TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/20 W120 2007718-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.06.2018
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Entscheidungsdatum

20.06.2018

Norm

AVG §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FMGebO §47 Abs1
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50
FMGebO §51 Abs1
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
StudFG §30 Abs2 Z6
StudFG §4 Abs1a
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W120 2007718-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Eisner über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 4. November 2015, GZ 0001476547, Teilnehmernummer: XXXX , zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit am 1. März 2014 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen.

Begründend führte der Beschwerdeführer insbesondere aus, dass er BAföG vom Amt für Ausbildungsförderung München beziehe. Der Bezug von BAföG sei mit dem Bezug der österreichischen Studienbeihilfe gleichzusetzen. "Nach europäischem Recht" habe der Beschwerdeführer Anspruch auf Gleichbehandlung mit den österreichischen Studierenden. Im Fall einer Abweisung seines Antrages, ersuche er um rechtsbehelfsmäßigen Bescheid.

Dem Antrag wurden keine Unterlagen beigeschlossen.

2. Am 6. März 2014 erging dazu die Aufforderung der belangten Behörde an den Beschwerdeführer zur Nachreichung von Unterlagen binnen einer Frist von zwei Wochen.

3. Der Beschwerdeführer übermittelte hierauf:

(a) eine Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister vom 2. Oktober 2012 über einen aufrechten Hauptwohnsitz an der antragsgegenständlichen Adresse betreffend den Beschwerdeführer,

(b) eine Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister vom 2. Oktober 2012 über einen aufrechten Hauptwohnsitz an der antragsgegenständlichen Adresse betreffend XXXX ,

(c) einen mit 19. Dezember 2013 datierten und an den Beschwerdeführer adressierten Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung XXXX betreffend die Gewährung einer Ausbildungsförderung bis September 2014,

(d) zwei mit 19. März 2014 datierte Umsatzabfragen der Sparkasse XXXX betreffend den Beschwerdeführer sowie

(e) einen Kontoauszug der Sparkasse XXXX betreffend XXXX und XXXX .

4. Mit Bescheid vom 24. März 2014 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers zurück. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht werden würden.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit bei der belangten Behörde am 22. April 2014 eingelangtem Schreiben fristgerecht Beschwerde und führte darin insbesondere aus, dass er alle Unterlagen fristgerecht vorgelegt habe. Er sei als Bezieher von BAföG genauso zu behandeln wie ein Bezieher österreichischer Studienbeihilfe, weshalb ihm die verfahrensgegenständliche Befreiung zu gewähren sei. Er stütze sich hierbei vor allem auf Art 34 Abs 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und auf Art 18 Abs 1 AEUV.

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Mai 2015 wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 24. März 2014, GZ 0001261116, aufgehoben.

7. Am 3. September 2015 erging dazu die Aufforderung der belangten Behörde an den Beschwerdeführer zur Nachreichung eines "Nachweis[es] über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage gem. § 47 Fernmeldegebührenordnung (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand) ab 01.03.2014" binnen einer Frist von zwei Wochen. Begründend wurde diesbezüglich ausgeführt, dass der Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung XXXX keinen entsprechenden Nachweis darstelle.

8. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22. September 2015 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass er als BAföG-Empfänger den Empfängern von Beihilfen nach dem StudFG gleichzustellen sei. Es sei kein Grund für die Ungleichbehandlung ersichtlich. Der

Stellungnahme beigelegt war ein Bescheid vom 23. Juli 2015 über die Gewährung von Ausbildungsförderung bis September 2015.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 1. März 2014 zurück. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 3. September 2015 dazu aufgefordert worden sei, einen Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage ab 1. März 2014 nachzureichen. Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht werden würden.

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit 18. November 2015 datierte Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer die geforderten Unterlagen fristgerecht vorgelegt habe und er darauf hinweisen wolle, dass er BAföG beziehe. Den letzten BAföG-Bescheid vom 5. November 2015 reiche der Beschwerdeführer nach.

BAföG sei dem Beschwerdeführer bis einschließlich September 2015 bewilligt worden. Weitere Rechtsausführungen würden durch einen Rechtsanwalt erfolgen.

11. Die belangte Behörde legte die Akten betreffend das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den unter I. angeführten Ausführungen.

2. Beweiswürdigung:

Diese Ausführungen gründen sich auf die jeweils erwähnten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zu den für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen:

3.1.1. § 28 VwGVG ("Erkenntnisse"), BGBl I Nr 33/2013, regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[...]"

3.1.2. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz - RGG), BGBl I Nr 159/1999, lautet idF BGBl I Nr 70/2013 auszugsweise:

"Rundfunkgebühren

§ 3 (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen .................................. 0,36

Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16

Euro

monatlich.

[...]

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970 in der jeweils geltenden Fassung, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden.

[...]"

Das Rundfunkgebührengesetz idF BGBl I Nr 70/2016 lautet auszugsweise:

"Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36

Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16

Euro

monatlich

[...]

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

[...]

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970„ anzuwenden.

[...]"

