TE Vwgh Erkenntnis 2018/6/12 Ra 2018/08/0014

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Veröffentlicht am 12.06.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §24;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/08/0015 Ra 2018/08/0017 Ra 2018/08/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien 1. B W und 2. A W, beide in G, beide vertreten durch Mag. Gerhard Walzl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 25, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2017, 1) Zl. W156 2009547-1/3E,

2) Zl. W156 2010464-1/3E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse; mitbeteiligte Parteien:

1. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65, 3. J F in R, 4. J F in T), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.212,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit den angefochtenen Erkenntnissen stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die dritt- und viertmitbeteiligten Parteien auf Grund ihrer Tätigkeit für die revisionswerbenden Parteien in näher bezeichneten Zeiträumen der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht jeweils aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Die gegen diese Erkenntnisse erhobenen Revisionen wurden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden. Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Erstattung von Revisionsbeantwortungen durch die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

3 Die revisionswerbenden Parteien erblicken eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, indem es die ausdrücklich beantragte mündliche Verhandlung nicht durchgeführt habe.

4 Dies trifft zu, weshalb sich die Revisionen als zulässig und berechtigt erweisen.

5 Es gehört gerade im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichtes, dem auch im § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen und sich als Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. etwa VwGH 23.5.2017, Ra 2016/08/0096, mwN).

6 Derartige widersprechende prozessrelevante Behauptungen lagen in den gegenständlichen Verfahren vor, und zwar insbesondere dahingehend, dass die viertmitbeteiligte Partei Dienstnehmerin der drittmitbeteiligten Partei gewesen sei, aber auch - davon unabhängig - in Bezug auf die Dauer des Versicherungsverhältnisses der drittmitbeteiligten Partei. Schon im Hinblick auf diese Besonderheiten war es jedenfalls nicht ausreichend, dass das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung betreffend die Pflichtversicherung anderer Dienstnehmerinnen im Unternehmen der revisionswerbenden Parteien durchgeführt hatte (vgl. zu diesem Verfahren VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0163).

7 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

8 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 31 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

9 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 12. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018080014.L00

Im RIS seit

04.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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