TE Vwgh Erkenntnis 2018/5/24 Ro 2017/07/0028

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Veröffentlicht am 24.05.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des M A in J, vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Meinhardstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21. Juli 2017, LVwG- 2017/37/0507-15, betreffend Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei:

Land Tirol, Landesstraßenverwaltung, Abteilung Verkehr und Straße in 6020 Innsbruck, Herrengasse 1-3), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Vorgeschichte des gegenständlichen Verfahrens 1 Dipl.-Ing. W R (ein Rechtsvorgänger des Revisionswerbers)

suchte mit Schriftsatz vom 27. April 1978 um die Erteilung der wasser-, elektrizitäts- und gewerberechtlichen Genehmigung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage zur Eigenstromversorgung (Projekt Nr. 3737) am P Bach (auch: P Dorfbach) an. Laut den vorgelegten Einreich- und Planunterlagen waren drei Wasserfassungen geplant. Die "Wasserfassung II" war am Rbach, Gst. Nr. 1827, vorgesehen, von dem seit Jahrzehnten eine Überleitung zum P Bach führte, die diesen mit Wasser speiste und speist. Insgesamt sollte eine Betriebswassermenge von 25 l/s ausgenutzt werden.

2 Der Konsenswerber stellte diesen Antrag später "vorerst zurück"; dies wegen Einwendungen ua der Gemeinde P, die auf die Speisung des Dorfbaches (des P Baches) durch die Überleitung aus dem Rbach und auf die Gefährdung der dadurch gewährleisteten Löschwasserversorgung der Gemeinde (Zitat: "weil das Dorf selbst keinen Bach hat") verwies.

3 Mit Schreiben vom 7. Juni 1979 ersuchte Dipl.-Ing. W R neuerlich um die Erteilung der wasser-, elektrizitäts- und gewerberechtlichen Genehmigung zum Bau einer Eigenstromversorgungsanlage nach Maßgabe eines neuen Projekts (Nr. 3737a); dieses Projekt sah nur mehr eine Wasserfassung am P Bach vor. Die auszunützende Betriebswassermenge von 25 l/s blieb gleich.

4 Die Gemeinde P nahm mit Schreiben vom 23. Juli 1979 zu diesem Ansuchen vom 7. Juni 1979 (auszugsweise) wie folgt Stellung:

"Die Gemeinde lehnt das Ansuchen des Herrn Dipl.-Ing. W R um die wasserrechtliche Bewilligung zum Bau eines kleinen Wasserkraftwerkes für seinen eigenen Bedarf, wie schon bei der ersten Eingabe, ab.

Die Ablehnung wird wie folgt begründet:

Der sogenannte P-Bach ist im strengsten Sinne kein Bach, da er kein eigenes Wasser führt. Der P-Bach wird durch das Überwasser aus dem Trinkwasserhochbehälter und durch eine teilweise Ableitung des Rbaches gespeist. In trockenen Jahreszeiten oder bei Spitzenverbrauch ist kein Überwasser mehr. Sollte einmal das Wasser aus dem Rbach aus irgendwelchen Gründen abgeleitet werden müssen, ist der P-Bach trocken. In der heutigen Energiekrise könnte ein solcher Grund, früher oder später, der Bau eines eigenen EW sein, als zusätzliche Versorgung der Gemeinde. Denn in unserer Gemeinde bestand bereits ein E-Werk, das durch den Rbach gespeist wurde.

Für die Gemeinde ist auch ein Projekt für einen großen Trinkwasserbehälter in Ausarbeitung. Wenn dieser Hochbehälter fertiggestellt ist, wird es kaum mehr Überwasser geben, denn dann braucht die Gemeinde nur in Spitzenzeiten oder in Trockenperioden zusätzlich Trinkwasser von Igls hereinpumpen. ..."

5 Mit Bescheid vom 20. August 1979 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (im weiteren: BH) dem Dipl.- Ing. W R gemäß §§ 9, 11, 12, 13, 21, 22, 23, 98 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Wasserkraftanlage am P Bach, beschränkt auf eine Wasserentnahme von 25 l/s zur eigenen Versorgung der Objekte auf Bp. 250 und 252 KG P, befristet bis 31. Dezember 2020, nach Maßgabe der eingereichten Pläne unter folgenden Bedingungen:

"A) Bedingungen über Antrag des Wasserbautechnischen Sachverständigen:

1)

...

5)

Das Ausmaß der Betriebswasserentnahme wird mit max. 25 l festgesetzt.

              6)       Die für Wasserversorgungszwecke der im Einzugsgebiet des Pbaches liegenden Gemeinde P erforderliche Wassermenge von 5 l/s wird aus dem jeweiligen natürlichen Zufluß des Pbaches gemäß § 13 Abs. 4 WRG 1959 zur Verfügung der Wasserrechtsbehörde vorbehalten."

6 Mit Bescheid vom 27. Juni 1985 genehmigte die BH nachträglich geringe Abweichungen von der mit Bescheid vom 20. August 1979 erteilten Bewilligung und erklärte die Wasserkraftanlage unter Berücksichtigung der nachträglich genehmigten Abweichungen wasserrechtlich für überprüft.

7 Aufgrund einer Mitteilung der Gemeinde P vom 29. Jänner 1993 an die BH, wonach der Rbach zur Gänze in die Kleinwasserkraftanlage des Dipl.-Ing. W R eingezogen werde, führte die BH am 23. Februar 1993 einen Ortsaugenschein durch und stellte Folgendes fest:

"Die Wasserkraftanlage R wurde 1979 am P Dorfbach bewilligt. Die Wasserführung des P Dorfbaches wird jedoch oberhalb der Wasserfassung schon seit langer Zeit (sicher vor 1923) durch eine entlang der E Landesstraße verlaufende Überleitung aus dem Rbach aufgebessert. Dipl.-Ing. W R ist also Nutznießer dieses übergeleiteten Wassers, hat die Überleitung aber nicht hergestellt. In der heute besichtigten Ausleitungsstelle der Überleitung aus dem Rbach fließt derzeit - abgelenkt durch eine kleine Aufdämmung im Bachbett - das gesamte ankommende Wasser durch einen rechtsufrigen Einlaufrechen in die teilweise verrohrte und teilweise offene Überleitung zum P Dorfbach. Aktivitäten des Herrn Dipl.-Ing. W R an dieser Stelle beschränken sich auf eine gelegentliche Rechenreinigung und auf eine gelegentliche Vorsorge im Herbst zur möglichst vollständigen Wasserabkehr während des Winterhalbjahres, während dem er praktisch zur Gänze auf das Wasser des Rbaches angewiesen ist.

