TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/15 LVwG-AV-1572/001-2017

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Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Norm

BAO §4 Abs1
ROG NÖ 2014 §20 Abs5 Z2
ROG NÖ 2014 §20 Abs9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des Herrn B vom 19. Dezember 2017 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 4. Dezember 2017, GZ.: ***, mit welchem eine Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Oktober 2017, GZ.: ***, betreffend die Vorschreibung einer Standortabgabe, als unbegründet abgewiesen wurde, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Standortabgabe nach Erweiterung der Bruttogeschoßfläche auf insgesamt 232,13 m² wird mit dem Betrag von € 4.896,49 festgesetzt.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt und verwaltungsbehördliches Verfahren:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 16. Mai 2014, Aktenzeichen: ***, wurde Herrn B (in der Folge: Beschwerdeführer) aufgrund eines Bauansuchens vom 17. März 2014 die baubehördliche Bewilligung für den Abbruch sowie Um- und Zubau eines Wohnhauses auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in ***, ***, auf dem Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, erteilt.

Das Grundstück (aus den Grundstücken *** und *** mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 1. Juli 2014 vereinigt) befindet sich im alleinigen bücherlichen Eigentum des Beschwerdeführers und ist im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde *** als Grünland Land- und Forstwirtschaft gewidmet, das bestehende Gebäudes ist als erhaltenswertes Gebäude (GEB) ausgewiesen. Das bewilligte Bauvorhaben sah eine Vergrößerung der Wohnnutzfläche des bestehenden Gebäudes auf 127,75 m² vor.

Mit einem weiteren Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 27. Juni 2017, Aktenzeichen: ***, wurde dem Beschwerdeführer aufgrund eines Bauansuchens vom 23. Mai 2017 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Gewächshauses auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft erteilt.

Bewilligt wurde die Errichtung eines unbeheizten Gewächshauses in Holzriegelbauweise als Zubau zum bestehenden Wohnhaus über der bestehenden Garage mit einem Zugang zum bestehenden Wohnhaus.

Der Bescheid wurde vom Beschwerdeführer unter Rechtsmittelverzicht am 25. Juli 2017 übernommen.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Oktober 2017, GZ.: ***, wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gemäß § 20 Abs. 9 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 eine Standortabgabe in der Höhe von € 4.893,75 vorgeschrieben.

Begründend wurde ausgeführt, dass mit Bescheid vom 27. Juni 2017 die Errichtung eines Gewächshauses und damit die Erweiterung eines Wohngebäudes gemäß § 20 Abs. 5 Z. 2 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 und damit eine Bruttogeschoßfläche von insgesamt über 170 m² genehmigt worden sei. Zudem enthält die Begründung neben der Wiedergabe des § 20 Abs. 9 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 die Darstellung der Abgabenberechnung.

Der Abgabenbescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich durch Hinterlegung am 24. Oktober 2017 zugestellt.

Mit Schreiben vom 20. November 2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung gegen diesen Abgabenbescheid.

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Bruttogeschoßfläche letztmalig mit dem Bescheid vom 16. Mai 2014 erweitert worden sei. Durch die Bewilligung der Errichtung eines Gewächshauses sei die Bruttogeschoßfläche nicht erweitert worden, weil das Gewächshaus auf einem Teil der bestehenden Dachterrasse errichtet worden sei. Die Dachterrasse sei vom Dachgeschoß aus begehbar und somit in die Berechnung der Bruttogeschoßfläche bereits im Baubescheid vom 16. Mai 2014 einbezogen gewesen. Durch die Errichtung eines Gewächshauses auf der bestehenden Dachterrasse habe sich an der Brutto-Grundfläche nichts verändert. Die letztmalige Erweiterung der Bruttogeschoßfläche sei vor dem 1. Februar 2015 erfolgt, die Vorschreibung einer Standortabgabe daher vom Gesetz nicht gedeckt, der Abgabenbescheid daher aufzuheben.

Diese Berufung vom 20. November 2017 gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 11. Oktober 2017 wurde vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** in seiner Sitzung vom 4. Dezember 2017 behandelt. Dabei wurde vom Stadtrat beschlossen, die Berufung abzuweisen.

Mit dem aufgrund dieses Beschlusses ausgefertigten, nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 4. Dezember 2017, GZ.: ***, wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Oktober 2017 als unbegründet abgewiesen.

