TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/24 LVwG-2018/37/0489-13

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Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Index

83 Naturschutz Umweltschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AWG 2002 §39 Abs1
AWG 2002 §42 Abs1 Z8
AWG 2002 §50 Abs4
AVG §13 Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des Landesumweltanwaltes, Meranerstraße 5, 6020 Innsbruck, gegen Spruchteil B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018,
Zl *****, betreffend ein Bewilligungsverfahren nach § 50 AWG 2002 (mitbeteiligte Parteien: AA GmbH, Gemeinde Y; belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Z),

zu Recht:

1.       Spruchteil B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, wird wegen Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ersatzlos aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang/Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 06.11.2013, Zl *****, hat die Bezirkshauptmannschaft Z als delegierte Behörde BA, vertreten durch CA, die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf den Gste Nrn **1, **2/2 sowie **3/2, alle GB ***** Y, mit einem Flächenausmaß von 3.781 m² und einem Schüttvolumen von ca 20.700 m³ nach Maßgabe näher bezeichneter Planunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen, befristet bis zum 31.12.2023 erteilt. Spruchteil A) I. des zitierten Bescheides nennt die für die Ablagerung zulässigen Bodenaushubmaterialien.

Mit Bescheid vom 05.08.2015, Zl *****, hat die Bezirkshauptmannschaft Z als delegierte Abfallbehörde die Anzeige der AA GmbH vom 22.06.2015 auf Errichtung einer Zwischenlagerfläche für Bodenaushubmaterial auf der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 06.11.2013, Zl *****, genehmigten Bodenaushubdeponie auf den Gste Nrn **1, **2/2 sowie **3/2, alle GB ***** Y, unter Vorschreibung von Auflagen zur Kenntnis genommen.

Mit Schriftsatz vom 30.11.2017 hat die DD KG, vertreten durch ED, Adresse 1, X, im Namen der AA GmbH die Erweiterung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 06.11.2013, Zl *****, genehmigten Bodenaushubdeponie auf den Gste Nrn **4 und **5, beide GB ***** Y, beantragt. Auf einer zusätzlichen Fläche von 1.600 m² sollen rund 4.200 m³ Bodenaushubmaterial eingebaut werden.

Mit den Spruchteilen A) und B) des Bescheides vom 02.02.2018, Zl *****, hat die Bezirkshauptmannschaft Z als delegierte Behörde der AA GmbH die abfallrechtliche und die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der bereits behördlich genehmigten Bodenaushubdeponie samt Zwischenlager auf den Gste Nrn **4 und **5, beide GB ***** Y, nach Maßgabe näher bezeichneter Einreichpläne sowie unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen und der Festlegung von Betriebszeiten befristet bis zum 31.12.2023 erteilt.

Mit Schriftsatz vom 26.02.2018, Zl *****, hat der Landesumweltanwalt gegen Spruchteil B) [naturschutzrechtliche Bewilligung] des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, Beschwerde erhoben und beantragt, den Bescheid zu beheben und die naturschutzrechtliche Bewilligung zu versagen; hilfsweise wird beantragt, die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Ergänzung des maßgeblichen Sachverhalts und ? sofern notwendig ? zur Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung bei schneefreier Zeit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirksverwaltungsbehörde zurückzuverweisen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in dessen Rahmen am 06.07.2018 einen Lokalaugenschein durchgeführt.

Am 12.07.2018 langte der von der DD KG verfasste Schriftsatz vom 12.07.2018 beim Landesverwaltungsgericht Tirol ein, in dem es wörtlich heißt:

„Bezugnehmend auf den am 06.07.2018 durchgeführten Lokalaugenschein zur im Betreff näher bezeichneten Angelegenheit müssen wir Ihnen mitteilen, dass die Konsenswerberin

AA GmbH,

vertreten durch die DD KG, diese wiederum vertreten durch ED

den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Errichtung und Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf den Gste Nrn **4 und **5 , beide GB ***** Y aufgrund der gegebenen naturkundefachlichen Sachlage zurückzieht.

Mit dem Ersuchen um Einstellung des gegenständlichen Verfahrens und bestem Dank für Ihre Bemühungen verbleiben wir

mit besten Grüßen!

ED

DD KG

(eigenhändige Unterschrift)“

II.      Rechtslage:

1.       Abfallwirtschaftsgesetz 2002:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002,
BGBl I Nr 102/2002 in den anzuwendenden Fassungen BGBl I Nr 97/2013 (§§ 42 und 50) sowie BGBl I Nr 103/2013 (§ 39), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Antragsunterlagen

§ 39. (1) Dem Antrag auf eine Genehmigung gemäß § 37 sind in vierfacher Ausfertigung insbesondere anzuschließen:

[…]“

„Parteistellung

§ 42. (1) Parteistellung in einem Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 haben

1.  der Antragsteller,

[…]

8.  der Umweltanwalt; der Umweltanwalt kann die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften im Verfahren geltend machen; dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

[…]“

„Vereinfachtes Verfahren

§ 50. (1) Im vereinfachten Verfahren sind die §§ 38, 39, 43 und 46 bis 49 nach Maßgabe der folgenden Absätze anzuwenden.

