TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/22 LVwG-2018/25/0904-3

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Veröffentlicht am 22.05.2018
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Entscheidungsdatum

22.05.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §366 Abs1 Z1
GewO 1994 §94 Z35
GewO 1994 §93 Abs3
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von Frau AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 1, Z, vom 12.04.2018, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 22.03.2018, Zl *****, betreffend eine Übertretung der Gewerbeordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis wird Frau A folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über sie verhängt:

„Sie haben es als Inhaberin der Gewerbeberechtigung „Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger), eingeschränkt auf Immobilienverwalter“ im Standort Z, Adresse 1, zu verantworten, dass vom 01.07.2017 bis dato trotz des im GISA berücksichtigen Ruhens das Gewerbe der Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf Immobilienverwalter, für die WEG Adresse 2 mit insgesamt 16 Eigentumswohnungen ausgeübt wurde, obwohl eine Gewerbeausübung während des im GISA berücksichtigten Ruhens unzulässig ist.

Bei Immobilientreuhändern im Sinne des §117 sind das Ruhen und die Wiederaufnahme der

Gewerbeausübung der Behörde im Vorhinein anzuzeigen; eine Anzeige im Nachhinein ist unzulässig und unwirksam. Die Behörde hat ab Einlangen der Mitteilung das Ruhen im GISA einzutragen; eine Gewerbeausübung während des im GISA berücksichtigten Ruhens ist unzulässig. Während der Zeit des im GISA berücksichtigten Ruhens entfallen das Erfordernis einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nach §117 Abs. 7 sowie die Verpflichtung zur Erfüllung sonstiger mit der Ausübung des Gewerbes verbundener gewerberechtlicher Verpflichtungen. Ab Einlangen der Meldung der Wiederaufnahme ist die Eintragung des Ruhens im GISA durch die Behörde zu löschen, sofern der Gewerbetreibende gleichzeitig mit der Meldung der Wiederaufnahme den wirksamen Bestand einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung im Sinne des §117 Abs. 7 sowie die Erfüllung aller übrigen Eintragungserfordernisse - mit Ausnahme eines neuerlichen Nachweises der notwendigen Befähigung des Gewerbetreibenden - mit Wirkung spätestens ab Ende des Ruhens nachweist.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 94 Ziffer 35 i.V.m. § 93 Abs. 3 Gewerbeordnung 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

€ 1.500-

5 Tagen und 18 Stunden

 

§ 366 Einleitungssatz GewO 1994

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• € 150,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 15,00 angerechnet);