Der ebenfalls heute besichtigte P Dorfbach führt nämlich aufgrund von 7 Quellfassungen in seinem Einzugsgebiet nur mehr eine Wassermenge in der Größenordnung von einem 10-tel derjenigen des Rbaches (diese heute geschätzt auf ca. 7-10 l/s).

Zwischen dem Vertreter der Gemeinde P und Dipl.-Ing. W R wird folgende privatrechtliche Vereinbarung geschlossen:

Es wird vereinbart, dass von der Wasserkraftanlage des Herrn Dipl.-Ing. W R alle 14 Tage an der Ausleitungsstelle der Überleitung aus dem Rbach (Ortsteil R, oberhalb der Straßenbrücke bei Fam. K), und zwar jeden 1. und jeden 15. eines jeden Monats in den Wintermonaten von Oktober bis April jeden Jahres jeweils 3 Stunden (dies bis zum möglichen Anschluss der Siedlung H und Siedlung K und des Gasthauses ‚I' an die Kanalisation E) das gesamte Wasserdargebot des Rbaches durch geeignete Vorkehrungen vonseiten des Herrn Dipl.-Ing. W R (Abdeckung des Rechens) in das alte natürliche Bachbett bzw. den weiterführenden Graben des Rbaches abgegeben wird.

In den Sommermonaten ist nach Möglichkeit durch geeignete Vorkehrungen durch Dipl.-Ing. W R Sorge zu tragen, dass an der Ausleitungsstelle der Überleitung aus dem Rbach ständig ca. 1/3 der anfallenden Wassermenge in das alte Bachbett des Rbaches abgegeben wird.

Sollte diese für die Sommermonate getroffene Vereinbarung den wirtschaftlichen Kraftwerksbetrieb in Frage stellen (zu geringfügiges Wasserdargebot), so wird vereinbart, dass automatisch die oa. für die Wintermonate getroffene Regelung in Kraft tritt.

Dieses Übereinkommen zwischen den Parteien hat so lange Gültigkeit, bis der Anschluss der Siedlungen H, K sowie des Gasthauses ‚I' an die Kanalisation E möglich ist."

8 Mit Schreiben vom 4. Jänner 2000 an die BH führte Dipl.- Ing. W R aus:

"Grundlage des Kraftwerkprojektes war u.a. eine 1979 schon lange bestehende (sicher vor 1923) Überleitung des Rbaches in den P Dorfbach. Tatsächlich ist es so, dass der allergrößte Teil des in meinem Kraftwerk genutzten Wassers aus dieser Überleitung stammt. Nach meiner Auffassung umfasst daher die mir erteilte Bewilligung auch das Recht zur Nutzung dieses übergeleiteten Wassers. Wenige Tage vor Weihnachten 1999 hat mir der Bürgermeister der Gemeinde P mitgeteilt, dass er wegen Vereisungsproblemen im offenen Teil des Überleitungsgerinnes auf der E Landesstraße gezwungen sei, die Überleitung aus dem Rbach abzukehren. Auch eine rasch durchgeführte Reparatur (Verrohrung eines kurzen Teiles der Überleitung) brachte nicht den gewünschten Erfolg, das Wasser trat wieder aus und ergoss sich auf die Straße, wo es vereiste. Die Abkehrung wurde sodann vorgenommen mit der Folge, dass ich mein Kraftwerk nicht mehr betreiben kann.

Ich ersuche daher um die Durchführung eines Feststellungsverfahrens zur Klärung der Frage, inwieweit die Gemeinde P berechtigt war, mir das größtenteils aus dem Rbach stammende Betriebswasser für mein rechtmäßig betriebenes Kraftwerk zu entziehen."

9 In einer Verhandlung vom 4. April 2002 vor der BH nannte der Amtssachverständige für Wasserbau Maßnahmen, die geeignet wären, das Vereisungsproblem der E Landesstraße hintanzuhalten.

Der Bürgermeister der Gemeinde P äußerte sich wie folgt:

"Zu den von den Vertretern des Kraftwerksbetreibers dargelegten Feststellungen und Aussagen möchte ich mich dahingehend äußern, dass grundsätzlich das bestehende Wasserrecht zum Betrieb des gegenständlichen Kraftwerkes von Seiten der Gemeinde P unter Mitbenutzung des ‚Rbaches', wie bereits in vorangegangenen Verfahren festgestellt, nicht bestritten wird. Allerdings wird ausgeführt, dass von Seiten der Landesstraßenverwaltung immer wieder die Forderung gegenüber der Gemeinde P geltend gemacht wird, Maßnahmen im Bereich dieses Rbaches zu unternehmen, damit Wasseraustritte am Fuß der linksseitigen Einschnittböschung der E Landesstraße zu Vereisungen und damit zu Gefährdungen der Straßenbenützer führen können."

10 Weiters führte der Bürgermeister aus, dass es sinnvoll wäre, am Rbach eine massive Ausleitungsstelle zu installieren, um eine sichere Wassermenge für das Kraftwerk zu garantieren.

11 Abschließend nahm die BH in der genannten Verhandlung wie folgt Stellung:

"Wie in der Besprechung bzw. aus den Akten eindeutig hervorgeht, besteht dieses zwar künstlich errichtete Beileitungsgerinne bereits mindestens seit dem Jahr 1923 und hat sich dieses in der Zwischenzeit zu einem natürlichen Bachbett ausgebildet. Allfällige Maßnahmen im Bereich dieses Rbaches, wie vom Amtssachverständigen ua. vorgeschlagen (Abdichtung des Bachbettes), bedürfen daher nach Ansicht der Behörde einer zusätzlichen naturschutz- und wasserrechtlichen Bewilligung."

