TE Vwgh Beschluss 2018/4/24 Ra 2018/05/0034

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Veröffentlicht am 24.04.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ABGB §293;
AWG 2002 §2 Abs1 Z1;
AWG 2002 §5 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/05/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision 1. der Dr. D H und

2. des Dr. M R, beide in Dornbirn, beide vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 13. Dezember 2017, Zl. LVwG-401-1/2017-R3, betreffend einen Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, 0004, mwN).

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

6 Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) hat sich in Bezug auf das gegenständliche Bodenaushubmaterial nicht auf das Vorliegen des objektiven Abfallbegriffes (§ 2 Abs. 1 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002) gestützt, sondern die Voraussetzungen des subjektiven Abfallbegriffes (§ 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002) für erfüllt angenommen. Die Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision, dass (auch) die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 nicht verwirklicht seien, und das in diesem Zusammenhang unter dem Blickwinkel des § 2 Abs. 3 leg. cit. - dabei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand bezüglich des objektiven Abfallbegriffes (vgl. dazu etwa Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 § 2 Rz 53, mwN) - erstattete Zulässigkeitsvorbringen gehen daher ins Leere.

7 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 31.3.2016, 2013/07/0284, mwN) kommt es bei der Beurteilung der subjektiven Abfalleigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 leg. cit. weder auf die eigene Entledigungsabsicht noch auf die Absicht in Bezug auf eine in Aussicht genommene Verwendung der Materialien an. Eine Sache ist nämlich schon dann als Abfall zu qualifizieren, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat.

8 Ob eine Entledigungsabsicht vorliegt, hat das Verwaltungsgericht aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 16.3.2016, Ra 2016/05/0012, mwN).

9 Nach den in der Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes stammt das gegenständliche Bodenaushubmaterial von Baustellen auf anderen Grundstücken und wurde es von dort auf das Grundstück der Revisionswerber verbracht. Wie in der hg. Judikatur bereits wiederholt dargelegt wurde (vgl. nochmals VwGH 16.3.2016, Ra 2016/05/0012, und VwGH 31.3.2016, 2013/07/0284), geht es nach der Lebenserfahrung Bauherren, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Bodenaushubmaterial (oder Abbruchmaterial) von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch diese Materialien behindert zu werden, zu vollenden, sodass insoweit eine Entledigungsabsicht gegeben ist.

10 Dass im vorliegenden Revisionsfall ein Vorbesitzer des gegenständlichen Materials dieses entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes nicht im Rahmen von Bodenaushüben auf Baustellen - somit nicht zwecks Durchführung eines Bauvorhabens -, sondern ausschließlich zur Gewinnung einer Ware für den Handelsverkehr abgebaut habe, wird im Übrigen von den Revisionswerbern nicht behauptet.

11 Mit der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Annahme, dass zumindest ein Hauptmotiv für die Verbringung des gegenständlichen Bodenaushubmaterials auf das Grundstück der Revisionswerber darin gelegen gewesen sei, dieses Material loszuwerden, sodass bei einem der Vorbesitzer dieses Materials eine Entledigungsabsicht bestanden habe, steht das Verwaltungsgericht somit auf dem Boden der hg. Judikatur (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 25.6.2014, 2013/07/0232, mwN). Hiebei führt der Umstand, dass - wie die Revisionswerber vorbringen - das Erdreich von ihnen angekauft worden sei, zu keiner anderen Beurteilung der beim Vorbesitzer bestandenen Entledigungsabsicht (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 26.1.2012, 2010/07/0065, mwN).

12 Ebenso unterliegen die Revisionswerber mit ihrem Vorbringen, es handle sich bei dem Erdmaterial um keine bewegliche Sache, weil es als Erdreich fest mit ihrem Grundstück verbunden sei, sodass auch deshalb der Abfallbegriff im Sinne des AWG 2002 nicht erfüllt sei, einem Rechtsirrtum. Bei Aufschüttung des angelieferten Bodenaushubmaterials auf dem Grundstück der Revisionswerber, die - wie sie selbst vorbringen - Besitzer des erworbenen Erdreiches sind, stellte dieses Material unzweifelhaft eine bewegliche Sache im Sinne des § 293 ABGB dar. Ein Ende der Abfalleigenschaft konnte nur unter den in § 5 Abs. 1 AWG 2002 normierten Voraussetzungen eintreten (vgl. dazu betreffend Bodenaushubmaterial VwGH 25.2.2009, 2008/07/0182). Dass die in dieser Gesetzesbestimmung normierten Voraussetzungen für eine Beendigung der Abfalleigenschaft - entgegen dem angefochtenen Erkenntnis - vorgelegen seien, wird von der Revision in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargelegt.

13 Diese geht auch auf die vom Verwaltungsgericht unter dem Blickwinkel des § 15 Abs. 4a AWG 2002 getroffene Beurteilung und insbesondere auf dessen Ausführungen, dass der Teil der Schüttung, der über die im angefochtenen Erkenntnis bezeichnete "grüne Linie" hinausgehe, zur Gewährleistung einer ordentlichen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht notwendig sei und es sich daher bei dem Schüttungsteil um keine zulässige Verwertung nach § 15 Abs. 4a leg. cit. handle, sowie auf die Berechnung des abzutragenden Materials unter Zugrundelegung der Pläne (im Erkenntnis als "Plan S..." bezeichnet) nicht ein.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Wien, am 24. April 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050034.L00

Im RIS seit

07.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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