• € 0,00 als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 1.650,-“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in der Frau A im Wesentlichen vorbringt, dass sie sich um die Konten der Wohnungseigentumsgemeinschaft, die Umsatzsteuer, Abrechnung und notwendige Instandhaltungsarbeiten kümmere. BB erledige Verwaltungsaufgaben wie Angebotseinholung, die Abhaltung von Eigentümerversammlungen und Beschlussfassungen. CC errichte und verwalte die neue zentrale Satellitenanlage. Verschiedene Miteigentümer besorgten den Austausch von Leuchtmitteln. Sie erhalte für die ihr übertragene Verwaltung lediglich einen pauschalen Aufwandersatz, der die tatsächlichen Aufwendungen kaum abdecke. Die Verwaltung der Wohnungseigentumsgemeinschaft erfolge im Wege der Selbstverwaltung durch die Miteigentümer, was keiner Gewerbeberechtigung bedürfe. Im Spruch fehlten Sachverhaltsfeststellungen über konkrete Tathandlungen und woraus sich die Gewerbsmäßigkeit ergibt. Die belangte Behörde stütze ihre Feststellungen auf den Umstand, dass sie sich um die Konten der Wohnungseigentumsgemeinschaft, Umsatzsteuer und Abrechnung der Instandhaltungsarbeiten kümmere, ohne sich auf Beweismittel zu stützen. Sie habe der Erstbehörde zweimal mitgeteilt, dass die Verwaltung nicht in Ertragserzielungsabsicht erfolge. Die Selbstverwaltung durch die Miteigentümer stelle im Sinne des § 833 ABGB den Normalfall dar. Das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 24.03.1976 sei durch die neuere Judikatur des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 2008 zu 5 Ob 129/08v, überholt. Die vorgeworfenen Tätigkeiten seien nicht rechtswidrig im Sinn des § 6 VStG. Der Tätigkeitsbereich des Immobilienverwalters erfasse nach § 117 Abs 3 GewO eine Reihe von Tätigkeiten, die auch im Rahmen der Selbstverwaltung anfallen. Diese Tätigkeit werde von ihr ohne Ertragserzielungsabsicht ausgeübt, womit keine Gewerbsmäßigkeit vorliege. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtes Tirol bleibe auch bei einem ruhend gemeldeten Gewerbe der Gewerbeinhaber im Besitz der Gewerbeberechtigung. Es liege somit keine unbefugte Gewerbeausübung im Sinn des § 366 Abs 1 Z 1 GewO vor. Diesfalls wäre gegebenenfalls die Unterlassung der Anzeige der Wiederaufnahme des Gewerbes, nicht aber die unbefugte Gewerbeausübung vorzuwerfen. Die Bestrafung sei daher rechtswidrig. Sie habe die Handlungen auf Grundlage der OGH-Judikatur gesetzt und liege deshalb bei ihr der Schuldausschließungsgrund des unverschuldeten Rechtsirrtums vor. Sie sei ihren Erkundigungs- und Informationspflichten durch das Studium aller ihr zugänglichen Quellen der Rechtserkenntnis nachgekommen. Im erstbehördlichen Ermittlungsverfahren sei ihr Recht auf Parteiengehör verletzt worden, weil ihr nicht ausreichend die Möglichkeit geboten worden sei, zum Tatvorwurf und Beweisergebnis Stellung zu nehmen. Da ihr zu keiner Zeit konkrete Tathandlungen vorgeworfen worden seien, liege Verjährung vor. Die Geldstrafe von Euro 1.500,00 sei zu hoch, da während des Gewerberuhens keine unbefugte Gewerbeausübung vorliegen könne. Spezialpräventive Erfordernisse lägen nicht vor, da sie im Ermittlungsverfahren stets mitgewirkt habe. Sie habe die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung angezeigt. Ihr Jahreseinkommen 2016 betrug Euro 14.462,73. Es bestünden weitere Milderungsgründe wie die Fahrlässigkeit und Unbescholtenheit, sowie fachgerechte Gewerbeausübung und die Umstände, dass kein Schaden entstanden und kein Gewinn angefallen sei. Ihr Verschulden wäre gering, die Folgen unbedeutend, weshalb die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung bzw ein Absehen von der Strafe gegeben seien. Seit 30.06.2017 erhalte sie lediglich eine pauschale Aufwandsentschädigung, welche die tatsächlichen Aufwendungen kaum abdecke. Im zweiten Halbjahr 2017 betrage die Aufwandsentschädigung ohne Umsatzsteuer Euro 1.661,67 und seien ihr ohne Umsatzsteuer Aufwendungen in der Höhe von Euro 1.700,00 entstanden. Büro und Infrastruktur müssten ausschließlich und allein für Verwaltungstätigkeiten der Wohnungseigentumsgemeinschaft Adresse 2 betrieben werden. Es werde deshalb ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung beantragt, in eventu Herabsetzung der Strafhöhe.

In der mündlichen Verhandlung am 14.05.2018 brachte die Beschwerdeführerin folgendes vor:

„Wenn ich gefragt werde, warum ich das Gewerbe Immobilienverwalter mit 30.06.2017 ruhend gemeldet habe, obwohl ich wusste, dass die Übertragung der Verwaltung der Wohnanlage Adresse 2 an meine Tochter gescheitert ist, so erkläre ich dies dahingehend, dass ich mit 30.06.2017 meine gewerbliche Tätigkeit eingestellt habe und danach nur noch die Anlage betreute, in der ich selbst Miteigentümerin bin. Ich hatte also bis zum 30.06.2017 auch noch andere Objekte als Verwalterin betreut. Ich bin mit meinem 60. Geburtstag in Pension gegangen, was jedoch kein Hindernis dafür bedeutet, dass ich noch etwas dazu verdienen durfte. Es stimmt, dass ich seit 01.10.2015 eine normale Alterspension beziehe.

