TE Lvwg Erkenntnis 2016/3/14 LVwG-318-8/2015-R8

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Veröffentlicht am 14.03.2016
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Entscheidungsdatum

14.03.2016

Norm

BStG 1971 §3
B-VG Art10 Abs1 Z9
BauG Vlbg 2001 §1 Abs1 litd

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Dietmar Ellensohn über die Beschwerde der A- und S-F-Aktiengesellschaft, vertreten durch A B M GmbH, W, diese vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen den Beschluss der Berufungskommission der Marktgemeinde L vom 27.10.2015, ausgefertigt mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28.10.2015, betreffend die Versagung der Baubewilligung für die Errichtung eines Dienstgebäudes mit Überdachung und einer Prüfhalle im Rahmen eines geplanten Verkehrskontrollplatzes an der A 14 auf GST-NR XXX, KG L, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Mit dem angefochtenen Bescheid hat aufgrund des Devolutionsantrages vom 20.03.2015 die Berufungskommission der Marktgemeinde L den Antrag vom 04.06.2009 auf Erteilung der Baubewilligung zur Neuerrichtung eines Dienstgebäudes mit Überdachung und einer Prüfhalle im Rahmen eines geplanten Verkehrskontrollplatzes an der A 14 Rheintalautobahn in Fahrtrichtung F auf GST-NR XXX, KG L, gemäß § 28 Abs 3 Baugesetz iVm § 73 Abs 2 AVG versagt.

2.   Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, dass die Liegenschaft GST-NR XXX, KG L, im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde L als „Freifläche Freihaltegebiet“ gewidmet sei. Mit Schreiben vom 02.03.2013 habe sie ihre Rechtsansicht nochmals dargelegt und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Flächen des Verkehrskontrollplatzes L in die Raumordnungskompetenz des Bundes fallen würden und daher eine gesonderte landesrechtliche Widmung nicht erforderlich sei.

Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG verweise alle Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz (BStG) als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge in die Gesetzgebungen und Vollziehung des Bundes. Dem Bundesgesetzgeber komme insofern eine (eingeschränkte) Kompetenz-Kompetenz zu. Durch Erklärung von Straßenzügen zu Bundesstraßen, die für den Durchzugsverkehr bereits im Bestand bzw nach ihrer Errichtung von Bedeutung seien, begründe er die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung der Angelegenheiten dieser Straßen; dies erfolge im Verzeichnis 1 und 2 des BStG. Dies sei auch bei der A 14 Rheintal/Walgau-Autobahn so der Fall. Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG begründe eine sogenannte Fachplanungskompetenz des Bundes und bilde eine Ausnahme von der ansonsten gegebenen Raumplanungskompetenz (Restkompetenz) der Länder gem Art 15 Abs 1 B-VG.

Diese Fachplanungskompetenz des Bundes beziehe sich nicht allein auf den Straßenkörper selbst, sondern auch auf alle mit der Bundesstraße in einem funktionalen Zusammenhang stehenden Bestandteile der Bundesstraße. Eine taxative Aufzählung der Bestandteile von Bundesstraßen enthalte § 3 BStG. Diese Bestimmung nenne neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen wie Fahrbahnen und Parkflächen ua auch die der Kontrolle oder der Bemautung dienenden Grundflächen und Anlagen als Bestandteile der Bundesstraße. Der verfahrensgegenständliche Verkehrskontrollplatz L sei eine solche der Kontrolle dienende Grundfläche. Die darauf gegenständlich geplanten Anlagen (Dienstgebäude samt Überdachung und Prüfhalle) seien für die Kontrollen unbedingt erforderlich, und würden daher ebenfalls ausschließlich diesen Zwecken dienen und seien somit ebenso zweifelsfrei als Bestandteil der Bundesstraße A 14 Rheintal/Walgau-Autobahn zu qualifizieren.

Dies sei auch verfassungsrechtlich geboten, zumal Verkehrskontrollplätze nämlich eine bundesweite Planung bedingen würden. Es könne nicht vom Wohlwollen einer Gemeinde ab­ hängig gemacht werden, ob, wo und in welchem Ausmaß ein Verkehrskontrollplatz errichtet und Kontrollen im hochrangigen Straßennetz in Österreich durchgeführt werden könnten.

