TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/13 VGW-002/079/4287/2016, VGW-002/079/4290/2016, VGW-002/V/079/4288/2016,

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2017
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Entscheidungsdatum

13.09.2017

Index

34 Monopole

Norm

GSpG §2 Abs1
GSpG §2 Abs4
GSpG §52 Abs1
GSpG §52 Abs4
GSpG §53 Abs1
GSpG §53 Abs2
GSpG §54 Abs1
GSpG §54 Abs2

Text

A.)


IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin MMag. Ollram

?   über die Beschwerden der U. s.r.o. (ehem. Un. s.r.o.), Id. Nr. ..., Sitz: B. (Slowakische Republik), und des M. P., M.-gasse, Wien, beide vertreten durch RA, gegen Spruchpunkt 1 des Bescheides der Landespolizeidirektion Wien vom 15.2.2016, A2/375168/2015, betreffend die Beschlagnahme (§ 53 Abs. 1 GSpG) der am 10.11.2015 in Wien, B.-straße, Gastlokal „V.“, gemäß § 53 Abs. 2 GSpG vorläufig beschlagnahmten Glücksspielautomaten, Eingriffsgegenstände bzw. technischen Hilfsmittel:

a) Spielgerät Marke/Type „A. D.“, Seriennummer ..., Finanzamtskontrollnummer 1/Versiegelungsplakette Nr. ..., samt zugehörigem Steckschlüssel,

b) Bargeld in der Höhe von 110,00 Euro;

?   über die Beschwerde der U. s.r.o. (ehem. Un. s.r.o.), vertreten durch RA, gegen Spruchpunkt 2 des Bescheides der Landespolizeidirektion Wien vom 15.2.2016, A2/375.168/2015, betreffend die Einziehung (§ 54 Abs. 1 GSpG) des vorgenannten vorläufig beschlagnahmten Gegenstands (Sets) a nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG zu Recht:

I. Die gegen Spruchpunkt 2 (Einziehung) gerichtete Beschwerde der U. s.r.o. (ehem. Un. s.r.o.) wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch mit der Maßgabe bestätigt, dass die Rechtsgrundlage § 54 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 erster und dritter Fall GSpG lautet.

Gleichzeitig wird den gegen Spruchpunkt 1 (Beschlagnahme) gerichteten Beschwerden der U. s.r.o. (ehem. Un. s.r.o.) und des M. P. Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG nicht zulässig.

B.)

Im Beschwerdeverfahren des M. P., vertreten durch RA, gegen Spruchpunkt 2 des Bescheides der Landespolizeidirektion Wien vom 15.2.2016, A2/375.168/2015, betreffend die Einziehung (§ 54 Abs. 1 GSpG) des unter A.) angeführten Gegenstands (Sets) a ergeht gemäß § 31 VwGVG der

BESCHLUSS:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 24 VStG und § 8 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die belangte Behörde begründete den im selben Umfang an beide BeschwerdeführerInnen (BF) gerichteten Bescheid unter Bezugnahme auf die aktenkundigen Ermittlungsschritte, die im Verfahren eingelangten Stellungnahmen und vorgelegten Unterlagen sowie einschlägige Judikatur im Wesentlichen damit, dass anlässlich einer am 10.11.2015 (10:40 Uhr) im gegenständlichen Lokal durchgeführten finanzpolizeilichen Kontrolle das im Spruch genannte Gerät a, laut näher wiedergegebenen Testspielergebnissen ein Glücksspielgerät, betriebsbereit und funktionsfähig vorgefunden worden sei. Der Lokalinhaber M. P. habe vor Ort selbst ausgesagt, dass er selbst bzw. auch die U. s.r.o. als Veranstalterin Gewinne aus diesen Spielen ausbezahlt hätten. Der von den BF behauptete Geschicklichkeitscharakter sei insofern nicht gegeben, als durch die bloße Betätigung der Starttaste virtuelle Walzenspiele mit jedenfalls vorwiegend zufallsabhängigem Endergebnis hätten ausgelöst werden können und sich die Zusammenstellung bzw. Abfolge der vorgeschalteten vermeintlichen Geschicklichkeits-Miniaturwalzen bei jeder Auslösung der Starttaste geändert habe; den dienstlichen Wahrnehmungen der Kontrollorgane und einem Gutachten (SV F.) vom 15.6.2015 sei gegenüber dem Vorbringen der BF der Vorzug zu geben. Aufgrund der Unternehmereigenschaft des Veranstalters, der notwendigen Geldeinsätze und in Aussicht gestellten Gewinne sowie der fehlenden Genehmigungen nach dem GSpG handle es sich um verbotene Ausspielungen und sei das Geräte wegen Verdachts fortgesetzter Verwaltungsübertretungen iSd § 52 Abs. 1 GSpG samt Geldinhalt vor Ort gemäß § 53 Abs. 2 GSpG vorläufig beschlagnahmt worden; nach Prüfung der Voraussetzungen durch die Behörde sei die Beschlagnahme auch bescheidmäßig zu verfügen gewesen. Ebenso seien die Voraussetzungen für die Einziehung nach § 54 Abs. 1 GSpG erfüllt, da ein objektiver Verstoß gegen § 52 Abs. 1 GSpG zweifellos feststehe und dieser in Anbetracht der Aufstelldauer in einem öffentlich zugänglichen Lokal nicht geringfügig sei.

Dagegen richtet sich die von den BF gemeinsam fristgerecht und mängelfrei erhobene Beschwerde mit den Begehren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben. Folgende Beschwerdegründe werden geltend gemacht:

?   Nichterfüllung der Tatbestände für Beschlagnahme und Einziehung mangels Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 GSpG bzw. Eingriffs in das Glücksspielmonopol durch Ausspielungen; es handle sich - auch gemäß Betriebsanleitung am Gerät sowie „seinerzeit der Finanzpolizei ausgehändigter“ Sachverständigengutachten - um ein Geschicklichkeitsgerät; die diesbezüglichen Feststellungen der Behörde seien unzureichend und unzutreffend;

?   fehlende Rechtsgrundlage für eine Beschlagnahme von Bargeld;

?   Unanwendbarkeit der §§ 53 und 54 GSpG bzw. der Regelungen über das Glücksspielmonopol wegen Verstoßes gegen vorrangiges Unionsrecht im Hinblick auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der U., dies unter Berufung auf konkret angeführte Entscheidungen des EuGH, die Kriterien seines (näher dargelegten) „Prüfprogramms“ für eine Vereinbarkeit monopolrechtlicher Eingriffe mit unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie ein im Ergebnis „einhelliges rechtswissenschaftliches Schrifttum“; Nichterfüllung der Vereinbarkeitskriterien dies insbesondere im Hinblick auf die erforderliche Nichtdiskriminierung und Transparenz bei der Konzessionsvergabe, die fehlende Kohärenz der glücksspielrechtlichen Rahmenbedingungen und des tatsächlichen Charakters der Geschäfts- und Werbepolitik des Alleinkonzessionärs.

In vorangehenden Stellungnahmen vom 15.12.2015 und vom 29.12.2015 bestritten die BF – bezogen auf den damaligen Verfahrensstand – ebenfalls das Vorliegen von Glücksspiel, zumal auf dem Gerät ausschließlich Geschicklichkeitsspiele zur Verfügung stünden.

Das Finanzamt Wien ... als Anzeigenleger in den parallel anhängigen Strafverfahren (Amtspartei nach § 50 Abs. 5 GSpG) äußerte sich nach der Beschwerdemitteilung durch das VG Wien mit schriftlichen Stellungnahmen vom 9.11.2016, in welchen es der Beschwerde näher begründet entgegentritt. Mit Eingabe vom 31.5.2017 übermittelte es eine Replik des SV T. vom 5.8.2015 zum (bereits im Behördenakt aufliegenden) GA F. vom 15.6.2015, hierzu wiederum eine eigene undatierte Gegenstellungnahme.

