TE Vwgh Beschluss 2018/7/4 Ra 2018/10/0084

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Veröffentlicht am 04.07.2018
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Index

L68503 Forst Wald Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs5;
B-VG Art144;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision des Bundes (Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus in 1010 Wien, Stubenring 1), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 9. April 2018, Zl. LVwG-AV-1140/001-2015, betreffend Kostenersatz für einen Einsatz im Zuge eines Waldbrandes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Partei:

Freiwillige Feuerwehr B in B), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1.1. Mit Bescheid vom 8. September 2015 verpflichtete die belangte Behörde den Bund gemäß § 17a NÖ Forstausführungsgesetz dazu, der mitbeteiligten Partei für deren Einsatz zur Bekämpfung eines Waldbrandes in der Gemeinde B. vom 8. bis 17. August 2013 EUR 30.459,47 zu ersetzen.

2 1.2. Einer dagegen erhobenen Beschwerde des Bundes (des Revisionswerbers) gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. April 2018 - teilweise - Folge und änderte den Spruch des Bescheides vom 8. September 2015 dahin ab, dass der Bund gemäß § 17a NÖ Forstausführungsgesetz zur Leistung von Ersatz in Höhe von EUR 20.309,11 an die mitbeteiligte Partei für deren Einsatz zur Bekämpfung des Waldbrandes in der Gemeinde B. vom

8. bis 11. August 2013 verpflichtet werde; die Revision ließ das Verwaltungsgericht nicht zu.

3 Die vom Verwaltungsgericht zugesprochenen Kosten setzten

sich wie folgt zusammen:

Kosten

EUR

Mannschaftsstunden

15.660,00

2 Schläuche, 2 Verkehrskegel (beschädigt)

271,32

Krampenstiele (beschädigt)

13,70

Reifen (beschädigt)

87,00

Kleinlöschfahrzeug-Wasser Reparatur

485,09

Fahrzeugstunden

3.792,00

 

Summe: 20.309,11

4 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - zugrunde, am 8. August 2013 sei im Einsatzgebiet der mitbeteiligten Partei ein Waldbrand ausgebrochen, der sich von einer ehemaligen Schottergrube und Mülldeponie ausgehend über Flur in den Wald hinein ausgebreitet habe. Am 9. August 2013 gegen 23.30 Uhr habe es keinen großflächigen Brand mehr gegeben. In weiterer Folge seien aber immer wieder an verschiedenen Stellen kleinere Feuer aufgetreten; so sei die mitbeteiligte Partei etwa auch am 10. August 2013 von 8.00 bis 20.00 Uhr mit einer großen Mannschaft vor Ort gewesen, um Glutnester zu löschen, in weiterer Folge allerdings nur noch mit einer kleineren Mannschaft, um Glutnester zu suchen und zu löschen.

5 Zum Ausmaß der für die Waldbrandbekämpfung notwendigen Mannstunden und Fahrzeugstunden der mitbeteiligten Partei stützte sich das Verwaltungsgericht im Detail auf deren Einsatzberichte im Zusammenhang mit der Aussage des Kommandanten der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.

6 Bei dem Brandeinsatz seien zwei Schläuche, ein Reifen, drei Krampenstiele sowie zwei Verkehrskegel beschädigt worden, darüber hinaus ein Fahrzeug der mitbeteiligten Partei, nämlich das "Kleinlöschfahrzeug-Wasser", welches zwei Monate später repariert worden sei.

7 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, nach § 17a Abs. 1 NÖ Forstausführungsgesetz seien jene Kosten vom Bund zu ersetzen, welche aus der Bekämpfung von Waldbränden erwachsen seien. Die Waldbrandbekämpfung umfasse jedenfalls sämtliche Tätigkeiten, welche Löscharbeiten der mitbeteiligten Partei darstellten; dazu gehörten auch die durchgeführten "Rotationsfahrten" samt Aufspüren und Löschen von Glutnestern und eventuell aufflammenden Kleinbränden.

8 Zur Bestimmung des Kostenersatzes für die von der mitbeteiligten Partei aufgewendeten Mannschaftsstunden und Fahrzeugstunden zog das Verwaltungsgericht - unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, 2006/10/0118, VwSlg. 17.224A - die Tarifordnung des NÖ Landesfeuerwehrverbandes heran, weil davon auszugehen sei, dass die darin festgelegten Tarife - im Tatsachenbereich - im Sinne eines standardisierten Sachverständigengutachtens fachlich fundierte Auskunft darüber gäben, welche Kosten einer Feuerwehr aus der jeweiligen Inanspruchnahme notwendigerweise erwüchsen. Soweit daher nicht besondere Umstände des konkreten Falles dagegen sprächen, könnten diese Kostensätze als taugliche Grundlage für die Bemessung der aus einem Einsatz erwachsenen Kosten angesehen werden.

9 Lediglich ein Ermittlungsergebnis, dem - fachlich fundiert -

zu entnehmen wäre, dass der den Ersatz beantragenden Partei aus besonderen Gründen geringere Kosten aus den erwähnten Einsätzen erwachsen seien als in der Tarifordnung festgelegt, würde "zu einer Nichtheranziehung der Tarifordnung führen" (neuerlicher Hinweis auf VwGH 2006/10/0118).

