TE Vwgh Beschluss 2018/6/27 Ra 2017/15/0006

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Veröffentlicht am 27.06.2018
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des I in F, vertreten durch Mag. Alfred Alarich Lang und Mag. Ulf Schulze-Bauer, Rechtsanwälte in 8280 Fürstenfeld, Realschulstraße 2a, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 20. Oktober 2016, Zl. RV/2100485/2015, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 machte der Revisionswerber 102.489,75 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Dabei handelte es sich um einen Teilbetrag der Errichtungskosten für einen Außenlift, der nachträglich an das dreigeschoßige Gebäude, das der Revisionswerber und seine Familie bewohnen, angebaut wurde.

2 Der Revisionswerber führte aus, dass es sich um einen Behindertenlift handle, und legte die Bescheinigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 12. Mai 2012 vor, wonach der Revisionswerber an zunehmender Atemnot leide, die besonders beim Treppensteigen auftrete, und ihm der Einbau eines Lifts empfohlen werde.

3 Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 wurden die Aufwendungen für die Errichtung des Lifts nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, da der Einbau eines Liftes nicht zu einer Vermögensminderung des Revisionswerbers, sondern bloß zu einer Vermögensumschichtung geführt habe. Zudem liege weder ein Bescheid des Bundessozialamts über eine Behinderung des Revisionswerbers vor noch beziehe er Pflegegeld. Die Empfehlung des Hausarztes, aus medizinischen Gründen einen Lift einzubauen, gehe zudem über den Bereich einer medizinischen Indikation hinaus und begründe keine Zwangsläufigkeit der vom Revisionswerber getätigten Aufwendungen.

4 In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde führte der Revisionswerber aus, er sei Miteigentümer der Liegenschaft, auf der der Liftzubau errichtet worden sei und bewohne die im ersten Obergeschoß gelegenen Räume, nutze jedoch auch Räume im Hochparterre und im Keller sowie einen ebenerdig gelegenen Autoabstellplatz. Im Hochparterre wohne die Schwiegermutter des Revisionswerbers und im zweiten Obergeschoß die Tochter des Revisionswerbers mit ihrem Ehegatten und drei Kindern.

5 Bei dem Lift, der im Jahr 2012 angebaut worden sei, handle es sich um einen reinen Behindertenlift, der nicht für den freien Personenverkehr zugelassen sei. Dementsprechend verfüge nur der Revisionswerber über einen Schlüssel für den Lift. Er habe Herzrhythmusstörungen, eine schwere COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und einen Herzschrittmacher und sei daher auf die Benutzung des Lifts angewiesen und verwende ihn auch, um seine Tochter und deren Familie im zweiten Obergeschoss und seine Schwiegermutter im Hochparterre zu besuchen sowie um zu seinem Auto in der Garage im Keller des Hauses zu gelangen.

6 Entgegen der Ansicht des Finanzamts führe der Einbau des Liftes weder zu einer Werterhöhung des Gebäudes noch stelle er einen Nutzen für die übrigen Miteigentümer dar. Diese seien durch den Zubau sogar insofern geschädigt, als sie den Lift nach der zu erwartenden kurzen Nutzungsdauer entweder kostspielig erneuern oder abtragen müssten.

7 In einem der Beschwerde beigelegten Gutachten wird ausgeführt, dass es sich bei dem gegenständlichen Objekt um ein dreigeschoßiges Wohnhaus in Massivbauweise handle, an dessen Außenseite der Lift in Modulbauweise errichtet worden sei, der ein Zubehör der Liegenschaft darstelle. Es sei aufgrund der Machart und Ausstattung der Liftanlage sowie aufgrund seiner Bezeichnung durch den Hersteller erkennbar, dass es sich um einen Behindertenaufzug handle. Durch den Anbau des Lifts sei keine Werterhöhung der Liegenschaft eingetreten, weil die Instandhaltung solcher Anlagen sehr kostenintensiv sei. Es sei von einer Nutzungsdauer von 10 Jahren auszugehen. Diese Art der Anlage sei nicht für den allgemeinen Personenverkehr ausgelegt und bei ihrem Abbau würden erhebliche Rückbaukosten anfallen.