Eine Woche vor dem anberaumten Verhandlungstermin übermittelten die BF dem VG eine 47-seitige Stellungnahme vom 23.6.2017 mit 20 Beilagen (darunter Stellungnahmen mit dem Glücksspielbereich beruflich befasster Personen), in der sie nach Art einer um rechtsvergleichende und politische Ausführungen ergänzten wissenschaftlichen Abhandlung erneut die aus ihrer Sicht bestehende Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols bzw. der entsprechenden Regelungen des GSpG nach dem „Prüfprogramm“ des EuGH (einschließlich einer daraus resultierenden Inländerdiskriminierung) erläutern. Beanstandet werden dabei erneut vor allem das Spielangebot und Werbeverhalten der aktuellen Berechtigungsträger sowie bundesweite Uneinheitlichkeiten in den Regelungsregimes unterschiedlicher Spielkategorien wie elektronischer Lotterien, Pokersalons, Automatenglücksspiel und Sportwetten. Ferner verfolge der Gesetzgeber, wie auch die beiden GSpG-Novellen 2008 und 2010 zeigten, mit den Monopolregelungen nicht den (im Hinblick auf eine gestiegene Zahl von Spielsüchtigen als ineffizient und wirkungslos erachteten) Spielerschutz oder die Kriminalitätsbekämpfung, sondern ausschließlich fiskalpolitische Interessen, und würden im Bereich des genehmigten Glücksspiels Jugendschutzbestimmungen fehlen. Ferner berufen sich die BF in dieser Eingabe wieder auf zahlreiche Entscheidungen anderer Gerichte (ausgenommen die inzwischen ergangenen Leitentscheidungen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts), welche u.a. auch die Unverhältnismäßigkeit der österreichischen Monopolregelung bestätigt hätten, und beantragen sie die Zeugenvernehmung von Mitarbeitern bestimmter Einrichtungen mit Bezug zum Glücksspielbereich sowie die Beschaffung diverser Auskünfte und Daten dieser Institutionen. Letztlich wird die vorliegende Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015 (Kalke/Wurst)“ insofern als unzulänglich beanstandet, als es ihr aufgrund der angewendeten Verfahren bzw. nicht repräsentativer Stichproben an Aussagekraft fehle.

In der mündlichen Verhandlung bestritten die BF unter Hinweis auf vorgelegte Medienauszüge und die Vorabentscheidung des EuGH vom 14.6.2017, C-685/15, die Zulässigkeit einer amtswegigen Einholung bzw. Verwertung vom VG beigeschaffter Unterlagen im Beweisverfahren betreffend die Unionsrechtskonformität des GSpG; zum Gegenbeweis wurde ein Gutachten (SV Ing. Fr.) über fehlende Kohärenz aufgrund von Werbebotschaften vorgelegt. Letztlich sei aus einer ebenfalls vorgelegten E-Mail der Europäischen Kommission abzuleiten, dass die Konzessionsvergaben in Österreich gegen EU-Richtlinien verstießen. Die Amtspartei trat den unionsrechtsbezogenen Ausführungen in einer weiteren Stellungnahme vom 11.7.2017 entgegen. In ihrer letzten Äußerung vom 1.8.2017 zum aktuellsten Glücksspielbericht des BMF für den Zeitraum 2014 bis 2016 bestritten die BF (wiederum unter Hinweis auf beigelegte Medienauszüge) die Richtigkeit der dortigen Ausführungen; im Übrigen wiederholten sie ihr Vorbringen zur Nichtverwertbarkeit amtswegig beigeschaffter Beweismittel.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der österreichische Staatsbürger M. P. (nachfolgend: MP) ist seit November 2009 am Standort Wien, B.-straße, zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart Imbiss-Stube berechtigt und betrieb dort im Jahr 2015 im Rahmen eines Einzelunternehmens ein Gastlokal unter der Geschäftsbezeichnung „V.“ (Lokal Nr. 5). Im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit im Gastgewerbe hatte MP für diesen Standort eine unbefristete und im Zeitraum August bis November 2015 jedenfalls aufrechte Vereinbarung mit der U. s.r.o. (ehem. Un. s.r.o., nachfolgend: U.), die letzterer das Recht einräumte, das Lokal des MP für die Aufstellung eigener „A. Geldspieler“-Terminals zu nutzen. Die U., eine Kapitalgesellschaft nach slowakischem Recht mit Sitz in B., deren leitender Geschäftsführer und zur Außenvertretung befugtes Organ seit März 2013 der slowakische oder tschechische Staatsangehörige Ma. Do. ist, ist ein auf Ertrag gerichtetes Unternehmen im Bereich der beratenden, organisatorischen und vermittelnden Dienstleistungen, zu dessen Gegenstand laut Gesellschaftsvertrag unter anderem der Betrieb von Glücksspielen mittels direkt durch den Spieler zu bedienender technischer Einrichtungen und „Gewinngeräten“ zählt. Die in der undatierten Vereinbarung festgelegten Pflichten des MP als Treuhänder bestanden im Wesentlichen in der Beistellung des Betriebsstroms sowie Pflichten zur unverzüglichen Verständigung der U. von Änderungen und Vorfällen im Zusammenhang mit dem Gerätebetrieb. Als Entgelt für die Flächennutzung samt Betreuungsleistungen hatte die U. dem MP monatlich 50 % des „Nettogewinns“ zuzüglich USt zu entrichten. Für den Fall eines negativen Monatsergebnisses war volle Kosten- und Risikotragung der U. mit Möglichkeit zum Verlustvortrag auf den Folgemonat vereinbart, während der MP in solchen Fällen keine „Provision“ erhielt. Die U. blieb während der gesamten Aufstelldauer uneingeschränkte Eigentümerin des betreffenden Geräts.

Das in Spruchpunkt A. a bezeichnete im Eigentum der U. stehende funktionstüchtige Spielgerät wurde mit Erklärung vom 31.7.2015 per 1.8.2015 bei der Magistratsabteilung 6 als Spielapparat zur Erzielung geldwerter Gewinnen zur Vergnügungssteuer (1.400 Euro pro Monat) angemeldet, aufgrund der vorgenannten Vereinbarung einsatzbereit im Lokal des MP aufgestellt, und dort von der U. zumindest ab 1.8.2015 zu den regulären Öffnungszeiten - an Werktagen jeweils ab 7:00 Uhr, Montag bis Freitag bis in die Abendstunden, an Samstagen und Feiertagen bis zur Mittagszeit - auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben. Auf dem Vergnügungssteuerformular wurde als Zahlungspflichtiger der MP angeführt; in der Folge wurden die Zahlungen jedoch direkt von der U. (Verwendungszweck: MP) angewiesen. Im Lokal des MP waren dieser selbst sowie Kellner in unterschiedlichen Schichtdiensten tätig, die das Gerät zu Betriebsbeginn einschalteten. Für den Fall von Gerätedefekten lag im Lokal eine Telefonnummer zur Kontaktierung eines Servicebeauftragten der U. auf. In Abständen von mehreren Tagen oder auf Anforderung kamen Beauftragte der U. zur Entleerung der Gerätekasse und Abrechnung der Geldbeträge. Von Seiten der O. GmbH als Herstellerin bzw. Vertreiberin lag eine Erklärung vor, im Fall von Behördenkonflikten im Zusammenhang mit dem Betrieb ihres Produkts unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten der Rechtsvertretung zu übernehmen. Weder die U. noch MP haben oder hatten jemals eine behördliche Konzession oder Bewilligung für Ausspielungen nach dem österreichischen GSpG.