10 Der Revisionswerber - so das Verwaltungsgericht weiter - bringe vor, dass nur der konkrete Sachaufwand zu ersetzen sei und die in der Tarifordnung vorgesehenen Pauschalen über den konkreten Sachaufwand hinausgehende Kosten abdeckten. Konkrete Zahlen bezüglich der Zuerkennung von über den konkreten Sachaufwand hinausgehenden Kosten bzw. etwaige Beweise würden jedoch nicht vorgebracht. Der Einwand, dass unter anderem bestimmte mit der Pauschale abgedeckte Leistungen vom Land oder den Gemeinden finanziert würden, vermöge alleine noch keinen geringeren als den mit den Pauschalen abgegoltenen konkreten Sachaufwand nachzuweisen, weshalb die Tarifordnung auf den gegenständlichen Fall anzuwenden sei.

11 Im Weiteren begründete das Verwaltungsgericht, weshalb es den Einwänden der Revisionswerberin in der Beschwerde hinsichtlich der Treibstoffkosten und der Verpflegungskosten folgte (woraus sich die Reduktion des von der belangten Behörde zugesprochenen Kostenersatzes ergab).

12 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 3.1. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision führt der Revisionswerber als materielle Rechtsfrage an, bei Anwendung des § 2 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 - F-VG 1948 könne die hg. Rechtsprechung, wonach die Tarifordnung für die Ermittlung der der Feuerwehr erwachsenen Kosten grundsätzlich tauglich sei, "nicht aufrecht erhalten" werden; § 2 F-VG 1948 müsse als "besonderer Umstand des konkreten Falles" angesehen werden, der die Heranziehung der Tarifordnung als taugliches Beweismittel ausschließe.

16 3.2. Sollte der Revisionswerber mit diesem Vorbringen die Auffassung vertreten wollen, die vom Verwaltungsgericht angewendeten Rechtsvorschriften, insbesondere § 17a NÖ Forstausführungsgesetz, seien - wegen eines Verstoßes gegen § 2 F-VG - verfassungswidrig, so wäre dies in einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 B-VG geltend zu machen; eine Beurteilung dieser Frage ist somit von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs ausgeschlossen (Art. 133 Abs. 5 B-VG).

17 Im Übrigen tragen nach § 2 F-VG der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, "sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt". Eine gesetzlich normierte Abweichung vom Prinzip der Tragung der eigenen Kosten durch jede Gebietskörperschaft ist somit grundsätzlich zulässig.

18 4.1. Unter dem Aspekt einer behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich der Revisionswerber in den weiteren Zulässigkeitsausführungen gegen die vom Verwaltungsgerichtshof - unter Berufung auf das hg. Erkenntnis 2006/10/0118 - vorgenommene Heranziehung der Tarifordnung des NÖ Landesfeuerwehrverbandes zur Bemessung des Kostenersatzes für Mannschaftsstunden und Fahrzeugstunden.

19 Dazu wird vorgebracht, der Revisionswerber habe in seiner Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde "dargelegt, dass davon auszugehen ist", dass nicht die mitbeteiligte Partei, sondern die Gemeinde zumindest 50 % der Anschaffungskosten der bei der gegenständlichen Bekämpfung eingesetzten Fahrzeuge zu tragen gehabt habe und auch die Anschaffungskosten der Ersatzbekleidung "gefördert worden sein wird". Die Anschaffungskosten der Einsatzbekleidung ("Vorhaltekosten") würden allerdings bei den Fahrzeugen über die Abschreibung in die Berechnung der Stundenkosten der Feuerwehrmannschaft bzw. Stundenkosten der Fahrzeuge einbezogen und seien daher nicht der mitbeteiligten Partei erwachsen. In dieser Hinsicht hafte dem angefochtenen Erkenntnis ein Begründungsmangel an.

20 Hätte das Verwaltungsgericht die in dieser Hinsicht von der Revisionswerberin beigebrachten Beweise berücksichtigt bzw. demzufolge den Sachverhalt weiter ermittelt, wäre es zur Auffassung gelangt, dass zumindest Teile der zuerkannten Mannschafts- bzw. Fahrzeugkosten nach der Tarifordnung nicht der mitbeteiligten Partei erwachsen seien.

21 4.2. Mit diesem Vorbringen wird zunächst die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht konkret dargetan (vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Eder/Martschin/Schmid,

Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) E 140 ff zu § 28 VwGG). Wenn im Übrigen das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund des hg. Erkenntnisses 2006/10/0118 einzelfallbezogen weitere Beweisaufnahmen aufgrund des erwähnten Beschwerdevorbringens als nicht notwendig erachtet hat, so liegt darin jedenfalls keine die Zulässigkeit einer Revision begründende krasse Fehlbeurteilung (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2016/01/0023).

22 5.1. Schließlich - so der Revisionswerber weiter - sei das Verwaltungsgericht dem Beweisantrag nicht gefolgt, dass "die Notwendigkeit der Heranziehung der Geräte und Einsatzkräfte der mitbeteiligten Partei sachverständig beurteilt werden müsse". Wäre diesem Beweisantrag gefolgt worden, hätte sich ergeben, dass nach dem "Brand aus" am 9. August 2013 die Einsätze der mitbeteiligten Partei am 10. und 11. August 2013 "nicht mehr oder nicht mehr in jenem Ausmaß erforderlich gewesen wären, als insofern ein Kostenzuspruch mit der angefochtenen Entscheidung erfolgte".

23 5.2. Auch damit legt der Revisionswerber die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensmangels nicht konkret dar (vgl. VwGH 1.3.2018, Ra 2017/19/0454, mwN). Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht in dem durchgeführten Beweisverfahren anhand von Urkunden und Aussagen mit den Einsätzen der mitbeteiligten Partei vom 8. bis 11. August 2013 und deren Notwendigkeit zur Bekämpfung des gegenständlichen Waldbrandes detailliert befasst, die gewonnenen Ermittlungsergebnisse beweisgewürdigt und dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegt.

24 6. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juli 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100084.L00

Im RIS seit

01.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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