TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 98/08/0092

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Veröffentlicht am 23.02.2000
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §33;
AlVG 1977 §36;
AlVG 1977 §36a Abs1;
AlVG 1977 §36a Abs2;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
NotstandshilfeV §5 Abs1 idF 1995/329;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des RF in T, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer und Dr. Widukind W. Nordmeyer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 13. Mai 1997, Zl. B1-12897275/276-11, betreffend Abweisung sowie Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde einerseits dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Notstandshilfe mangels Notlage keine Folge gegeben und andererseits gemäß § 38 i.V.m. § 24 Abs. 2 und § 25 Abs. 1 AlVG der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 9. bis 31. August 1996 widerrufen und die unberechtigt empfangene Notstandshilfe von S 6.107,-- zur Rückzahlung vorgeschrieben.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus wie folgt:

Der Beschwerdeführer habe am 9. August 1996 bei einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe gestellt. Hiebei habe er die im Antragsformular enthaltene Frage nach einem eigenen Einkommen verneint.

Mit Mitteilung vom 26. August 1996 sei dem Beschwerdeführer daraufhin bekannt gegeben worden, dass ihm ab 9. August 1996 bis voraussichtlich 7. August 1997 Notstandshilfe im täglichen Ausmaß von S 265,50 gebühre.

Am 1. Oktober 1996 habe sich der Beschwerdeführer bei der regionalen Geschäftsstelle erkundigt, inwiefern Mieteinkommen die Notstandshilfe beeinflussten. Er habe angegeben, eine Erbschaft gemacht zu haben. Nach Erhalt der gewünschten Auskunft habe er weiters mitgeteilt, dass er viele Aufwendungen habe und es daher ohnehin zu keiner Anrechnung kommen würde.

Die regionale Geschäftsstelle habe daraufhin den Leistungsbezug bis zur Klärung mit 1. September 1996 eingestellt und den Beschwerdeführer aufgefordert, sämtliche Nachweise vorzulegen.

Am 23. Oktober 1996 habe der Beschwerdeführer schriftlich mitgeteilt, dass er Einnahmen aus der Vermietung von Teilen eines Hauses beziehen würde. Diese würden monatlich derzeit S 10.454,-- zuzüglich 10 % USt. und dem anteiligen Betriebskostenersatz betragen. Er habe in diesem Schriftsatz geltend gemacht, die Mieteinnahmen könnten nur deshalb erzielt werden, weil er auf Grund der Testamente Alleinerbe nach seiner Tante sei und ihm der Nachlass, der im Wesentlichen aus dem angesprochenen Haus bestehe, mit Beschluss des Bezirksgerichtes W. vom 29. April 1996 eingeantwortet worden sei. Im Gegenzug dazu habe er jedoch die auf der Liegenschaft aushaftenden Darlehen und Kredite zur Gänze übernehmen müssen und die sonstigen Kosten des Verlassenschaftsverfahrens einschließlich der ihm testamentarisch auferlegten Leistungen bezahlt. So habe er vier Vermächtnisse von je S 100.000,-- mit Fälligkeitstermin 28. Mai 1996 bezahlen müssen. Hinzu komme noch die Erbschaftssteuer in Höhe von S 6.920,-- sowie die mangels grundbücherlicher Durchführung noch nicht abgerechneten Kosten des Verlassenschaftsverfahrens, die mit etwa S 50.000,-- zu veranschlagen seien. Er habe auch die noch von der Erblasserin in Auftrag gegebene, vom E-Werk dringend verlangte Sanierung der Elektroinstallationen in diesem Haus in Höhe von S 76.051,20 bezahlt. Alle diese Aufwendungen seien untrennbar und zwingend mit dem Erwerb der Liegenschaft von Todes wegen verbunden und daher unabdingbare Voraussetzung für die Möglichkeit der Erzielung der Mieteinnahmen. Dieser notwendige Aufwand werde vom Einkommen erst in ca. fünf Jahren erreicht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei daher das Mieteinkommen auf Grund der Anrechnungsbestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und der Notstandshilfeverordnung außer Ansatz zu lassen.

