TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/16 99/01/0366

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Veröffentlicht am 16.02.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §38 Abs5;
AsylG 1997 §8;
B-VG Art131 Abs2;
FrG 1997 §57;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 28. Juli 1999, Zl. 209.473/0-VII/19/99, betreffend Feststellung gemäß § 8 AsylG (mitbeteiligte Partei: F H, S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, der am 23. Oktober 1998 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 27. Oktober 1998 die Gewährung von Asyl. Am selben Tag niederschriftlich zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Mitbeteiligte an, wegen der derzeit im Kosovo herrschenden Unruhen nach Österreich gekommen zu sein.

Mit Bescheid vom 9. März 1999 wies das Bundesasylamt im Spruchteil I. den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, idF. BGBl. I Nr. 4/1999 - AsylG, ab und stellte im Spruchteil II. fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei. Der Mitbeteiligte erhob Berufung gegen beide Spruchteile des erstinstanzlichen Bescheides.

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1999, mit welchem sie ausdrücklich nur über die gegen Spruchteil II. des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 9. März 1999 erhobene Berufung entschied. Sie gab ihr statt und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG iVm § 57 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, nicht zulässig sei.

Begründend führte sie aus, wegen des Fehlens von individuellen Verfolgungsgründen und auf Grund der bestehenden Unklarheit über eine etwaige Verfolgungsmotivation sei zum gegenständlichen Zeitpunkt ein Abspruch über die Berufung gegen Spruchteil I. des Bescheides des Bundesasylamtes nicht möglich. Ob dem Mitbeteiligten im Falle seiner jetzigen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine unmenschliche Behandlung oder Strafe im Sinne des Art. 3 EMRK oder die Todesstrafe drohe, sei jedoch im gegenständlichen Zeitpunkt feststellbar, weil nach Art. 3 EMRK der Grund bzw. das Motiv für den Eingriff irrelevant sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf § 38 Abs. 5 zweiter Satz AsylG gestützte Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres.

Der beschwerdeführende Bundesminister wendet sich unter anderem dagegen, dass die belangte Behörde nur hinsichtlich des Spruchteiles II. des durch Berufung angefochtenen Bescheides der Behörde erster Instanz entschieden habe. Dies widerspreche der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 8 letzter Halbsatz AsylG. Diese stelle zu den allgemeinen Bestimmungen des AVG, welche gemäß § 23 AsylG im Asylverfahren nur insoweit anwendbar seien, als nicht im AsylG anderes bestimmt werde, eine Spezialnorm für das Asylverfahren dar. Sei ein Abspruch über die Berufung gegen die abweisende Entscheidung der Behörde erster Instanz betreffend den Asylantrag des Mitbeteiligten "zum gegebenen Zeitpunkt ... nicht möglich", dann verbiete sich die Erlassung eines Bescheides nur im Hinblick auf die Feststellung gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Weiters teilte sie mit Schreiben vom 12. Jänner 2000 mit, dass der Mitbeteiligte mit Schreiben vom 6. Dezember 1999 seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zurückgezogen habe, da er freiwillig in den Heimatstaat zurückkehren wolle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da die Beschwerdelegitimation des Bundesministers für Inneres ein von den Verfahrensparteien und den beteiligten Behörden losgelöstes Kontrollinstrument zur Prüfung, ob der angefochtene Bescheid in objektiver Weise rechtmäßig ist, darstellt, führt die Zurücknahme der Berufung nicht zur Gegenstandslosigkeit des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 98/01/0326, mit weiteren Nachweisen).

Es war somit inhaltlich auf die Beschwerde einzugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom 19. Jänner 2000, Zl. 99/01/0372, entschieden, dass es bei offenem Asylverfahren dem unabhängigen Bundesasylsenat verwehrt ist, eine abgesonderte Entscheidung darüber zu erlassen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Asylwerbers in den Herkunftsstaat zulässig ist oder nicht. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Da der angefochtene Bescheid sohin überhaupt nicht hätte erlassen werden dürfen, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den weiteren vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfahrens- und Rechtsrügen zum Inhalt des angefochtenen Bescheides.

Aus den im angeführten Erkenntnis vom 19. Jänner 2000 dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 16. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999010366.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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