Durch die mit dem Bescheid vom 27. Juni 2017 erteilte Baubewilligung betreffend Errichtung eines Gewächshauses sei eine Erweiterung der Bruttogeschoßfläche auf nunmehr 232,13 m² erfolgt. Laut Auskunft der NÖ Landesregierung sei auch für die Errichtung eines Gewächshauses eine Standortabgabe zu entrichten.

Der Berufungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich durch Ersatzzustellung am 11. Dezember 2017 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 brachte der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** ein und beantragte die Aufhebung der Abgabenvorschreibung.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bereits mit dem Baubescheid aus dem Jahr 2014 eine Bruttogeschoßfläche von mehr als 170 m² bewilligt worden sei. Diese Fläche sei auf der Grundlage des Baubewilligungsbescheides bereits 2014 faktisch hergestellt worden und habe zum Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides vom 27. Juni 2017 bereits in der Natur bestanden.

Mit der Errichtung des Gewächshauses auf der bestehenden Dachterrasse sei eine Erweiterung auf mehr als 170 m² Bruttogeschoßfläche nicht erfolgt, da die Bruttogeschoßfläche bereits mehr als 170 m² betragen habe. Es seien daher die gesetzlichen Voraussetzungen der Standortabgabe nicht gegeben, da es durch die Errichtung des Gewächshauses zu einer Erweiterung der Bruttogeschoßfläche auf mehr als 170 m² nicht gekommen sei.

Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes am 22. Dezember 2017 zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten, unbedenklichen Verwaltungsakt.

Es konnte festgestellt werden, dass die Bruttogeschoßfläche vor der nunmehrigen Erweiterung 205,39 m² (Erdgeschoß 112,15 m², Dachgeschoß 93,24 m²) betragen hat. Durch den Zubau des Gewächshauses im Dachgeschoß (auf der bestehenden Terrasse über der Garage) wurde die Bruttogeschoßfläche um 26,74 m² erweitert auf nunmehr insgesamt 232,13 m² (Erdgeschoß 112,15 m², Dachgeschoß 119,98 m²).

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.2. NÖ Raumordnungsgesetz 2014 - NÖ ROG 2014,
LGBl. Nr. 3/2015 idF LGBl. Nr. 63/2016:

§ 20 Grünland

(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen gehören zum Grünland.

(5) Für erhaltenswerte Gebäude im Grünland gilt:

1. Eine bauliche Erweiterung von “erhaltenswerten Gebäuden im Grünland” darf nur dann bewilligt werden, wenn die bauliche Maßnahme

a) für die Nutzung des Gebäudes erforderlich ist und

b) gegenüber dem ursprünglichen Baubestand in einem untergeordneten Verhältnis steht und

c) nicht auch durch eine Änderung des Verwendungszweckes und eine Adaptierung bestehender Gebäudeteile (z. B. Dachboden, Stallraum, Futterkammer u. dgl.) erreicht werden kann.

Bemessungsgrundlage für alle späteren baulichen Erweiterungen ist immer die Bausubstanz zum Zeitpunkt der Festlegung als “erhaltenswertes Gebäude im Grünland”. Wurde das Höchstausmaß bereits ausgeschöpft, sind weitere Zubauten unzulässig. Die Errichtung von Nebengebäuden ist nur dann zulässig, wenn der beabsichtigte Verwendungszweck nicht auch durch eine Adaptierung bestehender Nebengebäude erreicht werden kann. Neue Nebengebäude müssen in einem untergeordneten Verhältnis zur Grundrissfläche des Hauptgebäudes stehen (dabei darf die Summe der Grundrissflächen aller Nebengebäude maximal 50 m² umfassen) und müssen im Nahbereich zum Hauptgebäude situiert werden.

2. Bei nach Ausstattung und Größe ganzjährig bewohnbaren Wohngebäuden – ausgenommen solche nach Z 6 – ist unabhängig von der Bestandsgröße abweichend von Z 1 lit. b für den familieneigenen Wohnbedarf des Gebäudeeigentümers eine Erweiterung der Bruttogeschoßfläche auf höchstens 400 m² zulässig, sofern nicht eine Einschränkung im Sinne des § 20 Abs. 2 Z 4 vorletzter Satz erfolgt ist. Die Unterteilung in mehrere Wohnungen gemäß § 47 NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung, ist zulässig.