Der Beschwerdeführer habe in diesem Schriftsatz weiters geltend gemacht, er habe diese angeführten Zahlungsverpflichtungen im Kreditwege finanzieren müssen, weil er über keine Ersparnisse oder sonstiges Vermögen verfügt habe. Er habe einen Kredit über 1,1 Mio. S aufgenommen und hiefür eine monatliche Kreditrate von S 9.007,-- zu leisten. Von diesem Kreditbetrag entfalle lediglich ein Betrag von etwa S 85.000,-- auf sonstige private Verbindlichkeiten, die mit dem vermieteten Haus nichts zu tun hätten. Der hierauf entfallende Teilbetrag der Monatsrate betrage laut Mitteilung der Bank S 719,--.

Nach dieser Kreditaufnahme hätte er Sanierungen und Investitionen (Türen, Böden, Tapeten etc.) vornehmen müssen, ohne die die angeführten Mietzinse nicht hätten erzielt werden können. Für diese Aufwendungen habe er einen weiteren Kredit über S 250.000,-- aufgenommen, der in monatlichen Raten zu S 1.816,-- abzustatten sei. Die monatliche Gesamtbelastung, die er habe eingehen müssen, um die angeführten Mieteinnahmen erzielen zu können, betrügen daher mehr als S 10.000,--.

Über Aufforderung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe der Beschwerdeführer am 25. November 1996 eine Bestätigung der Kredit gewährenden Bank vorgelegt, wonach er einerseits im Zuge eines Privatrealkredites über S 200.000,-- mit einer Laufzeit vom 5. Oktober 1996 bis 5. September 2011 monatlich S 1.816,-- für diverse Zahlungen wegen "Erbschaft" zurückzuzahlen habe und andererseits für einen Kreditbetrag von 1,1 Mio. S monatliche Raten von S 9.007,-- in der Zeit vom 5. Juni 1996 bis 5. Mai 2016 "wegen diverser Zahlungen und Übernahme von Verbindlichkeiten wegen der Erbschaft" zu leisten habe.

Daraufhin habe die regionale Geschäftsstelle mit Bescheid vom 13. Jänner 1997 dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Notstandshilfe gemäß § 33 Abs. 3 lit. c AlVG mangels Notlage keine Folge gegeben und mit weiterem Bescheid von diesem Tag gemäß § 38 i. V.m. § 24 Abs. 2 AlVG den Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 9. August 1996 bis 31. August 1996 widerrufen und gemäß § 38 i.V.m. § 25 Abs. 1 AlVG den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe von S 6.107,-- verpflichtet.

Der Beschwerdeführer habe gegen beide Bescheide Berufungen erhoben. Darin habe er ausgeführt, dass der zur Erzielung der Mieteinnahmen notwendige Aufwand die Höhe dieser Einnahmen übersteige und daher eine Anrechnung zu unterbleiben habe. Die Behörde erster Instanz habe sich in Verkennung der Rechtslage mit der Frage des untrennbar und notwendig mit der Einkommenserzielung notwendigen Aufwandes überhaupt nicht auseinander gesetzt, sondern habe die gesamten Mieteinnahmen zur Gänze angerechnet. Es sei evident, dass er ohne Erwerb des Mietobjektes im Erbwege keine Mieteinnahmen aus der teilweisen Vermietung des Hauses erzielen könnte. Es seien daher alle Aufwendungen, die von ihm im Zusammenhang mit der Erbschaft zu tragen gewesen seien, zur Gänze zu berücksichtigen. Um diese Mieteinnahmen erzielen zu können, hätte er die auf der Liegenschaft haftenden Hypothekarverbindlichkeiten und alle sonstigen Schulden der Erblasserin übernehmen müssen und insbesondere die unmittelbar auf Grund des Testamentes verfügten Belastungen, die Erbschaftssteuer und die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens in voller Höhe tragen müssen. Dieser Aufwand betrage mehr als 1/2 Mio. S und werde daher dieser Aufwand von den Mieteinnahmen erst in fünf Jahren erreicht bzw. überschritten werden. Er habe auch dargelegt, dass die Höhe der monatlichen Gesamtbelastung im Zusammenhang mit den durch die Erbschaft entstandenen Verbindlichkeiten die Höhe der monatlichen Mieteinnahmen übersteige und dies auch durch entsprechende Kreditbestätigungen belegt. Infolge einer unrichtigen Rechtsansicht habe die Behörde erster Instanz auch die von ihm für die Mieteinnahmen zu zahlende Steuer nicht berücksichtigt.

