TE Vwgh Beschluss 2018/5/30 Ra 2018/09/0057

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Veröffentlicht am 30.05.2018
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
UFG Wr 1967 §7 Abs2;
UFG Wr 1967 §7;
UFG Wr 1967 §9 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des H M in W, vertreten durch Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 8/5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. Dezember 2017, VGW-171/049/9780/2015-17, betreffend Entziehung einer Versehrtenrente gemäß § 9 Abs. 1 Unfallfürsorgegesetz 1967 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1960 geborene Revisionswerber steht als Hauptbrandmeister in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Er erlitt am 3. April 2012 und am 19. Mai 2012 Dienstunfälle.

2 Mit dem im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen, angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber u.a. die ihm mit Bescheid vom 9. Dezember 2013 im Hinblick auf den zuletzt genannten Dienstunfall zuerkannte Versehrtenrente gemäß § 9 Abs. 1 Unfallfürsorgegesetz 1967 (UFG 1967) entzogen.

3 Dies begründete das Verwaltungsgericht zusammengefasst damit, dass die ehemals mit 20% festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit im Hinblick auf eine eingetretene Besserung nun nur mehr 10% als Folge des Dienstunfalles ausmache.

4 Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Unter diesem Gesichtspunkt sieht der Revisionswerber in seiner Revision, mit der er eine Verletzung in seinem Recht auf Zuerkennung einer Versehrtenrente geltend macht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin gelegen, dass dahingehende Judikatur zu § 7 Abs. 2 UFG 1967 fehle, wann ein Dienstunfall zu berücksichtigen sei und wie die in dieser Bestimmung angegebenen Minderungen der Erwerbsfähigkeit "in Relation zu setzen" seien. Aus dem Umstand, dass die vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes für das gegenständliche Verfahren nicht relevant seien, könne abgeleitet werden, dass die Rechtsfrage auf Gewährung einer Versehrtenrente bei aufeinanderfolgenden Dienstunfällen nicht bzw. nicht einheitlich beantwortet sei.

8 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, nicht aufgezeigt:

9 Zunächst ist festzuhalten, dass die Revision - ungeachtet der Erklärung, die Entscheidung ihrem gesamten Umfang nach anzufechten - keinerlei Ausführungen zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses enthält, mit dem dem Revisionswerber der Ersatz von Sachverständigenkosten auferlegt wurde. Dieser von der Hauptsache trennbare Ausspruch ist daher nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

10 § 7 Unfallfürsorgegesetz 1967 (UFG 1967), Wiener LGBl. Nr. 08/1969, in der Fassung LGBl. Nr. 49/2013, lautet (auszugsweise):

"Grundrente

§ 7. 1) Dem Versehrten gebührt die Grundrente, wenn seine Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Zeitpunkt des Eintrittes der Versehrtheit hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist.

(2) Dem Versehrten gebührt die Grundrente auch, wenn seine Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Zeitpunkt des Eintrittes der Versehrtheit hinaus um mindestens 10 v.H. vermindert ist, sofern die gesamte Minderung der Erwerbsfähigkeit nach Berücksichtigung der Folgen nachstehender, dem Dienstunfall oder der Berufskrankheit vorangegangener Schädigungen 20 v.H. erreicht:

1.        Arbeitsunfall oder Berufskrankheit nach dem Allgemeinen

Sozialversicherungsgesetz,

2.        Dienstunfall oder Berufskrankheit nach dem Beamten-

Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967, oder

nach Landesgesetzen über Unfallfürsorge,

3.        anerkannte Dienstbeschädigung nach dem

Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, BGBl. Nr. 152, oder dem Heeresversorgungsgesetz, BGBl. Nr. 27/1964, anerkannter Impfschaden nach dem Impfschadengesetz, BGBl. Nr. 371/1973, oder anerkannte Gesundheitsschädigung nach dem Opferfürsorgegesetz, BGBl. Nr. 183/1947,

4. Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung im Sinne des

Bundesgesetzes über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972,

5. Unfall oder Krankheit nach § 76 Abs. 2 bis 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969.

(3) In den Fällen des Abs. 2 ist bei der Bestimmung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Schädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursachte. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung aller Schädigungen ein höherer Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit besteht.

..."

11 Nach § 9 Abs. 1 UFG 1967 ist bei Änderung des Grades der durch den Dienstunfall oder die Berufskrankheit verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit die Grundrente auf Antrag oder von Amts wegen zu erhöhen, herabzusetzen oder zu entziehen.

12 Mit seinem Zulässigkeitsvorbringen und dem Revisionspunkt verkennt der Revisionswerber den Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht. Diesem lag nämlich nicht die (erstmalige) Zuerkennung einer Versehrtenrente infolge zweier Dienstunfälle nach § 7 Abs. 2 UFG 1967 zu Grunde, sondern der Entzug der bereits mit Bescheid vom 9. Dezember 2013 zugesprochenen Grundrente im Hinblick auf die Änderung des Grades der durch den Dienstunfall vom 19. Mai 2012 verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 9 Abs. 1 UFG 1967. Bereits in jenem Bescheid war die Versehrtenrente aber lediglich im Hinblick auf die aus diesem zeitlich späteren Dienstunfall resultierenden gesundheitlichen Folgen zuerkannt worden, während die aus dem ersten Dienstunfall vom 3. April 2012 resultierende Verletzung als folgenlos abgeheilt beurteilt wurde. Schon bei Zuerkennung der Versehrtenrente lag daher kein Fall des § 7 Abs. 2 UFG 1967 vor.

13 Im Übrigen würden die vom Revisionswerber aufgeworfenen Rechtsfragen aber auch im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darstellen (siehe zum Fehlen der Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision bei klarem Gesetzeswortlaut etwa VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0079). So setzt § 7 Abs. 2 UFG 1967 für die Zuerkennung einer Grundrente unzweideutig voraus, dass die gesamte Minderung der Erwerbsfähigkeit 20% erreicht. Schon diese Voraussetzung ist nach den, dem Zulassungsvorbringen zu Grunde zu legenden verwaltungsgerichtlichen Feststellungen im vorliegenden Fall nicht gegeben.

14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 30. Mai 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090057.L00

Im RIS seit

27.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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