TE OGH 2018/5/24 7Ob56/18p

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Veröffentlicht am 24.05.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj E***** H*****, geboren am *****, vertreten durch die Eltern P***** und J***** H*****, alle *****, vertreten durch Dr. Othmar Knödl und Mag. Manfred Soder, Rechtsanwälte in Rattenberg, gegen die beklagte Partei Z***** G***** mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Martin Zanon, Rechtsanwalt in Seefeld, wegen 12.635,98 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. Jänner 2018, GZ 2 R 3/18k-24, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27. Oktober 2017, GZ 41 Cg 118/16w-19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 939,24 EUR (darin 156,54 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob ein Seilbahnunternehmen zu Sicherungsmaßnahmen auf einer entwidmeten bzw gesperrten Piste verpflichtet sei, wenn es gleichzeitig den Betrieb eines Lifts aufrecht erhält, um unter anderem Schifahrern, die trotz der Sperre die Piste benützen, die Rückkehr zur Bergstation zu ermöglichen, soweit überschaubar keine höchstgerichtliche Judikatur existiere.

Nach Ansicht der Klägerin sei überdies zu klären, ob dann, wenn das Seilbahnunternehmen einen Lift betreibt, um Wintersportler bergwärts zu befördern, jene Skipisten, die zur Talstation des in Betrieb befindlichen Liftes führen, überhaupt in rechtlicher Hinsicht als „entwidmet“ oder „gesperrt“ angesehen werden können, ob bei Entgeltlichkeit des Liftbetriebs grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden könne, dass die zu diesem Lift führende Piste als „freies Skigelände“ betrachtet werde, und ob bei aufrechtem entgeltlichen Liftbetrieb Pisten, die zum Lift führen, als „wilde Abfahrten“ angesehen werden können.

Rechtliche Beurteilung

Weder das Berufungsgericht noch die Klägerin zeigen mit ihren Ausführungen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Die von der Klägerin benützte Piste war durch einen gelb-orangen Absperrzaun und jeweils 2 Tafeln mit der Aufschrift „Gesperrt“ und „Achtung“ zweifelsfrei als gesperrt gekennzeichnet. Der über die Piste erreichbare Lift war am Unfalltag auf den Panoramatafeln der Beklagten auf „rot“ gesetzt und damit als „außer Betrieb“ bezeichnet. Die Schneeverhältnisse auf dieser Piste waren sulzig, teilweise brach der Schnee. Die Piste war nicht gewalzt. Links und rechts der Piste waren keine Markierungsstangen aufgestellt. Es war demnach evident, dass diese Piste damals nicht zu dem von der Beklagten organisierten Schiraum gehörte. Wird eine Piste auf diese Weise ganz eindeutig als „gesperrt“ (geschlossen) gekennzeichnet, darf der Pistenhalter davon ausgehen, dass diese Hinweise von Wintersportlern beachtet werden (vgl 1 Ob 16/12b).

2. Soweit das Berufungsgericht davon ausgeht, dass der auf den Panoramatafeln auf „rot“ („außer Betrieb“) gesetzte Lift in Betrieb gewesen sei, „um unter anderem Schifahrer (zu transportieren), die trotz der Sperre die Piste benützten“, und die Klägerin behauptet, dass der Liftbetrieb im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Beklagten erfolgt sei, setzen sie sich im Ergebnis über die Feststellungen des Erstgerichts hinweg. Diesen zufolge nutzten nämlich damals Wintersportler die seinerzeitigen Schneeverhältnisse zu Tiefschneefahrten über einen anderen Streckenverlauf, der über den freien Schiraum und nur teilweise über die gesperrte Piste führte. Diese Schifahrer und nicht jene, die sich über die Sperre der nicht präparierten Piste hinwegsetzten, sollten den auf „rot“ („außer Betrieb“) gesetzten Lift benützen können, weil sie sonst keine Rückkehrmöglichkeit gehabt hätten.

3. Der Pistenhalter hat grundsätzlich nur den von ihm organisierten Schiraum, das sind die ausdrücklich oder schlüssig gewidmeten Schipisten und die ausdrücklich gewidmeten Schirouten zu sichern (RIS-Justiz RS0023865). Die von der Klägerin genutzte Piste war – trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen – auf die bezeichnete Weise ganz eindeutig als gesperrt gekennzeichnet und nicht zur Nutzung – als Schipiste – freigegeben. Dass Wintersportler im Zuge von Tiefschneefahrten im freien Gelände einen Teil der gesperrten Piste nutzten, verpflichtete die Beklagte nicht die gesperrte Piste oder eine (einzelne) apare Stelle, auf der die Klägerin zu Sturz kam, für Schifahrer zu präparieren oder abzusichern, die sich über die Pistensperre hinwegsetzten. Die klagsabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich somit im Rahmen der Rechtsprechung zur (nicht zu überspannenden Sicherungspflicht) des Pistenhalters.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E121903

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00056.18P.0524.000

Im RIS seit

06.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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