Wenn ich gefragt werde, ob ich mich über die Rechtslage im Zusammenhang mit der Ruhendmeldung meines Gewerbes kundig gemacht habe, so führe ich aus, dass mir bekannt war, dass ich die Verwaltung des Objektes, in dem ich Miteigentümerin bin, ohne Gewerbeberechtigung ausüben darf. Auch zu der Zeit, als ich von den Miteigentümern mit der Hausverwaltung bestellt wurde, hatte ich noch keine Gewerbeberechtigung. Ich lege diesbezüglich dem Verhandlungsleiter das Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 28.09.1994 vor, in welchem die anwesenden Eigentümer beschlossen hatten, die Hausverwaltung mir ab 01.01.1995 zu übertragen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 18.12.1996 wurde mir die Gewerbeberechtigung als Immobilienverwalterin erteilt. Eine Kopie des diesbezüglichen Bescheides lege ich dem Gericht vor und wird von diesem zum Akt genommen.

Ab dieser Zeit habe ich dann auch andere Objekte als Hausverwalterin betreut.

Wenn mich der Verhandlungsleiter fragt, welche Tätigkeiten ich für die Verwaltung der Wohnanlage im zweiten Halbjahr 2017 übernommen habe, verweise ich auf meine Beschwerde, Punkt A. Zur Tätigkeit von Frau BB lege ich dem Verwaltungsgericht ein Konvolut von Aussendungen der BB vor, die diese im Zusammenhang mit der Hausverwaltung ausgesendet hat. Daraus ist zu ersehen, dass Frau BB ebenfalls einen Teil der Verwaltung erledigt hat. Das war zwischen uns beiden nicht abgesprochen, sondern BB zog diese Agenden an sich, da sie eine der Eigentümerinnen ist, die mich als Verwalterin loswerden wollte. Seit dem Beschluss im Oktober 1994, mit dem ich zur Verwalterin bestellt wurde, hat sich bis heute nichts geändert. Es gibt seither keinen anderen Eigentümerbeschluss. Frau BB hat erst im Jahr 2017 die Aktivitäten im Hinblick auf die Verwaltung aufgenommen. Davor wurden sämtlicher Bürobetrieb und sämtliche Schreibarbeiten von mir allein erledigt. Ich wollte bei Frau BB auch zweimal in ihre Unterlagen Einsicht nehmen, was diese mir jedoch verweigerte. Die Abrechnungen und den Zahlungsverkehr erledige weiterhin ich allein, da dies in einer Hand liegen muss. Wir haben ein Girokonto, ein Rücklagenkonto und ein Kreditkonto. Die Eigentümer können bei mir in diese Unterlagen stets Einsicht nehmen. Das hat allerdings bis jetzt noch nie jemand gemacht. Es war zwischen den Eigentümern immer alles im besten Einvernehmen, bis Frau BB begonnen hat, gegen mich Stimmung zu machen. Es hat damit begonnen, dass im Hof ein Baum geschnitten wurde, was Frau BB überhaupt nicht gepasst hat. Das war im Frühjahr 2017, wo sich bei der letzten Eigentümerversammlung diese Konflikte äußerten. Mein Plan, die Verwaltung dieses Objektes an meine Tochter zu übertragen, hat unabhängig von diesen Diskrepanzen bestanden.

Das von meinem Mann angemietete Büro befindet sich nicht in unserem Wohnhaus in der Adresse 1, sondern in der Adresse 3 in Z. Es handelt sich dabei um ein Wohn- und Geschäftshaus, welches meinem Mann gehört. Es handelt sich dabei um einen kleinen Raum von jedenfalls weniger als 10 m². Dort befindet sich neben einem Schreibtisch und Regalen für die Akten ein Computer mit Drucker und Scanner. Dieser Büroraum wird ausschließlich von mir benützt. Diesen Raum habe ich im Jahr 2011 von meinem Mann angemietet. Die gewerblichen Verwaltungstätigkeiten habe ich davor in unserem Wohnhaus erledigt. Mein Mann hat für seine Angelegenheiten ein anderes Büro und zwar in unserem Wohnhaus in der Adresse 4. Meine Tochter DA wohnt in der mir gehörenden Wohnung in der Adresse 2 und erledigt auch dort ihren Schriftverkehr. Als Gewerbestandort hat sie die Adresse 4 gemeldet. Die Post an meine Tochter kommt zu uns in die Adresse 1. Meine Tochter hat inzwischen auch die Gewerbeberechtigung als Immobilientreuhänderin. Für die Benützung der Wohnung in der Adresse 2 muss sie mir keine Miete bezahlen. Ob andere Miteigentümer, insbesondere Frau BB, für die Selbstverwaltung Büros angemietet haben, ist mir nicht bekannt.