Beim gegenständlichen Gerät handelt es sich um einen strombetriebenen Spielapparat der Marke/Type „A./D.“ aus der Produktion bzw. dem Vertrieb der O. GmbH. Das Spielprogramm, das vom Hersteller als „Memory Skill“ bezeichnet wird, ermöglichte während der Aufstellung im Lokal des MP jedenfalls folgenden Spielablauf: Nach Tasten- oder Touch-Screen-Auswahl eines von mehreren Themenspielen mit unterschiedlichen Fantasiebezeichnungen, welche im unteren von zwei übereinander angeordneten (etwa gleich großen) Bildschirmbereichen angeboten wurden, und Herstellung des für den Spielbetrieb erforderlichen Geldguthabens – die Möglichkeit bestand hier jedenfalls über Banknoteneinzug – wurden im unteren Bildschirmbereich drei übereinander liegende Reihen von je fünf gleichmäßig nebeneinander angeordneten Themensymbolfeldern (Früchte, Sterne o.ä.) dargestellt; letztere ließen sich technisch derart in Wechsel versetzen, dass beim Betrachter der optische Eindruck vertikal laufender Walzen entstand (nachfolgend: „große Walzen“). Am unteren Rand des unteren Bildschirmbereichs erschien nach der Auswahl eines Themenspiels ein weiteres, deutlich kleineres Walzenfeld bestehend aus drei nebeneinander angeordneten Einzelfeldern (nachfolgend: „Miniaturwalzen“); auch diese konnten in eine virtuelle Rotation versetzt werden und endeten jeweils mit einer Ziffer von 0 bis 9 oder einem Kamerasymbol. Die beiden Walzenvorrichtungen waren technisch derart gekoppelt, dass die großen Walzen ausschließlich bei einem bestimmten Ergebnis im vorgeschalteten Miniaturwalzenlauf, nämlich zumindest einer Miniaturwalze mit Endstand Kamera, dann aber zwingend und automatisch ausgelöst wurden. Bei Betätigung der Start-Taste wurde zunächst der Lauf der drei Miniaturwalzen in Gang gesetzt, welche erst nach Loslassen der Taste wieder zum Stillstand kommen konnten. Ergaben die Miniaturwalzen eine reine Ziffernkombination, wurde abhängend vom Vorkommen der Ziffer 0 der weiter zur Verfügung stehende Einsatz durch Multiplikation der erzielten Ziffern erhöht oder die Chance auf Erhöhung in diesem Abschnitt mit 0 beendet. Bei positivem Multiplikationsprodukt wurde das vorhandene Spielguthaben erst dann erhöht (und gleichzeitig wieder entsprechend reduziert) wenn der Miniaturwalzenlauf durch weitere Tastenbetätigung – gegen in gleicher Weise erhöhte Einsatzleistung – ein weiteres Mal ausgelöst wurde. Endete eine der drei Miniaturwalzen mit dem Kamerasymbol, wurde der vorher gewählte Spieleinsatz endgültig abgebucht und die etwa eine Sekunde dauernde virtuelle Rotation der großen Symbolwalzen im vorher gewählten Themenspiel ausgelöst. Aufgrund der Drehgeschwindigkeit der drei Miniaturwalzen wäre es bei Konzentration auf eines der Miniaturwalzenfelder möglich gewesen, das Loslassen (pro Tastenbetätigung) mit Geschick so zu timen, dass das beobachtete Feld mit einem Kamerasymbol endete; ferner war es allenfalls möglich, eine reine Ziffernkombination ohne 0 und ohne Kamera herbeizuführen, wobei im Fall der Erzielung höherer Punkteprodukte bei weiteren Spielvorgängen vom System nur noch die niedrigsten Ziffern 1 und 0 oder das Kamerasymbol zur Verfügung gestellt wurden; auch die geschickte Steuerung der Miniaturwalzen im Sinn „gewinnträchtiger“ Ziffernkombinationen war daher nicht durchgehend möglich. Lauf und Endstand der großen Themenwalzen waren von Spielerseite weder mit Geschick noch sonst steuer- oder beeinflussbar; das Endergebnis war hier jedenfalls ein reines Zufallsprodukt.

Die Flächenmaße des am untersten Bildschirmrand positionierten Miniaturwalzenfeldes betrugen in Länge und Breite einen Bruchteil des darüber ablaufenden großen Walzenspiels. Im Themenspiel „Power Liner 7“ entsprach der Durchmesser eines einzigen der 15 gleichzeitig eingeblendeten und über den ganzen unteren Bildschirmbereich rotierenden Früchte oder Sterne in etwa der Gesamtlänge des dreiteiligen Miniaturwalzenfeldes. Die Symbole der großen Walzen waren in leuchtend bunten Farben auf schwarzem Hintergrund gehalten; die Miniaturwalzen bestanden aus schwarzen Ziffern bzw. einer (mit freiem Auge kaum als solche identifizierbaren) Abbildung einer Kamera auf weißem Hintergrund und waren nach ihrem äußeren Erscheinungsbild in etwa mit einer Stromzähleranzeige oder einem sonstigen Punkte- bzw. Ziffernstand vergleichbar. Neben dem Miniaturwalzenfeld waren zudem einige weitere geringfügig kleinere Anzeigefelder, teilweise ebenfalls mit Ziffernanzeigen (Punktestand, Einsatzbetrag o.ä.), angeordnet. Im oberen Bildschirmbereich war ganz zu Beginn, also vor der Auswahl eines Themenspiels, der alleine stehende große farbige Titelschriftzug „A. MEMORY SKILL“, nach der Spielauswahl ein sehr viel kleinerer Text mit der Überschrift „INFORMATION ZUM MEMORY SKILL SPIEL“ eingeblendet, der sich aus einer Abbildung der möglichen Endstände der Miniaturwalzen in Verbindung mit einer Kurzbeschreibung der unmittelbaren technischen Auswirkungen zusammensetzte. Der Lauf der großen Walzen wurde hier als Darbietung einer Art Videovorführung, quasi als Gegenleistung oder Gewinn bei Erzielen des Kamerasymbols, dargestellt („Der Spieler kann sich ein ,Movie‘ ansehen“); darüber hinaus gab es keine Hinweise zum weiteren Spielablauf, insbesondere nicht zum weiteren Schicksal des eingesetzten Betrags. Ferner war die gesamte „Information“ durch Wortwahl, Aussagekomplexität und insbesondere Schriftbild (weiße Schrift in Miniaturgröße und mit Miniaturzeilenabstand auf großer dunkler Bildschirmfläche), so angelegt und ins Gesamtbild integriert, dass ein durchschnittlich intelligenter und konzentrierter Erwachsener ohne Sehschwäche diesen Text von vornherein nicht lesen konnte bzw. ihm keinerlei Aufmerksamkeit zuwendete, in jedem Fall aber die propagierten Auswirkungen der Miniaturwalzen auf den weiteren Spielvorgang nicht erfasste. Optische oder sonstige markante Hinweise, die die Aufmerksamkeit eines Spielers auf das Miniaturwalzenfeld gelenkt hätten, enthielt das Gerät nicht. Vielmehr bewirkte das Oberflächendesign, dass die gesamte Aufmerksamkeit eines durchschnittlich aufmerksamen, nicht sehbehinderten und eigenständig spielenden (nicht von einer Person konkret instruierten) Spielers optisch auf den Lauf der von ihm vorher bewusst ausgewählten großen Symbolwalzen gelenkt und das Miniaturwalzenfeld seiner Wahrnehmung entzogen wurde, bzw. dass ein solcher Durchschnittsspieler, sollte er dieses Feld zufällig wahrgenommen haben, keinerlei daraus resultierende Auswirkungen auf den Spielvorgang in Erwägung zog oder zu ziehen hatte. Registrierte oder beachtete der Spieler die Miniaturwalzen nicht, liefen diese bei systematischer Betätigung der Start-Taste unbemerkt mit und lösten dabei –unbemerkt auf das Kamerasymbol endend – in regelmäßigen Abständen den Lauf der großen Symbolwalzen aus. Das Themenwalzenspiel „Power Liner 7“ erforderte pro Spiel einen Mindesteinsatz von 0,20 Euro; der mögliche Höchsteinsatz lag bei mindestens 15 Euro pro Spiel. Ob und allenfalls wie lange auf dem Gerät auch elektronische Gewinnpläne zum gewählten Themenwalzenspiel eingeblendet wurden, ist im konkreten Fall nicht mehr feststellbar. Entsprach der Endstand der Symbolwalzen nicht dem intern programmierten Gewinnplan, wurde der im Spieldurchgang gesetzte Betrag endgültig als verloren gebucht; wurde eine Kombination laut Gewinnprogramm erzielt, erhöhte sich das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Guthaben entsprechend. Endguthaben bis zur Höhe von 50 Euro konnten direkt über das Lokal des MP (gegen spätere Erstattung durch die U.) eingelöst werden, für höhere Guthabensbeträge wurden im Lokal nur abgestempelte Bestätigungen zur direkten Einlösung bei der U. ausgestellt. Von Spielern erzielte und auf dem Bildschirm angezeigte Gewinn- bzw. Guthabensbeträge wurden mit einem zugehörigen Steckschlüssel (Spruchpunkt A.a) „gelöscht“ bzw. zurückgesetzt.