Die A sei sowohl nach den einschlägigen Regelungen des BStG als Straßenerhalterin der Autobahnen und Schnellstraßen für die Aufrechterhaltung der Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs auf dem gesamten hochrangigen Straßennetz in Österreich zuständig. Um dieser gesetzlichen Verpflichtung entsprechen zu können, seien im Interesse aller Verkehrsteilnehmer bestimmte Maßnahmen - wie insbesondere die Errichtung von Verkehrskontrollplätzen - unbedingt erforderlich.

Damit sichere Kontrollen möglich seien, habe die A in Zusammenarbeit mit den Ländern (so auch dem Land Vorarlberg) und dem Bundesministerium für Inneres multifunktionale Verkehrskontrollplätze entwickelt, die unterschiedlichen Kontrollzwecken des Bundes und der Länder (wie etwa Kontrollen nach dem KFG, der StVO, dem Führerscheingesetz sowie den zoll- und mautrechtlichen Bestimmungen) dienen würden. Insbesondere seien bei der Umsetzung von Verkehrskontrollplätzen überörtliche (verkehrstechnische) Kriterien zu beachten.

Selbst wenn Verkehrskontrollplätze im BStG nicht explizit als Bestandteile einer Bundesstraße definiert würden, so wären sie im verfassungsrechtlichen Sinn Teil der Bundesstraße: Sie seien dann, wenn sie genutzt würden - nämlich bei Kontrollen - zweifellos unmittelbar dem Verkehr dienende Flächen.

Im vorliegenden Zusammenhang könne dahingestellt bleiben, ob die auf dem Verkehrskontrollplatz errichteten Anlagen der Baurechtskompetenz des Bundes oder des Landes bzw der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich unterliegen würden. Denn auch wenn für diese baulichen Bestandteile eine Baurechtskompetenz des Landes (hinsichtlich Gesetzgebung) bzw der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich (hinsichtlich Vollziehung) gegeben wäre, so würde kein Widerspruch zu raumplanungsrechtlichen Vorschriften vorliegen. Dies verdeutliche auch § 1 Abs 2 Vorarlberger Baugesetz, wonach das Vorarlberger Baugesetz so anzuwenden sei, dass in die Zuständigkeiten des Bundes nicht eingegriffen werde. Einer Baubewilligung stünde demnach nichts entgegen.

Es bestehe für Bauten auf Verkehrskontrollplätzen, die der Verkehrskontrolle dienen, eine Baurechtskompetenz des Bundes. Ob diese Auffassung zutreffe, sei für den vorliegenden Fall insofern unmaßgeblich, als nach Ihrer Ansicht der lediglich vorsichtsweise gestellte Baubewilligungsantrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre; nach anderer Ansicht wäre die Baubewilligung zu erteilen gewesen, weil keine widmungsrechtlichen Vorschriften entgegen stehen würden. In jedem Fall sei der vorliegende Bescheid rechtswidrig.

Des Weiteren haben die Behörde ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheids geltende Rechtslage zugrunde zu legen. Nichts anderes gelte auch, wenn die Behörde ihrer Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG nicht nachgekommen sei. Die belangte Behörde stütze den angefochtenen Bescheid jedoch im Wesentlichen auf die Ausführungen des Amtes der Vorarlberger Landesregierung. Mit Änderung des Vorarlberger Baugesetzes durch LGBI Nr 11/2014, sei der Geltungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes jedoch insofern eingeschränkt worden, als eine Gegenausnahme mit weitreichenden Konsequenzen angefügt worden sei. Seither seien Gebäude, die in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb einer öffentlichen Straße stehen würden, vom Geltungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes ausgenommen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 90 Vbg LT 29 GP 3.) zu dieser Novelle werde die Ansicht vertreten, dass ein solcher unmittelbarer technischer Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Straße bei Kontrollplätzen nicht bestehe würde.

Darüber hinaus habe die belangte Behörde eine Kompetenz in Anspruch genommen, die ihr nicht zugekommen sei. Die belangte Behörde sei zur vorliegenden Entscheidung unzuständig gewesen.