Es sei auch darauf Bedacht zu nehmen, dass ein Mieter Ende Februar 1997 ausziehen werde, sodass sich die Mieteinnahmen ab März 1997 um S 5.500,-- monatlich reduzieren würden. Zum Nachweis dafür werde eine vom Mieter und von ihm unterschriebene Auflösung des Mietvertrages mit 1. März 1997 vorgelegt.

Die ausgesprochene Rückforderung der bereits erhaltenen Notstandshilfe sei nicht berechtigt. Der Beschwerdeführer habe am 22. August 1996 um Notstandshilfe angesucht und dabei die Mieteinnahmen offen gelegt. Der Bezug sei daher von ihm weder durch unwahre Angaben noch durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt worden. Die Rückforderung könne daher nur mehr darauf gestützt werden, dass er hätte erkennen müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebühre. Dies könne ihm jedoch nicht zur Last gelegt werden, weil bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Höhe der Mieteinnahmen von den damit zusammenhängenden Ausgaben überschritten würde. Er habe sohin richtigerweise Anspruch auf die Notstandshilfe, die Rückforderung würde daher nicht zu Recht bestehen.

Mit Schreiben vom 3. April 1997 gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer bekannt, dass sie davon ausgehe, dass es sich bei der angegebenen Miete von S 10.454,-- um die Nettomiete handle. Von diesem Betrag seien die für das Mietobjekt notwendigen Instandhaltungsaufwendungen in Abzug zu bringen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, einen Kredit für die Sanierung und Vornahme von Investitionen am Mietobjekt aufgenommen zu haben und dafür eine monatliche Rückzahlungsrate von S 1.816,-- tragen zu müssen. In diesem Zusammenhang werde der Beschwerdeführer ersucht, entsprechende Rechnungen, mit denen die konkrete Verwendung der Kreditmittel ausschließlich für das Mietobjekt nachgewiesen werde, vorzulegen.

Der Beschwerdeführer habe daraufhin mit seinem Rechtsvertreter bei der belangten Behörde vorgesprochen und Folgendes angegeben:

Der Beschwerdeführer sei der Neffe der Erblasserin. Er habe Verbindlichkeiten der Erblasserin bezahlt. Im Erbfall sei eine Umschuldung vorgenommen worden. Die Kreditrate für S 1,100.000,-- betrage monatlich S 9.007,--: Mit dem Kredit von S 250.000,-- sei das Haus renoviert worden (Haus, Fenster gestrichen, alles für das Haus verwendet). Der Kredit von S 85.000,-- sei zur Hälfte für einen Privat-PKW und zum anderen Teil für das Haus verwendet worden. Die Kredite seien zu Lebzeiten der Erblasserin aufgenommen worden. Wenn der Beschwerdeführer die Kredite nicht übernommen hätte, hätte die Erblasserin das Haus zu ihren Lebzeiten verkauft.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung seien zwei Mieter vorhanden gewesen, nunmehr lediglich einer. Im Objekt befänden sich vier etwa gleich große Wohnungen. Eine bewohne der Beschwerdeführer, die weitere sein Onkel auf Grund eines mit der Erblasserin vereinbarten Wohnrechtes, eine sei vermietet und die vierte stehe leer. Die monatliche Miete betrage S 5.500,-- inklusive Umsatzsteuer, Betriebskosten S 2.000,-- jährlich; die Gemeindeabgaben für das Haus betrügen vierteljährlich S 3.000,--, Strom monatlich S 500,--, Kreditraten monatlich S 10.454,-- und Versicherung jährlich (Feuer, Wasser, Brandvers.) S 7.000,--.

Der Beschwerdeführer habe bei dieser Vorsprache Rechnungen im Zusammenhang mit dem Kredit, der in monatlichen Raten von S 1.816,-- zurückzuzahlen sei, aus denen sich die konkrete Verwendung der Kreditmittel ergebe, nicht vorgelegt.

Am 25. April 1997 habe der Vertreter des Beschwerdeführers bestätigt, dass die Nettomiete pro Wohneinheit S 5.500,-- inkl. 10 % USt. betrage.

