TE Vwgh Beschluss 2000/1/25 99/05/0222

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Veröffentlicht am 25.01.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, in der Beschwerdesache der Claudia Susanne Lehmann in Wien, vertreten durch Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwalt in Wien I, Jasomirgottstraße 6, auf Bewilligung der Wiederaufnahme des durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Oktober 1998, Zl. 97/05/0184-9, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit hg. Beschluss vom 27. Oktober 1998, Zl. 97/05/0184-9, wurde die gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 22. November 1996, Zl. RU1-V-96202/00, erhobene Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde am 19. November 1998 den Parteien zugestellt.

Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wurde mit hg. Beschluss vom 31. August 1999, Zl. 98/05/0230 WE-11, gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben. Dieser Beschluss wurde den Parteien am 29. September 1999 zugestellt.

Am 5. Oktober 1999 langte beim Verwaltungsgerichtshof der am 4. Oktober 1999 zur Post gegebene Antrag der zur hg. Zl. 97/05/0184 beschwerdeführenden Partei "auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VwGG" ein, in welchem auch beantragt wurde, "das ordentliche Verfahren gemäß § 34 VwGG fortzusetzen". Hilfsweise wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auf § 45 Abs. 1 lit. d VwGG gestützt. Die Antragstellerin führte hiezu aus, sie verweise auf ihren Antrag auf Wiedereinsetzung zur

hg. Zl. 98/05/0230. In diesem Antrag führte die Antragstellerin aus, dass ihr der Bescheid der NÖ Landesregierung vom 22. November 1996 erst Anfang Jänner 1997 zugekommen sei; die am 3. Dezember 1996 vorgenommene Ersatzzustellung dieses Bescheides sei gesetzwidrig erfolgt. Ausgehend davon, dass die Zustellung Anfang Jänner 1997 durch tatsächliches Zukommen gemäß § 7 Zustellgesetz geheilt sei, sei daher der Verfahrenshilfeantrag vom 12. Februar 1997 rechtzeitig gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG gestellt worden. Vor Erlassung des Beschlusses vom 27. Oktober 1998, mit dem die zu Zl. 97/05/0184 protokollierte Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde zurückgewiesen worden sei, sei der beschwerdeführenden Partei kein rechtliches Gehör gewährt worden. Wäre rechtliches Gehör gewährt worden, so hätte bereits zu diesem Zeitpunkt aufgeklärt werden können, dass die beschwerdeführende Partei bzw. deren Vertreter zum Zeitpunkt der (Ersatz-)Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht an der Abgabestelle aufhältig gewesen sei. Es sei daher auch davon auszugehen, dass bei Gewährung des rechtlichen Gehörs der Beschluss vom 28. Oktober 1998 vom Verwaltungsgerichtshof nicht in dieser Weise gefasst worden wäre. Mit seinem Beschluss vom 31. August 1999 habe der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass keine Fristversäumnis vorliege, der Antrag auf Wiedereinsetzung daher nicht der zum Ziel führende Rechtsbehelf gewesen sei. Gehe man davon aus, dass keine Fristversäumnis vorliege, weil die ursprüngliche Zustellung rechtswidrig erfolgt und somit dieser Mangel durch tatsächliches Zukommen im Sinne des § 7 Zustellgesetz geheilt sei, und gehe man weiters davon aus, dass eine Fristversäumnis nicht erfolgt sei, so könne dem Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin nur dadurch entsprochen werden, dass das gegenständliche Verfahren wieder aufgenommen und in der Sache selbst entschieden werde. Nur ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 45 Abs. 1 VwGG könne Abhilfe schaffen.

Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

...

2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

...

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses zu stellen.

Die im § 45 Abs. 2 VwGG genannte dreijährige Frist kommt nur dann zum Tragen, wenn der Antragsteller vom Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes keine Kenntnis erlangt hat, sodass die zweiwöchige Frist nicht zu laufen beginnen konnte (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 28. September 1993, Zl. 93/11/0140).

Von einem Wiederaufnahmegrund, der, wie dies bei den im § 45 Abs. 1 Z. 2 und 4 VwGG angeführten Gründen der Fall ist, in einer irrigen Annahme des Verwaltungsgerichtshofes über die Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist oder in einer behaupteten Verletzung der Vorschriften über das Parteiengehör gelegen ist, erlangt die Partei in dem Zeitpunkt Kenntnis, in dem ihr die Entscheidung des Gerichtshofes zugestellt wird, in der die angeblich irrige Annahme zum Ausdruck kommt. Gleiches gilt für die behauptete Verletzung der Vorschriften über das Parteiengehör (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 21. Mai 1991, Zlen. 90/19/0587 und 91/19/0002). Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist also binnen zwei Wochen nach Zustellung des das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof abschließenden Erkenntnisses oder Beschlusses an ihn zu stellen. Dieser Zeitpunkt allein ist für die Berechnung der Frist des § 45 Abs. 2 VwGG maßgebend (vgl. hiezu die hg. Beschlüsse vom 27. April 1961, Slg. Nr. 5.555/A, und vom 31. Jänner 1995, Zl. 94/08/0277, u.a.).

Die Frist des § 45 Abs. 2 VwGG hat daher für die hier zu beurteilenden Wiederaufnahmegründe mit der Zustellung des hg. Beschlusses vom 27. Oktober 1998, Zl. 97/05/0184-9, am 19. November 1998, zu laufen begonnen. Der erst am 4. Oktober 1999 zur Post gegebene Wiederaufnahmeantrag war daher jedenfalls als verspätet zurückzuweisen.

In der Sache weist der Verwaltungsgerichtshof abschließend darauf hin, dass das Vorbringen der Antragstellerin über den Zeitpunkt der Zustellung des Vorstellungsbescheides der NÖ Landesregierung vom 22. November 1996, Zl. RU1-V-96202/00, offensichtlich falsch ist, weil - wie schon dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Februar 1997, B 4853/96-4, zu entnehmen ist - der Vertreter der Antragstellerin vom Verfassungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1996 aufgefordert worden ist, den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gegen den vorgenannten Bescheid der NÖ Landesregierung vom 22. November 1996 zu verbessern. Dieser Bescheid der NÖ Landesregierung muss daher dem Vertreter der Antragstellerin oder dieser selbst bereits vor dem 13. Dezember 1996 zugestellt worden sein.

Wien, am 25. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999050222.X00

Im RIS seit

30.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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