Am 10.11.2015 ab etwa 10:40 Uhr führten Organe des Finanzamtes Wien ... (Finanzpolizei Team ...) im geöffneten Lokal des MP von Amts wegen eine unangekündigte Kontrolle nach dem GSpG durch. Bei Betreten des Lokals, in dem neben Gästen die seit 1.9.2015 geringfügig bei MP beschäftigte und für etwa zwei Teilschichten pro Woche im Lokal tätige Kellnerin K. sowie kurze Zeit später auch der Lokalinhaber MP selbst anwesend waren, fand die Amtsabordnung an der Wand unmittelbar links neben dem Eingang das im Spruch bezeichnete Spielgerät frei zugänglich und eingeschaltet vor. Im Spielumfeld gab es keine Aushänge mit Spielerinformationen, Kontrollvorrichtungen betreffend eine monetäre oder zeitliche Beschränkung des Spielbetriebs oder Warnhinweise betreffend Spielsucht; auch auf dem Gerät selbst waren keine derartigen Hinweise, etwa Aufkleber mit Altersbeschränkungen o.ä., angebracht. Von etwa 10:40 Uhr bis etwa 12:20 Uhr führten zwei Kontrollorgane mit einem virtuellen (faktisch ausgezahlten) Restguthaben eines Gastes in der Höhe von 20 Euro und einer zusätzlich vom Lokalinhaber beigestellten Banknote von 10 Euro auf dem Gerät Testspiele durch. Aufgrund der Wahrnehmungen vor Ort, insbesondere des amtlichen Testspielergebnisses, wurde bis etwa 12:25 Uhr die vorläufige Beschlagnahme (§ 53 Abs. 2 GSpG) des Spielgeräts einschließlich des für die Rücksetzung erforderlichen Steckschlüssels und des (vor Ort ermittelten) im Gerät befindlichen Geldbetrags von 110 Euro durchgeführt und bescheinigt. Mit dem Lokalinhaber MP wurde von etwa 11:25 Uhr bis 12:10 Uhr unter dem Titel der Auskunftserteilung nach § 50 Abs. 4 GSpG eine Niederschrift aufgenommen. In der Folge wurden alle beschlagnahmten Gegenstände im Auftrag der Amtsabordnung aus dem Lokal entfernt und der belangten Behörde zur Verwahrung übergeben.

Österreichische Situation im Bereich Glücksspielregulierung, Glücksspielverhalten und faktischer Spielerschutz:

Seit Inkrafttreten des GSpG können in Österreich alle dem Glücksspielmonopol unterliegenden Glücksspiele an private Konzessionäre übertragen werden, was faktisch auch erfolgt ist; der Bund als solcher veranstaltet aufgrund seines Monopols keinerlei Glücksspiele. Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten sind nunmehr gemäß § 4 Abs. 2 GSpG ausdrücklich vom Glücksspielmonopol ausgenommen, unterliegen jedoch einer separat geregelten Bewilligungspflicht nach Landesrecht. Für die Durchführungen von Lotterien (§§ 6 bis 12b GSpG) besteht derzeit eine rechtskräftige von 1.10.2012 bis 30.9.2027 gültige Konzession der Österreichische Lotterien GmbH; am Bewerbungsverfahren hatten sich vier Interessenten beteiligt. Für den Betrieb von Spielbanken (§ 21 GSpG) wurden in den Jahren 2012 bzw. 2013 sechs Konzessionen für Stadtstandorte an die Casinos Austria AG und sechs Konzessionen für Landstandorte auf jeweils 15 Jahre vergeben. Nach Inkrafttreten der Kompetenzbestimmungen des § 5 GSpG im Jahr 2010 (Novelle BGBl. I Nr. 73/2010) schufen fünf von neun Bundesländern gesetzliche Grundlagen für die Bewilligung von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten. In der Folge wurden in diesen Bundesländern drei (Bgld., OÖ, und Stmk. nach Ende der Übergangsfrist mit 31.12.2015), eine (NÖ) bzw. zwei (K) solche Bewilligungen erteilt. Das Bundesland Wien schuf keine neue Grundlage für die Bewilligung von Landesausspielungen, jedoch durften bereits bewilligte Glücksspielautomaten nach dem Übergangsrecht bis 31.12.2014 betrieben werden.

In Österreich ist die Teilnahme an Glücksspielen in der Bevölkerung weit verbreitet. So spielten im Jahr 2015 etwa 41% der 14- bis 65-Jährigen innerhalb der letzten 12 Monate ein Glücksspiel um Geld. Innerhalb eines 30-tägigen Zeitraums nahmen etwa 27% dieser Altersgruppe an Glücksspielen gegen Geldeinsatz teil. Dieser Wert ist in den Jahren 2009 bis 2015 in etwa gleich geblieben. Das verbreitetste Glücksspiel in Österreich war im Jahr 2015 das Spiel „Lotto 6 aus 45" mit einer Teilnahmequote von 33% innerhalb der letzten zwölf Monate, daneben wurden weitere Glücksspielarten mit Teilnahmequoten zwischen 14,3% (Joker) und etwa 0,5% bzw. 0,4% (Automaten in Spielbanken bzw. „sonstige“ Spiele ohne gängige Bezeichnung) in Anspruch genommen. Die Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken – hierzu zählen bewilligte Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten sowie illegale Angebote – lag bei 1,0%. Die korrespondierenden Werte des Jahres 2009 lagen bei 34,0% (Lotto 6 aus 45), 10,9% (Joker), 0,6% (Automaten in Spielbanken), 0,9% (sonstige) und 1,2% (Automaten außerhalb von Spielbanken). Im Jahr 2015 lagen die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben der letzten 12 Monate für Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken bei 203,20 Euro, für klassische Kasinospiele bei 194,20 Euro, für Sportwetten bei 109,60 Euro, für Automaten in Spielbanken bei 100,90 Euro und für die übrigen Glücksspielarten jeweils erheblich darunter; die korrespondierenden Zahlenwerte des Jahres 2009 lagen bei 316,60 Euro (Automaten außerhalb von Spielbanken), 291,60 Euro (klassische Kasinospiele) und 46,50 Euro (Sportwetten). Personen ohne pathologisches Spielverhalten geben im Monat durchschnittlich einen weitaus geringeren Betrag für die Teilnahme an Glücksspielen aus, als Spielsüchtige. So lag der Mittelwert der monatlichen Ausgaben bei Personen mit unproblematischem Spielverhalten im Jahr 2015 bei 35,70 Euro, bei Personen mit problematischem Spielverhalten bei 122,50 Euro und bei Personen mit pathologischem Spielverhalten bei 399,20 Euro (Medianwerte: 25, 60 bzw. 100 Euro). 1,1% aller Personen in Österreich zwischen 14 und 65 Jahren (etwa 64.000 Personen) weisen ein problematisches oder pathologisches Spielerverhalten nach DSM-IV ("Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders" zur Einordnung psychiatrischer Diagnosen) auf. Das Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken zeigt mit 21,2% die höchste Prävalenz pathologischen Spielens. Der Anteil problematischen bzw. pathologischen Spielverhaltens betrug im Jahr 2015 bei Automaten außerhalb von Spielbanken 6,0% bzw. eben 21,2%; alle anderen Glücksspielarten einschließlich des Automatenglücksspiels in Spielbanken (3,7% bzw. 4,4%) weisen hier erheblich niedrigere Werte auf; die Vergleichswerte des Jahres 2009 für problematisches und pathologisches Spielverhalten lagen bei insgesamt 13,5% (Automaten in Spielbanken) bzw. 33,2% (Automaten außerhalb von Spielbanken).

Ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Personen mit pathologischem Spielverhalten zeigt auch einen problematischen Alkoholkonsum. Von pathologischer Spielsucht sind am stärksten Personen mit niedrigem Bildungsgrad und geringem Haushaltsnettoeinkommen sowie Arbeitslose betroffen. In der Gruppe pathologischer Spieler sind Suizidgedanken häufiger und ausgeprägter als in der Restbevölkerung. 26,9 % der pathologisch Spielsüchtigen haben auch einen spielsüchtigen Elternteil. Als wirksamste suchtpräventive Maßnahmen erweist sich eine zahlenmäßige und örtliche Begrenzung von Spielstätten, eine Beschränkung des Alkohol- und Tabakkonsums während des Spielens und die Hintanhaltung „gefährlicher“ Spiele. Geringere Wirksamkeit zeigen Maßnahmen wie Werbebeschränkungen, zeitliche und/oder monetäre Beschränkungen oder Spielsperren. Maßnahmen wie Informationskampagnen, Informationszentren in Glücksspielbetrieben oder Personalschulungen erweisen sich in der Praxis als am wenigsten wirksam.