3.   Folgender Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage sowie der durchgeführten mündlichen Verhandlung fest:

Das GST-NR XXX, KG L, auf welchem ein Dienstgebäude samt Überdachung und einer Prüfhalle im Rahmen eines geplanten Verkehrskontrollplatzes (VKP L) an der A 14 Rheintal/Walgau-Autobahn in Fahrtrichtung F errichtet werden soll, ist als „Freifläche Freihaltegebiet“ gewidmet. Der beantragte Verkehrskontrollplatz wird weder auf einer Waldfläche errichtet, noch ist dieser für forstwirtschaftliche Zwecke notwendig.

4.   Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage sowie den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung und ist insofern unstrittig.

5.1.          Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass mit der Errichtung des gegenständlichen Verkehrskontrollplatzes an der A 14 primäres oder sekundäres Gemeinschaftsrecht umgesetzt wird.

5.2. Vorab ist die grundsätzliche Frage der landesrechtlichen Bewilligungspflicht für die Errichtung eines Verkehrskontrollplatzes an der A 14 bestehend aus einem Dienstgebäude mit Überdachung und einer Prüfhalle, nach dem Vorarlberger Baugesetz zu beurteilen.

Zuletzt wurde der Geltungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes mit LGBl Nr 11/2014 in der Art und Weise geändert, als nunmehr nach § 1 Abs 1 lit d BauG öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt, es sei denn, sie stehen in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße, vom Anwendungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes ausgenommen sind. Aus der Regierungsvorlage zum Gesetz über eine Änderung des Baugesetzes, RV 90/2013, Blg Vlbg LT, XXIX, geht in diesem Zusammenhang wie folgt hervor:

„Gemäß § 1 Abs. 1 lit. d Baugesetz gilt das Baugesetz für alle Bauvorhaben; ausgenommen sind u.a. Bauvorhaben betreffend öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt. Ein Gebäude ist ein überdachtes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und mindestens einen Raum allseits oder überwiegend umschließt (§ 2 Abs. 1 lit. i Baugesetz). Ein Bauwerk ist eine Anlage, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und die mit dem Boden in Verbindung steht (§ 2 Abs. 1 lit. f Baugesetz).

Was als „Straße“ anzusehen ist, ist den straßenrechtlichen Vorschriften (Straßengesetz, Bundesstraßengesetz) zu entnehmen (siehe dazu insb. die in § 2 Abs. 2 lit. a bis e des Straßengesetzes, LGBl. Nr. 79/2012, genannten Bestandteile der Straße).

Mit der im Entwurf vorgesehenen Bestimmung („in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße“) soll nunmehr klargestellt werden, dass bei öffentlichen Straßen insbesondere folgende Anlagen vom Geltungsbereich des Baugesetzes ausgenommen sind, auch wenn es sich dabei um Gebäude oder Gebäudeteile (die nach den straßenrechtlichen Vorschriften Bestandteil der Straße sind) handelt:

Tunnel (mit Portalbauwerk); Fluchtstollen (mit Portalbauwerk), Querschläge, Fluchträume; Galerien; Lüftungsanlagen (z.B. Lüftungsgebäude, Schachtbauwerke, Lüfterkaverne); elektrotechnische Betriebsanlagen, Betriebsstationen, Betriebszentralen; Räume mit Pumpen (Pumpstationen) u.ä., z.B. bei Brückenbauwerken; Anlagen für die Löschwasserversorgung oder die Straßenentwässerung u. dgl. Nicht in einem „unmittelbaren technischen Zusammenhang“ mit der Errichtung oder dem Betrieb einer öffentlichen Straße stehen beispielsweise Straßenmeistereien oder Bauhöfe des Straßenerhalters oder auch Raststationen (z.B. öffentliche WC-Anlagen).