Wenn ich gefragt werde, ob ich die Verwaltungstätigkeiten nicht von unserem Wohnhaus aus in der Adresse 1 führen könnte und mir dann die Miete des Büros in der Adresse 3 ersparen könnte, führe ich an, dass ich zu Hause keinen Platz dafür hätte. Wir haben drei Kinder, und alle Kinder haben noch ihre Zimmer, auch wenn sie teilweise nicht mehr zu Hause wohnen. Es gibt in unserem Haus also keinen Raum, den ich als Büroraum einrichten könnte. Unser Wohnhaus hat ca 150 m² Wohnnutzfläche und mein Mann als ehemaliger Ziviltechniker hat sehr viele Unterlagen angesammelt, die er mindestens 30 Jahre aufbewahren muss. So wird ziemlich viel Raum, unter anderem auch fast der ganze Keller, dafür in unserem Haus in Anspruch genommen. Für ein Büro für mich ist einfach kein Platz mehr.

Mein Mann hat sich auch durch Zeitungsartikel kundig gemacht, ob die Tätigkeit von mir einer Gewerbeberechtigung bedarf oder nicht. In einer Sonderbeilage der Tageszeitung „Kurier“ wurde von einem namhaften Immobilienverwalter kundgetan, dass es für eine Eigenverwaltung keiner Gewerbeberechtigung bedarf, jedoch empfohlen werde, eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abzuschließen. Die Miethöhe meines Büros in der Adresse 3 mit brutto monatlich Euro 300,00 wurde seit dem Jahr 2011 nicht geändert. Der Zahlungsstrom für die Miete zwischen mir und meinem Gatten findet tatsächlich statt und kann anhand der Kontobewegungen nachgewiesen werden. Mein Mann wird dem Verwaltungsgericht auch im Laufe dieser Woche per E-Mail beispielshafte Kontobewegungen aus den Jahren 2011 bis 2018 übermitteln. Mein Mann und ich haben in beruflicher Hinsicht getrennte wirtschaftliche Zahlungskreise.“

In ihrem Schreiben vom 15.05.2018 legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut von Kontoauszügen ihres Kontos und des Kontos ihres Mannes vor, aus denen sich ergibt, dass sie seit dem Jahr 2011 monatlich Euro 300,00 an Miete auf das Konto ihres Mannes überweist. Weiters wurde ein Grundbuchauszug betreffend das Objekt Adresse 3, welches im Eigentum von EA steht, vorgelegt sowie der in der Verhandlung erwähnte Artikel aus der Tageszeitung „Kurier“.

