TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/25 94/14/0038

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Veröffentlicht am 25.01.2000
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Index

33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §57 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der S GesmbH in K, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit- Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 28. Jänner 1994, Zl. 151-5/91, betreffend u.a. die Einheitswerte des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1989 und 1. Jänner 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid wird im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH erzeugt Spirituosen. Am 4. Mai 1988 schloss sie einen Kooperationsvertrag mit der G-GmbH, um die vorhandenen Kapazitäten der beiden Gesellschaften besser ausnutzen zu können und eine Spezialisierung der Produktion bei der Beschwerdeführerin und des Vertriebes bei der G-GmbH zu erreichen (§ 1 des Kooperationsvertrages). Gemäß § 9 dieses Vertrages räumte die Beschwerdeführerin der G-GmbH weiters eine Kaufoption für näher bezeichnete und künftig zur Eintragung in das Markenregister gelangende Marken unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Ausnahmen um den "einmaligen Preis von S 100 Millionen" wertgesichert ein.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde dies zum Anlass genommen, bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1987 und der Folgejahre das erklärte Rohvermögen um die Position "Firmenwert" in Höhe von S 100 Millionen zu erhöhen. Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde hinsichtlich der Stichtage 1. Jänner 1987 und 1. Jänner 1988 Folge, hinsichtlich der Stichtage 1. Jänner 1989 und 1. Jänner 1990 wies sie das Rechtsmittel hingegen ab.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 57 Abs. 1 BewG gehören zum Betriebsvermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dient, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören. Das Betriebsvermögen umfasst demnach nicht nur körperliche Sachen und Rechte, sondern auch sonstige unkörperliche (immaterielle) Güter. Für die Frage, inwieweit immaterielle Güter als bewertbare Wirtschaftsgüter zu erfassen sind, ist in erster Linie entscheidend, ob für den Erwerb dieses Gutes ein Entgelt geleistet oder sonstige Aufwendungen dafür gemacht wurden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt ein Firmenwert weiters dann zum Ansatz, wenn sich bei Unternehmungen bestimmter Art eine feste allgemeine Verkehrsauffassung über den Firmenwert gebildet hat, sofern sich zu seiner Ermittlung ein bestimmtes allgemein anerkanntes Verfahren entwickelt hat (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 23. September 1982, 81/15/0091, und vom 28. Jänner 1998, 95/13/0285).

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, die im Betrieb der Beschwerdeführerin auf Grund eigener Rezepturen gewonnenen Getränke seien zu international anerkannten Qualitätsgetränken herangewachsen und bildeten seit langem einen festen Bestandteil des Angebotes am allgemeinen Getränkemarkt. Der Stellenwert der Beschwerdeführerin am internationalen Markt von Spirituosen habe sich durch gezielte Werbung in Millionenhöhe sowie durch Marktforschung und durch Ausweitung der geschäftlichen Beziehungen im In- und Ausland gefestigt. Erstmals im Kooperationsvertrag mit der G-GmbH vom 4. Mai 1988 habe sich vom Firmenwert zumindest der Wert von 13, die Qualität des Angebotes der Beschwerdeführerin prägenden Spirituosen konkretisiert und der Höhe nach mit S 100 Millionen bestimmt. Dass dieser Betrag auch den Teilwert des Firmenwertes im Sinne des § 12 BewG zum 1. Jänner 1989 darstelle, sei "leicht erkennbar", zumal die G-GmbH bei Ausübung ihres Optionsrechtes verpflichtet werden könne, das in ordnungsgemäßem und verwendbarem Zustand befindliche Betriebsvermögen, das zur Aufrechterhaltung des Getränkeerzeugungsbetriebes notwendig sei, gegen ein vom Berechnungsmodus her jederzeit feststellbares Entgelt zu übernehmen.

Nach Auffassung der belangten Behörde hat sich für Unternehmungen der gegenständlichen Art eine feste allgemeine Verkehrsauffassung über den Firmenwert gebildet; dies will die belangte Behörde insbesondere aus der der G-GmbH eingeräumten Kaufoption erschließen. Nun ist aber der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass in der Kaufoption primär die Preisvorstellungen der Beschwerdeführerin über den Wert des von ihr betriebenen Unternehmens zum Ausdruck kommen. Auch wenn die G-GmbH diese Preisvorstellungen geteilt haben mag, beweist dies nicht, dass nach allgemeiner Verkehrsauffassung ein Unternehmen der gegenständlichen Art einen Firmenwert in der angenommenen Höhe hat.

Der Kooperationsvertrag enthält eine Option auf den Erwerb näher bezeichneter Markenrechte unter bestimmten Voraussetzungen und gegen Entgelt von S 100 Millionen. Es ist im gegenständlichen Fall nicht entscheidend, ob die belangte Behörde den für Markenrechte bestimmten Kaufpreis mit dem Firmenwert des Unternehmens der Beschwerdeführerin gleichsetzen durfte, weil sowohl ein allfälliger Firmenwert als auch Markenrechte als immaterielle Vermögensgegenstände beim Einheitswert des Betriebsvermögens nur bei Vorliegen der eingangs erwähnten Voraussetzungen angesetzt werden dürfen.

Die Beschwerdeführerin hat bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass der im Kooperationsvertrag festgelegte Kaufpreis nicht unter Anwendung einer allgemein anerkannten Bewertungsmethode ermittelt worden ist. Es ist ihr - wie bereits erwähnt - zuzustimmen, wenn sie in der Beschwerde den Ausführungen der belangten Behörde entgegenhält, durch das Vorliegen einer Option zum Kauf einer Sache um einen bestimmten Preis werde nicht der Beweis erbracht, dass dieser Preis dem Verkehrswert (oder Teilwert) entspreche. Das ergibt sich schon daraus, dass der Berechtigte aus der Option nicht verpflichtet ist, diese auszuüben.

Die belangte Behörde hat sich somit bei der Bewertung des (allfälligen) "Firmenwertes" nicht einer anerkannten Methode bedient, wie sie durch die Betriebswirtschaftslehre bereitgestellt wird.

Im Hinblick auf die Bewertung mit dem in der Kaufoption ausgewiesenen Kaufpreis ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der Bescheid war somit im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1994140038.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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