TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/16 VGW-101/020/12598/2017

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Veröffentlicht am 16.02.2018
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Entscheidungsdatum

16.02.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §26 Abs1
GewO 1994 §87 Abs1
VwGVG §29 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

gekürzte Ausfertigung

gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde des Herrn G. S., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den … Bezirk, vom 02.08.2017, Zl. 951698-2015, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.01.2018

zu Recht e r k a n n t:

I. Der Beschwerde wird keine Folge gegeben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit angefochtenem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent im Standort 1070 Wien, Kirchengasse 17/7 entzogen. Im wesentlichen stützt sich die belangte Behörde auf das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 20.10.2014, GZ: 038HV4/2014z, rechtskräftig mit 24.10.2014, mit welchem der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde, weil er von März 2008 bis August 2012 in Waidhofen an der Thaya und anderen Orten Österreichs, teils alleine und teils im Zusammenwirken mit mehreren Mittätern mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, näher bezeichnete Versicherungsunternehmen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet habe, die diese am Vermögen geschädigt hätten, in dem er bzw. sie bewusst in den nachgenannten unterschiedlichen Konstellationen teils gegenseitige Unfälle vorsätzlich herbeigeführt hätten und die von ihnen gelenkten Fahrzeuge vorsätzlich beschädigt hätten, teils Versicherungsfälle fingiert hätten, in dem sie die Fahrzeuge vorsätzlich beschädigt hätten und in der Folge unter Vorlage von inhaltlich falschen Schadensmeldungen, sohin unter Verwendung falscher Beweismittel, zur Auszahlung überhöhter und nicht zustehender Versicherungsleistungen verleitet hätten, wodurch die Versicherungsunternehmen in einem € 50.000 übersteigenden Betrag geschädigt worden seien und habe somit Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges teils als Bestimmungstäter begangen.

Die belangte Behörde sah unter Bedachtnahme auf dieses Urteil sowie einer Persönlichkeitsprognose die Voraussetzungen für eine Entziehung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 1 GewO 1994 gegeben, weil die Zeit des Wohlverhaltens im Hinblick auf den langen Deliktszeitraum, die Vielzahl der Betrugshandlungen, die Höhe des entstandenen Schadens und das Ausmaß der Freiheitsstrafe nicht ausreichend sei, um eine nachhaltige Veränderung des Persönlichkeitsbildes annehmen zu können, sodass die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Tat weiterhin bestehe.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde, mit welcher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Einstellung des Verfahrens zur Entziehung der Gewerbeberechtigung beantragt wurde, stellte der Beschwerdeführer die rechtskräftige Verurteilung durch das Landesgericht nicht in Abrede, meint aber, dass die Verurteilung nicht die Zuverlässigkeit bei Ausübung seines Gewerbes beeinträchtige. Die belangte Behörde habe die Beurteilung der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Verurteilten unrichtig vorgenommen. Außer Acht geblieben sei, dass der Beschwerdeführer vor seiner Verurteilung sein Gewerbe 17 Jahre lang seit 1997 ordnungsgemäß ausgeübt habe und seit seiner Verurteilung im Jahr 2014 nunmehr dieses Gewerbe bereits wiederum 3 Jahre zuverlässig und ohne Beanstandungen einer Behörde, eines Geschäftspartners oder eines Kunden weiterhin ausüben. Die Behörde habe sich auch keinen persönlichen Eindruck von der Person des Beschwerdeführers verschafft. Der Befürchtung der Behörde sei entgegen zu setzen, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Verurteilung am 24.10.2014 bei weiterer Ausübung seines Gewerbes stets einwandfrei verhalten habe und es weder von Seiten der Behörde noch von Seiten eines Geschäftspartners Beanstandungen gegeben habe. Seit der Tatbegehung seien bereits 5 Jahre vergangen, in welchen der Beschwerdeführer keine Handlungen gesetzt habe, die an seiner persönlichen Zuverlässigkeit hätten Zweifel entstehen lassen können. Zum Beweis des zu keinem Zweifel Anlass geben Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers wurden Zeugeneinvernahmen beantragt.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung hat sich folgendes ergeben:

