TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/27 LVwG-AV-221/001-2018

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Veröffentlicht am 27.04.2018
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Entscheidungsdatum

27.04.2018

Norm

BAO §4 Abs1
GdWasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden NÖ 1978 §24 Abs1
GdWasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden NÖ 1978 §30 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des A vom 9. Jänner 2018 gegen den Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** vom 13. Dezember 2017, Zl. ***, mit welchem einer Berufung vom 22. November 2017 gegen einen Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Wasserleitungsverbandes der *** vom 25. Oktober 2017, RechnungsNr. ***, betreffend die Vorschreibung einer Bereitstellungsgebühr für den Zeitraum Oktober 2016 bis September 2017 für die Liegenschaft *** in ***, keine Folge gegeben wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Verbandsobmannes vom 25. Oktober 2017, RechnungsNr. ***, aufgehoben wird.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:

Mit Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Wasserleitungsverbandes der *** vom 25. Oktober 2017, RechnungsNr. ***, wurde Herrn A (in der Folge: Beschwerdeführer) für seine Liegenschaft *** in *** eine Bereitstellungsgebühr für die Bereitstellung der Verbandswasserleitung für den Zeitraum Oktober 2016 bis September 2017 vorgeschrieben. Die Gebühr wurde festgesetzt mit € 47,52 (zuzüglich Umsatzsteuer) gemäß § 2 der Wassergebührenordnung 2016 für einen eingebauten Wasserzähler der Verrechnungsgröße 3.

Mit Schreiben vom 22. November 2017 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer beim Wasserleitungsverband der *** gegen diesen Abgabenbescheid das Rechtsmittel der Berufung ein. Die Wasserzufuhr seitens des Wasserleitungsverbandes sei seit 30. April 2012 gesperrt. Der Wasserverbrauch habe 0 m³ betragen, weshalb er auch die Bereitstellungsgebühr in Frage stelle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** vom 13. Dezember 2017, Zl. ***, wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Abgabenbescheid bestätigt. Der Wasseranschluss für die Liegenschaft *** in *** sei 1957 in Betrieb genommen worden und es sei bis 2011 Wasser entnommen worden. Auf Antrag einer damaligen Mitbesitzerin sei 2012 die Hauszuleitung seitens des Wasserleitungsverbandes gesperrt worden. Der Wasseranschluss für diese Liegenschaft inklusive Gebäude mit Aufenthaltsräumen sei weiter vorhanden.

Mit Schreiben vom 9. Jänner 2018 brachte der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen diesen Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** vom 13. Dezember 2017 ein und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Da auf der Liegenschaft *** die Wasserzufuhr seitens des Verbandes seit 2012 gesperrt sei und dadurch kein Wasserverbrauch stattgefunden habe, sei auch eine jährliche Bereitstellungsgebühr für den Nullverbrauch nicht gerechtfertigt. Das Haus sei seit 2010 unbewohnt, aufgrund aufsteigender Feuchtigkeit von Schimmel befallen und auch in Zukunft aus gesundheitlichen Gründen unbewohnbar.

Die Beschwerde vom 9. Jänner 2018 und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Landesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 23. Februar 2018 zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung am 11. April 2018 sowie Einsichtnahme in den vorgelegten, unbedenklichen Verwaltungsakt. Festgestellt wurde, dass die Anschlussleitung zur gegenständlichen Liegenschaft seitens des Wasserleitungsverbandes abgesperrt wurde und auch während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes abgesperrt war.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

2.2. Gesetz über den Gemeindewasserleitungsverband der ***, LGBl. 1652:

§ 20 Wassergebühren

(1) Die Eigentümer der an die Verbandswasserleitung angeschlossenen Liegenschaften und die sonstigen in § 30 Abs. 5 bis 7 genannten Personen haben für die Benützung der Verbandswasserleitung folgende Gebühren zu leisten:

4. Wasserbezugsgebühren.

§ 24 Bereitstellungsgebühr

(1) Für die Bereitstellung der Verbandswasserleitung ist jährlich eine Bereitstellungsgebühr zu entrichten.

(2) Die Bereitstellungsgebühr ist das Produkt der Verrechnungsgröße des Wasserzählers (in m³/h) multipliziert mit einem Bereitstellungsbetrag. Dieser Bereitstellungsbetrag ist in der Wassergebührenordnung so festzusetzen, daß der Jahresertrag an Bereitstellungsgebühren 25 % des Jahresaufwandes des Verbandes nicht übersteigt. Er hat mindestens € 1,80 pro m³/h zu betragen und gilt einheitlich für alle Wasserzählergrößen.

