TE Vwgh Erkenntnis 2018/6/27 Ra 2017/17/0195

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Veröffentlicht am 27.06.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §64 Abs1;
VStG §64 Abs2;
VwGG §42 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des P S in P, T, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 8. Juni 2016, LVwG-10/423/5- 2016, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau),

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses, mit dem die Geld- und die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wurden, wird gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:

"Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz wird gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit EUR 100,-- bemessen."

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 27. August 2015 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft gemäß § 9 VStG der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm ua § 2 Glücksspielgesetz (GSpG) betreffend ein Glücksspielgerät zu einem näher bestimmten Tatzeitpunkt schuldig erkannt, über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt sowie gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von EUR 200,-- vorgeschrieben.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 50 VwGVG insofern teilweise Folge, als es die Geldstrafe auf EUR 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe herabsetzte und ansonsten die Beschwerde als unbegründet abwies (Spruchpunkt I.). Im Übrigen sprach es aus, dass dem Revisionswerber die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG nicht aufzuerlegen seien (Spruchpunkt II.) und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art.133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zum Zulässigkeitsvorbringen im Zusammenhang mit der behaupteten Vorlagepflicht der entscheidenden Gerichte ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C- 347/09, Rn. 83 f; vom 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; vom 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; sowie vom 28.2.2018 Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das LVwG im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

8 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games GmbH ua, C-685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH vom 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55).

9 Auch das Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich der Beurteilung des Geräts "afric2go" wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, weil der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 20. April 2016, Ro 2015/17/0020, ausgesprochen hat, dass es sich dabei um ein Glücksspielgerät handelt.

10 Im Übrigen gleicht der Revisionsfall bezüglich der in der Begründung zur Zulässigkeit der Revision aufgeworfenen Frage des Vorliegens eines entschuldbaren Rechtsirrtums hinsichtlich der Beurteilung des Geräts "afric2go" als Glücksspielgerät jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. Jänner 2017, Ra 2016/17/0187, entschieden wurde. Auch aus den in diesem Beschluss dargelegten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird, erweist sich die hier vorliegende Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig.

11 Auch sonst wirft die Revision, soweit sie sich gegen die Bestrafung des Revisionswerbers richtet, keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Diesbezüglich war die Revision daher nach § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.

12 In Bezug auf die Bemessung des Beitrags zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz weist die Revision jedoch zu Recht darauf hin, dass die Entscheidung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.9.1994, 94/02/0256) abweicht, weil trotz Herabsetzung der Geldstrafe keine Neufestsetzung des Verfahrenskostenbeitrages gemäß § 64 Abs. 1 VStG erfolgt ist.

13 Gemäß § 64 Abs. 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Nach Abs. 2 leg. cit. ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit EUR 10,-- zu bemessen.

14 Das LVwG hat in Spruchpunkt I. die Geldstrafe auf EUR 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt, ohne jedoch den Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG entsprechend neu zu bemessen.

15 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher im Umfang der Anfechtung der unterlassenen Neubemessung des Beitrags zu den Kosten erster Instanz als inhaltlich rechtswidrig.

16 Da die Revisionssache entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis in Spruchpunkt I. - wie aus dem Spruch ersichtlich - gemäß § 42 Abs. 4 VwGG zu ergänzen.

17 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor dem LVwG Genüge getan.

18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 27. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170195.L00

Im RIS seit

18.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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