Ein unmittelbarer technischer Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße besteht auch nicht bei Kontrollplätzen (diese dienen u.a. der Kontrolle der Einhaltung der Tonnagebeschränkung von LKWs etc.); denn die Errichtung und der Betrieb der Straße hängen nicht von der Kontrolle der Einhaltung von Bestimmungen der StVO oder des KFG durch die Verkehrsteilnehmer ab.“

Die nunmehrige Bestimmung über den Anwendungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes unterstellt nicht schlechthin sämtliche Gebäude, die Bestandteil einer öffentlichen Straße sind, der Bewilligungspflicht nach dem Vorarlberger Baugesetz, sondern nur Gebäude, die Bestandteil einer öffentlichen Straße sind und in keinem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße stehen.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 18.02.2016, E 2373/2015-4, hat dieser ausgesprochen, dass § 1 Abs 1 lit d Vbg BauG berücksichtige, dass Angelegenheiten der öffentlichen Straßen unter einen anderen Kompetenztatbestand als „Baurecht“ zu subsumieren seien. Für Angelegenheiten der Autobahnen inklusive „Betriebe im Zuge von Bundesstraßen, die den Belangen der Verkehrsteilnehmer auf diesen dienen (wie Tankstellen, Raststätten, Motels Werkstätten und dergleichen) und unmittelbare Zu- und Abfahrten zu diesen Straßen haben“ (§ 27 Abs 1 BStG), sei der Bundesgesetzgeber gemäß Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG zuständig. Die Bestimmungen über den Geltungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes seien sohin unbedenklich.

§ 3 BStG 1971 enthält eine taxative Aufzählung der Bestandteile von Bundesstraßen. Diese Bestimmung nennt neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen ua auch der Grenzabfertigung, der Verkehrsbeeinflussung, der Kontrolle oder der Bemautung dienenden Grundflächen und Anlagen als Bestandteile der Bundesstraße.

Verkehrskontrollplätze sind in § 3 BStG 1971 nicht aufgezählt. Solche sind auch nicht unter eine dort genannte Begrifflichkeit zu subsumieren und dienen auch keinem dort genannten Zweck. Insbesondere fällt ein Verkehrskontrollplatz auch nicht unter die Bestimmung des § 27 Abs 1 BStG 1971. Ein Verkehrskontrollplatz stellt keinen Betrieb im Zuge von Bundesstraßen dar, der den Belangen der Verkehrsteilnehmer auf diesem dient (wie Tankstellen, Raststätten, Motels, Werkstätten und dergleichen). Für eine funktionsgerechte Benützung der Bundesautobahnen und –schnellstraßen sind die unmittelbar an ihnen gelegenen Einrichtungen, wie „Tankstellen, Raststätten, Motels, Werkstätten“ wesentlich. Die Errichtung und die Benützung eines Verkehrskontrollplatzes stehen in keinem funktionalen Zusammenhang mit der Benützung der A 14. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, als ein Verkehrskontrollplatz im Gegensatz zu Tankstellen, Raststätten, Motels, Werkstätten udgl nicht ständig in Betrieb ist und auch nicht ständig in Betrieb sein muss. Es ist nachvollziehbar, dass Infrastruktureinrichtungen, die dem primären Bedürfnis des Reisenden dienen sowie in einem technischen unmittelbaren Zusammenhang mit der Straße stehen, zum Regelungsbereich des Bundesstraßenkompetenztatbestandes gehören. Doch gerade ein solches kann in der Errichtung und dem Betrieb eines Verkehrskontrollplatzes in der beantragten Art und Weise nicht erkannt werden. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb § 3 BStG 1971 extensiv interpretiert werden sollte. Die in dieser Bestimmung genannten anderen baulichen Anlagen dienen nämlich im Wesentlichen Schutzzwecken (zugunsten der Benützer, der Anrainer, der Betreiber (vgl VwGH 23.05.2001, 99/06/0078)), nicht aber Zwecken der Verkehrskontrolle schlecht hin. Ein Verkehrskontrollplatz stellt somit keinen Bestandteil einer Bundesstraße iSd § 3 BStG 1971 dar.

Nach Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG ist die Gesetzgebung und die Vollziehung in Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei Bundessache; hinsichtlich anderer Straßen gemäß Art 15 Abs 1 B-VG Sache der Länder.

Wie insbesondere aus dem Rechtssatz des Erkenntnisses VfSlg 4349/1963 hervorgeht, ist die Erlassung von gesetzlichen Vorschriften über „die Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers in allen seinen Bestandteilen (einschließlich der Gehsteige) … hinsichtlich der Bundesstraßen gemäß Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG Sache des Bundes; hinsichtlich anderer Straßen gemäß Art 15 Abs 1 B-VG Sache der Länder“.