3.1.3. Die §§ 47 bis 51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebühren-ordnung), BGBl Nr 170/1970, in der Folge FGO, lauten idF BGBl I Nr 71/2003, auszugsweise:

"Befreiungsbestimmungen

§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung

-der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),

-der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)

zu befreien:

1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1983,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

[...]

§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:

1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,

[...]

(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.

[...]

§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.

[...]"

§ 47 Fernmeldegebührenordnung idF BGBl I Nr 70/2016 lautet:

"§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung

-

der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),

-

der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)

zu befreien:

1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:

1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Blindenheime, Blindenvereine,

b) Pflegeheime für hilflose Personen,

wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;

b) Heime für solche Personen,

wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt."

3.2. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückwies, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. ua VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002; konkret zum FeZG: VwGH 12.09.2007, 2005/03/0205).

Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der gemäß § 50 FGO geforderten Nachweise zu Recht erfolgte.

Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die von der Behörde gesetzte Frist muss zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein, nicht aber zur Beschaffung dieser Unterlagen (vgl. VwGH 29.10.1992, 92/10/0410; 06.07.1989, 87/06/0054).

3.3. Aus Sicht der belangten Behörde wurden von dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung die gemäß § 50 FGO geforderten Nachweise nicht vollständig erbracht. Mit den Schriftsätzen vom 6. März 2014 und vom 3. September 2015 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer daher Verbesserungsaufträge, in welchen der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, der belangten Behörde einen Nachweis über eine im Gesetz genannten Anspruchsgrundlage gemäß § 47 FGO zu übermitteln.

Hierauf legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. März 2014 einen mit 19. Dezember 2013 datierten und an ihn adressierten Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung München betreffend die Gewährung einer Ausbildungsförderung bis September 2014 vor. Mit Schreiben vom 22. September 2015 brachte der Beschwerdeführer einen mit 23. Juli 2015 datierten und an ihn adressierten Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung München betreffend die Gewährung einer Ausbildungsförderung bis September 2015 in Vorlage. Sowohl bei Antragstellung als auch in den beiden genannten Schreiben des Beschwerdeführers wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht, als Bezieher einer nicht in der FGO genannten ausländischen Sozialleistung (nämlich als Bezieher deutscher Studienförderung) aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechtes einen gleichartigen Anspruch auf Gebührenbefreiung wie Bezieher österreichischer Studienförderung abzuleiten.

Die belangte Behörde wies den verfahrensgegenständlichen Antrag in weiterer Folge mit dem angefochtenen Bescheid zurück und führte begründend aus, dass die benötigten Unterlagen und Angaben nicht fristgerecht nachgereicht worden seien.

3.4. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf einen deutschen Staatsangehörigen, der zwecks Erlangung einer Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren Unterlagen betreffend die deutsche Studienförderung vorgelegt und die Auffassung vertreten hatte, sie würden einen Anspruch gemäß § 47 Abs 1 Z 6 FGO begründen, Folgendes aus (vgl. VwGH 18.12.2017, VwGH Ro 2016/15/0042):

"24 Von den Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs jedoch Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die gegebenenfalls zur Abweisung führen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 1. Teilband2, § 13 AVG Rz 27 und die dort zitierte Rechtsprechung). Ob es sich um einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG

oder um eine Erfolgsvoraussetzung im obigen Sinn handelt, ist durch Auslegung der Bestimmungen der Materiengesetze zu ermitteln (vgl. zB VwGH 22.10.2013, 2012/10/0213; 23.2.2011, 2008/11/0033; 29.4.2010, 2008/21/0302, mwN).

[...]

28 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. Juni 2010, 2006/17/0161, bereits ausgesprochen hat, ist die Anordnung in § 51 Abs. 1 FMGebO, die ‚gemäß § 50 erforderlichen Nachweise' anzuschließen, angesichts des Umstandes, dass in § 50 FMGebO keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte.

29 Der Revisionswerber hat im Revisionsfall nach Ergehen des ‚Mängelbehebungsauftrags' des BVwG zur Vorlage von Nachweisen des Bezugs einer anspruchsbegründenden Leistung iSd § 47 Abs. 1 FMGebO zudem sehr wohl Unterlagen betreffend deutsche Studienförderung vorgelegt, von denen er meinte, sie würden einen Anspruch gemäß § 47 Abs. 1 Z 6 FMGebO iVm dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts begründen.

30 In einem solchen Fall liegt aber auch insoweit keine Unvollständigkeit des Anbringens vor, die eine Zurückweisung erlauben würde, sondern es ist in der Sache selbst zu entscheiden, wobei sich das BVwG mit der unionsrechtlichen Argumentation des Revisionswerbers inhaltlich im Einzelnen auseinander zu setzen und dazu gegebenenfalls auch notwendige ergänzende Feststellungen zu treffen hat.

31 Die Verweigerung der Sachentscheidung und Zurückweisung der Beschwerde war sohin jedenfalls verfehlt.

[...]"