8 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10. Februar 2015 wies das Finanzamt die Beschwerde ab und führte begründend aus, dass es sich beim gegenständlichen Plattformaußenlift (Personenaufzug) mit vier Haltestellen und einem bei Bedarf ausklappbaren Sitz um keinen reinen Behindertenlift handle. Die Sitzfläche könne eingeklappt werden und die Liftkabine könne daher als normaler Personenlift oder zum Transport von Einkäufen in die Obergeschoße genutzt werden. Das Finanzamt habe keine Kenntnis über die tatsächliche Nutzung des Lifts in dem ausschließlich von der Familie bewohnten Haus, gehe - da der Lift über vier Stationen geführt werde - jedoch davon aus, dass auch die pflegebedürftige Schwiegermutter (Pflegegeldbezieherin) den Lift benutze und auch sonst verschiedene Bedürfnisse der anderen im Haus lebenden Verwandten abgedeckt würden.

9 Die im vorgelegten Gutachten vertretene Ansicht, dass der Liftzubau den Grundstückswert nicht erhöhe, teile das Finanzamt nicht. Zudem sei aus dem Gutachten nicht ersichtlich, für welche Branchen der erstellende Sachverständige befugt sei, Gutachten zu verfassen. Nach Ansicht des Finanzamts sei der mit hohen Kosten verbundene Einbau des Lifts sowohl für die Eigentümer als auch für potentielle Mieter oder Käufer des Objekts von Interesse. Der Einbau des Lifts sei somit weder zwangsläufig erfolgt noch habe dies zu einer Vermögensminderung beim Revisionswerber geführt.

10 Der Revisionswerber beantragte, ohne den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung entgegenzutreten, die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

11 Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 13. Jänner 2016 wurde dem Revisionswerber mitgeteilt, dass es den Inhalt der von ihm vorgelegten ärztlichen Empfehlung vom 12. Mai 2012 dahingehend verstehe, dass es dem Revisionswerber im Jahr 2012 noch möglich gewesen sei, seine im ersten Obergeschoß gelegene Wohnung auch ohne Lift zu erreichen. Zudem gehe aus dem vorgelegten Gutachten weder der Wert der Liegenschaft vor noch nach dem Liftzubau hervor. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Kosten für die Instandhaltung anfielen oder aufgrund welcher Feststellungen der Sachverständige zu dem Ergebnis gelange, dass die Nutzungsdauer des Liftes zehn Jahre betrage. Zudem enthalte das Gutachten keine Angaben darüber, wann es erstellt worden sei, noch welche Qualifikation der Sachverständige zur Liegenschaftsbewertung besitze.

12 In der Beantwortung dieses Vorhalts führte der Vertreter des Revisionswerbers aus, der Revisionswerber habe im Frühjahr 2012 nicht mehr Treppensteigen können und habe die Hilfe zumindest einer weiteren Person benötigt, um von einem Geschoß ins andere zu gelangen bzw. das Haus verlassen zu können. Die Situation habe sich im Laufe des Jahres 2012 weiter verschlimmert, sodass dem Revisionswerber aus ärztlicher Sicht das Treppensteigen verboten worden sei. Ergänzend führte er aus, dass er nach wie vor auf den Lift angewiesen sei und diesen ausschließlich alleine nutze. Niemand anderer verfüge über den zur Benutzung notwendigen Schlüssel und niemand anderer sei an der Nutzung interessiert, weil die Fahrtgeschwindigkeit des Lifts so gering sei, dass man zu Fuß schneller wäre. Weiters legte der Revisionswerber ein Schreiben eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen vom 26. April 2012 vor, wonach die Ausführung eines Lifts in modularer Bauweise und ohne dauerhafte bauliche Verbindung mit dem Gebäude - wie sie zum Beispiel durch einen betonierten Liftschacht gegeben sei - für eine gesonderte Bewertung des Lifts spreche, die ohne Einfluss auf den Gebäudesachwert bliebe. Aus diesen Ausführungen ergebe sich für den Revisionswerber, dass sich ein Vergleich des Wertes der Liegenschaft vor und nach dem Liftzubau erübrige.

13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde des Revisionswerbers ab. Eine ärztliche Empfehlung begründe noch keine Zwangsläufigkeit iSd § 34 EStG 1988. Das Vorliegen einer Zwangsläufigkeit für die Errichtung des Liftes lasse sich weder aus der ärztlichen Bescheinigung vom 12. Mai 2012, noch aus dem Arztbrief vom 18. April 2012 noch aus den beiden vorgelegten Ambulanzkarten erkennen. Erst in der am 26. Juni 2016 ausgestellten über weiteren Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vorgelegten Bescheinigung desselben Arztes für Allgemeinmedizin, der auch die Bescheinigung vom 12. Mai 2012 ausgestellt habe, werde ausgeführt, dass die Benützung eines Lifts für den Revisionswerber seit der Verschlechterung seines Zustands im Dezember 2012 aus medizinischer Sicht notwendig sei, weil auf Grund seiner bereits bestehenden Erkrankungen sowie einer zu diesem Zeitpunkt aufgetretenen Vorhofflimmerarrhythmie für den Revisionswerber ein absolutes Belastungsverbot bestehe.