Das GSpG enthält für erlaubte Tätigkeiten im Glücksspielbereich seit seiner Stammfassung (1989) zahlreiche Regelungen im Sinn des Spielerschutzes, welche durch Novellen (insbesondere um die Jahre 2010 und 2012) noch erweitert wurden. Diese Regelungen beinhalten hinsichtlich der Konzessionen für Lotterien und Spielbanken im Wesentlichen verpflichtende Vorgaben in Bezug auf die Gesellschaftsform (mit Aufsichtsrat), den Sitz des Unternehmens, eine mit den Schutzvorschriften korrespondierende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags, die Abwicklung des Spielbetriebs, die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung von Personen mit beherrschendem Einfluss auf das Unternehmen sowie die Auswahl des Konzessionärs nach dem Kriterium der besten Ausübung, welche sich nach Parametern wie Erfahrung, Infrastruktur, Entwicklungsmaßnahmen, Eigenmitteln, Spielsucht-/Kriminalitätsvorbeugung uä bemisst. Mit den Novellen 2008 und 2010 wurde die elektronische Anbindung der Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals (VLT) der konzessionierten Unternehmen an die Bunderechenzentrum-GmbH eingeführt. Die landesgesetzlichen Regelungen für „Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten“ wurden vom Bundesgesetzgeber im Interesse des Spielerschutzes sowie zur Kompetenzabgrenzung über § 5 GSpG vordeterminiert. Hier bestehen einerseits Anforderungen, welche den vorgenannten Regelungen für Konzessionswerber nachgebildet sind und zum anderen konkrete Vorgaben im Hinblick auf eine wirksame Kontrolle der Altersbeschränkung (Zutrittssystem, Identitätskontrolle), zur persönlichen Spielzeitbegrenzung, zur Anzeige der Gewinnausschüttungsquote, zur technischen Mindestdauer der Spiele, zur Limitierung von Einsatzhöhen und möglichen Gewinnen, sowie zur Hintanhaltung von Umgehungen durch Begleitspiele und „Jackpots“ enthalten; ferner wird das Verhältnis zwischen der Anzahl der Glücksspielautomaten und der Einwohnerzahl des Bundeslandes sowie die Zahl der gleichzeitig aufrechten Bewilligungen beschränkt. § 56 GSpG gibt einen „verantwortungsvollen Maßstab“ für Werbeauftritte legaler Glücksspielanbieter vor.

Die österreichischen Finanzbehörden kontrollieren im Rahmen regelmäßiger stichprobenartiger und unangekündigter Kontrollen durch eingerichtete Fachabteilungen tatsächlich die Einhaltung der an die Konzessionäre gestellten Anforderungen. Durch die verpflichtende Anbindung von Glücksspielautomaten und VLT an die Bundesrechenzentrum-GmbH, die nach Auslaufen der Übergangsfristen per 1.7.2017 überdies für das gesamte legale automatisierte Glücksspiel gilt, wird die laufende elektronische Ableitung von Daten ermöglicht, die für die Überwachung der Einhaltung vieler gesetzlicher Voraussetzungen (Einsatzgrenzen, Mindestspieldauer, Spielerinformationen, Gerätekennzeichnung etc.) benötigt werden, ebenso eine kontinuierliche Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulationen. Darüber hinaus erfolgt auf der Vollzugsebene, wie zahlreiche bei den Sicherheitsbehörden und VG in ganz Österreich anhängige Beschlagnahme-, Einziehungs- und Strafverfahren zeigen, eine tatsächliche intensive Verfolgung und strafrechtliche Ahndung illegalen Glücksspiels. Beispielsweise wurden in den Jahren 2012 und 2013 von Organen der Finanzpolizei jeweils um die 2.000, im Zeitraum 2014 bis 2016 insgesamt mehr als 4.600 Eingriffsgegenstände vorläufig beschlagnahmt und damit dem unkontrollierten Geschäftsverkehr entzogen. Zur Unterbindung des illegalen Online-Glücksspiels wurden vom BMF in internationaler Kooperation in der Folge laufend erweiterte Kontrollmaßnahmen ausgearbeitet. Zur fachkundigen Beratung der Konzessionäre und Bewilligungsinhaber sowie zur Verbesserung und Koordinierung der Arbeit von Spielerschutzeinrichtungen wurde Ende des Jahres 2010 beim BMF eine eigene Stabstelle für Spielerschutz eingerichtet. Laut (jährlich vorgesehenen) Berichten der Spielbanken-Konzessionärin an die Glücksspielaufsicht kann davon ausgegangen werden, dass diese jährlich mehrere tausend Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 einholt, verfügbare „Sofort-Checks“ bei Auskunfteien in Anspruch nimmt und mehrere hunderttausend Spielbankbesucher Screening-Prozessen unterzieht, wobei der Fokus in letzter Zeit insbesondere auf jungen Erwachsenen liegt. Auch tatsächliche Besuchsbeschränkungen und aktive Selbstsperren werden umgesetzt; Ende 2016 waren bei der Konzessionärin bundesweit 33.737 Personen gesperrt. Bei VLT-Outlets, die seit 1.1.2015 den strengen Spielerschutzbestimmungen für Landesausspielungen unterliegen, erfolgen in (faktisch zahlreich auftretenden) begründeten Fällen Alterskontrollen mittels Lichtbildausweis sowie Zutrittsverweigerungen. Auf der Grundlage des § 56 GSpG wurden vom BMF im Jahr 2012/2013 Leitlinien für Werbestandards erarbeitet, wobei durch eine Reihe von Kriterien konkretisiert wurde, wann eine Werbemaßnahme in ihrer Gesamtheit als „maßvoll“ angesehen werden kann. Die Konzessionärinnen Österreichische Lotterien GmbH und Casinos Austria AG betreiben am österreichischen Glücksspielmarkt eine umfassende Werbetätigkeit für die von ihnen legal angebotenen und im Gegenzug gesetzlich stark regulierten Glücksspiele, und zwar insbesondere für Lotterien und klassische Kasinospiele; die diesbezüglichen Werbebotschaften sind teilweise zielgruppenfokussiert (etwa dem Inhalt nach an Jugendliche oder Frauen gerichtet) und fallweise so ausgestaltet, dass die mit dem Glücksspiel verbundenen Gefährdungen (Sucht, Spielschulden) beim Betrachter in den Hintergrund treten. Hinsichtlich solcher Werbetätigkeiten betreibt die Aufsichtsbehörde bislang keine aktiven Gegenmaßnahmen. Im Bereich des Glücksspiels auf Automaten oder ähnlichen Vorrichtungen außerhalb von Spielbanken bestehen keine Anhaltspunkte für eine (von legalen oder illegalen Anbietern veranstaltete) umfassende oder exzessive Werbetätigkeit.

Beweisverfahren und Beweiswürdigung:

In der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2017 wurden folgende Beweise aufgenommen: Verlesung des Akteninhalts (Behörden- und Gerichtsakten) und des Inhalts der gleichzeitig verhandelten Strafverfahren (VGW-002/079/10770, 10771/2016; VGW-002/079/10778/2016); ergänzende Parteienvorbringen; Vernehmung der Zeugen R., H. (jeweils Kontrollteam Finanzpolizei) und K. (Kellnerin), von den BF vorgelegte Unterlagen: Medienauszüge und GA des SV Ing. Mag. M. Fr. MBA vom 31.5.2017 zur Unionsrechtskonformität des GSpG (Bl. 219-240); weitere Unterlagen der Amtspartei vom Kontrolltag: Aufstellvereinbarung der BF (Bl. 265), CE Konformitätserklärung zur Spielautomatentype „D.“, Haftungserklärung der O. GmbH für Rechtsvertretungskosten bei behördlicher Verfolgung (Bl. 269), Überweisungsbelege zur Vergnügungssteuer (Bl. 271-274), Gutachten des RA Prof. Dr. F. W. vom 22.6.2015 (Bl. 263-264) und des SV Ing. He. Ba. vom 29.6.2015 (Bl. 266-267). Der Verlesung und Würdigung der Niederschrift mit dem Lokalinhaber MP vom 10.11.2015, bei welcher dieser überdies auch auf eine Möglichkeit zur Aussageverweigerung hingewiesen wurde, wurde in der Verhandlung von allen anwesenden Parteien zugestimmt. Zum nachträglich erschienenen Glücksspielbericht des BMF (Berichtszeitraum 2014-2016) wurde Parteiengehör gewährt.

