TE Lvwg Beschluss 2017/12/6 VGW-141/025/15313/2017

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Veröffentlicht am 06.12.2017
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Entscheidungsdatum

06.12.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WMG §12 Abs1
WMG §12 Abs3
WMG §24 Abs1
WMG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Frey in Angelegenheit der Beschwerde der Frau S. M. vom 13.10.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, …, vom 08.09.2017, Zl. MA 40-SH/2017/2002109-001, mit welchem gemäß § 24 WMG ein Kostenersatz für Leistungen der Mindestsicherung vorgeschrieben wurde, den

BESCHLUSS

gefasst:

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Durchführung ergänzender Sachverhaltsermittlungen und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Spruch des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:

„Sie sind verpflichtet binnen 4 Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides die für den Zeitraum von 01.01.2015 bis 30.04.2017 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 13.499,60 zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) in der geltenden Fassung.“

Begründend führt die Verwaltungsbehörde – nach Wiedergabe einschlägiger Bestimmungen – aus:

„Das Ermittlungsverfahren hat Folgendes ergeben (Einkommen, Ausgaben, etc.):

S. M., 1965

Rehabilitationsgeld

€ 29,66 tgl.

01.01.2017

 

Rehabilitationsgeld

€ 29,43 tgl.

12.06.2015

31.12.2016

Rehabilitationsgeld

€ 29,08 tgl.

01.05.2015

11.06.2015

Notstandshilfe AMS

€ 12,91 tgl.

01.01.2015

30.04.2015

Wohnung

Miete

€ 265,24

01.05.2016

30.04.2017

Miete

€ 270,41

01.01.2015

30.04.2016

Kein WBH Anspruch

€ 0,00

01.01.2011

30.04.2017

Sie haben laut Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 26.07.2017 rückwirkend ab dem 01.05.2015 Rehabilitationsgeld zugesprochen bekommen. Dadurch erhielten Sie eine Nachzahlung in der Höhe von EUR 13.499,60.

Die Voraussetzungen des § 24 waren somit als erfüllt anzusehen und Sie daher zum Kostenersatz zu verpflichten.“

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird vorgebracht:

Wie aus einem Schreiben der WGKK vom 08.08.2017, welches in Kopie beigelegt sei, hervorgehe, sei der Beschwerdeführerin der Betrag von € 12.783,29 angewiesen worden. Dabei handle es sich um eine Nachzahlung von Reha-Geld. Ihres Wissens sei diese Nachzahlung von Reha-Geld jedoch nicht mit dem von der MA 40 ausgezahlten Mindestsicherungsgeld zu verrechnen.

Somit sei die Forderung der MA 40, dass die Beschwerdeführerin € 13.499,60 zurückzahlen solle, unzulässig.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) haben folgenden Wortlaut:

§ 24. (1) Für Kosten, die dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch die Zuerkennung von Leistungen zur Mindestsicherung entstehen, ist dem Land Wien als Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Ersatz zu leisten.

(2) Ersatzpflichtig sind alle anspruchsberechtigten Hilfe suchenden oder empfangenden Personen, soweit sie zu verwertbarem Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres in dem Leistungen an die Ersatzpflichtige oder den Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(3) Über die Verpflichtung zum Kostenersatz ist mit Bescheid zu entscheiden. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu verfügen.

(4) Ersatzpflichtig sind darüber hinaus die erbserklärten Erbinnen und Erben nach dem Tod der in Abs. 2 genannten Personen. Die Ersatzforderung wird mit dem Tag des Todes fällig. Soweit eine Zahlung aus dem Nachlass nicht erlangt werden kann, erlischt die Forderung. Weitere Ersatzforderungen gegen Erbinnen und Erben nach Einantwortung sind nicht zulässig. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten zehn Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtigen geflossen sind.

(5) Ersatz ist im Umfang der durch die Hilfegewährung an die Bedarfsgemeinschaft entstandenen Kosten zu leisten. Alle anspruchsberechtigten Personen, denen als Bedarfsgemeinschaft Hilfe zuerkannt wurde, sind solidarisch zum Ersatz der Kosten verpflichtet.

(6) Der Kostenersatzanspruch des Trägers der Bedarfsorientierten Mindestsicherung verjährt drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen.

§ 12. (1) Auf die Summe der Mindeststandards ist das verwertbare Vermögen von anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

(2) Soweit keine Ausnahmeregelung nach Abs. 3 anzuwenden ist, gelten als verwertbar:

1.

unbewegliches Vermögen;

2.

Ersparnisse und sonstige Vermögenswerte.

(3) Als nicht verwertbar gelten:

1.

Gegenstände, die zu einer Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;

2.

Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;

3.

Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich sind;

4.

unbewegliches Vermögen, wenn dieses zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs der Bedarfsgemeinschaft dient;

5.

verwertbares Vermögen nach Abs. 2 bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünffachen des Mindeststandards nach § 8 Abs. 2 Z 1 (Vermögensfreibetrag);

6.

sonstige Vermögenswerte, solange Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht länger als für eine Dauer von sechs Monaten bezogen wurden. Dabei sind alle ununterbrochenen Bezugszeiträume im Ausmaß von mindestens zwei Monaten innerhalb von zwei Jahren vor der letzten Antragstellung zu berücksichtigen.

Aus der Nachzahlung von Familienbeihilfe gebildete Einkommensteile gelten als Ersparnisse und somit als Vermögen, das Grundlage für einen Ersatzanspruch bilden kann (vgl. VwGH 22.04.2015, Zl. Ra 2015/10/0004; 31.05.2006, Zl. 2003/10/0203).

Nichts anderes kann für Nachzahlung von Rehabilitationsgeld gelten.

Im vorliegenden Fall fehlen Ermittlungen zur Frage, wie das von der Behörde herangezogene Schreiben der WGKK vom 26.07.2016 (Aktenseite 206-207) mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Schreiben ebenfalls von der WGKK vom 08.08.2017 (Aktenseite 229-230) in Einklang zu bringen ist, welcher Betrag also der Beschwerdeführerin tatsächlich zugeflossen ist, wobei die Nachzahlung nicht als Einkommen, sondern als Vermögen zu werten ist, sodass die Frage eines Vermögensfreibetrages im Sinne des § 12 Abs. 3 Z 5 WMG zu prüfen und zu erörtern sein wird.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere auch dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde – wie im vorliegenden Fall – bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Es ist – im Hinblick auf § 28 Abs. 2 VwGVG – nicht ersichtlich, dass es im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, wenn das Verwaltungsgericht selbst die fehlenden Sachverhaltsfeststellungen träfe, zumal der Verwaltungsbehörde ein rascherer Zugriff auf diverse Datenbanken offen steht.

Es war daher der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Durchführung ergänzender Sachverhaltsermittlungen und Erlassung eines neuen Bescheides an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (wie die zitierte Judikatur zeigt). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche (über den Einzelfall hinausgehende) Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Rechtsfrage des Kostenersatzes für Leistungen der Mindestsicherung und Rechtsfrage der Zulässigkeit der Zurückverweisung).

Schlagworte

Mindestsicherung; Kostenersatz; Vermögen, verwertbares; Rehabilitationsgeld; Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.025.15313.2017

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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