14 Um Baubewilligung für die Errichtung des Lifts sei bereits im November 2011 angesucht worden, mit dem Bau des Lifts sei - laut vorgelegter Rechnungsaufstellung - spätestens im März 2012 begonnen worden. Zum Zeitpunkt der Verschlechterung des Gesundheitszustands im Dezember 2012 sei der Lift bereits fertiggestellt gewesen. Für den Zeitraum vom Beginn der Errichtung des Lifts bis zu dessen Fertigstellung sei das Vorliegen der Zwangsläufigkeit für dessen Errichtung auf Grund der Erkrankung des Revisionswerbers nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden. Die vorsorgliche Anschaffung eines Hilfsmittels, das in Zukunft auftretende gesundheitliche Beeinträchtigungen mildern solle, begründe keine Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 EStG 1988, weshalb die Aufwendungen für die Lifterrichtung schon aus diesem Grund keine außergewöhnliche Belastung darstellten.

15 Weiters führte das Bundesfinanzgericht aus, dass der gegenständliche Außenlift vom herstellenden Unternehmen als so genannter "Homelift", der ein barrierefreies und bequemes Bewohnen von Immobilien ermögliche, angeboten werde und optisch jenen Liften gleiche, wie sie an vielen Mehrparteienhäusern nachträglich angebaut würden. Die Liftkabine habe einen bei Bedarf ausklappbaren Sitz und könne auf Grund ihrer Tragfähigkeit von bis zu 375 kg sowohl mehrere Personen als auch Lasten (z.B. Einkäufe) befördern. Das Gebäude, an das der Lift angebaut worden sei, habe drei Geschoße (Hochparterre, erstes und zweites Obergeschoß/Dachgeschoß) sowie einen Keller. Der Lift könne ebenerdig betreten werden und biete Zugang zu jedem Geschoß. Es handle sich - im Gegensatz zu den so genannten "Treppenliften" -

somit nicht um eine spezifische, nur für Behinderte geeignete Anlage. Der Lift sei auf Grund seiner Beschaffenheit vielmehr für alle Bewohner des Gebäudes nutzbar und habe in einem dreigeschoßigen Wohnhaus daher auch für körperlich nicht eingeschränkte Personen einen Wert (Hinweis auf VwGH 4.3.2009, 2008/15/0292). Ob bzw. inwieweit der Lift von den übrigen Bewohnern des Gebäudes tatsächlich genutzt werde, sei für die Beurteilung des Wertes des Lifts ebenso wenig von Bedeutung, wie die Frage, wie der Lift von den anderen Bewohnern "in optischer Hinsicht empfunden" werde, weil für den Wert eines Wirtschaftsgutes nicht subjektive Vorlieben, sondern objektive Kriterien relevant seien. Es sei daher davon auszugehen, dass sich der Lift bei einer unterstellten Verwertung der Liegenschaft werterhöhend auswirke.

16 Für das Bundesfinanzgericht sei das Vorbringen des Revisionswerbers, dass der Wert der Liegenschaft durch die Errichtung des Lifts gesunken sein solle, nicht nachvollziehbar. Der Revisionswerber habe weder sein Vorbringen, der Lift habe eine Nutzungsdauer von maximal zehn Jahren, noch sein Vorbringen, die Kosten der laufenden Instandhaltung und der nach spätestens zehn Jahren notwendigen Erneuerung bzw. Beseitigung der Liftanlage seien höher als die ursprünglichen Errichtungskosten, glaubhaft machen können. Der Revisionswerber stütze sich bei diesem Vorbringen zwar auf das von ihm vorgelegte Gutachten des - sonst für die Begutachtung von Kfz-Schäden zuständigen - Sachverständigen. Aus diesem Gutachten sei jedoch nicht erkennbar, wie der Sachverständige zu seinen Feststellungen komme. Auch die Ausführungen des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen im Schreiben vom 26. April 2016 würden zu keinen weiteren Erkenntnissen führen, weil dieser Sachverständige kein eigenes Gutachten erstellt habe, sondern lediglich eine Stellungnahme zu dem vorhin genannten Gutachten abgegeben habe, in der er ausgeführt habe, dass der Lift in der Form, wie er in den ihm vorliegenden Unterlagen beschrieben sei, gesondert zu bewerten sei und daher ohne Einfluss auf den Gebäudesachwert bliebe. Dies sei für die Frage, ob die Errichtung des Lifts zu einer vermögensmindernden Ausgabe oder zu einer bloßen Vermögensumschichtung geführt habe, jedoch ohne Relevanz. Der Lift sei jedenfalls Teil der Liegenschaft, auf der sich das Gebäude, an das er angebaut worden sei, befinde, weshalb die Liegenschaft als solche durch die Errichtung des Lifts eine Wertsteigerung erfahren habe. Der Ansicht des Revisionswerbers, es erübrige sich eine Ermittlung des Wertes der Liegenschaft vor bzw. nach der Errichtung des Lifts, da der Liftzubau ohne Einfluss auf den Gebäudesachwert bleibe, könne nicht gefolgt werden.