12 Die BH übermittelte die Niederschrift dieser Verhandlung unter anderem der mitbeteiligten Partei zur Kenntnisnahme sowie zur weiteren Veranlassung und hielt in ihrem Schreiben vom 16. Mai 2002 fest, dass eine Unterbindung der Wasserführung des Rbaches sowohl aus naturschutzrechtlicher als auch aus wasserrechtlicher Sicht im Sinne der bisherigen rechtskräftigen Bewilligung sowie bestehender Gesetze nicht möglich sei, weshalb anderweitige Maßnahmen zu überdenken seien, um die Vereisungsgefahr auf der E Landesstraße zu unterbinden.

13 Mit Schreiben vom 17. Oktober 2002 wandte sich der Sohn (und Rechtsnachfolger) des Dipl.-Ing. W R, Dipl.-Ing. W R jun., an den Bürgermeister der Gemeinde E:

"Mit diesem Schreiben möchte ich nochmals zusammenfassen und - stark verkürzt, im Kern aber vollständig - festhalten, wie es zur Errichtung dieses Einlaufbauwerkes gekommen ist, weswegen Sie mich heute sehr erbost angerufen hatten:

Dieses Einlaufbauwerk war bereits 1979 Teil des damals eingereichten und genehmigten Kraftwerksprojektes meines Vaters Dipl.-Ing. W R sen., ... Der damalige P Bürgermeister A T hatte dann jedoch den Bau desselben verhindert, und mein Vater war froh, es nicht bauen zu müssen. Soweit die Vorgeschichte.

Seit 1999 gab es mit der Überleitung des Rbaches nach P immer wieder das Problem, dass es ca. 100 m südlich des Ortsendes von P (etwa dort, wo sich der Jägerhochstand befindet), am Fuß der südseitigen Straßenböschung immer wieder zu geringfügigen Wasseraustritten gekommen war, die in der kalten Jahreszeit eine Vereisung der Fahrbahn nach sich zogen. In der Folge wurde dieses Problem meinem Vater immer wieder zum Mühlstein um den Hals, und es gab seitens des P Bürgermeisters J R bis zum Beginn des Jahres 2002 hin immer wieder Versuche, das bestehende Wasserrecht für das Kleinkraftwerk zu bestreiten. Er verlangte immer wieder das Abkehren des Baches in den R, um mögliche Unfälle an der Straße und eine damit verbundene, mögliche Haftung seinerseits hintanzuhalten ...

Schließlich wurde ein Feststellungsverfahren eingeleitet, welches am 4.4.2002 im P Gemeindeamt vonstatten ging. Dabei anwesend waren Dr. N vom Umweltreferat bzw. der Wasserrechtsbehörde als Leiter des Verfahrens, Dipl.-Ing. S vom Wasserbauamt in der Innsbrucker Herrengasse, Bgmst. R, Dr. N als Interessensvertreter meines Vaters und meine Wenigkeit. Dabei wurde außer jeden Zweifel gestellt, dass diese Rbachüberleitung heute als natürliches Gewässer anzusehen ist und nicht willkürlich mehr abgeleitet werden darf. Die genaue Textierung können Sie dem Protokoll entnehmen. Um nun dem Dilemma mit der Straßenvereisung zu entkommen, wurde festgehalten, dass es Aufgabe der Landesstraßenverwaltung sei, hier eine zweckmäßige und kostengünstige Lösung zu suchen und auszuführen, vorgeschlagen wurde eine Drainagierung entlang des westlichen Banketts.

Bevor das Verfahren zum Ende gekommen war, verlangte Bgmst. R jedoch noch zwei Dinge:

              1.       Etwa auf halber Länge zwischen der südlichen P Ortstafel und dem vorgenannten Jägerhochstand gibt es eine Überfahrt von der Straße in die Wiese, wobei der Bach dort 3 m verrohrt ist. Da der Innendurchmesser des Rohres jedoch lediglich 20-25 cm betrug und es am Rohranfang während des Winters immer wieder zu Vereisungen und damit zu einer weiteren Einengung des ohnehin schon zu knappen Querschnittes kam, staute sich dort das Wasser und trat auf die Straße aus, wo es ebenfalls zu Glatteisbildungen kam. Daher verlangte Bgmst. R dort den Austausch gegen ein Rohr mit 40 cm Innendurchmesser, und wir erklärten uns bereit, diese Maßnahme umzusetzen, was vergangene Woche auch geschehen ist.

              2.       Bei der Abzweigung des Rbaches in die Verrohrung der Überleitung nach P kam es durch unterschiedliche Abflußmengen immer wieder zu geringfügigen Geschiebeveränderungen und Verlegungen des dort vorhandenen Gitterrostes mit organischen Rückständen wie Gras, Laub und Kleingehölz, sodass alle 2-3 Tage eine Wartung mit Reinigung des Rostes und Umbettung der Welle erforderlich war. Um also die Wasserführung für den naturgeschützten Bach zu sichern und dem unerträglichen Dauerwartungszustand bei der Abzweigung ein Ende zu setzen, verlangte Bgmst. R die Herstellung eines betonierten Einlaufbauwerkes. Er warf dabei auch die Frage auf, weshalb dieses nicht schon damals zum Zeitpunkt der Genehmigung der Kraftwerksanlage gebaut worden sei. Ich konnte dazu nur berichten, was schon zu Beginn dieses Schreibens gesagt wurde.

Die Anordnung bzw. Beauftragung dieser beiden Maßnahmen war ganz klar mit der Aussage verknüpft, dass zur Wasserberechtigung ebenso die Verpflichtung gehört, den Betrieb durch entsprechende Wartungsaufgaben abzusichern, um die vorgenannten Störungen hintanzuhalten. Da weder unser Anwalt Dr. N noch ich selbst dies in Zweifel stellen wollten bzw. konnten, nahmen wir diese Verpflichtungen auf uns und stimmten der Vereinbarung zu. Die Umsetzung derselben fand in den vergangenen zwei Wochen statt. Im Sommer wäre dies auf Grund des stärkeren Abflusses schwieriger gewesen, darum wurde dieser Zeitpunkt gewählt."