Die relevanten persönlichen, unternehmensrechtlichen bzw. gewerberechtlichen Daten und Funktionen der Beteiligten sind in den öffentlichen Registern bzw. in den vorgelegten und beigeschafften Auszügen (Melderegister, Auszug aus dem slowakischen Firmenbuch mit englischer Übersetzung, Gesellschaftsvertrag mit deutscher Übersetzung, GISA, Sozialversicherungsdaten) dokumentiert und ebenso wie das Fehlen von Berechtigungen nach dem GSpG unstrittig. Das Eigentumsrecht der U. am gegenständlichen Spielgerät und die Stellung der O. GmbH als Herstellerin, Vertriebsunternehmen bzw. Voreigentümerin ergeben sich aus einer bei der MA 6 aufliegenden abgestempelten Version der Vergnügungssteuermeldung vom 31.7.2015 (Bl. 38-39) und den diesbezüglich schlüssigen Angaben des Vertreters der BF (Bl. 40, 209vs). Der Betrieb des Spielgeräts auf unternehmerische Rechnung und Gefahr der U. und die Verpflichtungen des MP als Lokalinhaber sind in der bei der Kontrolle vorgelegten undatierten Aufstellvereinbarung beschrieben; ferner liegt eine einschlägige Monatsabrechnung vom 31.10.2015 im Akt auf (Bl. 265, 270). Die Mindestaufstelldauer des Geräts bis zur Kontrolle vom 10.11.2015 ergibt sich aus der Vergnügungssteuermeldung per 1.8.2015 samt Überweisungsaufträgen in Verbindung mit der Aussage des MP am Kontrolltag. Auch widerspräche die Annahme, dass das Gerät bei Leistung eines Steuerbetrages von monatlich 1.400 Euro nicht entsprechend eingesetzt gewesen wäre, sowohl der Lebenserfahrung als auch jedem unternehmerischen Gebaren. Die Zeugin K. hat auch ohne zu zögern ausgesagt, dass sich das gegenständliche Gerät bei ihrem Dienstantritt im Lokal des MP (Anfang September 2015) bereits im Lokal befand, sie gelegentlich bekannte Gäste beim Spiel am Gerät beobachten konnte und Spielern selbst Guthabensbeträge um die 50 bis 100 Euro bestätigt hatte. Die Feststellungen zu den üblichen Lokalöffnungszeiten beruhen ebenfalls auf den überzeugenden Aussagen der Zeugin K., deren Angaben – auch hinsichtlich der Gerätebetreuung – vor allem im Zusammenhalt mit den Aussagen des Lokalinhabers MP am Kontrolltag als repräsentativ für den ganzen Aufstellzeitraum anzusehen sind. Die grundsätzliche Betriebsbereitschaft der Geräte am Kontrolltag ist in Anbetracht der ausführlich dokumentierten Wahrnehmungen und Testspiele der Finanzpolizei nicht in Frage zu stellen. Das in privaten Gastbetrieben typische Fehlen von Spielkontrolleinrichtungen und Hinweisen oder Maßnahmen zum Spielerschutz ergibt sich daraus, dass kein Beteiligter ein einschlägiges Vorbringen erstattete, den einschlägig befragten Zeugen nichts dergleichen in Erinnerung war und auch in der vorliegenden Fotodokumentation, die teilweise auch das Spielumfeld zeigen, keinerlei derartige Indizien ersichtlich sind. Der Ablauf der finanzpolizeilichen Kontrolle vom 10.11.2015 ist in den Akten nachvollziehbar dokumentiert und zudem unstrittig.

Das von der Amtspartei zur Funktionsweise des Spielgeräts vorgelegte GA des SV F. vom 15.6.2015 (Bl. 51-82) und die diesbezügliche Stellungnahme des SV T. vom 5.8.2015 (Bl. 160-167) behandeln, wie insbesondere an den Miniaturwalzen mit dem Buchstaben A anstelle des Kamerasymbols zu erkennen ist, Spielautomaten der Marke/Type „KAJOT Skill Games“, deren Funktionsweise jener der „A. Memory Skills“ zwar ähnlich ist, aber von der äußeren Gestaltung und vom technischen Ablauf her Abweichungen aufweist; die genannten Unterlagen sind daher als Beweismittel in diesem Verfahren ungeeignet. Von Betreiberseite wurden der Finanzpolizei bei der Kontrolle im Lokal eine als „Rechtsgutachten“ bezeichnete Stellungnahme des RA Prof. Dr. W. vom 22.6.2015 (Bl. 263-264) vorgelegt, die wiederum auf ein Gutachten des gerichtlich zertifizierten SV Ing. Ba. für das Fachgebiet Glücksspielautomaten vom 11.5.2015 - offenbar eine Vorversion des hier vorgelegten GA vom 29.6.2015 (Bl. 266-267) - verweist. Nach Ansicht des RA Prof. Dr. W. und des SV Ba. handelt es sich bei Walzenspielen der Type „A. Memory Skill“ um Geschicklichkeitsspiele. Diese Stellungnahmen wurden offenbar anlässlich anderer Verfahren erstellt und sind in diesem Verfahren allenfalls wie Privatgutachten zu behandeln. Die Stellungnahme des Prof. Dr. W. enthält nur Verweisungen ohne eigenständigen Mehrwert. Zwei davon betreffen im Akt nicht aufliegende Gutachten der SV T. und Mar. zu einem Verfahren des BG Wels aus 2015, die (soweit dem VG Wien aus anderen Verfahren bekannt) wieder Geräte der Marke/Type „KAJOT Skill Games“ behandeln und daher als Beweismittel ebenfalls nicht in Betracht kommen. Die Ausführungen des SV Ba. beziehen sich zumindest auf gleichartige Spielprogramme und Gerätetypen („A. Memory Skill“, „D.“) mit Koppelung zweier Walzenfelder, nämlich großen Themensymbolwalzen mit technisch zwingend vorgeschalteten Miniaturwalzen, welche – wie auch von der Finanzpolizei bei der nunmehr verfahrensgegenständlichen Kontrolle vor Ort festgestellt - erst nach Auswahl eines Themenspiels aktivierbar waren. Betreffend den konkreten Status des Spielmechanismus (Softwareprogrammierung, Einsatzlimits, sonstige Werkseinstellungen u.ä.) ist insbesondere in Anbetracht der in materiengleichen Gerichtsverfahren immer wieder hervorkommenden Überarbeitungen der Geräteversionen und technischen Modifizierungen von Teilabläufen nicht auszuschließen, dass sich die vom SV Ba. begutachtete Situation von jener des hier gegenständlichen Apparats unterschied. Dies zeigt sich etwa schon daran, dass der SV Ba. eine Einsatzspanne zwischen 0,10 und 15 Euro anführt, während die Kontrollorgane im konkreten Fall Einsätze ab 0,20 Euro ermittelte, der mögliche Mindesteinsatz also zumindest bei einem Themenspiel das Doppelte betrug. Zudem enthält das bei der Kontrolle vorgelegte Kurzgutachten des SV Ba. keinerlei Testspieldokumentation wird dort lediglich die Miniaturwalzenkomponente beschränkt auf eine sinngemäße Wiedergabe der (in den Fotodokumentationen der Finanzpolizei abgebildeten) „Information“ am oberen Teilbildschirm erläutert, und zwar wiederum ohne jegliche Angabe zum weiteren Schicksal der eingesetzten Geldbeträge. Der Lauf der großen Themenwalzen wird im GA als „Animationsvideo“ bezeichnet und auch hier als eine Art Gewinn bei geschicktem Erzielen einer Kamera auf einer Miniaturwalze dargestellt („der Spieler kann sich ein Animationsvideo betrachten.“), wobei der SV offenbar von der lebensfremden Prämisse ausgeht, Spieler hätten ein eigenständiges Interesse an der Betrachtung einer virtuellen Darbietung vertikal laufender Symbolwalzen in Sekundendauer. Auch ein inhaltlich logischer Zusammenhang zwischen den Teilen „Befund“ und „Gutachten“ im engeren Sinn ist nicht erkennbar. Insofern erweist sich das GA als unvollständig und unschlüssig. Bei den Feststellungen zur konkreten Gestaltung des Geräts, zu den gebotenen Spieloberflächen bzw. Darstellungen auf den Bildschirmteilen, zu den konkreten Spielkonditionen (Einsatzmöglichkeiten u.ä.) sowie zum konkreten Spielablauf war daher jedenfalls von den direkt am verfahrensgegenständlichen Gerät durchgeführten Erhebungen der Finanzpolizei und den zeitnah zur Kontrolle erstellten Aufzeichnungen und Fotodokumentationen auszugehen, welche auch in der Verhandlung durch sachliche Aussagen der Kontrollorgane, insbesondere jene des Zeugen R., glaubwürdig bekräftigt wurden. Im Bereich der (einzigen) voneinander abweichenden Aufzeichnungen zum ermittelten Höchsteinsatz (laut Testspielformular 15 Euro, laut Aktenvermerk und Fotodokumentationen 20 Euro, Bl. 4, 23, 30) war von zumindest 15 Euro auszugehen. Die erkennende Richterin erachtet sich auch durchaus in der Lage, nach allgemeinen Erfahrungswerten im Zusammenhalt mit den aktenkundigen Ermittlungsergebnissen, insbesondere den äußerst aussagekräftigen Fotos, Feststellungen zur Wirkung des gegenständlichen Spielapparats auf einen durchschnittlichen erwachsenen Spieler festzustellen und daraus Schlüsse auf die jedenfalls vorwiegende faktische Art der Bedienung zu ziehen. Hervorzuheben sind hier insbesondere die in der Fotodokumentation, insbesondere auf den Ganzaufnahmen sehr anschaulich ausgewiesenen Größenverhältnisse der Walzenfelder aus Spielerperspektive samt Farbwirkung. Gleiches gilt in Bezug auf die spielerseitige Erfassung der „Information zum Memory Skill Spiel“ auf dem oberen Teilbildschirm (Bl. 257-260). Überdies ist aus den zeitnahen Ausführungen des Kontrollteams, man könne einfach „die Starttaste so lange betätigen, bis das vorher gewählte Walzenspiel ausgelöst wurde“ (Bl. 23) und das Walzenspiel werde bei „bloßem Antippen der Starttaste in den meisten Fällen sofort ausgelöst“ (Bl. 30) in Verbindung mit dem Umstand, dass im Lokal laut übereinstimmenden Angaben des Inhabers MP und der Zeugin K. immer wieder Guthaben ausgezahlt bzw. bestätigt werden mussten, mit hinreichender Sicherheit zu folgern, dass die gegenständlichen Miniaturwalzenfelder programmgemäß auch bei systematischer Blindbetätigung der Starttaste so häufig ein (die großen Walzen auslösendes) Kamerasymbol ergaben, dass ihre Zwischenschaltung im Spielverlauf zu keinen auffallenden Verzögerungen führte. Dass Lauf und Endstand der großen Symbolwalzen durch den Spieler in keiner Weise beeinflussbar waren, ergibt sich aus der Testspieldokumentation der Kontrollorgane und der eindeutigen Zeugenaussage des Zeugen R. in der Verhandlung. Von Seiten der BF wurde hier auch nichts Gegenteiliges behauptet. Auch das GA des SV Ba., wo nur von einem (wohl schon wesensgemäß nicht beeinflussbaren) Animationsvideo die Rede ist, findet sich für eine spielerseitige Beeinflussbarkeit der Themenwalzenkomponente kein einziger Anhaltspunkt. Da das VG die vorliegenden Ermittlungsergebnisse für die nachfolgende rechtliche Beurteilung der Glücksspieleigenschaft iSd § 1 Abs. 1 GSpG als ausreichend ansieht, besteht kein Anlass für die Einholung weiterer Sachverständigengutachten.

