TE Vwgh Beschluss 2018/6/6 Ra 2017/12/0045

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Veröffentlicht am 06.06.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §21 Abs1 Z2 idF 2013/I/033;
VwGG §21 idF 2013/I/033;
VwGG §22 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Justiz (nunmehr: des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz), gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2017, W122 2132224-1/5E, betreffend Jubiläumszuwendung (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Präsident des Oberlandesgerichtes Wien; mitbeteiligte Partei: Dr. A P in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Bezirksgericht G, wo er als Richter tätig war.

2 Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 22. Juni 2016 wurde der Antrag des Mitbeteiligten vom 2. November 2015 auf Gewährung einer Jubiläumszuwendung aus Anlass der Vollendung des vierzigjährigen Besoldungsdienstalters gemäß § 20c Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG), abgewiesen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 20c Abs. 1 GehG statt und sprach aus, dass dem Mitbeteiligten die Jubiläumszuwendung gemäß § 20c Abs. 2 GehG anlässlich des vierzigjährigen Dienstjubiläums in der Höhe von 400 Prozent des Monatsbezuges gewährt werde, der seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Monat Juli 2015 entsprochen habe. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Bundesministers für Justiz, welcher unter einem erklärte, gemäß § 22 VwGG in das Verfahren einzutreten. In der Revision werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache entscheiden, hilfsweise das angefochtene Erkenntnis aus den angeführten Gründen aufheben.

Die Revision erweist sich als nicht zulässig:

§§ 21 und 22 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung

BGBl. I Nr. 33/2013, lauten auszugsweise:

     "Parteien

     § 21. (1) Parteien im Verfahren über eine Revision gegen das

Erkenntnis oder den Beschluss eines Verwaltungsgerichtes wegen

Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 bzw. Abs. 9 B-VG

(Revision) sind

1.        der Revisionswerber;

2.        die belangte Behörde des Verfahrens vor dem

Verwaltungsgericht, wenn gegen dessen Erkenntnis oder Beschluss

nicht von ihr selbst Revision erhoben wird;

3.        in den Fällen des § 22 zweiter Satz auch der zuständige

Bundesminister oder die Landesregierung;

4.        die Personen, die durch eine Aufhebung des angefochtenen

Erkenntnisses oder Beschlusses oder einer Entscheidung in der Sache selbst in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte).

...

     § 22. Wird die Revision von einem staatlichen Organ erhoben

oder ist eine andere Behörde Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2,

so kann in einer Rechtssache in den Angelegenheiten der

Bundesverwaltung der zuständige Bundesminister und in den

Angelegenheiten der Landesverwaltung die Landesregierung an Stelle

dieses Organs bzw. dieser Behörde jederzeit in das Verfahren

eintreten. Dies gilt nicht, wenn

1.        in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der

Gemeinde oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers ein Organ

des Selbstverwaltungskörpers oder

2.        ein weisungsfrei gestelltes Organ

     Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 ist."

5 Gemäß Art. 133 Abs. 6 B-VG kann gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (Z 1), die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Z 2), der zuständige Bundesminister in den im Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen (Z 3) sowie der Landesschulrat auf Grund eines Beschlusses des Kollegiums in den im Art. 132 Abs. 4 genannten Rechtssachen (Z 4).

6 In der vorliegenden nicht in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Dienstrechtssache (vgl. Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG) kommt dem Bundesminister für Justiz, der auch nicht belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist, die Befugnis zur Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 B-VG nicht zu.

7 Ebenso wenig vermag der Bundesminister für Justiz im vorliegenden Fall eine Revisionslegitimation aus gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG erlassenen einfachgesetzlichen Bestimmungen abzuleiten (vgl. zu einfachgesetzlich eingeräumten Revisionsberechtigungen Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Art. 133 B-VG Rn 56 f.). Das Bestehen einer gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG einfachgesetzlich eingeräumten Revisionsberechtigung wird in der Revision, die sich hinsichtlich der Revisionslegitimation des Bundesministers lediglich auf § 22 VwGG beruft, auch nicht behauptet.

8 § 22 VwGG berechtigt den zuständigen Bundesminister zum jederzeitigen Eintritt in das Verfahren für den Fall, dass die Revision von einem staatlichen Organ erhoben wird oder eine andere Behörde Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG ist. In der in Rede stehenden Rechtssache wurde die Revision (ausschließlich) durch den Bundesminister für Justiz erhoben, der unter einem seinen Eintritt in das Verfahren erklärte.

9 Somit liegen die in § 22 VwGG genannten Voraussetzungen für den Eintritt des zuständigen Bundesministers in das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hier nicht vor. Eine Revision durch ein anderes staatliches Organ wurde nicht erhoben. Auch ein Verfahren, in dem eine andere Behörde Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG ist (was nach dieser Bestimmung - arg: "im Verfahren über eine Revision" - die Einbringung einer solchen durch eine andere Partei als die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde voraussetzt), in welches der Bundesminister gemäß § 22 VwGG hätte eintreten können, war zum Zeitpunkt, zu welchem dieser seinen Eintritt erklärte, nicht anhängig (vgl. Gruber in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 22 VwGG Rn. 1; Rosenkranz, ZUV 2013, 20).

10 §§ 21 ff. VwGG regeln die Parteistellung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, nicht aber die Revisionsberechtigung. Insbesondere ermächtigt § 22 VwGG den zuständigen Bundesminister nicht, anstelle des revisionslegitimierten staatlichen Organs Revision zu erheben (vgl. Rosenkranz, ZUV 2013, 20; zur Parteistellung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof siehe VwGH 8.4.2016, 2013/05/0226; 27.1.2016, Ro 2015/03/0042; zur Revisionsberechtigung siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 21 VwGG K 3 ff.; betreffend die dem Materiengesetzgeber zukommende Zuständigkeit zur Einräumung weiterer Revisionsberechtigungen siehe Art. 133 Abs. 8 B-VG). Auch bei der Entstehungsgeschichte des § 22 VwGG fällt auf, dass § 22 VwGG, StGBl. Nr. 208/1945, mit der Novelle BGBl. Nr. 61/1952 dahin abgeändert wurde, dass der Eintritt nicht anstelle eines - wie in der Stammfassung vorgesehen - beschwerdeberechtigten, sondern anstelle eines beschwerdeführenden staatlichen Organs zu erfolgen hat. Dem Bundesminister für Justiz kommt somit auch gestützt auf § 22 VwGG eine Berechtigung zur Erhebung einer Revision gegen das angefochtene Erkenntnis nicht zu.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Revision mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung als unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 6. Juni 2018

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017120045.L00

Im RIS seit

17.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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