14 Mit Schreiben vom 23. Oktober 2002 zeigte Dipl.- Ing. W R jun. der BH an, am Rbach eine betonierte Wasserfassung errichtet zu haben. Diese Wasserfassung hätte dazu gedient, Wässer aus dem Rbach in das Kraftwerk, welches am P Dorfbach errichtet sei, auszuleiten. Eine wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für diese Maßnahme liege nicht vor. Er werde wegen der aufgetretenen technischen Probleme schnellstmöglich mit dem Rückbau beginnen. Der Versuch, den unerträglichen Dauerwartungszustand mit diesem Bauwerk zu beenden, sei misslungen. Er ersuche gegebenenfalls um Hilfestellung (der Wildbach- und Lawinenverbauung) durch die Schaffung baulicher Maßnahmen zur Dosierung der Überleitungsmenge.

15 In der daraufhin am 21. November 2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung stellte der Amtssachverständige für Wildbach- und Lawinenverbauung fest, dass sämtliche Einbauten, die im Zuge dieses Verfahrens zu beurteilen gewesen seien, zur Gänze entfernt worden seien. Der Vertreter der BH führte aus, dass jegliche Änderungen an der Wasserkraftanlage einer wasser- und naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürften.

16 Mit Schreiben vom 3. Februar 2003 teilte die BH der mitbeteiligten Partei im Wesentlichen mit, Dipl.-Ing. W R jun. habe die BH informiert, dass vonseiten der für die E Landesstraße zuständigen Straßenmeisterei auch im heurigen Winter die Aufforderung ergangen sei, das Wasser aus dem Rbach abzuleiten, um eine Vereisung entlang der E Landesstraße im offenen Teil der Überleitung des Rbaches hintanzuhalten. Die BH verwies diesbezüglich auf die Feststellungen anlässlich des Lokalaugenscheins am 4. April 2002, wonach der gegenständliche Bereich des Rbaches entlang der E Landesstraße im Gemeindegebiet von P in der Natur einen natürlich verlaufenden Wiesenbach darstelle. Obwohl der gegenständliche Bachverlauf möglicherweise ursprünglich als künstliches Beileitungsgerinne errichtet worden sei, habe sich in der Zwischenzeit dieses Gerinne zu einem natürlichen Bachbett ausgebildet (nachweislich bestehe dieser Bach bereits zumindest seit 1923). Dies bedeute, dass allfällige Maßnahmen im Bereich dieses Baches unter allen Umständen einer naturschutz- und wasserrechtlichen Bewilligung bedürften. Es sei daher zweifellos unzulässig, den gegenständlichen Bachabschnitt aus welchen Gründen auch immer über die Wintermonate trocken zu legen. Diese Vorgangsweise stelle eindeutig einen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand dar.

17 Die Gemeinde P führte in ihrem Schreiben an die BH vom 12. Februar 2003 unter anderem aus, dass sie den ursprünglich künstlich angelegten Wasserlauf als Teil der P Landschaft betrachte und schätze.

18 Dipl.-Ing. W R jun. beantragte schließlich am 7. Oktober 2004 bei der BH ein weiteres Feststellungsverfahren über den Umfang seiner Rechte, weil ihm in den letzten Jahren bzw. Monaten aufgefallen sei, dass die Durchflussmenge des Baches dramatisch abgenommen habe und der Betrieb seines Kleinkraftwerkes dadurch stark behindert bzw. teilweise sogar verhindert werde. Das daraufhin durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab, dass keine Manipulationen am P Bach bzw. bei der Wasserfassung am Rbach vorlägen.

19 Mit Schreiben vom 15. Jänner 2007 wandte sich Dipl.- Ing. W R jun. an die BH, in welchem er Folgendes ausführte:

"... In einem Gespräch mit dem P Bürgermeister B T heute um ca. 9:15 h eröffnete mir dieser, dass die Überleitung des Rbaches nach P nicht rechtens sei, das Wasser fließe von sich aus nicht hierher und es handle sich keinesfalls um eine Überleitung, sondern um eine zu Unrecht bestehende Ableitung. Diese werde jetzt im Zuge der Trassenverlegung der E Landesstraße stillgelegt und stehe mir dann für das Kleinkraftwerk nicht mehr zur Verfügung. Es gebe auch keinerlei Dokumente und Urkunden, die die Rechtmäßigkeit des Baches belegen können, meinte er ferner.

Sehr geehrter Herr Dr. N., dies käme einer Liquidierung unserer Kleinkraftwerkes gleich, und ich bitte Sie inständigst um Aufklärung der rechtlichen Situation sowohl bei der Landesstraßenverwaltung als auch in der Gemeinde P..."

20 Mit weiteren Schreiben vom 14. Februar 2007 und 4. März 2007 wandte sich Dipl.-Ing. W R jun. neuerlich an die BH mit der Bitte um Klärung der rechtlichen Situation.

21 Der Revisionswerber erwarb im März 2013 das Gst. Nr. 1917, GB P.

22 Mit Bescheid der BH vom 2. Oktober 2013 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 18. Oktober 2013) wurden zum einen die Umstellung des Zwecks des Kleinkraftwerkes vom Inselbetrieb (zur Versorgung zweier Objekte) zum Netzparallelbetrieb und zum anderen die Übertragung des Wasserbenutzungsrechtes auf den Revisionswerber und die dingliche Verbindung dieses Rechtes mit dem Grundstück Nr. 1917 bewilligt.

Zum gegenständlichen Verfahren

23 Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2015 suchte die mitbeteiligte Partei bei der BH um die Erteilung der wasser- und naturschutzrechtlichen Bewilligung für den Ausbau der Engstelle R an der L38 E Straße im Bereich km 11,74 - 12,37 in den Gemeindegebieten P und E einschließlich der Versickerung von Straßenwässern an. Gegenstand des Projektes ist (ua) die Entfernung und Nichtwiederherstellung der Verrohrung der Überleitung vom Rbach.

24 Im Rahmen der am 27. Mai 2015 vor der BH stattgefundenen mündlichen Verhandlung machte der Revisionswerber Einwendungen gegen das geplante Vorhaben geltend und verwies auf sein bestehendes Entnahmerecht.