Die rechtskräftige Verurteilung ist unbestritten geblieben. Der Beschwerdeführer hat sich in dem gerichtlichen Strafverfahren, wie auch in der Begründung des Urteiles ausgeführt ist, nur teilgeständig erwiesen. Er hat schon im gerichtlichen Verfahren versucht, seine Rolle als eher untergeordnet darzustellen. Im hier gegenständlichen Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer zunächst die unmittelbare Täterschaft in Abrede gestellt und sich nur als „aufgrund des bloßen Versuchs an Hand einer Mittäterschaft verurteilt“ bezeichnet. Ausschlaggebend für die Verurteilung sei bloß seine „Gesellschafterstellung“ und nicht sein aktives Zutun gewesen.

In der Beschwerde selbst spricht der Beschwerdeführer davon, beginnend mit 1997 sein Gewerbe 17 (!) Jahre lang ordnungsgemäß ausgeübt zu haben.

In der Verhandlung bestreitet der Bf teilweise die im rechtskräftigen Urteil festgestellten Taten bzw. stellt sie anders und für ihn in einem günstigerem Licht dar.

Daraus ist erkennbar, dass die gerichtliche Verurteilung keine gravierende Umkehr in der Einstellung des Beschwerdeführers bewirkt hat, versuchte er doch im verwaltungs- und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, seine Straftaten zu beschönigen und deren Bedeutung herabzusetzen. Auch schreckt er nicht davor zurück, auch in der Beschwerde noch sein Wohlverhalten vor den Straftaten aktenwidrig lange darzustellen.

Zwar kann, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3.9.2008, 2008/04/0025 ausgeführt hat, ein zwischenzeitliches Wohlverhalten von sieben Jahren ausreichend für eine günstige Prognose sein, dies ist aber nur bei Vorliegen besonderer Umstände (wie sie im Beschwerdefall vor dem Verwaltungsgerichtshof gegeben waren) möglich. Bei einem längeren Deliktszeitraum hat der Verwaltungsgerichtshof auch ein Wohlverhalten von sechseinhalb Jahren nicht als ausreichend erachtet (VwGH 28.9.2011, 2011/04/0148 sowie weiters 27.10.2014, 2013/04/0103).

Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde auch zu Recht auf den langen Deliktszeitraum, das Ausmaß der vom Strafgericht verhängten Strafe, das Schadensausmaß und die Vielzahl der Betrugshandlungen hingewiesen, die es ausschließen, von einer nachhaltigen Veränderung des Persönlichkeitsbildes auszugehen, sodass die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Tat „gar nicht besteht“ (VwGH 11.9.2013, 2013/04/0084). Dazu kommt, dass auch die heutigen Zeugenaussage des Herrn Peter Bartek die aktuelle Tätigkeit des Bf in keinem günstigen Licht erscheinen lässt, spricht er doch davon, dass dieser immer wieder bei Abschluss der Versicherungsverträge die ihm erteilten Belehrungen ignoriert und keine Abnahmeanfragen an das Versicherungsunternehmen stellt, wodurch es zumindestens zu komplizierten Rückabwicklungen kommt.

Die gerichtliche Strafe wurde zwar bedingt nachgesehen, besondere Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für eine Berücksichtigung dieses bedingten Strafausspruches wurden nicht aufgezeigt.

Zum Vorbringen wirtschaftlicher Konsequenzen wird mit dem Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnisse vom 12.6.2013, 2013/04/0064 und 9.9.2015, RO 2014/04/0012) ausgeführt, dass eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nach dem Gesetz keinen Grund darstellt, von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Gewerbeberechtigung, Entzug der; Gewerbeausschluss; gerichtliche Verurteilung; Prognoseentscheidung; Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten; Wohlverhalten, zwischenzeitliches; gewerberechtliche Zukunftsprognose; Versicherungsbetrug; Lebenswandel, ordentlicher; Abwägung; gekürzte Ausfertigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.101.020.12598.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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