Vor diesem Hintergrund verhindert bei einem Bezieher einer ausländischen Sozialleistung, der aus dem Anwendungsbereich des Unionsrechtes einen gleichartigen Anspruch auf Gebührenbefreiung wie ein Bezieher österreichischer Studienförderung ableiten möchte, ein Beharren auf der Vorlage einer Bestätigung über den Bezug österreichischer Studienförderung durch die belangte Behörde eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Antragstellers und bedeutet eine unzulässige Verweigerung der Sachentscheidung [vgl. VwGH Ro 2016/15/0042 AnwBl 2018/407 (Sutter)]:

"3. Im fortgesetzten Verfahren wird sich das BVwG vertieft mit der Frage des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs im Revisionsfall zu befassen haben. Dabei werden insb auch die von der Revision gerügten fehlenden Feststellungen zur Anwendbarkeit der VO 492/2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union und somit über die ‚Wanderarbeitnehmereigenschaft' des Revisionswerbers sowie allenfalls über die Gründe für die Nichtbeantragung bzw -gewähr österreichischer Studienförderung im Zeitraum der Zurückweisung zu treffen sein.

4. Das ausschließliche Abstellen der Fernmeldegebührenordnung auf ‚Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992' erscheint dabei bspw schon allein insofern angreifbar, als ausländische Studienförderungen gem § 30 Abs 2 Z 6 StudFG auch auf die österreichische Studienförderung angerechnet werden und diese damit ausschließen können. Allein dadurch könnte es auch bei Anspruch auf österreichische Studienförderung dem Grunde nach (vgl zu den Gleichstellungsvoraussetzungen für EWR-Bürger insb § 4 Abs 1a StudFG) zu unsachlichen Differenzierungen in der Rundfunkgebührenbefreiung je nach Finanzierung der Sozialleistung kommen.

[...]

6. Der vorliegende Revisionsfall zeigt somit, dass eine vermeintliche ‚Unvollständigkeit' eines Anbringens nicht automatisch zu einer Zurückweisung durch das Verwaltungsgericht zu führen hat, sondern dass auch bei Fehlen einzelner Unterlagen stets sorgfältig die Notwendigkeit einer Sachentscheidung zu prüfen ist."

3.5. Der Beschwerdeführer machte seinerseits im verfahrensgegenständlichen Antrag als Anspruchsgrundlage einen BAföG-Bezug geltend und beharrte auch in diversen Schreiben mehrfach darauf, dass der Bezug der deutschen Ausbildungsförderung aufgrund des Unionrechtes dem Bezug von Beihilfen nach dem StudFG gleichzusetzen sei. Zum Nachweis des Bezuges deutscher Ausbildungsförderung wurden seinerseits auch entsprechende Nachweise beigelegt.

Folglich liegt iSd soeben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042) im vorliegenden Fall auch insoweit keine Unvollständigkeit des Anbringens des Beschwerdeführers vor, die eine Zurückweisung erlauben würde, sondern es ist in der Sache selbst zu entscheiden. Die Verweigerung der Sachentscheidung und Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Unrecht.

In Hinblick darauf, dass der angefochtene Bescheid eine auf § 13 Abs 3 AVG gestützte Zurückweisung zum Gegenstand hat, war vom Bundesverwaltungsgericht lediglich zu überprüfen, ob die Entscheidung der genannten Bestimmung entspricht, also ob die sachliche Behandlung des verfahrensgegenständlichen Antrages mangels Erfüllung des Mängelbehebungsauftrags zu Recht verweigert wurde (vgl. speziell zur FGO VwGH 29.05.2006, 2005/17/0242).

Aus diesen Erwägungen war vom Bundesverwaltungsgericht nach § 28 Abs 1 und 2 VwGVG vorzugehen und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

3.6. Als Folge der Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides tritt das Verfahren einerseits in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück, andererseits ist der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers (wieder) unerledigt.

Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die belangte Behörde wird sohin im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob in Hinblick auf den Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren iSd § 47 Abs 1 FGO (weiterhin) vorliegen. Insbesondere wird einer Überprüfung zu unterziehen seien, ob von Seiten des Beschwerdeführers die Zuerkennung österreichischer Studienbeihilfe beantragt wurde und bejahendenfalls wann und wie über diesen Antrag beschieden wurde sowie bei nicht erfolgter Antragstellung, warum eine derartige Antragstellung durch den Beschwerdeführer unterblieben ist.

3.7. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. Die vorliegende Entscheidung folgt insbesondere der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.2017, Ro 2016/15/0042.

Schlagworte

angemessene Frist, Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung,
Gebührenbefreiung, Gleichbehandlung, Kassation, Kognitionsbefugnis,
Mängelbehebung, mangelhafter Antrag, Mangelhaftigkeit, Nachreichung
von Unterlagen, Nachweismangel, Rundfunkgebührenbefreiung,
Sozialleistungen, Studienbeihilfe, Ungleichbehandlung,
Unvollständigkeit, Verbesserungsauftrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W120.2007718.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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