TE Vwgh Beschluss 2018/6/7 Ra 2017/17/0363

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Veröffentlicht am 07.06.2018
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
VStG §44a;
VStG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des F H in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 10. Jänner 2017, LVwG-2015/14/1603-4, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 1. Juni 2015 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C Ltd. der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 5 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) der Beschwerde gegen das Straferkenntnis dahingehend Folge, dass es die Strafe auf EUR 1.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) herabsetzte und die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren neu bestimmte. Weiters sprach das LVwG aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Zur im Zulässigkeitsvorbringen der Revision behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes ist auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG nicht ausschließlich der Überwachung der Einhaltung des in den §§ 3 und 4 GSpG normierten Glücksspielmonopols dient. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG ist es vielmehr, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden. Die vom Revisionswerber behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG bewirkt daher nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 und ein unionsrechtlich begründetes Anwendungsverbot des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG (vgl. etwa VwGH 19.12.2016, Ra 2016/17/0034, mwN). Mit seinen unionsrechtlichen Ausführungen vermag der Revisionswerber daher keine Rechtsfrage darzulegen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

7 Die Revision erachtet überdies den durch das LVwG modifizierten Spruch des Straferkenntnisses als rechtswidrig, weil der Revisionswerber nunmehr nicht bloß als Geschäftsführer der C Ltd. bestraft worden sei, sondern als Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 GSpG.

8 Dabei übersieht die Revision, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich nicht rechtswidrig wäre, wenn die Berufungs- bzw. Beschwerdeentscheidung das Verhalten des Beschuldigten einem anderen Tatbestand (Tatbild) unterstellt als das Straferkenntnis, sofern es sich um ein und dasselbe Verhalten des Täters handelt, also Identität der Tat vorliegt. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. zB VwGH 30.06.1994, 94/09/0035, mwN), findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde (das Verwaltungsgericht) mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der "Sache" nicht statt. Dasselbe gilt für den Fall, dass dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, sondern als Inhaber einer Einzelfirma zugerechnet werden können. § 9 VStG normiert nämlich kein zusätzliches, zum Tatbild der jeweiligen Strafnorm hinzutretendes Tatbestandselement. Daher findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des Straferkenntnisses durch die Berufungsentscheidung (Beschwerdeentscheidung) mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Straftat nicht in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, sondern als Inhaber einer Einzelfirma zuzurechnen ist, keine Auswechslung des Tatvorwurfs oder eine Überschreitung der "Sache" statt (vgl. auch VwGH 23.11.1982, 81/11/0097, VwSlg. 10893/A).

9 Der Revision gelingt es somit auch mit diesem Vorbringen nicht, ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung aufzuzeigen.

10 Auch sonst enthält das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 7. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170363.L00

Im RIS seit

27.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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