TE Vwgh Beschluss 2018/5/30 Ra 2018/18/0050

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Veröffentlicht am 30.05.2018
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E19103000;
E6J;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32003L0086 Familienzusammenführung-RL;
62016CJ0550 A und S VORAB;
AsylG 2005 §35 Abs5;
AsylG 2005 §35;
AVG §38;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/18/0052 Ra 2018/18/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision

1. der Z A alias Z A, 2. des A D, und 3. des N D, alle vertreten durch Mag. Johannes Schreiber, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Aumannplatz 1/Währinger Straße 162, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2017, Zlen. 1. W192 2176614-1/2E, 2. W192 2176616-1/2E und

3. W192 2176619-1/2E, betreffend Visum gemäß § 35 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft Damaskus), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 27. Juli 2017 wies die Österreichische Botschaft Damaskus die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, weil deren Bezugsperson in Österreich (der Sohn bzw. Bruder der revisionswerbenden Parteien, dem mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15. Jänner 2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde) bereits volljährig sei.

2 Die revisionswerbenden Parteien erhoben gegen diesen Bescheid Beschwerde, welche die Österreichische Botschaft Damaskus mit Beschwerdevorentscheidung vom 20. Oktober 2017 als unbegründet abwies, und stellten in weiterer Folge einen Vorlageantrag.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit - zusammengefasst - geltend gemacht wird, das Bundesverwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, den Ausgang des vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-550/16 anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens abzuwarten. Die in dem Urteil des EuGH vom 12. April 2018, C- 550/16, getroffenen Aussagen seien auch auf den vorliegenden Fall übertragbar, zumal fallbezogen die Volljährigkeit der Bezugsperson erst während des bereits anhängigen Familienzusammenführungsverfahrens und zu einem Zeitpunkt eingetreten sei, als der Bezugsperson bereits der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Auslegung des Art. 2 lit. f sowie des Art. 10 Abs. 3 lit. a der Familienzusammenführungsrichtlinie, insbesondere vor dem Hintergrund der in der Rechtssache C-550/16 ergangenen Entscheidung des EuGH.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Vorauszuschicken ist, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 38 AVG einer Partei keinen Anspruch auf Aussetzung eines Verfahrens einräumt (VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611).

7 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof zu den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen bereits mehrfach Stellung genommen. Zuletzt ist er auch auf das jüngst ergangene Urteil des EuGH vom 12. April 2018, A und S, C-550/16, eingegangen und hat dargelegt, dass es für die Beurteilung der Minderjährigkeit einer in Österreich asylberechtigten Person, auf die sich Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG 2005 beziehen, (weiterhin) auf den Zeitpunkt der Entscheidung über diese Anträge, nicht aber auf jenen der Antragstellung ankommt. Auch nach der Familienzusammenführungsrichtlinie ist es nicht geboten, den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 über dessen Wortlaut hinaus zu erweitern. Um das unionsrechtliche Ziel einer Familienzusammenführung zu erreichen, ist es hinreichend sicherzustellen, dass den revisionswerbenden Parteien im Einklang mit den Vorgaben der Familienzusammenführungsrichtlinie bei unionsrechtskonformer Interpretation des nationalen Rechts ein Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erteilt wird (vgl. dazu VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611, mwN; auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen).

8 Von dieser - jüngst bekräftigten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung im Ergebnis nicht abgewichen.

9 Angesichts dessen besteht mit Blick auf die vorliegende Revisionssache auch kein Anlass, die Anregung der revisionswerbenden Parteien aufzugreifen, den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens mit Fragen betreffend die Auslegung der Familienzusammenführungsrichtlinie zu befassen.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. Juni 2018

Gerichtsentscheidung

EuGH 62016CJ0550 A und S VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180050.L00

Im RIS seit

03.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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