(3) Wasserzähler werden entsprechend ihrem größten zulässigen Durchfluss (Überlastungsdurchfluss, Grenzbelastung, etc.) in Klassen eingeteilt und jeder Klasse wird eine Verrechnungsgröße zugeordnet.

(4) Wenn der Wasserbezug ohne Wasserzähler erfolgt (§ 19 Abs. 1 zweiter Satz), dann ist keine Bereitstellungsgebühr zu entrichten.

(5) Bei freiwilligen Anschlüssen an die Verbandswasserleitung darf der Bereitstellungsbetrag abweichend von Abs. 2 zweiter Satz festgesetzt werden. Er darf jedoch höchstens das Fünffache des nach Abs. 2 Errechneten betragen.

§ 30 Entstehen des Gebührenanspruches, Gebührenschuldner

(3) Der Anspruch auf die Bereitstellungsgebühr und die Wasserbezugsgebühr entsteht mit dem Ablauf des Ablesezeitraumes, in dem die der Berechnung der Wasserbezugsgebühr zugrundegelegte Wassermenge verbraucht wurde.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Mit der angefochtenen Berufungsentscheidung wurde über eine Berufung gegen den Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Wasserleitungsverbandes der *** vom 25. Oktober 2017, RechnungsNr. ***, betreffend die Vorschreibung einer Bereitstellungsgebühr, inhaltlich abgesprochen und eine Bereitstellungsgebühr durch Abweisung der Berufung in zweiter Instanz vorgeschrieben.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens ist zunächst fraglich, ob die Vorschreibung der Bereitstellungsgebühr im gegenständlichen Fall dem Grunde nach zu Recht erfolgt ist. Die bescheidmäßige Vorschreibung einer Abgabe setzt ganz allgemein den Bestand einer Abgabenschuld (bzw. eines Abgabenanspruches der Gemeinde) voraus. Die Erfüllung des abgabenrechtlichen Tatbestandes ist Voraussetzung für die Vorschreibung einer Abgabe (vgl. VwGH 12.10.1984, 82/17/0085).

Nach § 4 Abs. 1 der von den Abgabenbehörden hier anzuwendenden Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Die jährliche Bereitstellungsgebühr ist ein Äquivalent, das der Liegenschaftseigentümer für die Bereitstellung der öffentlichen Wasserleitung zu entrichten hat. Als Abgabentatbestand der jährlichen Bereitstellungsgebühr sieht § 24 Abs. 1 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der *** dementsprechend auch „die Bereitstellung der Verbandswasserleitung“ vor.

Nun besteht wohl gemäß § 1 Abs. 1 NÖ Wasserleitungsanschlussgesetz 1978 für Liegenschaften mit Gebäuden mit Aufenthaltsräumen im Versorgungsbereich (vgl. § 1 der Wasserleitungsordnung des Wasserleitungsverbandes der ***) eines öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens der Anschlusszwang. Daraus folgt aber auch für das Wasserversorgungsunternehmen eine Versorgungspflicht, die anschlusspflichtigen Liegenschaften anzuschließen und mit Wasser zu versorgen (vgl. § 5 NÖ Wasserleitungsanschlussgesetz 1978).

Ist jedoch vonseiten des Wasserversorgungsunternehmens die Anschlussleitung zur Liegenschaft abgesperrt, dann wird die Liegenschaft auch nicht mit Wasser versorgt. Es besteht für den Liegenschaftseigentümer dann auch keine Möglichkeit, Wasser aus der öffentlichen Wasserleitung zu beziehen. Eine Bereitstellung der öffentlichen Wasserleitung liegt diesfalls – ungeachtet eines bestehenden Anschlusszwanges und eines vorhandenen Wasserzählers – nicht vor. Ein Wasserverbrauch kann in diesem Fall überhaupt nicht anfallen.

Im Ermittlungsverfahren konnte festgestellt werden, dass die Anschlussleitung zur gegenständlichen Liegenschaft seitens des Wasserleitungsverbandes abgesperrt wurde und auch während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes abgesperrt war. Mangels Bereitstellung der Verbandswasserleitung war im gegenständlichen Fall für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Abgabentatbestand der jährlichen Bereitstellungsgebühr gemäß § 24 Abs. 1 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der *** nicht erfüllt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich bereits aus diesem Grund als rechtswidrig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Bereitstellungsgebühr; Wasserleitung; Verbandswasserleitung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.221.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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