TE Bvwg Beschluss 2018/6/28 W102 2145728-2

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Veröffentlicht am 28.06.2018
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Entscheidungsdatum

28.06.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch

W102 2145728-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Vorsitzenden und die Richter Dr. Christian BAUMGARTNER und Dr. Matthias NEUBAUER als Beisitzer über den Antrag der Umweltorganisation XXXX , von XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX (Rechtsnachfolger XXXX und XXXX ), XXXX , XXXX , XXXX und XXXX sowie XXXX , alle vertreten durch Breitenecker Kolbitsch Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2018, W102 2145728-1/55E, abgeschlossenen Verfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 26.06.2018 wird gemäß § 28 Abs. 2 iVm § 32 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Niederösterreichische Landesregierung hat mit Bescheid vom 29.11.2016,

Zl.: RU4-U-796/046-2016 der XXXX und der Wi XXXX , beide vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, die Genehmigung zur Errichtung und den Betrieb des Vorhabens "Windpark Trumau" erteilt.

Dagegen haben die Umweltorganisation XXXX , vertreten durch Generalsekretär XXXX , sowie die Umweltorganisation XXXX , XXXX ,

XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX (aufgrund eines Kaufvertrages, vorgelegt in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, in der Folge weitergeführt durch XXXX und XXXX ), XXXX , XXXX , XXXX und XXXX sowie XXXX , alle vertreten durch Breitenecker Kolbitsch Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt, Beschwerden eingebracht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2018, W102 2145728-1/55E, wurden die Beschwerden abgewiesen und die Genehmigung zur Errichtung und den Betrieb des Vorhabens "Windpark Trumau" erteilt. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Die Antragsteller und Antragstellerinnen stellten mit Schriftsatz vom 26.06.2018 gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG fristgerecht einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2018, W102 2145728-1/55E, abgeschlossenen Verfahrens. Am 13.06.2018 erfuhren demnach die Antragsteller und Antragstellerinnen von dem naturschutzfachlichen Gutachten betreffend ein beim Bundesverwaltungsgericht anhängiges Verfahren, nämlich das Verfahren Windpark Ebreichsdorf, verfasst vom in diesem Verfahren bestellten Sachverständigen XXXX . Bei diesem Gutachten handle es sich um ein neu hervorgekommenes Beweismittel gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG, welches ohne Verschulden der Antragsteller und Antragstellerinnen im Verfahren betreffend den Windpark Trumau nicht geltend gemacht werden habe können. Da ein neues Beweismittel vorliege, das im wesentlichen Widerspruch zu den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen XXXX im vorliegenden Verfahren stehe und damit auch zu den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, sei das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederaufzunehmen. Entgegen den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts wäre von einer massiven Beeinträchtigung des Sakerfalken auszugehen gewesen. Wäre das Gutachten von XXXX berücksichtigt worden, hätte dies zu einer anderen Entscheidung, nämlich der Nichtgenehmigung des Windparks Trumau geführt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die vorliegenden Verwaltungsakte Beweis erhoben.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Der § 32 VwGVG regelt die Wiederaufnahme des Verfahrens. In welcher Erledigungsform das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, ist gesetzlich nicht angeordnet. Der allgemeinen Systematik des VwGVG folgend ist anzunehmen, dass sämtliche Erledigungen über Wiederaufnahmeanträge - auch selbstständige Erledigungen - in Beschlussform erfolgen (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 32 VwGVG Anm. 13).

Gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 32 Abs. 2 VwGVG).

Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden (§ 32 Abs. 3 VwGVG).

Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen (§ 32 Abs. 4 VwGVG).

Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse (§ 32 Abs. 5 VwGVG).

Mit Schriftsatz vom 26.06.2018 stellten die Antragsteller und Antragstellerinnen gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VWGVG fristgerecht einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2018, W102 2145728-1/55E, abgeschlossenen Verfahrens und stützten sich hiebei auf den Wiederaufnahmegrund "neue Tatsachen oder Beweismittel, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten".

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts trifft die Antragsteller und Antragstellerinnen kein Verschulden daran, dass das genannte und auch gerichtsbekannte Gutachten von XXXX betreffend den Windpark Ebreichsdorf nicht ins Verfahren betreffend den Windpark Trumau eingebracht werden konnte. Der Antrag auf Wiederaufnahme ist jedoch nicht begründet: Der Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ist gegeben, wenn eine Partei dem Verwaltungsgericht neu hervorgekommene Tatsachen oder (wie im vorliegenden Fall) Beweismittel - im Rahmen eines Verfahrens auf Wiederaufnahme vorlegt und den bzw. die zuständigen Richter überzeugt, dass mit diesen Tatsachen oder Beweismittel alleine oder zumindest in Zusammenschau mit den anderen Beweisergebnissen mit gewisser Wahrscheinlichkeit eine anderslautende Entscheidung getroffen worden wäre. (Eder/Martschin/Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte. Praxiskommentar zum VwGVG und VwGG, 2., überarbeitete Auflage, zu § 32 VwGVG K 15ff., Seite 262 und 263). Argumentiert wird (erneut) von den Antragstellern und Antragstellerinnen mit den gerichtsbekannten Gutachten des bestellten Sachverständigen XXXX im noch offenen Beschwerdeverfahren betreffend den Windpark Ebreichsdorf. Diese Begutachtung ist allerdings noch nicht abgeschlossen bzw. noch nicht gerichtlich gewürdigt. Für das Bundesverwaltungsgericht ist aber erkennbar, dass es zu keiner anderslautenden Entscheidung betreffend den Windpark Trumau kommen wird, da die Gutachten und die ergänzende Fragenbeantwortung von XXXX im Beschwerdeverfahren betreffend den Windpark Trumau auch bezogen auf den Sakerfalken - trotz Kenntnis der Gutachten von XXXX betreffend den Windpark Ebreichsdorf - nachvollziehbar und schlüssig für die Entscheidung waren. Angemerkt wird, dass aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Begutachtung XXXX im laufenden Beschwerdeverfahren inzwischen von der Projektwerberseite der Genehmigungsantrag des Vorhabens Windparks Ebreichsdorf deutlich eingeschränkt wurde.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine mündliche Erörterung der Angelegenheit eine weitere Klärung der Rechtssache nicht hätte erwarten lassen. Der Sachverhalt war daher iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif und dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 2010/1958, (vgl. VwGH 04.03.2008, 2005/05/0304) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (vgl. VfGH 14.03.2012, U466/11, wonach die Judikatur zu Art. 6 EMRK auch zur Auslegung der Art. 47 GRC heranzuziehen ist) entgegen. Zudem hatte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall ausschließlich über Rechtsfragen zu entscheiden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht auch nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Schlagworte

Beweismittel, Gutachten, Sachverständigengutachten,
Umweltverträglichkeitsprüfung, Wahrscheinlichkeit, Wiederaufnahme,
Wiederaufnahmegrund, Wiederaufnahmsantrag, Windpark

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W102.2145728.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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