und daher keinen tauglichen Gegenstand einer Berufung bilden würde.

2.2.2. Allerdings hat die belangte Behörde den angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet:

Für das Entstehen des Steuerschuldverhältnisses ist die Erfüllung des Steuertatbestandes in sachlicher und persönlicher Hinsicht erforderlich. Mag die Erfüllung dieser Voraussetzungen auch dem Grunde nach gegeben sein (die Beschwerde enthält dazu keine Ausführungen), so enthält weder der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters noch der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes Ausführungen dazu, auf welcher Bemessungsgrundlage die Vorschreibung des Wasserzins- bzw. des Kanalgebühren-Akontos erfolgt ist. Aus dem Spruch eines Abgabenbescheides müssen die Größen erkennbar sein, aus denen die Abgaben unmittelbar abgeleitet werden. Damit verstoßen die genannten Bescheide gegen § 148 Abs. 2 Tir LAO, der die Bemessungsgrundlage als unabdingbaren Spruchteil normiert (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht II, 210, sowie Ritz, Bundesabgabenordnung2, Rz 15 ff zu § 198 BAO, und Stoll, a.a.O., 2078 mwH).

2.3. Dadurch, dass die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde diese Rechtswidrigkeit nicht wahrgenommen hat, ergibt sich aus den dargelegten Erwägungen, dass sie den angefochtenen Bescheid ihrerseits mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG bereits aus diesem Grund aufzuheben und erübrigt es sich, auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Jänner 2000

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein VwRallg7 Nichtbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995170480.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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