TE Vwgh Beschluss 2018/6/8 Ra 2017/17/0392

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Veröffentlicht am 08.06.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
B-VG Art130 Abs4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VStG §51 Abs6;
VwGVG 2014 §42;
VwGVG 2014 §50;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der NR in BK, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 13. Dezember 2016, E 018/06/2015.009/021, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie der sich daran anschließenden hg. Judikatur liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unionsrechtskonformität des Glücksspielgesetzes vor. Von dieser ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

5 Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 16. März 2016 durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen (vgl. VwGH 14.2.2017, Ra 2017/17/0010).

6 Zum Vorbringen der Revisionswerberin, wonach das für die Verwaltungsgerichte anzuwendende Amtswegigkeitsprinzip der in Art. 6 EMRK normierten Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes widerspreche, genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2017, E 3282/2016, zu verweisen. Darin hat der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK verneint. Soweit Art. 47 GRC als anzuwendende Norm in Betracht kommen könnte, vermögen die Revisionsausführungen ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C-685/15, stehen darüber hinaus die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen.

7 Auch das Zulässigkeitsvorbringen der Revision, das Landesverwaltungsgericht weiche insofern von hg. Rechtsprechung ab, als es einen Austausch der als erwiesen angenommenen Tat vorgenommen habe, wenn es im Verhalten der Revisionswerberin einen Verstoß gegen § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG (unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Glücksspielen) erkannt und den Spruch des Straferkenntnis entsprechend abgeändert habe, geht insofern ins Leere, als eine Präzisierung bzw. Richtigstellung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung dann zulässig ist, wenn es nicht zu einem "Austausch der Tat" durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. VwGH 15.5.2017, Ra 2017/17/0214, mwN). Bei der Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmung handelt es sich mithin lediglich um eine Rechtsfrage, die nicht dem Parteiengehör unterliegt (vgl. VwGH 15.5.2017, Ra 2017/17/0214, mwN).

8 Schon nach der Rechtsprechung zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, und dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013, war die (damalige) Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat - unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs. 6 VStG, vgl. nun § 42 VwGVG) gezogenen Grenzen - einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen. Es kann auch im Hinblick auf die den Verwaltungsgerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art. 130 Abs. 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG), für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten (vgl. VwGH 15.5.2017, Ra 2017/17/0214, mwN). Dass das Verwaltungsgericht seinem Erkenntnis ein anderes Tatsachensubstrat, als das bereits innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG von der belangten Behörde herangezogene zugrunde gelegt hat, ist nicht ersichtlich.

9 Eine Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG (unternehmerisches Zugänglichmachen von verbotenen Glücksspielen) durch das Verwaltungsgericht anstelle des von der belangten Behörde herangezogenen vierten Tatbildes dieser Bestimmung (unternehmerische Beteiligen an verbotenen Glücksspielen) führt somit nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses.

10 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 8. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170392.L00

Im RIS seit

03.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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