Die in Österreich erteilten Konzessionen und Bewilligungen für verschiedene Arten von Ausspielungen sind bereits im Glücksspielbericht des BMF für die Jahre 2010-2013 dargelegt; die diesbezüglichen Rechtsakte scheinen auch im Rechtsinformationssystem des Bundes auf. Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten in Österreich ergeben sich etwa aus der vom BMF im Oktober 2015 veröffentlichten Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ (Kalke/Wurst; Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung Hamburg). Zweifel an der Richtigkeit der dort erfassten Daten bestehen aus Sicht des VG insofern nicht, als die Erhebungsmethodik schlüssig und – für die Zwecke dieses Verfahrens – ausreichend nachvollziehbar dargelegt wurde. Die Ergebnisse zeigen in dieser Hinsicht ein repräsentatives Abbild der österreichischen Bevölkerung, da insgesamt 10.000 Personen im Alter zwischen 14 und 65 Jahren befragt wurden und die Stichprobe nach den Variablen Bundesland, Alter, Geschlecht und Schulbildung gewichtet wurde. Auch besteht kein Anlass, die in der Stellungnahme (Evaluierungsbericht) des Bundesministers für Finanzen vom 2.11.2015 enthaltenen Ausführungen zur Wirksamkeit bestimmter Spielsuchtpräventionsmaßnahmen und zum Sozialprofil bestimmter Spielergruppen anzuzweifeln. Selbst wenn, wie die BF zuletzt vorbringen, einzelne Zahlen oder angewendete Methoden im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Exaktheit in Frage zu stellen sein sollten, ändert dies nichts an der dadurch grob illustrierten bundesweiten Spielsuchtproblematik und können die dortigen Ergebnisse – auch hinsichtlich der Entwicklungstendenzen im Glücksspielbereich – jedenfalls als Grundlage einer gesamtheitlichen Betrachtung im Sinn der Judikatur des EuGH dienen. Überdies hat der EuGH selbst erst in der Entscheidung vom 30.6.2016, C-464/15, bestätigt, dass nationale Gerichte im Rahmen der von ihnen vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht angeleitet sind, bestimmte tatsächliche Auswirkungen der nationalen Regelungen (und wohl erst recht nicht exakte Zahlen zu einzelnen Teilaspekten) „empirisch mit Sicherheit“ festzustellen. Nur nebenbei sei an dieser Stelle bemerkt, dass die BF einerseits die Richtigkeit dieser Studie bestreiten, daraus aber andererseits explizit ableiten, „dass eine kohärente Politik im Glücksspielwesen in Österreich nicht verfolgt wird“ (Bl. 202). Den Beweisanträgen auf Vernehmung von Zeugen zum Beweis von Unrichtigkeiten in den herangezogenen Unterlagen des BMF war schon deshalb nicht nachzukommen, da nicht dargelegt wurde, welche entscheidungsrelevanten Fakten diese Zeugenaussagen im Einzelnen belegen sollten. Anträge auf Einholung von Erkundungsbeweisen sind vom VG nicht zu berücksichtigen. Letztlich wurden einschlägige gerichtliche Feststellungen auf Basis der gegenständlich herangezogenen Unterlagen auch von beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts mehrfach als schlüssig beurteilt und ist seit den Jahren 2015/2016 noch nicht so viel Zeit vergangen, dass die betreffenden Daten inzwischen in entscheidungsrelevanter Weise als überholt anzusehen wären. Das von den BF mit der Stellungnahme vom 23.6.2017 als Beilage 6 vorgelegte Rechts-GA des Univ.-Prof. Dr. Kl. (s. Beilagenfaszikel) stammt vom 24.5.2016, somit aus der Zeit vor der einschlägigen Leitentscheidung des VfGH vom 15.10.2016, E 945/2016-24 ua, und lässt zudem (unter alleiniger Bezugnahme auf die ehemals abweichende Rechtsmeinung des OGH) auch die Leitentscheidung des VwGH vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, außer Acht; die Werbekomponente ist in beiden genannten höchstgerichtlichen Entscheidungen berücksichtigt. Insofern ist dieses GA, welches dem Inhalt nach eher eine persönliche Rechtsmeinung des Autors darstellt, nicht aktuell und aussagekräftig. Das in der Verhandlung vorgelegte GA des Ing. Fr. vom 31.5.2017 behandelt im Wesentlichen nur den jeweils konkreten Wirkmechanismus ausgewählter Werbemaßnahmen der legalen Glücksspielanbieter, wobei die Durchführung solcher Werbemaßnahmen ohnedies nicht strittig und auch in den Feststellungen erwähnt ist. Im Übrigen enthält das GA keinerlei aussagekräftigen Schlussfolgerungen mit Bedeutung für eine gesamtheitliche Bewertung der österreichischen Glücksspielsituation. Die festgestellte Fortentwicklung und Intensivierung der den bisherigen Beurteilungen zu Grunde liegenden Umstände (Maßnahmen im Sinn des Spielerschutzes) ist dem aktuellen Glücksspielbericht des BMF (Zeitraum 2014 bis 2016 unter Berücksichtigung des ersten Halbjahres 2017) zu entnehmen, dem die BF mit der Vorlage punktueller Werte aus Marktanalysen sowie polemischer Medienstatements, sohin nicht auf gleicher Ebene entgegentreten sind. Auch die von den BF im Verfahren sonst vorgelegten Unterlagen – es handelt sich im Wesentlichen um Zeitungsartikel, überwiegend politische bzw. zeitlich überholte Meinungsäußerungen sowie Screenshots und Fotos betreffend einzelne Werbemaßnahmen der Konzessionäre – enthalten keine Inhalte, die sich auf die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts bzw. die Gesamtbeurteilung entscheidend auswirken können.

