TE Vwgh Beschluss 2000/2/22 99/11/0217

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Veröffentlicht am 22.02.2000
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Index

14/02 Gerichtsorganisation;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASGG §65 Abs3 Z1;
ASGG §70;
ASVG §324 Abs1;
ASVG §354 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, in der Beschwerdesache der M in W, vertreten durch Dr. Alfred Noll, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Alserstraße 21, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. Oktober 1998, Zl. MA 12 - 10253/79A, betreffend Sozialhilfe, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes - WSHG - in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 13/1973 idF LGBl. Nr. 66/1996, für die Zeit vom 1. Februar 1998 bis 31. Oktober 1998 eine befristete wiederkehrende Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes in der Höhe von S 1.200,-- monatlich zuerkannt.

In der Begründung führte die belangte Behörde - soweit dies für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist - aus, die Beschwerdeführerin beziehe eine befristete Berufsunfähigkeitspension von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bis 31. Oktober 1998 in der Höhe von S 7.692,30. Bis zur bescheidmäßigen Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension einschließlich Ausgleichszulage habe die Beschwerdeführerin Geldaushilfen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten. Die Höhe der wiederkehrenden Geldleistung bestehe in der Differenz zwischen dem Richtsatz (einschließlich Zuschlag) zuzüglich des Mehrbetrages wegen Miete einerseits und dem anzurechnenden Einkommen. Soweit die Beschwerdeführerin in der Berufung geltend mache, ihr gebühre die Dauerleistung nicht erst seit der Antragstellung (im Februar 1998) sondern bereits seit einem früheren Zeitpunkt, sei ihr entgegenzuhalten, dass nach Überwindung einer Notlage Sozialhilfe für die Vergangenheit nur dann zu gewähren sei, wenn auf Grund einer die Umstände des Einzelfalles berücksichtigenden Prognose mit der Gefahr eines Rückschlages zu rechnen sei bzw. die Hilfsbedürftigkeit eines Antragstellers in der Vergangenheit noch Auswirkungen in der Gegenwart habe. Die Beschwerdeführerin habe in der Zeit vor Februar 1998 Geldaushilfen zur Sicherung des Lebensbedarfes bezogen, sodass keine Auswirkungen mehr in der Gegenwart vorlägen. Auf eine pauschale Abdeckung des über den Richtsatz hinausgehenden Mehrbedarfes bestehe zudem gemäß § 13 Abs. 6 WSHG kein Rechtsanspruch. Die Beschwerdeführerin habe demnach auch keinen Anspruch auf unbefristete Gewährung der ihr zuerkannten Dauerleistung. Die Befristung mit 31. Oktober 1998 sei ausgesprochen worden, weil der Beschwerdeführerin auch die Berufsunfähigkeitspension nur befristet bis zu diesem Zeitpunkt zuerkannt worden sei. Für die Überweisung der Pensionsnachzahlung durch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten an den Sozialhilfeträger bilde § 324 AVG (richtig: ASVG) die Rechtsgrundlage.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 7. Juni 1999, B 2203/98-17, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Recht auf rückwirkende Zuerkennung der "im Rahmen der Sozialhilfe zu gewährenden Mietzins- und Heizbeihilfe" verletzt. Der Beschwerdebegründung ist zu entnehmen, dass sich dies auf die Zeit vom 1. Dezember 1996 bis 1. Februar 1998 (richtig: 31. Jänner 1998) bezieht.

In diesem Recht kann die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt sein, weil der (mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte) erstinstanzliche Bescheid keinen Abspruch über Sozialhilfe für die Zeit vor dem 1. Februar 1998 enthält. Mangels Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid in dem behaupteten Recht verletzt zu sein, fehlt der Beschwerdeführerin die Beschwerdeberechtigung.

Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass selbst dann, wenn man im Sinne der Beschwerdeführerin davon ausginge, dass der (durch den angefochtenen Bescheid bestätigte) erstinstanzliche Bescheid auch die Abweisung eines Begehrens auf Zuerkennung einer Dauerleistung für die Zeit vor Februar 1998 enthält, für die Beschwerdeführerin im Ergebnis nichts gewonnen wäre. Der Beschwerdeführerin wurden nämlich - worauf in der Gegenschrift zutreffend hingewiesen wird - (auch) in der Zeit vom 1. Dezember 1996 bis 31. Jänner 1998 jeweils mit rechtskräftigen Bescheiden der Erstbehörde Geldaushilfen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zuerkannt. Die in den Verwaltungsakten befindlichen Berechnungen der der Beschwerdeführerin zuerkannten Geldaushilfen zeigen, dass dabei auch der Mehraufwand für Mietzins und das "Heizkostenpauschale" berücksichtigt wurden. Einer neuerlichen Entscheidung über diese Zeiträume wäre die Rechtskraft der genannten Bescheide entgegengestanden. Die Rechtskraft hätte die Zurückweisung eines auf neuerliche Entscheidung über diese Zeiträume abzielenden Anbringens gemäß § 68 Abs. 1 AVG zur Folge haben müssen.

Die Aktenlage zeigt - worauf weder in der Begründung des angefochtenen Bescheides noch in der Beschwerde entsprechend Bedacht genommen wurde -, dass es der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren durchaus bewusst war, dass für die Zeit vom 1. Dezember 1996 bis 31. Jänner 1998 rechtskräftige Bescheide vorliegen. Die Beschwerdeführerin war - wie sich aus ihren Eingaben an die Erstbehörde vom 10. März 1998, 19. März 1998 und (insbesondere) vom 12. Mai 1998 ergibt - nicht damit einverstanden, dass die Pensionsversicherungsanstalt den vom Sozialhilfeträger geltend gemachten Ersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe befriedigt hat. In diesem Zusammenhang ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass sich der Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe aus § 324 Abs. 1 ASVG ergibt. Streitigkeiten über solche Ersatzansprüche gehören zu den Leistungssachen im Sinne des § 354 Z. 3 leg. cit., über die letztlich (bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 70 ASGG) gemäß § 65 Abs. 1 Z. 3 ASGG die Gerichte zu entscheiden haben. Auffassungsunterschiede zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Anspruchsberechtigten über die Auszahlung der Leistung sind hingegen im Rahmen von Einwendungen des Sozialversicherungsträgers gegen die auf den Leistungsbescheid gestützte Exekutionsführung zu klären (vgl. dazu Müller, Wichtige Verfahrensfragen der Sozialgerichtsbarkeit in Leistungsstreitverfahren, RdA 1997, 449 ff).

Aus dem oben genannten Grund war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110217.X00

Im RIS seit

20.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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