25 In dieser Verhandlung beantragte ein Vertreter der Fischereigesellschaft Innsbruck, die nicht bewilligte Ableitung von Wasser aus dem Rbach dauerhaft zu schließen. Damit solle sichergestellt werden, dass der Rbach als Vorfluter mehr Wasser erhalte und dass in der Restwasserstrecke der Sill das Wasser des Rbaches bereits ab seiner natürlichen Mündung zur Verfügung stehe.

26 Mit Bescheid vom 2. Februar 2017 erteilte die BH der mitbeteiligten Partei die wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für den Ausbau der Engstelle R an der L38 E Straße im Bereich km 11,74 - 12,37 in den Gemeindegebieten P und E einschließlich näher beschriebener Entwässerung (Spruchteil A. und C.) und wies die Einwendungen des Revisionswerbers mangels Parteistellung zurück (Spruchteil A.VIII.).

27 Der genannte Bescheid enthält überdies die forstrechtliche Bewilligung für die erforderlichen dauernden und vorübergehenden Rodungen (Spruchteil B.) sowie die bei der Umsetzung des bewilligten Vorhabens einzuhaltenden Nebenbestimmungen und Auflagen (Spruchteil D.).

28 Der Revisionswerber brachte gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) ein und richtete sich darin gegen die Entfernung und Nichtwiederherstellung der im Baulos zwischen km 11,74 und 12,37 der L38 befindlichen Verrohrung der Überleitung vom Rbach in den P Bach. Seit Jahrhunderten seien am P Bach mehrere Mühlen betrieben worden. Wegen der zu geringen Schüttung des P Baches sei über eine Überleitung aus dem Rbach Wasser zugeführt worden. Diese Überleitung sei auch in der Chronik der Gemeinde P sowie in der vom Chronisten der Gemeinde P verfassten Abhandlung "Mühlen in P - eine Bestandsaufnahme" vom September 2009 dokumentiert. Diese Überleitung stelle ein öffentliches Gewässer im Sinne des § 2 Abs. 3 und 4 WRG 1959 dar. Die Aberkennung seiner Parteistellung und die Behandlung der Überleitung als rechtswidrigen Bestand im Sinne des § 138 Abs. 4 WRG 1959 sei nicht rechtmäßig.

29 Zwischenzeitig trug die BH dem Revisionswerber mit Bescheid vom 14. August 2015 auf, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands das knapp oberhalb der Landesstraßenquerung L38 gelegene Entnahmebauwerk am Rbach dauerhaft zu verschließen. Diesen Bescheid hob das Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 5. November 2015 ersatzlos auf.

30 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Juli 2017 wies das LVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab und erklärte gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.

31 Das LVwG führte aus, Gegenstand dieses Verfahrens sei die Frage, ob der Revisionswerber durch die Erhebung seiner Einwendung im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2015 vor der BH als Betreiber des unter der PZ 3 eingetragenen Kleinwasserkraftwerks und als Inhaber des damit verbundenen Wasserbenutzungsrechts Parteistellung erlangt habe und somit die von der BH vorgenommene Zurückweisung seiner Einwendungen mangels Parteistellung zulässig gewesen sei.

32 Das LVwG stellte die rechtlich relevanten Punkte der Geschichte des in Rede stehenden Kleinkraftwerkes näher dar und stellte danach fest, dass derzeit der Revisionswerber das unter der PZ 3 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk Innsbruck eingetragene Kraftwerk betreibe. Die Wasserfassung des Kraftwerkes befinde sich auf dem Gst. Nr. 1882/1, unmittelbar an der Grenze zu Gst. Nr. 1886/1, ca. 420 m flussabwärts der Einmündung der Überleitung am Rbach.

33 Der Betrieb der unter der PZ 3 für den Verwaltungsbezirk Innsbruck-Land eingetragenen Wasserkraftanlage am P Bach sei maßgeblich von der Zuleitung des Wassers aus dem Rbach über das bestehende Überleitungsgerinne abhängig. Ohne dieses Wasser sei ein Betrieb nicht möglich.

34 Der Revisionswerber führe in dem im Rbach situierten Einlaufbauwerk - dort finde die Teilung des ankommenden Wassers in jene Wassermenge, die in das Überleitungsgerinne fließe, und jene Wassermenge, die im Bachlauf des Rbaches verbleibe, - die notwendigen Wartungsarbeiten durch. Eine Verpflichtung des Revisionswerbers zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten am Bauwerk selbst, aber auch am Überleitungsgerinne, bestehe nicht.

35 In der Vergangenheit hätten sich am P Bach mehrere mit Wasserkraft betriebene Mühlen befunden, für deren Betrieb wegen der zu geringen Schüttung des P Baches über eine Überleitung aus dem Rbach Wasser zugeführt worden sei. Diese Zuführung sei in einem Ausmaß erfolgt, das nahezu der eigenen Schüttung des P Baches entsprochen habe und auch derzeit entspreche.

36 Über ein Einlaufbauwerk am Rbach auf dem Gst. Nr. 736 oberhalb der Brücke der L38 E Straße sei das Wasser über einen Waal zum P Bach geleitet worden. Das Wasser habe nicht nur Verwendung für den Betrieb der Mühlen am P Bach gefunden, sondern habe auch der Bewässerung der Felder im Bereich der Überleitung gedient. Die BH habe den Bestand der Überleitung als "mindestens seit 1923 gesichert" festgestellt.

37 Das bestehende Einlaufbauwerk im Rbach sei entsprechend einer im Beton dieses Bauwerks ersichtlichen Jahreszahl zuletzt im Jahr 1964 saniert worden. Es lasse sich nicht feststellen, wer diese Sanierung durchgeführt habe.

38 Im Laufe der 1960er Jahre hätten die Mühlen am P Bach nach und nach ihren Betrieb eingestellt. Die entsprechenden Wasserrechte seien erloschen, teilweise sei auf sie verzichtet worden.

39 Im Zuge der Errichtung der L Er Straße sei in dem vom gegenständlichen Vorhaben betroffenen Bereich der zuvor bestehende Waal über eine Teilstrecke von ca. 300 m durch eine Verrohrung unter der Trasse der L E Straße ersetzt worden. Die Teilstrecke habe ca. bei km 11,74 der L E Straße westlich des Bus-Umkehrplatzes geendet und sei dort in einen Waal gemündet. Der Waal führe wiederum entlang der südöstlichen Straßenbegrenzung über eine Strecke von ca. 350 m und münde auf Gst. Nr. 1812 in ein betoniertes Becken. Das Überleitungsgerinne führe von dort in einer verrohrten Teilstrecke bis zur Einmündung in den ebenfalls verrohrten P Bach in einen Schacht beim Gasthof "B" (Gst. Nr. 1738/1).