II.      Sachverhalt:

AA ist seit 02.01.1997 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger), eingeschränkt auf Immobilienverwalter am Standort Z, Adresse 1. Dieses Gewerbe hatte sie in der Zeit vom 30.06.2017 bis 12.04.2018 ruhend gemeldet. Sie ist zu einem 561/7876-Anteil Miteigentümerin der GSte Nrn **1/5, **2, **3 in EZl **a  KG **** Z, worauf sich die Wohnanlage Adresse 2 befindet. Mit ihrem Anteil verbunden ist das Wohnungseigentum an Wohnung 11. Nachdem die bisherige Hausverwaltung FF gekündigt wurde, beschloss die Eigentümerversammlung am 28.09.1994, die Hausverwaltung ab 01.01.1995 gegen Honorar für diese Wohnanlage an Frau A zu übertragen, welche die Verwaltungstätigkeiten für dieses Objekt seit damals ausübt. Seit Entstehen der Gewerbeberechtigung übte Frau A auch die Verwaltung anderer Objekte aus. Diese Verwaltungstätigkeiten führte sie bis ins Jahr 2011 von ihrem Wohnsitz in der Adresse 1 aus. Der Ehemann der Beschuldigten ist Eigentümer des Objektes in Z, Adresse 3, auf welchem sich ein Wohn- und Geschäftshaus befindet. Im Jahr 2011 mietete in diesem Objekt Frau A einen kleinen Büroraum für eine monatliche Bruttomiete von Euro 300,00. Dieser Büroraum hat eine Fläche von weniger als 10 m²; dort befinden sich neben einem Schreibtisch und Regalen für die Akten ein Computer mit Drucker und Scanner. Dieser Büroraum wird ausschließlich von Frau A für ihre Verwaltungstätigkeit benützt. Seit 30.06.2017 verwaltet Frau A nur noch die Wohnanlage Adresse 2. Die Miete in der Höhe von Euro 300,00 wird seit Beginn des Bestandverhältnisses jeden Monat vom Konto von Frau A auf jenes ihres Gatten überwiesen. Das Wohnhaus in der Adresse 1 hat eine Wohnnutzfläche von ca 150 m²; obwohl die drei Kinder teilweise nicht mehr im Haus leben, hat jedes noch sein eigenes Zimmer und benötigt der Ehemann als ehemaliger Ziviltechniker für die Vielzahl von Unterlagen, für die eine 30 jährige Aufbewahrungspflicht besteht, viel Stauraum. In der derzeitigen Situation fände sich im Haus Adresse 1 kein Platz, um dort ein Büro für die Beschwerdeführerin einzurichten. Frau A bezieht seit 01.10.2015 eine Alterspension in der Höhe von derzeit ca Euro 400,00. Weiters erzielt sie Mieteinnahmen in nicht feststellbarer Höhe, die aber zu keiner Einkommensteuerpflicht führen. Mit Schreiben der Miteigentümer vom 17.05.2017 wurde AA die Hausverwaltung zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Aufgrund eines Formfehlers war diese Kündigung nicht rechtswirksam. Frau A versuchte, die Hausverwaltung dieser Anlage mit Wirkung am 01.07.2017 an ihre Tochter DA zu übertragen, was an der unterbliebenen Zustimmung der Miteigentümer scheiterte. Frau A erledigt seit dem zweiten Halbjahr 2017 allein weiterhin alle Verwaltungstätigkeiten, die mit Abrechnungen und dem Zahlungsverkehr im Zusammenhang stehen. Aufgrund entstandener Differenzen im ersten Halbjahr 2017 hat die Miteigentümerin BB ohne Absprache mit Frau A einen Teil der Hausverwaltung an sich gezogen; so hat sie eine Reihe von Aussendungen an die Miteigentümer versendet, Angebote eingeholt und Eigentümerversammlungen mit Beschlussfassung abgehalten. Der Miteigentümer CC betreut die Satellitenanlage und andere Miteigentümer beteiligen sich insofern, als sie kaputte Leuchtmittel austauschen. Mit Rechnung vom 30.06.2017 an die Wohnungseigentumsgemeinschaft machte Frau A ein Verwaltungssonderhonorar über Euro 239,21 für das erste Halbjahr 2017 geltend. In Rechnung gestellt wurden jeweils 5 % der Auftragssummen an die Professionisten. Die Rechnung vom 29.06.2017 an die Wohnungseigentumsgemeinschaft enthält einen pauschalen Aufwandersatz für die Verwaltung für das zweite Halbjahr 2017 über Euro  1.789,05.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Z sowie der glaubwürdigen Aussage der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung und den von ihr dem Verwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung maßgeblich:

㤠1

(…)

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(…)

§ 93

(…)

(3) Bei Immobilientreuhändern im Sinne des § 117 sind das Ruhen und die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung der Behörde im Vorhinein anzuzeigen; eine Anzeige im Nachhinein ist unzulässig und unwirksam. Die Behörde hat ab Einlangen der Mitteilung das Ruhen im GISA einzutragen; eine Gewerbeausübung während des im GISA berücksichtigten Ruhens ist unzulässig. Während der Zeit des im GISA berücksichtigten Ruhens entfallen das Erfordernis einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nach § 117 Abs. 7 sowie die Verpflichtung zur Erfüllung sonstiger mit der Ausübung des Gewerbes verbundener gewerberechtlicher Verpflichtungen. Ab Einlangen der Meldung der Wiederaufnahme ist die Eintragung des Ruhens im GISA durch die Behörde zu löschen, sofern der Gewerbetreibende gleichzeitig mit der Meldung der Wiederaufnahme den wirksamen Bestand einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung im Sinne des § 117 Abs. 7 sowie die Erfüllung aller übrigen Eintragungserfordernisse – mit Ausnahme eines neuerlichen Nachweises der notwendigen Befähigung des Gewerbetreibenden – mit Wirkung spätestens ab Ende des Ruhens nachweist. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmung des zweiten Satzes, zweiter Halbsatz, sind gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 zu bestrafen.