Der Verfassungsgerichtshof hat zum Kompetenztatbestand „Bundesstraßen“ (vgl ua VfSlg Nr 5677/1968 und 6770/1972) ausgehend von dem im Versteinerungszeitpunkt (am 25. Oktober 1925) geltenden Bundesstraßengesetz 1921, BGBl Nr 387, bereits ausgesprochen, dass Regelungen betreffend die Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers von Bundesstraßen, betreffend die Festlegung der Trasse einer Bundesstraße, betreffend die Durchführung von Bundesstraßenprojekten, weiters betreffend die Verkehrssicherung von Bundesstraßen und die Enteignung für Zwecke von Bundesstraßen Gegenstand dieses Kompetenztatbestandes sind. Die gesetzliche Regelung der „Herstellung und Erhaltung von Straßenkörpern“ in allen ihren Bestandteilen, insbesondere auch bauliche Anlagen im Zuge einer Straße, wie beispielsweise Tunnels, Brücken, Durchlässe, Stütz- und Futtermauern, Straßenböschungen, Straßengräben, Anlagen zum Schutz der Nachbarn vor Beeinträchtigungen durch den Verkehr, muss als in den Kompetenztatbestand für Bundesstraßen fallend angesehen werden (vgl VwGH 31.01.2008, 2007/06/0197).

Der Verwaltungsgerichtshof weist in seinem Erkenntnis vom 31.01.2008, 2007/06/0197 – bei dem die Errichtung eines Silos für Streusalz Verfahrensgegenstand war – darauf hin, dass aus dem BundesstraßenG 1921 (aber) nicht abgeleitet werden könne, dass auch die Errichtung und Änderung baulicher Anlagen (die in keinerlei Zusammenhang mit dem Straßenköper für eine Bundesstraße stehen) auf Grundstücken, die den Zwecken einer Bundesstraße mittelbar dienen (wie sie nunmehr in § 3 BStrG 1971 als Bestandteile der Bundesstraße aufgezählt sind), allein dem Kompetenztatbestand für Bundesstraßen unterliegen sollte. So habe § 24 dieses Gesetzes vorgesehen, dass bauliche Anlagen, wie Vorbauten, Freitreppen, Geschäftsportale, Luftschächte, Kellereinwurfsöffnungen, die über die Straßenfluchtlinie vorspringen, auf Grundstücken entlang einer Bundesstraße der Bewilligung der Bundesstraßenverwaltung bedurften, selbst wenn deren Herstellung nach der Bauordnung nur mit Genehmigung der Baubehörde erfolgen durfte. Der Bundesstraßengesetzgeber habe damit in dieser Bestimmung vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass er die baurechtliche Kompetenz betreffend die Errichtung und Änderung baulicher Anlagen auf Grundstücken, die nahe einer Bundesstraße gelegen sind, nicht in Anspruch nahm, sondern akzeptierte.

Gegenständlich wurde die Errichtung eines Verkehrskontrollplatzes beantragt. Der geplante Verkehrskontrollplatz stellt eine bauliche Anlage dar, die für den Betrieb der A 14 nicht erforderlich ist. Die A 14 kann in der derzeitigen Art und Weise mit oder ohne Verkehrskontrollplatz uneingeschränkt betrieben und erhalten werden. Auch kann im beantragten Verkehrskontrollplatz keine unmittelbare und unbedingt notwendige Funktion für den Durchzugsverkehr auf der A 14 selbst erkannt werden. Ein Zusammenhang mit der Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers an der A 14 besteht nicht. Selbst die Errichtung des Verkehrskontrollplatzes auf Grundstücken, die den Zwecken einer Bundesstraße nur mittelbar dienen, rechtfertigt keine Sonderkompetenz des Bundes.