40 Das Überleitungsgerinne sei ursprünglich in das Löschkonzept der Gemeinde P integriert gewesen. Im Notfall wäre daher Wasser aus dem Überleitungsgerinne für Löschzwecke entnommen worden.

41 Im Zuge des Neubaus der L E Straße sei es zur Errichtung eines Hydranten, aus dem im Brandfall Wasser bezogen werden könne, gekommen. Die Brennerbasistunnel BBT SE (BBT) habe im Hinblick auf die Trinkwasserversorgung der Gemeinde P eine Ersatzwasserleitung errichtet. Im Zuge der Errichtung dieser Ersatzwasserleitung habe die BBT den die L E Straße querenden Abschnitt des Überleitungsgerinnes zunächst entfernt und auf eigene Kosten wiederhergestellt. Im Zusammenhang mit dem Bau der Ersatzwasserleitung habe die BBT einen (weiteren) Hydranten errichtet. Mit den errichteten Hydranten stehe nunmehr im Notfall ausreichend Wasser für Löschzwecke zur Verfügung.

42 Für das verfahrensgegenständliche Überleitungsgerinne und die damit zusammenhängende Ableitung von Wasser aus dem Rbach in den P Bach bestehe keine wasserrechtliche Bewilligung. Dessen Trasse verlaufe nicht über öffentliches Wassergut.

43 Das Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Innsbruck-Land enthalte betreffend den P Bach und auch den Rbach keine vor dem Inkrafttreten der WRG-Novelle 1959 begründeten Wasserrechte. Insbesondere bestehe somit auch kein altes Wasserrecht zur Entnahme von Wasser aus dem Rbach einschließlich der Überleitung dieses Wassers in den P Bach.

44 Das für den Betrieb des unter der PZ 3 eingetragenen Kraftwerkes bestehende Wasserrecht beschränke sich auf die Wasserentnahme von 25 l/s aus dem P Bach. Die wasserrechtliche Bewilligung vom 20. August 1979 räume dem jeweiligen Betreiber dieses Kraftwerks kein Wasserbenutzungsrecht am Rbach ein. Dies werde schon aus dem Umstand deutlich, dass in dem mit Schriftsatz vom 27. April 1978 vorgelegten "ursprünglichen" Projekt (Projekt Nr. 3737) auch eine Wasserfassung am Rbach und damit die Entnahme aus dem Rbach vorgesehen gewesen sei ("Wasserfassung II"). In dem mit Schriftsatz vom 7. Juni 1979 neuerlich eingebrachten Antrag auf Erteilung der erforderlichen Bewilligung einer Kraftwerksanlage und des damit zusammenhängenden Wasserbenutzungsrechts sei im vorgelegten Projekt die vormals am Rbach vorgesehene Wasserfassung II nicht mehr enthalten gewesen.

45 Beim Überleitungsgerinne einschließlich des Einlaufbauwerks handle es sich um eine künstlich errichtete Anlage und somit um keinen natürlichen Zufluss des P Baches. Es sei daher entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers nicht von einem Gewässer im Sinn des § 2 Abs. 3 und 4 WRG 1959 auszugehen. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die künstlich geschaffene Ableitung von Wasser vom Rbach in den P Bach einschließlich des bestehenden Überleitungsgerinnes habe nicht erhoben werden können.

46 Die für das unter der PZ 3 eingetragene Kraftwerk erteilte wasserrechtliche Bewilligung vermittle somit dem jeweiligen Kraftwerksbetreiber kein wie immer geartetes Wasserbenutzungsrecht zur Entnahme von Wasser am Rbach und zu dessen Überleitung in den P Bach und umfasse auch nicht die für die Überleitung von Wasser aus dem Rbach zum P Bach erforderlichen Anlagenteile.

47 Auch wenn sich daher das gegenständliche Straßenprojekt der Landesstraßenverwaltung auf das Überleitungsgerinne und damit die Überleitung von Wasser aus dem Rbach in den P Bach und folglich auf den Betrieb des unter PZ 3 eingetragenen Kraftwerks auswirke, ergebe sich dadurch kein Eingriff in das zugunsten des Revisionswerbers für den Betrieb des Kraftwerkes am P Bach bestehende Wasserbenutzungsrecht. Die eben geschilderte Maßnahme im Zusammenhang mit dem Straßenprojekt berühre auch keine weiteren Wasserrechte, da Wasserrechte zur Entnahme von Wasser aus dem Rbach und zur Überleitung dieses Wassers in den P Bach nicht bestünden. Das wasserrechtlich nicht bewilligte künstliche Überleitungsgerinne sei auch kein rechtmäßig bestehender Zufluss zum P Bach.

48 Mangels Eingriffes in das dem Revisionswerber zum Betrieb des unter der PZ 3/2717 eingetragenen Kraftwerkes eingeräumte Wasserbenutzungsrecht durch das gegenständliche Straßenprojekt habe der Revisionswerber mit seiner Einwendung anlässlich der mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2015 keine Parteistellung im gegenständlichen wasserrechtlichen Verfahren gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 erlangt.

49 Als Ergebnis hielt das LVwG fest, das dem Revisionswerber zum Betrieb seines Kraftwerkes eingeräumte Wasserbenutzungsrecht beschränke sich auf die Entnahme von Wasser aus dem P Bach in einem genau definierten Ausmaß. Zugunsten des Revisionswerbers bestehe kein Wasserbenutzungsrecht am Rbach und damit auch nicht an der Überleitung von Wasser aus dem Rbach zum P Bach. Allfällige ältere Wasserrechte existierten nicht mehr; entsprechende behördliche Genehmigungen hätten nicht erhoben werden können. Dieses Überleitungsgerinne sei zudem nicht als natürlicher Zufluss und damit als Gewässer im Sinn des § 2 Abs. 3 und 4 WRG 1959 zu qualifizieren.