3. Eine Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden darf nur dann bewilligt werden, wenn

a) die angestrebte Nutzung des Gebäudes keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen kann und

b) der ursprüngliche Baubestand in Substanz und äußerem Erscheinungsbild weitestgehend erhalten bleibt und

c) mit der vorhandenen Infrastruktur das Auslangen gefunden oder die erforderliche Infrastruktur (Abwasserbeseitigung u. dgl.) ergänzt wird und

d) keine wesentlichen Veränderungen oder Nutzungseinschränkungen der angrenzenden unbebauten Flächen eintreten.

Bei der Nutzungsänderung bestehender Gebäude für zukünftige Wohnzwecke gelten die in Z 2 erster und zweiter Satz festgelegten Obergrenzen nicht.

4. Durch Elementarereignisse (Brand, Blitzschlag u. dgl.) vollständig zerstörte Gebäude dürfen wiedererrichtet werden. Die Bewilligung zur Wiedererrichtung darf jedoch nur dann erteilt werden, wenn der Umfang dem ursprünglichen Bestand entspricht, wobei Zubauten in dem unter Z 1 und Z 2 vorgesehenen Umfang zulässig sind.

5. Zur Instandsetzung darf jene Bausubstanz ausgetauscht werden, deren Erhaltung technisch nicht möglich oder unwirtschaftlich wäre.

6. Die Wiedererrichtung eines erhaltenswerten Gebäudes bzw. Gebäudeteils im Grünland ist für den Eigenbedarf des Gebäudeeigentümers bis zu einer Bruttogeschoßfläche von 170 m² zulässig (sofern nicht eine Einschränkung im Sinne des Abs. 2 Z 4 vorletzter Satz erfolgt ist), wenn die Gemeinde dies mit dem Widmungszusatz „Standort“ festgelegt hat und die Nutzung des Gebäudes auf Wohnnutzung eingeschränkt wurde. Dabei darf nur eine Wohnung im Sinne des § 47 NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung, pro Grundstück errichtet werden.

Bei der Wiedererrichtung eines erhaltenswerten Gebäudes bzw. Gebäudeteils im Grünland muss die Überschneidung mit dem Grundriss des Bestandes zu 50 % gegeben sein.

Die Bewilligung zur Wiedererrichtung darf nur dann erteilt werden, wenn der geplante Neubau das Orts- und Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigt. Über diese Frage hat die Baubehörde ein Gutachten eines Amtssachverständigen des Landes Niederösterreich einzuholen.

(9) Aus Anlass der Erlassung des letztinstanzlichen Baubewilligungsbescheides für die Wiederrichtung eines erhaltenswerten Gebäudes oder Gebäudeteils (Abs. 5 Z 6), einer Baubewilligung für die Erweiterung eines Wohngebäudes gemäß Abs. 5 Z 2, wenn damit die Bruttogeschoßfläche insgesamt 170 m² übersteigt, sowie der Änderung eines bisher betrieblich genutzten Gebäudes oder eines Teiles davon auf eine Wohnnutzung ist dem Gebäudeeigentümer, ist dieser nicht bekannt, dem Grundeigentümer eine Standortabgabe als eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, vorzuschreiben.

Deren Höhe beträgt grundsätzlich die Hälfte jenes Betrages, der sich aus dem Produkt einer Berechnungslänge von 30, einem Bauklassenkoeffizienten von 1,25 und dem in der jeweiligen Gemeinde aktuellen Einheitssatz gemäß § 38 der NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung, ergibt.

Die so errechnete Standortabgabe ist

         1.       im Falle der Wiederrichtung jeweils mit dem Ausmaß der wiedererrichteten Fläche zu multiplizieren und durch 170 zu dividieren.

         2.       im Falle der Erweiterung mit der Bruttogeschoßfläche nach Erweiterung zu multiplizieren und durch 400 zu dividieren. Bei jeder nachfolgenden Erweiterung ist mit dem tatsächlichen Ausmaß der Erweiterungsfläche zu multiplizieren und durch 400 zu dividieren.