(…)“

V.       Erwägungen:

Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

Entgelt allein erweist noch nicht, dass mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Erfolg herbei geführt werden solle, die Betätigung also in Gewinnabsicht unternommen werde; im Besonderen wird dies dann nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die entstehenden Unkosten ganz oder lediglich zum Teil abgedeckt werden sollen (VwGH 27.04.1993, 92/04/0245). Wer von seinem Vertragspartner als Entgelt nur den Ersatz der entstehenden Unkosten verlangt, handelt damit in aller Regel noch nicht in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (OGH 21.09.1996, 4 Ob 1084/93). Die Entgeltlichkeit einer Tätigkeit indiziert allerdings den äußeren Anschein der Gewinnerzielungsabsicht, sodass es Sache des Beschuldigten in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO ist, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht durch ein entsprechendes, mit Beweisen belegtes Vorbringen die mangelnde Gewinnerzielungsabsicht trotz Entgeltlichkeit darzutun (VwGH 11.11.1998, 98/04/0050).

Frau A hat durch die Vorlage von Rechnungen und Kontoauszügen nachgewiesen, dass seit der Ruhendmeldung der Gewerbeberechtigung ihre Aufwendungen für das Büro den der Wohnungseigentumsgemeinschaft in Rechnung gestellten Aufwandersatz übersteigen. Ihr war bewusst, dass sie ab Ruhendmeldung des Gewerbes keine sonstigen Einkünfte aus Immobilienverwaltungen erzielen wird. Sie hat damit im Sinn der zuletzt zitierten Judikatur den äußeren Anschein der Gewinnerzielungsabsicht entkräftet, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass sie ab dem 30.06.2017 die Verwaltung der Wohnanlage Adresse 2 in der Absicht betrieben hat, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil daraus zu erzielen. Damit fehlt es an der Gewerbsmäßigkeit und am strafbaren Verhalten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum sonstigen Beschwerdevorbringen wird noch kurz ausgeführt:

Die Tatsache, dass Frau A in privatrechtlicher Hinsicht das Recht auf Selbstverwaltung zusteht, ist nie in Frage gestanden, es war bloß zu klären, ob sie in diesem Fall gewerbsmäßig handelte und dafür eine aufrechte Gewerbeberechtigung benötigte oder nicht.

Die von der Erstbehörde für einen solchen Fall herangezogene Strafbestimmung wäre korrekt gewesen, da nach § 93 Abs 3 GewO eine Gewerbeausübung während des im GISA berücksichtigten Ruhens unzulässig ist und Zuwiderhandlungen dagegen gemäß § 366 Abs 1 Z 1 zu bestrafen sind.

Die Tatanlastung im Spruch hat im Sinn des § 44a Z 1 VStG die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die konkreten Sachverhaltsfeststellungen stellen jedoch einen Teil der Bescheidbegründung dar, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen hat. Die Begründung hat keine normative Wirkung, ist aber in Zweifelsfällen zur Auslegung des Spruches heranzuziehen. Im konkreten Fall ist im ersten Absatz des Spruches die als erwiesen angenommene Tat hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, enthalten gewesen.

Falls tatsächlich eine Verletzung des Parteiengehörs vorgelegen sein sollte, wäre dieser Mangel dadurch saniert, als die Beschuldigte im Rechtsmittelverfahren die Möglichkeit hatte, all das vorzubringen, was sie im erstinstanzlichen Verfahren sonst noch dargetan hätte.

Der Verjährungseinwand war unzutreffend, da im Sinn eines Dauerdelikts ein Tatzeitraum vom 01.07.2017 bis 27.03.2018 (Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) angelastet wurde. Nach § 31 Abs 1 VStG ist die Verjährungsfrist ab den Abschluss der strafbaren Tätigkeit oder des strafbaren Verhaltens zu berechnen. Gemäß dem Straferkenntnis wäre dies der 27.03.2018 gewesen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Tätigkeit während Ruhendmeldung; Äußerer Anschein der Gewinnerzielungsabsicht entkräftet

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.25.0904.3

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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