50 Die mit dem gegenständlichen Straßenprojekt verbundenen Auswirkungen auf das Überleitungsgerinne und damit auf die Überleitung von Wasser aus dem Rbach in den P Bach stellten keinen Eingriff in das dem Revisionswerber zum Betrieb seines Kraftwerkes am P Bach, aber auch keinen Eingriff in sonstige Wasserrechte dar.

51 Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision führte das LVwG aus, es hätte insbesondere den Umfang des dem Revisionswerber zum Betrieb seines Kraftwerkes eingeräumten Rechts zu erheben und daran einen möglichen Eingriff durch das verfahrensgegenständliche Projekt zu messen gehabt. Dabei habe es sich an den Bestimmungen des WRG 1959 orientiert und nicht mit Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auseinanderzusetzen gehabt.

52 Es habe aber auch die Frage der rechtlichen Qualifikation des verfahrensgegenständlichen Überleitungsgerinnes samt Einlaufbauwerk zu erörtern gehabt. Insbesondere sei fraglich, ob dieses Überleitungsgerinne einen nicht bewilligungspflichtigen Zufluss des P Baches und damit ein Gewässer im Sinn des § 2 Abs. 3 und 4 WRG 1959 darstelle. Die rechtliche Qualifizierung derartiger, in der Vergangenheit künstlich geschaffener Gerinne betreffe eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen Rechts. Der diesbezüglichen Entscheidung komme eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

53 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Revision und bezog sich in seinen Zulässigkeitsgründen auf die vom LVwG aufgeworfene Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG. Es gelte zu klären, ob das gegenständliche Überleitungsgerinne samt Einlaufbauwerk einen nicht bewilligungspflichten Zufluss des P Baches und somit ein Gewässer im Sinne des § 2 Abs. 3 und 4 WRG 1959 darstelle. Bejahendenfalls habe das Überleitungsgerinne einen Teil des P Baches dargestellt bzw. stelle einen solchen Teil dar; angesichts dessen, dass sich seine wasserrechtliche Genehmigung auf eine Entnahme aus diesem Bach beziehe und diese geschmälert werden sollte, hätte er im gegenständlichen Verfahren Parteistellung gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959.

54 Die BH erstattete mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie die Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragte.

55 Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung vom 6. Oktober 2017, in welcher sie auf bereits erstattetes Vorbringen verwies.

56 Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft brachte eine Revisionsbeantwortung vom 9. Oktober 2017 ein.

57 Der Revisionswerber führte in einem weiteren Schriftsatz vom 31. Oktober 2017 aus, gerade weil an der verfahrensgegenständlichen Überleitung kein Wasserrecht eingetragen sei und diese Überleitung wahrscheinlich seit Jahrhunderten bestehe (zumindest seit 1924 dokumentiert sei), sei diese Überleitung im Sinne des § 2 WRG 1959 als öffentliches Gewässer zu behandeln und einem natürlichen Zufluss des P Baches in Bezug auf die Parteirechte von Unterliegern gleichzustellen.

58 Dies ergebe sich auch aus einer teleologischen Betrachtung, weil nach den Bestimmungen des WRG 1959 ein Wassernutzungsberechtigter mit einer bestimmten Schüttung des Gewässers an der Entnahmestelle rechnen dürfe und das Gesetz dieses Vertrauen insofern schütze, als er Parteistellung in allen Verfahren habe, die Einfluss auf die Schüttung des Gewässers an der Entnahmestelle des Berechtigten hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

59 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

60 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

61 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

62 Die Revision, die auch geltend macht, es komme dem Revisionswerber ein Recht auf Zugriff auch auf das übergeleitete Wasser zu, weshalb das LVwG die Rechtslage verkannt habe, erweist sich als zulässig. Sie ist auch begründet.

63 Die hier maßgeblichen Bestimmungen des WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 58/2017, lauten (auszugsweise):

"Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.

§ 12. (1) ...

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

...

Parteien und Beteiligte.

§ 102. (1) Parteien sind:

a)        der Antragsteller;

b)        diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder

Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

..."

64 Es kann dahinstehen, ob es sich beim verfahrensgegenständlichen Überleitungsgerinne vom Rbach zum P Bach, welches teilweise unterirdisch und verrohrt verläuft, um ein öffentliches Gewässer handelt oder nicht.

65 Entscheidend ist im vorliegenden Fall allein der Umfang des Rechts, das dem Revisionswerber durch die wasserrechtliche Bewilligung vom 20. August 1979 eingeräumt wurde, somit die Frage, ob das Recht zur Betriebswasserentnahme der am P Bach errichteten Wasserkraftanlage im Ausmaß von 25 l/s nur die Anlage und das im P Bach natürlich abfließende Wasser umfasst oder auch die Ausleitung aus dem Rbach und das dem P Bach durch die Überleitung zufließende Wasser. Vor diesem Hintergrund stellt sich fallbezogen die - auch in der Revision ins Treffen geführte - Frage, ob der Revisionswerber durch seinen Hinweis auf eine mögliche Verletzung in diesen Rechten Parteistellung im Verfahren über das Projekt der mitbeteiligten Partei erlangen konnte oder nicht.

66 Im Zeitraum der Durchführung des Genehmigungsverfahrens Ende der 70er Jahre erstattete die Gemeinde mehrere Stellungnahmen zu den Projekten des damaligen Konsenswerbers. Wie oben wiedergegeben, wies sie in ihrer Stellungnahme vom 23. Juli 1979 darauf hin, dass im P Bach gar kein oder fast kein eigenes Wasser fließe; dieser Bach werde - so die Gemeinde - "durch das Überwasser aus dem Trinkwasserhochbehälter und durch eine

teilweise Ableitung des Rbaches gespeist. ... Sollte einmal das

Wasser aus dem Rbach aus irgendwelchen Gründen abgeleitet werden müssen, ist der P-Bach trocken."

67 Im Bewilligungsbescheid vom 20. August 1979 wurde zugunsten der Gemeinde (Auflage 6) aus dem "jeweiligen natürlichen Zufluss des Pbaches" für Wasserversorgungszwecke eine Wassermenge von 5 l/s vorbehalten. Ein solcher Vorbehalt wäre aber angesichts des beklagten Fehlens einer gesicherten eigenen Wasserführung des P Baches unverständlich, wenn nicht bereits damals unter dem "natürlichen Zufluss" des P Baches auch die Überleitung aus dem Rbach verstanden worden wäre.