         3.       im Falle der Nutzungsänderung mit dem Ausmaß der geändert genutzten Fläche zu multiplizieren und durch 400 zu dividieren, wobei bei einer geändert genutzten Fläche über 400m² und bei mehreren aufeinanderfolgenden Nutzungsänderungen max. die Standortabgabe in voller Höhe vorzuschreiben ist.

Die zur Errichtung jener Straßen geleisteten Interessentenbeiträge, welche unter anderem der Erschließung dieser Gebäude dienen, sind auf die Standortabgabe anzurechnen.

Der Ertrag der Abgabe ist für die Herstellung von staubfrei befestigten Straßen im Grünland zu verwenden. Dieser Abgabenbescheid hat dingliche Wirkung.

2.3. Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde *** auf Grund des Beschlusses vom 22. August 2012 über die Festlegung des Einheitssatzes der Aufschließungsabgabe gemäß § 38 Abs. 6 NO Bauordnung 1996, LGBl. 8200-20:

§ 1 Der Einheitssatz zur Berechnung der Aufschließungsabgabe wird mit € 450,- (in Worten: vierhundertfünfzig) festgelegt.

§ 2 Diese Verordnung tritt gemäß § 59 NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-20 mit dem 1. Jänner 2013 in Kraft.

2.4. NÖ Bauordnung 2014:

§ 70 Übergangsbestimmungen

(2) Verordnungen, mit denen nach … § 38 Abs. 6 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, Einheitssätze für die Berechnung von Aufschließungsabgaben … festgelegt worden sind, gelten als Verordnungen nach diesem Gesetz.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Mit der angefochtenen Berufungsentscheidung wurde eine Berufung gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 11. Oktober 2017, GZ.: ***, inhaltlich abgesprochen und eine Standortabgabe durch Abweisung der Berufung in zweiter Instanz vorgeschrieben.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens ist zunächst fraglich, ob die Vorschreibung der Standortabgabe im gegenständlichen Fall dem Grunde nach zu Recht erfolgt ist.

Die bescheidmäßige Vorschreibung einer Abgabe setzt ganz allgemein den Bestand einer Abgabenschuld (bzw. eines Abgabenanspruches der Gemeinde) voraus.

Der Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches ist bedeutsam u.a. für die Abgabenfestsetzung, welche vor diesem Zeitpunkt nicht zulässig ist. (vgl. dazu Ritz, BAO3, Tz 2 ff u. Tz 14 zu § 4, sowie VwGH 10.8.2008, 2007/17/0012).

Die Erfüllung des abgabenrechtlichen Tatbestandes ist Voraussetzung für die Vorschreibung einer Abgabe (vgl. VwGH 12.10.1984, 82/17/0085).

Nach § 4 Abs. 1 der von den Abgabenbehörden hier anzuwendenden Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Als Abgabentatbestand sieht § 20 Abs. 9 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 die Erlassung einer Baubewilligung für die Erweiterung eines Wohngebäudes gemäß Abs. 5 Z 2 („bei nach Ausstattung und Größe ganzjährig bewohnbaren Wohngebäuden“) vor, wenn damit die Bruttogeschoßfläche insgesamt 170 m² übersteigt.

Für die Verwirklichung des Abgabentatbestandes kommt im gegenständlichen Fall nur die Baubewilligung vom 27. Juni 2017 in Betracht. Ein Abgabentatbestand konnte daher nur nach der zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides geltenden Rechtslage verwirklicht werden.

Anders als in nach dem AVG (bzw. VwGVG) zu führenden Verfahren, bei welchen nach der ständigen Rechtsprechung – vorbehaltlich abweichender gesetzlicher Anordnungen – auch für die materiell-rechtliche Beurteilung die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich ist, führt im Abgabenverfahren der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgabenregelungen dazu, dass die Anwendung einer neuen Rechtslage in Fällen, in denen der Abgabentatbestand bereits verwirklicht wurde, ausdrücklich anzuordnen wäre (vgl. VwGH 4.5.1977, 898/75, Slg. 9315 A/1977; 20.5.1988, 86/17/0178 uva). Eine solche Anordnung fehlt in dem NÖ Raumordnungsgesetz 2014 jedoch.

