TE OGH 2018/7/4 7Ob128/18a

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Veröffentlicht am 04.07.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei mj S***** F*****, geboren am *****, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger *****, gegen den Gegner der gefährdeten Partei H***** F*****, vertreten durch Dr. Manfred Fuchsbichler, Rechtsanwalt in Wels, wegen einstweiliger Verfügung nach § 382e EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 23. Mai 2018, GZ 21 R 144/18b-11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO, § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 211 Abs 2 Satz 1 ABGB kann der Kinder- und Jugendhilfeträger als Vertreter des Minderjährigen eine einstweilige Verfügung nach den §§ 382b und 382e EO sowie deren Vollzug beantragen, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter einen erforderlichen Antrag nicht unverzüglich gestellt hat. Ein solcher Fall liegt evidentermaßen dann vor, wenn – wie hier – das Verhalten des mit der alleinigen Obsorge betrauten Antragsgegners den Grund für den Sicherungsantrag darstellt. Wie ein solcher Antrag des Kinder- und Jugendhilfeträgers tauglich zu formulieren ist, ist eine typische Einzelfallbeurteilung. Wenn das Rekursgericht hier einen ausreichenden Antrag darin erkannte, dass die Mitarbeiterin des Kinder- und Jugendhilfeträgers erklärte, sie befürworte die von der mj Antragstellerin beantragte einstweilige Verfügung und sie solle zu deren Schutz erlassen werden, dann stellt dies jedenfalls keine als unvertretbar aufzugreifende Rechtsansicht des Rekursgerichts dar.

2. Mit der Behauptung einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren macht der Antragsgegner in Wahrheit einen bereits vom Rekursgericht verneinten Verfahrensmangel (Nichteinholung eines Polizeiberichts) geltend. Dies ist (auch) im Provisorialverfahren unzulässig (2 Ob 140/10t; 4 Ob 333/00z).

3.1. Nach § 382e Abs 1 EO hat das Gericht einer Person, die einer anderen Person durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammentreffen unzumutbar macht, auf deren Antrag den Aufenthalt an bestimmt zu bezeichnenden Orten zu verbieten (Z 1) und aufzutragen, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller zu vermeiden (Z 2), soweit dem nicht schwerwiegende Interessen des Antragsgegners zuwiderlaufen. Maßgeblich für die Beurteilung der Unzumutbarkeit eines weiteren Zusammenlebens nach § 382b EO, aber auch des Zusammentreffens nach § 382e EO sind Ausmaß, Häufigkeit und Intensität der bereits – auch schon länger zurückliegenden – angedrohten oder gar verwirklichten Angriffe sowie bei – ernst gemeinten und als solche verstandenen – Drohungen die Wahrscheinlichkeit deren Ausführung (RIS-Justiz RS0110446). Dabei sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend, weshalb diese Beurteilung regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO darstellt (vgl RIS-Justiz RS0118857; RS0123926).

3.2. Hier hat der Antragsgegner die Antragstellerin bedroht, indem er ankündigte, er werde sie in den Wald führen, schlagen und an den Haaren von der Tante bis nach Hause ziehen. Vor diesem Vorfall hatte der Antragsgegner der Antragstellerin bereits zweimal ins Gesicht gespuckt, weil sie seine Anrufe nicht beantwortet hatte. Bei dieser Sachlage erweist sich die Erlassung der einstweiligen Verfügung als vertretbare Einzelfallbeurteilung des Rekursgerichts. Die Rechtsmittelausführungen des Antragsgegners, mit denen er einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK geltend machen will, gehen weitgehend nicht von dem als bescheinigt angenommenen, sondern von einem verharmlosend dargestellten Sachverhalt aus.

4. Der Antragsgegner macht demnach keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs somit unzulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E122262

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00128.18A.0704.000

Im RIS seit

01.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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