17 Den Errichtungskosten des Lifts stehe jedenfalls ein entsprechender Gegenwert gegenüber, weshalb durch dessen Errichtung beim Revisionswerber keine Vermögensminderung, sondern eine bloße Vermögensumschichtung eingetreten sei. Die Kosten für die Errichtung des Lifts könnten daher nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

18 Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig, weil diesem Erkenntnis die vom Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen vertretene Rechtsansicht zu Grunde liege.

19 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Das Bundesfinanzgericht legte die Verwaltungsakten vor. Das Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung.

20 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

21 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

22 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

23 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, das Bundesfinanzgericht habe verkannt, dass die Errichtung des Plattformaußenliftes nicht nur auf Grund der eindeutigen Typenzulassung, sondern schon auf Grund der Tatsache, dass nur der Revisionswerber einen Schlüssel für den Lift innehabe, und nur er, falls notwendig mit einer Pflegeperson, den Lift benütze, ebenso eine außergewöhnliche Belastung darstelle, wie zum Beispiel ein Behindertentreppenlift, dessen Anschaffung vom Finanzamt als außergewöhnliche Belastung anerkannt werde.

24 Unter Belastungen im Sinn des § 34 EStG 1988 sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden (vgl. VwGH 22.10.1996, 92/14/0172). Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern stellen dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. VwGH 4.3.2009, 2008/15/0292).

25 Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind somit in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Eine andere Beurteilung kann allerdings geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (z.B. deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (z.B. Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. VwGH 22.10.1996, 92/14/0172, und 29.7.2010, 2010/15/0003).

26 Das Bundesfinanzgericht hat - ebenso wie bereits das Finanzamt in seiner Beschwerdevorentscheidung - die ausdrückliche Feststellung getroffen, dass der verfahrensgegenständliche Lift keine nur für Behinderte geeignete Anlage darstelle, sondern auf Grund seiner Beschaffenheit vielmehr für alle Bewohner des Gebäudes nutzbar und in einem dreigeschoßigen Wohnhaus auch für körperlich nicht eingeschränkte Personen von Wert sei. Er könne auf Grund seiner Tragfähigkeit sowohl mehrere Personen als auch Lasten (z.B. Einkäufe) befördern. Auch optisch gleiche der in Modulbauweise errichtete Lift jenen, wie sie an vielen Mehrparteienhäusern zu sehen seien, bei denen nachträglich Lifte angebaut werden.

27 Dass "eine eindeutige Typenzulassung" der Nutzung durch nicht behinderte Personen oder der Lastenbeförderung entgegenstehe, wurde im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht dargelegt und wird auch im geschilderten Zulässigkeitsvorbringen nicht nachvollziehbar zur Darstellung gebracht. Das bloße Anbringen eines Schildes "Behindertenaufzug" im Inneren der Liftkabine und die gegenüber anderen Liften verringerte Fahrtgeschwindigkeit stehen einer sinnvollen Nutzung des Liftes durch nicht behinderte Personen, etwa zur bequemen Beförderung von Einkäufen, Kinderwägen o.ä., nicht entgegen.

28 Der Umstand, dass nur der Revisionswerber einen Schlüssel für den Lift innehat, zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses schon deshalb nicht auf, weil die Frage der Schaffung eines Vermögenswertes aus der Sicht möglicher Erwerber des Hauses, also einer unterstellten Veräußerung der Liegenschaft, zu beurteilen ist.

29 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

30 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 27. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150006.L00

Im RIS seit

27.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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