Nach Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiters aus, der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung von Notstandshilfe zwei Wohnungen vermietet. Pro Wohnung erhalte er S 5.500,-- inkl. 10 % USt., sohin sei von einem Nettoeinkommen von S 10.000,-- monatlich bzw. S 327,86 täglich auszugehen. Dieses Einkommen überschreite den dem Beschwerdeführer auf Grund seines Arbeitslosengeldanspruches von täglich S 288,60 gebührenden Anspruch auf Notstandshilfe von täglich S 265,50, weshalb Notlage nicht vorliege.

Der Beschwerdeführer habe in seinem Schriftsatz vom 23. Oktober 1996 angeführt, am 5. Juni 1996 einen Kredit über 1,1 Mio. S und am 5. Oktober 1996 einen solchen über S 250.000,-- aufgenommen zu haben. Für letzteren habe er monatlich S 1.816,-- zurückzuzahlen, der Kredit sei für Sanierungen und Investitionen (Türen, Böden, Tapeten, etc.) verwendet worden. Der Kredit über 1,1 Mio. S sei zur Bezahlung der vier Vermächtnisse von je S 100.000,-- und der übrigen anfallenden Kosten des Verlassenschaftsverfahrens von S 50.000,--, der Erbschaftssteuer von S 6.920,-- und den im Zuge der Sanierung der Elektroinstallationen aufgelaufenen Kosten von S 76.051,20 verwendet worden.

Weiters habe der Beschwerdeführer bei seiner Vorsprache am 17. April 1997 nachgewiesen, dass er einen Vergleich mit Frau B. über deren Erbteil geschlossen habe und auf Grund dessen an diese Frau S 183.800,-- entrichtet habe. Die restlichen Beträge seien für private Zahlungen vor dem Erbfall, Nachlassschulden und diverse Gebühren und Aufwendungen aus dem Erbfall selbst verwendet worden.

Die Behörde vertrete jedoch die Ansicht, dass all diese Kosten, die aus dem Zusammenhang mit dem Übergang der Liegenschaft an den Beschwerdeführer angefallen seien nicht zur Erhaltung der Liegenschaft aufzuwenden gewesen seien und daher nicht berücksichtigt werden könnten. Dies treffe auch für die im Zuge der Sanierung der Elektroinstallation angefallenen Kosten zu, die bereits vor dem Erbfall in Auftrag gegeben worden seien.

Der Beschwerdeführer habe keine Nachweise dafür vorgelegt, dass der Kredit, der mit monatlich S 1.816,-- zurückzuzahlen sei, für das Mietobjekt verwendet worden wäre. Auch dieser Kredit könne daher keine Berücksichtigung finden.

Der Beschwerdeführer habe seinen Antrag am 9. August 1996 gestellt und dabei die Frage nach eigenem Einkommen verneint. Die Mieteinkommen seien der Behörde erst auf Grund eines Telefonates des Beschwerdeführers mit der regionalen Geschäftsstelle am 1. Oktober 1996 bekannt geworden. Die Zuerkennung der Notstandshilfe sei daher nach Offenlegung der Einkommenssituation zu widerrufen gewesen, weil sich nachträglich herausgestellt habe, dass die Gewährung gesetzlich nicht begründet sei.

Durch die Nichtanführung des Mieteinkommens im Zuge der Antragstellung auf Gewährung der Notstandshilfe habe der Beschwerdeführer den Bezug dieser Leistung herbeigeführt. Die am 29. April 1996 vom Bezirksgericht W. ausgestellte Einantwortungsurkunde beweise, dass dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung das ihm zufließende Mieteinkommen bekannt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe vom 9. bis 31. August 1996 eine tägliche Notstandshilfe im Ausmaß von S 265,50 bezogen, diese sei daher zur Gänze zurückzufordern.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof ab (Beschluss vom 6. März 1998, B 1580/97).

In seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Gewährung der Notstandshilfe und dem Recht auf Unterbleiben des Widerrufes der Zuerkennung der Notstandshilfe verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht zunächst sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die belangte Behörde als Berufungsinstanz müsse immer in der Sache selbst entscheiden und hiebei alle bis zur Fällung des Berufungsbescheides eintretenden Änderungen im Sachverhalt berücksichtigen. Die belangte Behörde gehe zwar davon aus, dass sich die Mieteinnahmen des Beschwerdeführers ab März 1997 um S 5.500,-- monatlich reduzierten. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gehe die belangte Behörde dann jedoch davon aus, dass von einem Nettoeinkommen von S 10.000,-- monatlich auszugehen sei. Die ab 1. März 1997 tatsächlich bezogenen Mieteinnahmen würden jedoch dem Bezug der Notstandshilfe nicht entgegenstehen.

Bereits mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Dem Beschwerdeführer wurde die beantragte Leistung zunächst zuerkannt und ausbezahlt, worüber auch die im § 47 Abs. 1 AlVG an Stelle eines Bescheides vorgesehene Mitteilung ausgestellt wurde. Fällt in einem solchen Fall eine der Voraussetzungen für den Anspruch nachträglich weg, so ist die Leistung gemäß § 24 Abs. 1 AlVG einzustellen. Stellt sich nachträglich heraus, dass schon diese Zuerkennung der Leistung gesetzlich nicht begründet war, so ist die Zuerkennung gemäß § 24 Abs. 2 AlVG zu widerrufen.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Zuerkennung der Leistung für den Zeitraum der tatsächlichen Auszahlung gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen und den in diesem Zeitraum empfangenen Betrag rückgefordert und andererseits den Antrag auf Zuerkennung der Leistung abgewiesen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde bezieht sich diese Abweisung nicht nur auf den Zeitpunkt der Antragstellung. Nach der ständigen, auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, gestützten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der geltend gemachte Anspruch auf Notstandshilfe zeitraumbezogen zu beurteilen. Gerade daraus folgt aber, dass die in den jeweiligen, frühestens mit der Antragstellung beginnenden Zeiträumen, für welche die Leistung beantragt wurde, gegebene Sach- und Rechtslage maßgebend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1998, 97/08/0553). Das bedeutet im Beschwerdefall, dass die belangte Behörde die nach der Antragstellung, aber vor Erlassung ihres Bescheides eingetretene Änderung der Sachlage, nämlich Reduzierung der Einnahmen des Beschwerdeführers auf die Hälfte, zu beachten gehabt hätte. Da sie dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, die auf die Mieteinnahmen entfallenden Steuern und sozialen Abgaben zu berücksichtigen und in Abschlag zu bringen. Die Behörde sei daher unrichtigerweise vom Einkommen vor Abzug der Steuern und Sozialabgaben ausgegangen. Aus dem Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen ergebe sich weiters eindeutig, dass der Aufwand, der zur Erzielung des Einkommens notwendig sei, vom Einkommen abzuziehen sei und daher nur der um diesen Aufwand reduzierte Betrag auf den Anspruch auf Notstandshilfe anzurechnen sei. Es könne daher nicht bezweifelt werden, dass die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens, die bezahlte Erbschaftssteuer, die auf der Liegenschaft haftenden Hypothekarverbindlichkeiten und die sonstigen Schulden der Erblasserin, aber auch die im Testament auferlegten Zahlungen an die Legatare in einem kausalen Zusammenhang mit den Mieteinnahmen stünden. Dies treffe auch auf die Aufwendungen zur Sanierung der Elektroinstallationen zu. Dass diese Sanierung bereits vor dem Erbfall von der Erblasserin in Auftrag gegeben worden sei, stehe der Berücksichtigung insofern nicht entgegen, weil der Rechnungsbetrag vom Beschwerdeführer bezahlt worden sei.

Auch diese Einwände sind teilweise berechtigt.

Voraussetzung für die Zuerkennung von Notstandshilfe war gemäß § 33 AlVG das Vorliegen von Notlage. Gemäß § 36 AlVG sind über das Ausmaß der Notstandshilfe Richtlinien (damals) des Bundesministers für soziale Verwaltung zu erlassen. In Durchführung dieser Bestimmung ist die Notstandshilfeverordnung ergangen, deren § 5 in der Fassung BGBl. Nr. 329/1995 (Absätze 1, 3 und 4) und BGBl. Nr. 240/1996 (Abs. 2) lautet:

"(1) Das Einkommen des Arbeitslosen, das er innerhalb eines Monats erzielt, ist nach Abzug der Steuern und sozialen Abgaben sowie des zur Erwerbung dieser Einkommen notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt, unter Bedachtnahme auf die folgenden Bestimmungen anzurechnen. Eine Anrechnung von Einkommen aus einer Beschäftigung, ausgenommen nach Abs. 2, sowie von Einkommen gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. a und Z. 5 lit. a bis d EStG 1988 findet nicht statt.

