TE Bvwg Beschluss 2018/7/13 W159 2199362-1

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Veröffentlicht am 13.07.2018
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Entscheidungsdatum

13.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31
VwGVG §7 Abs4 Z1

Spruch

W159 2199362-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX auch XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2018, Zl. 1092656008 - 151646840, beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz, weitergeleitet.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 04.05.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz (Bundesamt) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.10.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte es einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht (Spruchpunkt III.) und erließ gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.). Es wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 09.05.2018 zugestellt.

2. Mit Schriftsatz vom 11.06.2018, zur Post gegeben am 12.06.2018, welcher am selben Tag beim Bundesamt einlangte, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und erhob zugleich Beschwerde.

3. Mit als "Beschwerdevorlage" bezeichnetem Schreiben vom 26.06.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 27.06.2018, übermittelte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde einschließlich des unerledigten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Verwaltungsakt.

4. Mit Verspätungsvorhalt vom 29.06.2018 setzte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer von der Verfristung der Beschwerde in Kenntnis.

5. In seiner Stellungnahme vom 03.07.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 05.07.2018, räumt der Beschwerdeführer mit näherer Begründung die Verspätung seines Rechtsmittels ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 09.05.2018 an seiner Meldeadresse durch Übernahme zugestellt.

Die dagegen erhobene Beschwerde vom 11.06.2018 wurde am 12.06.2018 an das Bundesamt adressiert zur Post gegeben.

Die Verspätung der gegenständlichen Beschwerde ist dem Beschwerdeführer bekannt; dieser stellte gemeinsam mit der Beschwerde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Der Vollständigkeit halber hielt ihm das Bundesverwaltungsgericht mittels Verspätungsvorhalt seine Verspätung vor, die der Beschwerdeführer selbst in seiner Stellungnahme dazu auch einräumte.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere aus der sich im Verwaltungsakt befindenden Übernahmebestätigung des bekämpften Bescheides vom 04.05.2018 und dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 11.06.2018, mit welchem der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Beschwerde an das Bundesamt übermittelt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Asylgesetz 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) ist eine Entscheidung durch Senate nicht vorgesehen. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BAO BGBl. 1961/194, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG BGBl. 1950/173 und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG BGBl. 1984/29, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 2 1. Fall VwGVG kann die mündliche Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

3.1. Zu Spruchpunkt A) I. - Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG - wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde - mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer laut der im Verwaltungsakt aufliegenden Übernahmebestätigung am 09.05.2018, einem Mittwoch, durch persönliche Übernahme zugestellt. Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des Mittwochs vier Wochen später, sohin mit Ablauf des 06.06.2018.

Die Beschwerde, welche am 12.06.2018 zur Post gegeben wurde und am selben Tag beim Bundesamt einlangte, stellt sich daher als verspätet dar und war somit gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen.

Im Hinblick auf den gemeinsam mit der Beschwerde gestellten Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand ist zudem auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht bejahend entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft. Diese - insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene - Rechtsprechung wurde vom VwGH auch auf die durch das VwGVG neu geschaffene Rechtslage übertragen (vgl. VwGH 21.03.2017, Ra 2017/12/0010 mit Hinweis auf den Beschluss vom 09.09.2015, Ra 2014/03/0056).

Auf Grund der Zurückweisung der Beschwerde konnte eine mündliche Verhandlung entfallen.

3.2. Zu Spruchpunkt A) II. - Weiterleitung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Gemäß § 33 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Gemäß § 33 Abs. 4 leg. cit. hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach diesbezüglich in seiner Entscheidung vom 28.09.2016, Ro 2016/16/0013, aus, die Verwaltungsbehörde ist zur Entscheidung über den bei ihr eingebrachten, überdies an sie gerichteten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständig. Begründend stützte sich der Verwaltungsgerichtshof auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu Art. 18 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG, wonach der Gesetzgeber zu einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit berufen sei (vgl. VfGH 24.06.1994, G 20/94). Es verbiete sich eine Auslegung des § 33 Abs. 4 VwGVG, die es der belangten Behörde überlassen würde, wer über die Wiedereinsetzung zu entscheiden hat.

§ 33 Abs. 4 VwGVG könne verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Verwaltungsbehörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden sei (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 33 VwGVG K18 und E22).

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemeinsam mit der Beschwerde - somit vor Vorlage der Beschwerde - bei der belangten Behörde eingebracht. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt mitsamt der Beschwerde und dem unerledigten Antrag auf Wiedereinsetzung dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Gegenständlich war eine Weiterleitung unter sinngemäßer Anwendung des § 6 AVG durch verfahrensleitende Anordnung in Beschlussform zu treffen (VwGH 24.06.2015, Ra 2015/04/0040), weil die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts angesichts der zitierten Judikatur unzweifelhaft ist und die belangte Behörde eine vermeintliche Unzuständigkeit nicht nachhaltig zum Ausdruck brachte (VwGH 18.02.2015, Ko 2015/03/0001; Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 31 VwGVG E7 und E8).

3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung - siehe dazu die zahlreichen Verweise in der rechtlichen Begründung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Unzuständigkeit, Verspätung, Weiterleitung,
Wiedereinsetzungsantrag, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W159.2199362.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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