Das beantragte Vorhaben fällt nicht in die Kompetenz des Bundes. Das beantragte Vorhaben fällt in den Anwendungsbereich der Vorarlberger Bauvorschriften. Für die Errichtung eines Verkehrskontrollplatzes an der A 14 bestehend aus einem Dienstgebäude mit Überdachung und einer Prüfhalle besteht keine Ausnahme vom Geltungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes nach § 1 Abs 1 lit d des Vorarlberger Baugesetzes. Die Errichtung des beantragten Verkehrskontrollplatzes ist daher nach dem Vorarlberger Baugesetz bewilligungspflichtig.

5.3.          Gemäß § 28 Abs 3 Baugesetz (BauG) ist die Baubewilligung zu versagen, wenn die in Abs 2 für eine Bewilligung genannten Voraussetzungen nicht gegeben sind und auch durch Befristungen, Auflagen oder Bedingungen gemäß § 29 nicht erfüllt werden können.

Gemäß § 28 Abs 2 BauG ist die Baubewilligung zu erteilen, wenn das Bauvorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht und auch sonst öffentliche Interessen, besonders solche der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs, des Denkmalschutzes, der Energieeinsparung und des haushälterischen Umgangs mit Grund und Boden (§ 2 Abs 3 lit a Raumplanungsgesetz) nicht entgegenstehen.

Nach dem Motivenbericht zum Baugesetz, RV 45/2001 BlgVlbgLT, 17. GP 22, umfassen die raumplanungsrechtlichen Vorschriften das Raumplanungsgesetz, die hier zu ergangenen Verordnungen (zB Bausperren, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Verordnungen nach den §§ 31-34) sowie Genehmigungen und Ausnahmebewilligungen nach dem Raumplanungsgesetz, die für die Zulässigkeit des Bauvorhabens unmittelbar von Bedeutung sind (vgl zB § 9 Abs 2, § 22 Abs 2, § 35 Abs 2 Raumplanungsgesetz).

Gemäß § 28 Abs 2 BauG muss ein Bauvorhaben daher der geltenden Flächenwidmung entsprechen.

Gemäß § 18 Abs 5 RPG sind als Freihaltegebiete Freiflächen festzulegen, die im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Landschafts- und Ortsbildes oder wegen der natürlichen Verhältnisse (Grundwasserstand, Bodenbeschaffenheit, Lawinen-, Hochwasser-, Vermurungs-, Steinschlag- und Rutschgefahr usw) von einer Bebauung freizuhalten sind. Alle Freiflächen, die nicht als Landwirtschaftsgebiete oder Sondergebiete gewidmet sind, sind Freihaltegebiete. Auf Waldflächen ist die Errichtung von Gebäuden und Anlagen zulässig, soweit dies für forstwirtschaftliche Zwecke notwendig ist.

Da das GST-NR XXX, KG L, als „Freifläche Freihaltegebiet“ gewidmet ist, dieses Grundstück keine Waldfläche darstellt und das beantragte Vorhaben nicht für forstwirtschaftliche Zwecke notwendig ist, liegt ein Widerspruch zu den raumplanungsrechtlichen Vorschriften vor. Der Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für den Verkehrskontrollplatzes L war daher zu versagen.

5.4. Auf Grund der obigen Ergebnisse war Antrag auf Baubewilligung nicht zurückzuweisen, sondern in der Sache selbst zu entscheiden.

Nach § 73 Abs 2 AVG geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag), sofern ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wurde. Der Devolutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Im gegebenen Zusammenhang hat die nunmehrige Beschwerdeführerin – wie sie selbst in der Beschwerde ausführt – mit Schreiben vom 20.03.2015 einen entsprechenden Devolutionsantrag gestellt. Somit hat die nunmehrige Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erledigung durch Kompetenzübergang gestellt. Die Berufungskommission der Marktgemeinde L hat daher konsequenter Weise gesetzeskonform als zuständige Behörde entschieden.

6.   Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Autobahn, Bundesstraße, Verkehrskontrollplatz, keine Ausnahme vom Baugesetz, Bundeskompetenz

Anmerkung

Erkenntnis wurde vom Verfassungsgerichtshof (27.06.2018, E 778/2016) aufgehoben.

(Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmung und gesetzwidriger Verordnungsbestimmungen, siehe Erkenntnis VfGH 26.06.2018, G 254/2017, V 110-111/2017).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2016:LVwG.318.8.2015.R8

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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