(2) Ein Einkommen, das den in § 5 Abs. 2 lit. c ASVG angeführten Betrag nicht übersteigt, ist auf die Notstandshilfe nicht anzurechnen.

(3) Bei der Ermittlung des Einkommens aus Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 und 5 bis 7 EStG 1988 ist vom Gesamtbetrag der Einkünfte, die darauf entfallende Einkommensteuer abzuziehen.

(4) Sachbezüge sind mit dem entsprechenden Geldwert zu veranschlagen."

Der Beschwerdeführer bezog im fraglichen Zeitraum Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sohin Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 6 EStG 1988. Bei der Ermittlung des Einkommens aus solchen Einkünften ist gemäß § 5 Abs. 3 Notstandshilfeverordnung vom Gesamtbetrag der Einkünfte die darauf entfallende Einkommensteuer abzuziehen. Dem gegenüber hat die belangte Behörde die festgestellte Miete ohne Bedachtnahme auf einkommensteuerrechtliche Verhältnisse als "Nettomiete" angenommen und der Beurteilung der Notlage des Beschwerdeführers zu Grunde gelegt. Mit dieser Vorgangsweise hat die belangte Behörde die dargestellte Rechtslage verkannt.

Darüber hinaus sieht § 5 Abs. 1 Notstandshilfeverordnung die Anrechnung des Einkommens des Arbeitslosen auf die Notstandshilfe nach Abzug des zur Erwerbung des Einkommens notwendigen Aufwandes vor. Bei der Feststellung des Einkommens des Beschwerdeführers für die Anrechnung auf die Notstandshilfe hätte die belangte Behörde nach den §§ 36a ff AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 297/1995, Nr. 201/1996 und Nr. 411/296, vorgehen müssen. Demnach ist das Einkommen im Sinne des AlVG das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 zuzüglich weiterer hier nicht in Frage kommender Hinzurechnungen. Der Einkommensbegriff des § 36a Abs. 2 AlVG knüpft somit an den steuerrechtlichen Einkommensbegriff gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 an und umfasst im Beschwerdefall den Gesamtbetrag der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gilt der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Bei Ermittlung des auf den Anspruch auf Notstandshilfe anzurechnenden Einkommens hatte daher die belangte Behörde die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne dieser steuerrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln. Wenn sie in diesem Zusammenhang aber die Auffassung vertritt, dass die im Zusammenhang mit dem Übergang der Liegenschaft auf den Beschwerdeführer anfallenden Kosten des Verlassenschaftsverfahrens, der Erbschaftsregelungen und der Erbschaftssteuer keine Berücksichtigung finden können, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden (vgl. hiezu Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 28 Tz 78 ABC Werbungskosten VuV Erbschaft).

Zu den weiters geltend gemachten Kosten der Sanierung der Elektroinstallation vertritt die belangte Behörde die Auffassung, diese seien deswegen nicht anzuerkennen, weil sie bereits vor dem Erbfall von der Erblasserin in Auftrag gegeben worden seien. Dem gegenüber behauptet der Beschwerdeführer, diese Kosten seien von ihm zu entrichten gewesen. Zu diesen Behauptungen hat die belangte Behörde ausgehend von ihrer unzutreffenden Auffassung keine Feststellungen getroffen. Ob die Kosten der Sanierung der Elektroinstallation für die vermieteten Wohnungen aufzuwenden waren und vom Beschwerdeführer als Vermieter letztlich zu tragen sind oder auf die Mieter überwälzt werden können, ist unerörtert geblieben. Dies wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein. Aufwendungen für Instandhaltungen des Mietobjektes, die vom Vermieter aus eigenem zu tragen sind, stellen Werbungskosten dar (vgl. Quantschnigg/Schuch, a.a.O.).

Die aufgezeigte, mehrfach mit der Rechtslage in Widerspruch stehende Vorgangsweise der belangten Behörde führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998080092.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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