Zufolge des Grundsatzes der Zeitbezogenheit von Abgaben (VwGH 22.05.1975, 0174/75; 12.11.1981, 3706/80; uva.) sind für die Vorschreibung einer Abgabe die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches vorliegenden Verhältnisse maßgebend, das heißt die Sach- und Rechtslage in diesem Zeitpunkt.

Es liegt also einer jener Fälle vor, deren der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4.5.1977, 898/75, Slg 9315 A/1977, gedacht hat, wenn er ausführte, eine "andere Betrachtungsweise" (nämlich eine andere als das Abstellen auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung) werde "auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war". Der sogenannte Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgaben stellt eine solche aus der Systematik der Abgabengesetze gewonnene rechtliche Regel dar. Es ist jene Rechtslage maßgebend, unter deren zeitlicher Geltung der Abgabentatbestand verwirklicht wurde.

Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben ist auch im gegenständlichen Fall die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltende Rechtslage, hier also jene nach dem NÖ Raumordnungsgesetz 2014 idF LGBl. Nr. 63/2016 heranzuziehen.

Gemäß § 20 Abs. 9 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 ist aus Anlass der Erlassung des letztinstanzlichen Baubewilligungsbescheides für die Erweiterung eines Wohngebäudes, wenn damit die Bruttogeschoßfläche insgesamt 170 m² übersteigt, dem Gebäudeeigentümer bzw. dem Grundeigentümer eine Standortabgabe vorzuschreiben.

Nun sieht im gegenständlichen Fall die Baubewilligung vom 27. Juni 2017, Aktenzeichen: ***, die Erweiterung des bestehenden Wohngebäudes mit der Festlegung als GEB (erhaltenswertes Gebäude im Grünland) vor. Durch diese Erweiterung wird die bestehende Bruttogeschoßfläche von 205,39 m² durch den Zubau eines Gewächshauses im Dachgeschoß auf der bestehenden Terrasse über der Garage um 26,74 m² erweitert auf nunmehr insgesamt 232,13 m².

Der Beschwerdeführer vermeint, dass der Tatbestand im gegenständlichen Falle deshalb nicht erfüllt sei, da durch die nunmehrige Erweiterung eine Bruttogeschoßfläche von 170 m² nicht erstmals überstiegen werde.

Tatsächlich liegt jedoch die erstmalige Erweiterung des Wohngebäudes nach Inkrafttreten der Standortabgabe (NÖ ROG 2014 einschließlich dessen § 20 Abs. 9 sind am 1. Februar 2014 in Kraft getreten) vor. Dass die Bruttogeschoßfläche bereits davor mehr als 170 m² betragen hat, schließt den Abgabentatbestand nicht aus.

Entscheidend ist vielmehr, dass durch die nunmehr bewilligte Erweiterung die Bruttogeschoßfläche insgesamt 170 m² übersteigt. Damit sind die Tatbestandsvoraussetzungen einer Standortabgabe erfüllt.

Die Höhe der Standortabgabe beträgt grundsätzlich die Hälfte jenes Betrages, der sich aus dem Produkt einer Berechnungslänge von 30, einem Bauklassenkoeffizienten von 1,25 und dem in der Stadtgemeinde *** geltenden Einheitssatz gemäß § 38 der NÖ Bauordnung von € 450,- ergibt.

Die so berechnete Standortabgabe (0,5 x 30 x 1,25 x € 450,- = € 8.437,50) ist im Falle der Erweiterung (§ 20 Abs. 9 Z.2 erster Satz NÖ Raumordnungsgesetz 2014) mit der Bruttogeschoßfläche nach der Erweiterung (232,13 m²) zu multiplizieren und durch 400 zu dividieren (€ 8.437,50 x (232,13/400,00)).

Daraus ergibt sich eine Standortabgabe im Betrag von € 4.896,49.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist die Rechtsfrage relevant, ob nach § 20 Abs. 9 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 durch die nach Inkrafttreten dieser Bestimmung erstmalige Erweiterung eines Wohngebäudes, welches davor und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits mehr als 170 m² Bruttogeschoßfläche aufwies, der Tatbestand der Standortabgabe erfüllt wird.

Zu dieser Bestimmung bzw. zu der hier relevanten Rechtsfrage liegt noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weshalb die ordentliche Revision zuzulassen war.

Schlagworte

Finanzrecht; Standortabgabe; Abgabenfestsetzung; Zeitbezogenheit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1572.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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