TE Lvwg Beschluss 2018/4/26 VGW-102/067/178/2018

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Veröffentlicht am 26.04.2018
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Entscheidungsdatum

26.04.2018

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

B-VG Art 130 Abs1 Z2
B-VG Art 132 Abs2

Text

                          

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG der C. AG, G., ..., wegen Beschlagnahme des Radarwarngerätes „...“ samt Ladekabel am 06.12.2017 in Wien, ..., den

B E S C H L U S S

gefasst:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 iVm § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund als Rechtsträgerin der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, 57,40 Euro für Vorlageaufwand binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

4. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit dem am 04.01.2018 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangten Schriftsatz (Postaufgabe am 02.01.2018) erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG wegen Verletzung in Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ der Landespolizeidirektion Wien, am 06.12.2017, in Wien, wegen Beschlagnahme des Radarwarngerätes „...“ samt Ladekabel. Zusammengefasst brachte sie darin vor, dass am 06.12.2017 um 17:01 Uhr ein Polizeibeamter der PI ..., in Wien, ... das auf die Beschwerdeführerin zugelassene Fahrzeug mit dem Kennzeichen … (laut Polizeianzeige …), indem sich auch der Vorstandsdirektor, Herr X., aufhielt, anhielt, den Lenker aufforderte, das im Fahrzeug angebrachte Radarwarngerät auszubauen und auszuhändigen, woraufhin er dieses samt Ladekabel sofort beschlagnahmte. Sie erachte die Beschlagnahme als rechtlich nicht gedeckte und überschießende Amtshandlung, weil es sich bei dem beschlagnahmten Gerät um ein Radarwarngerät ohne „Blocker“ Funktion handelt, sodass eine Anwendbarkeit des § 98a des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967 nicht gegeben war.

2.1. Das Verwaltungsgericht forderte die Beschwerdeführerin im Hinblick auf Art 132 Abs. 2 B-VG mit Schreiben vom 11.01.2018 auf, darzulegen inwieweit durch die in Beschwerde gezogene Amtshandlung die C. AG in ihren Rechten berührt und allfällig verletzt wurde.

In ihrer Stellungnahme vom 26.01.2018 führte die Beschwerdeführerin dazu aus, dass sie durch die bekämpfte Amtshandlung in ihren Rechten auf Erfüllung der Dienstpflichten ihres Vorstandsvorsitzenden, verletzt worden sei.

2.2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde am 02.02.2018 an die Landespolizeidirektion Wien mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift. Unter einem wurde um Benennung der an den in Beschwerde gezogenen Amtshandlungen beteiligten bzw. bei diesen anwesenden Beamten bzw. Personen samt deren konkreten Aufgaben bzw. Funktionen im Zuge der jeweiligen (Amts-)Handlung ersucht.

Die belangte Behörde übermittelte die angeforderten Akten und legte ein mit 27.02.2018 datiertes Schreiben bei, in dem bekannt gegeben wurde, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, weil dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass es sich bei dem beschlagnahmten Gerät um ein bloßes Radarwarngerät handle und folglich Unanwendbarkeit des § 98a KFG gegeben sei, nicht entgegengetreten werde. Unter einem beantragte sie den Zuspruch des Vorlageaufwandes.

2.3. Das Verwaltungsgericht fragte bei der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 09.03.2018 nach, ob bzw. in welcher Art ihr an den beschlagnahmten Gegenständen (allenfalls) Berechtigung zukomme.

In ihrer dazu übermittelten Äußerung vom 20.03.2018 verwies die Beschwerdeführerin auf die zwischenzeitlich ergangene, informelle Mitteilung durch die belangte Behörde an Herrn E. (damaliger Fahrzeuglenker), dass das beschlagnahmte Gerät „zur Abholung bereitstehe“, und führte zur Nachfrage aus, dass es angesichts dieser Entwicklung ihres Erachtens „dahingestellt bleiben könne, wem an dem beschlagnahmten Gerät Berechtigung zukomme“.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (§ 28 Abs. 6 VwGVG). Eine öffentliche mündliche Verhandlung beim Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG u.a. entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.

2.1. Die Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelt § 35 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, welcher lautet:

„§ 35.

(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1.

die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2.

die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3.

die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

2.2. Die Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze (VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, lautet auszugsweise:

„§ 1.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird wie folgt festgesetzt:

1.

Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

737,60 Euro

                            

2.

Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

922,00 Euro

                            

3.

Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei

57,40 Euro

4.

Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei

368,80 Euro

                            

5.

Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei

461,00 Euro

                            

6.

Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)

553,20 Euro

7.

Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)

276,60 Euro“

III.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen Verwaltungsgerichte (ebenso wie bisher die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Aus den parlamentarischen Erläuterungen zur genannten Novelle (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 13) erschließen sich keine Anhaltspunkte, dass durch diese Novelle der Beschwerdegegenstand eine Änderung erfahren hat, weshalb die bisher ergangene Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung weiterhin einschlägig ist (vgl. etwa auch Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz 68, 71).

1.2. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und damit für eine Befugnis des Verwaltungsgerichtes Wien zur Entscheidung in der Sache ist die Beschwerdelegitimation des Einschreiters gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG. Danach kann Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Legitimation auf Seiten des Beschwerdeführers die Möglichkeit voraus, durch die bekämpfte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in subjektiven Rechten verletzt worden zu sein (vgl. VwGH vom 24.06.1998, Zl 96/01/0609). Anders gewendet ist zur Beschwerde legitimiert, wer Adressat der Maßnahme ist, in wessen Rechtssphäre sie eingreift (vgl. VwGH vom 10.11.2011, Zl 2010/07/0032).

Im Fall der beschwerdegegenständlichen Beschlagnahme des Radarwarngerätes samt Ladekabel besteht die Möglichkeit einer durch sie herbeigeführten Verletzung in einem subjektiven Recht nur für jene Personen, denen an der beschlagnahmten Sache eine Berechtigung zukommt. Fehlt eine solche, d.h. liegt eine durch die Rechtsordnung erfolgende Zurechnung der Sache zur Rechtssphäre des Einschreiters nicht vor, kann die bekämpfte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt offenkundig nicht in dessen Rechtssphäre eingreifen. Ein bloß wirtschaftliches Interesse (etwa an der Erfüllung der Dienstpflicht des Vorstandsvorsitzenden) begründet noch keine Beschwerdelegitimation (vgl. VwGH vom 27.06.2013, Zl. 2011/07/0191).

Da eine Berechtigung an den beschlagnahmten Gegenständen von der Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet, vielmehr von dieser auch nach wiederholter Nachfrage durch das Verwaltungsgericht bewusst unerörtert gelassen wurde, ist das Vorliegen einer solchen auf Seiten der Beschwerdeführerin als nicht gegeben anzunehmen. Die Beschwerdeführerin war daher zur Erhebung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wegen Beschlagnahme des Radarwarngerätes samt Ladekabel nicht legitimiert.

1.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Weil die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 35 Abs. 1, 3 und 4 Z 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 VwG-AufwErsV.

3. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589ff, mwN).

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Legitimation; Beschlagnahme; subjektives Recht; wirtschaftliches Interesse; juristische Person; keine Beschwerdelegitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.102.067.178.2018

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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