Aus der von den BF angesprochenen letzten Vorabentscheidung des EuGH vom 14.6.2017, Rs C-685/15, ergibt sich, dass es grundsätzlich der belangten Behörde obliegt, Beweise für die Beurteilung der Unionsrechtskonformität der Art. 49 und 56 AEUV einschränkenden Regelungen des GSpG vorzulegen bzw. entsprechend begründete Vorbringen zu erstatten. Der auch im Rechtsmittelverfahren geltende Amtswegigkeitsgrundsatz wird demnach in solchen Verfahren dahingehend unionsrechtskonform auszulegen sein, dass die belangte Behörde hier eine verstärkte Mitwirkungspflicht trifft. Dass das VG in sein Beweisverfahren grundsätzlich keine ihm bereits zur Verfügung stehenden, allenfalls bereits in ähnlichen Verfahren vorgelegten Beweismittel einbeziehen dürfte, ist der Entscheidung entgegen den Behauptungen der BF nicht zu entnehmen. Da sich im Beschwerdeverfahren herausstellte, dass die dem VG Wien vorliegenden (ohnedies aus der Sphäre von Behörde und Amtspartei stammenden) Unterlagen für eine aktuelle Gesamtwürdigung der österreichischen Situation in Bezug auf Glücksspielregulierung, Glücksspielverhalten und Spielerschutz ausreichten, waren keine weiteren Beweisaufträge an staatliche Stellen erforderlich.

Rechtliche Beurteilung:

Einziehung (Bescheid-Spruchpunkt 2):

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

Gemäß Abs. 2 ist die Einziehung mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von ihnen mit Beschwerde angefochten werden. Kann keine solche Person ermittelt werden, so hat die Zustellung solcher Bescheide durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.

Gemäß 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro […] zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinn des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist gemäß § 52 Abs. 3 GSpG nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinn dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Gemäß § 2 Abs. 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

Gemäß Abs. 2 ist „Unternehmer“ iSd Abs. 1, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Werden von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen iSd Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

Gemäß Abs. 4 sind verbotene Ausspielungen solche, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind. Gemäß § 4 Abs. 2 GSpG unterliegen u.a. Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes.

Die Einziehung nach § 54 GSpG ist nach den Intentionen des Gesetzgebers keine Strafe, sondern eine Sicherungsmaßnahme mit dem Ziel, von bestimmten Sachen ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit entgegenzuwirken; als schuldunabhängige sachbezogene Unrechtsfolge ist sie vom Verfall als schuldabhängiger (Neben-)Strafe zu unterscheiden. Auch setzt sie keine rechtskräftige Bestrafung nach einem Tatbestand des § 52 Abs. 1 GSpG voraus (vgl. VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0054). Aufgrund der Abhängigkeit von der Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG unterliegt das Einziehungsverfahren dennoch den Bestimmungen des VStG (vgl. VwGH 22.8.2012, 2011/17/0323). Für den Ausspruch einer Einziehung per se nicht relevant sind demnach eine iSd § 31 Abs. 1 VStG fristgerechte und rechtskonforme Tatanlastung in einem allenfalls parallel geführten Strafverfahren, Verschuldensaspekte (einschließlich der Prüfung allfälliger Schuldausschließungsgründe) oder Kriterien der Strafbemessung.

Nach der Rechtsprechung des VwGH nimmt die Verbindung eines vom Zufall abhängenden Spiels mit einem Geschicklichkeitsspiel dem ersteren nicht den Charakter eines Glücksspiels nach § 1 Abs. 1 GSpG (vgl. VwGH 26.2.2001, 99/17/0214). Zu bemerken ist auch, dass die Beurteilung der Glücksspieleigenschaft iSd § 1 Abs. 1 GSpG nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht von der technischen Bewertung einzelner Teilmechanismen abhängt, sondern die Lösung der Rechtsfrage erfordert, ob unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände insgesamt Glücksspiel vorliegt, weil die Entscheidung über das Spielergebnis – aus welchen Gründen auch immer – ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Im Fall des gegenständlichen Spielautomaten ist zunächst relevant, dass die Miniaturwalzenkomponente erst nach Auswahl eines der angebotenen Themenwalzenspiele über die Start-Taste in Gang gesetzt werden konnte und schon insofern mit den rein zufallsgesteuerten großen Symbolwalzen untrennbar verbunden war. Bei der Beurteilung, ob bei einem Spiel Können oder Glück überwiegt, wird grundsätzlich auf die Fähigkeiten eines Durchschnittsspielers abzustellen sein. Bei den großen bunten und damit optisch auffällig über den gesamten unteren Bildschirmbereich verteilten und virtuell rotierenden Themensymbolen handelt es sich um eine in Österreich und weltweit bekannte, gesellschaftlich nachhaltig etablierte Bildsymbolik für Automatenglücksspiel. Existenz und Funktion des Miniaturwalzenfeldes als potenzieller Geschicklichkeitskomponente samt zugehöriger elektronischer „Information“ waren der Aufmerksamkeit eines eigenständig agierenden (nicht persönlich instruierten) Spielers feststellungsgemäß entzogen. Bereits die festgestellten Größenverhältnisse zwischen den beiden Walzenfeldern und die Farbwahl lassen die Argumentation der BF, die eigentliche Funktion des Spielangebots liege im Miniaturwalzenfeld, als gewollte Umgehungskonstruktion erkennen. Selbst im unwahrscheinlichen Fall eines Registrierens der Miniaturwalzen und/oder eines Entzifferns der elektronischen „Information“ im oberen Bildschirmbereich war einem durchschnittlich intelligenten Erwachsenen – schon aufgrund der irreführenden Wortwahl („Der Spieler kann sich ein ,Movie‘ ansehen“) - das eigenständige Herstellen eines Zusammenhangs zwischen den Miniaturwalzen und dem Lauf der großen Symbolwalzen mangels relevanter (geschweige denn zureichender) Hinweise nicht zumutbar, weshalb die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Durchschnittsspieler das propagierte Zusammenspiel auch nur annähernd verstand und umzusetzen versuchte, gegen Null geht. Daran ändert, ebenfalls mangels nachvollziehbaren Zusammenhangs, auch der nur zu Beginn plakativ eingeblendete englische Titel „MEMORY SKILL“ nichts, dies abgesehen von der begründeten Annahme, dass gerade die feststellungsgemäß am stärksten von pathologischer Spielsucht betroffenen Personen mit niedrigem Bildungsgrad die Bedeutung des Schriftzugs gar nicht erfassen werden. Ferner ist die der Argumentation der BF (wie auch dem Gutachten Ba.) implizit zu Grunde liegende Annahme, bei erwachsenen Menschen bestünde eine Nachfrage nach entgeltlichen Spielen in Miniaturgröße am Bildschirmrand, in welchen sie mit Geschick eine überdimensionale Darbietung vertikal laufender farbiger Symbole in Sekundendauer erspielen könnten, schon nach (sehr gefestigten) allgemeinen Erfahrungswerten als geradezu absurd anzusehen. Gleiches gilt für die potenzielle Annahme, ein Spielinteressent würde sich wegen derartiger Miniaturwalzen für ein Spiel auf einem solchen Gerät entscheiden, eine Ablaufsteuerung über dieses Feld oder die Einholung einschlägiger „Informationen“ in Betracht ziehen. Da die Miniaturwalzen bei systematischer Betätigung der Starttaste in kurzen Abständen (vom Spieler unbemerkt) ohnedies Kamerasymbole ergaben und es daher bei Außerachtlassung dieser Kom

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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