[…]

(4) Parteistellung im vereinfachten Verfahren hat der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektions-gesetz 1993, das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen. Dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.“

2.       Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 13 des Allgemeinen Verwaltungs-verfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 100/2011, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Anbringen

§ 13. […]

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

[…]“

3.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017, lauten wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. […]

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.  der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

[…]“

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

III.      Erwägungen:

1.         Zur Rechtzeitigkeit:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

Dem Landesumweltanwalt wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, am 05.02.2018 zugestellt. Die vom Landesumweltanwalt mit Schriftsatz vom 26.02.2018, Zl *****, erhobene Beschwerde ist an diesem Tag und daher innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Bezirkshauptmannschaft Z eingelangt.

2.         Zum Prüfungsumfang:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Im gegenständlichen Fall hat allerdings die Konsenswerberin mit Schriftsatz vom 12.07.2018 ihren Antrag vom 30.11.2017 auf Errichtung und Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf den Gste Nrn **4 und **5, beide GB ***** Y ? Erweiterung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 06.11.2013, Zl *****, genehmigten Bodenaushubdeponie ? zurückgezogen.

3.         In der Sache:

Mit den Spruchteilen A) und B) des Bescheides vom 02.02.2018, Zl *****, hat die Bezirkshauptmannschaft Z der AA GmbH die abfallrechtliche [Spruchteil A)] und die naturschutzrechtliche [Spruchteil B)] Genehmigung für die Erweiterung der mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Z vom 06.11.2013, Zl *****, sowie vom 05.08.2015, Zl *****, bewilligten Bodenaushubdeponie samt Zwischenlagerfläche auf den Gste Nrn **4 und **5, beide GB ***** Y, mit einem zusätzlichen Schüttvolumen von ca 4.200 m², sohin mit einem Gesamtflächenausmaß von ca 5.381 m² und einem Schüttvolumen von insgesamt
ca 24.900 m³, nach Maßgabe näher bezeichneter Projektunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen befristet bis zum 31.12.2023 erteilt.

Grundlage für diesen Bescheid ist der am 05.12.2017 bei der Bezirkshauptmannschaft Z eingelangte Antrag der AA GmbH vom 30.11.2017.

Die Erteilung einer abfallrechtlichen Bewilligung unter Berücksichtigung der Konzentrations-bestimmung des § 38 Abs 1 bis 3 AWG 2002 von ortsfesten Behandlungsanlagen ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, unabhängig davon, ob das ordentliche Verfahren nach den §§ 37ff AWG 2002 oder das vereinfachte Verfahren nach § 50 AWG 2002 durchzuführen ist.

Nach § 13 Abs 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ist auch noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend einen Bescheid nach dem AVG zulässig. Eine derartige Zurückziehung muss zur ersatzlosen Behebung des in Beschwerde gezogenen Bescheides führen [Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 42 (Stand: 01.01.2014rdb.at)].

Die AA GmbH hat im Einklang mit § 13 Abs 7 AVG ihren (verfahrenseinleitenden) Antrag auf Erteilung der Bewilligung für die Erweiterung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 06.11.2013, Zl *****, genehmigten Bodenaushubdeponie auf den Gste Nrn **4 und **5, beide GB ***** Y, während des aufgrund des Rechtsmittels des Landesumweltanwaltes anhängigen Beschwerdeverfahrens zurückgezogen. Aufgrund der Zurückziehung dieses Antrages war Spruchteil B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, ersatzlos aufzuheben (Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses). Die ersatzlose Aufhebung stützt sich auf § 28 Abs 5 VwGVG und hat daher in Form eines Erkenntnisses zu ergehen.

Zur ersatzlosen Aufhebung des Spruchteiles A) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, war das Landesverwaltungsgericht Tirol trotz der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages der AA GmbH nicht berechtigt, da dieser Spruchteil nicht Gegenstand des aufgrund des Rechtsmittels des Landesumweltanwaltes eingeleiteten Beschwerdeverfahrens war und somit bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Trotz des weiterhin aufrechten Spruchteiles A) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, ist die beschriebene Erweiterung der Bodenaushubdeponie nicht zulässig, da infolge der ersatzlosen Aufhebung des Spruchteiles B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, die hierfür erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung fehlt.

4.       Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Im Hinblick auf die ersatzlose Aufhebung des Spruchteiles B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, konnte die mündliche Verhandlung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die AA GmbH war gemäß § 13 Abs 7 AVG berechtigt, ihren verfahrenseinleitenden Antrag vom 30.11.2017 zurückzuziehen, der Grundlage des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, abgeschlossenen abfallrechtlichen Verfahrens war.

Spruchteil B) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z vom 02.02.2018, Zl *****, ? dieser Spruchteil war aufgrund des Rechtsmittels des Landesumwelt-anwaltes vom 26.02.2018, Zl *****, Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ? war daher ersatzlos aufzuheben. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren waren keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung zu beurteilen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erklärt daher die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.37.0489.13

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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