68 Dafür, dass die wasserrechtliche Bewilligung für das Kleinkraftwerk auch die Aus- und Überleitung aus dem Rbach umfasste, spricht auch die Bemessung des Ausmaßes der Betriebswasserentnahme in der Größenordnung von 25 l/s. Der P Bach bot weder damals (noch heute) genug "eigenes" Wasser, um eine Betriebswasserentnahme in diesem Ausmaß zu ermöglichen. Auch dieser Umstand legt ein Verständnis der damaligen wasserrechtlichen Bewilligung nahe, diese ermächtige den Konsensinhaber zum Zugriff auf das natürliche Wasser des P Baches und auf das durch die Überleitung aus dem Rbach fließende Wasser. Dies spricht dafür, dass von der Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Wasserkraftanlage des Konsenswerbers auch die Ausleitung aus dem Rbach und die Überleitung in den P Bach umfasst sein sollte.

69 Dass auch die Gemeinde und die zuständige Wasserrechtsbehörde über Jahrzehnte hinweg das Recht des Revisionswerbers (bzw. dessen Rechtsvorgängers) in dieser Weise verstanden, zeigt sich insbesondere in der - vor der BH abgeschlossenen - privatrechtlichen Vereinbarung vom 23. Februar 1993 zwischen der Gemeinde und dem Konsensinhaber, in der datumsgenau die Abgabe des Wassers an der Ausleitungsstelle der Überleitung aus dem Rbach - und damit die Wassermenge, die übergeleitet werden durfte und die im Rbach verbleiben sollte - geregelt wurde. Die BH, die Gemeinde und der Konsensinhaber gingen dabei übereinstimmend von der Berechtigung des Konsensinhabers zur Regelung des Wasserzuflusses an der Ausleitungsstelle der Überleitung aus; dieser Umstand zeigt, dass die Ausleitung und Überleitung als Teil der wasserrechtlichen Bewilligung zum Kraftwerksbetrieb verstanden wurde.

70 Schließlich wurde dies auch im "Feststellungsverfahren" vor der BH im Jahr 2002 deutlich, gestand die Gemeinde doch in der Stellungnahme vom 4. April 2002 dem Konsensinhaber ausdrücklich das Recht zur Mitbenutzung "des Rbaches" zu, was zwingend die Berechtigung zur Aus- und Überleitung umfasste.

71 Der Rechtsvorgänger des Revisionswerbers fühlte sich - diesem Verständnis entsprechend - auch für die reibungslose Ableitung aus dem Rbach verantwortlich, er nahm regelmäßig Wartungstätigkeiten vor (siehe auch den oben dargestellten Sachverhalt zur Vereisungsproblematik). In Umsetzung einer Forderung des Bürgermeisters errichtete er im Jahr 2002 (bewilligungslos) ein Einlaufbauwerk am Rbach, entfernte es aber wieder nach behördlicher Aufforderung. Diese Aufforderung war vor dem Hintergrund ergangen, dass er für die Errichtung des Einlaufbauwerks keine dafür notwendige wasserrechtliche Bewilligung erlangt hatte; dass ihm kein Recht auf Aus- und Überleitung und Nutzung des übergeleiteten Wassers zukäme, wurde damals aber nicht festgestellt.

72 Fallbezogen bietet sich daher das Bild, dass sich aus der wasserrechtlichen Bewilligung vom 20. August 1979 das Recht des Konsensinhabers zur Errichtung einer Wasserkraftanlage, zur Aus- und Überleitung von Wasser aus dem Rbach in den P Bach und zur Entnahme des Wassers aus dem P Bach ergibt.

73 Das Argument des LVwG, wonach sich der zweite Bewilligungsantrag des Dipl.-Ing. W R vom 7. Juni 1979 (Projekt 3737a) - im Gegensatz zum ursprünglichen Antrag vom 27. April 1978 (Projekt 3737) - auf Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung für die Errichtung der gegenständlichen Wasserkraftanlage nicht mehr auf die Wasserfassung II, und somit nicht mehr auf die Überleitung aus dem Rbach bezogen habe, überzeugt nicht.

74 Wie ein Vergleich der beiden Projektbeschreibungen zeigt, blieben alle wesentlichen technischen Daten, insbesondere die Höhe der beanspruchten Betriebswassermenge, gleich. Das Projekt 3737 enthielt die "Erstellung der Wasserfassung II am Rbach in Betonbauweise"; das Projekt 3737a enthielt die Erstellung eines solchen Bauwerks nicht mehr. Daraus kann aber - angesichts des Fehlens sonstiger technischer Änderungen - nicht der Schluss gezogen werden, es werde auf die - faktisch schon bestanden habende - Aus- und Überleitung aus dem Rbach oder auf das Wasser aus der Überleitung verzichtet. Es wurde (lediglich) von der Errichtung einer betonierten Wasserfassung bei der Überleitung Abstand genommen, nicht aber auf die Aus- und Überleitung und die Nutzung des übergeleiteten Wassers.

75 Aus diesem Verständnis folgt weiters, dass der Revisionswerber seine Parteistellung im Bewilligungsverfahren über das Projekt der mitbeteiligten Partei wahrte, wenn er fristgerecht auf die Beeinträchtigung der Überleitung und damit seines Wasserrechtes durch das Projekt verwies.

76 Fallbezogen kommt der Verwaltungsgerichtshof daher zur Ansicht, dass dem Revisionswerber im Verfahren Parteistellung zukam. Die gegenteilige Rechtsansicht verletzte seine Rechte.

77 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

78 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

79 Der Kostenersatz war dem Revisionswerber trotz seines Antrages, diesen der belangten Behörde aufzuerlegen, zuzusprechen, weil die belangte Behörde dem Rechtsträger, der den Kostenersatz zu leisten hat, zuzurechnen ist. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. Nr. 518, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 8/2014.

Wien, am 24. Mai 2018

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017070028.J00

Im RIS seit

22.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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