TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/16 LVwG-AV-336/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2018
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Entscheidungsdatum

16.04.2018

Norm

WRG 1959 §50 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde der Marktgemeinde ***, vertreten durch A, Rechtsanwälte OG, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 30.01.2017, ***, betreffend Instandhaltungsauftrag nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) zu Recht:

I.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

Der Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 30.01.2017 wird dahingehend ergänzt, dass auch die Wurzelstöcke der im Bereich der Dammböschungen befindlichen Pappeln zu beseitigen sind (zu den Entfernungsfristen: Spruchpunkt II.).

II. Die Leistungsfrist zur Durchführung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 30.01.2017,
***, aufgetragenen Maßnahmen wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 59 Absatz 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) neu festgelegt wie folgt:

1.   Der Strauchbewuchs auf den Uferböschungen (Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 30.01.2017) und die auf den Uferböschungen befindlichen Bäume (Teil des Spruchpunktes 1. des Bescheides vom 30.01.2017) sind binnen drei Monaten zu entfernen.

2.   Die auf der Dammkrone befindlichen Bäume mit Biberbissspuren sind innerhalb von drei Monaten ab Zustellung des Erkenntnisses zu entfernen (Teil des Spruchpunktes 1. des Bescheides vom 30.01.2017).

3.   Die übrigen Bäume auf der Dammkrone sind binnen sechs Monaten ab Zustellung des Erkenntnisses zu entfernen (Teil des Spruchpunktes 1. des Bescheides vom 30.01.2017).

4.   Alle Wurzelstöcke und Wurzeln im Hochwasserdamm sind binnen sechs Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu entfernen.

III. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt erteilte mit Bescheid vom 12.09.1975 der Gemeinde *** die wasserrechtliche Bewilligung für die Teilregulierung der *** im Ortsgebiet von *** in einem bestimmten Flusskilometerabschnitt. Diesen Bescheid änderte die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt mit Bescheid vom 05.03.1979 dahingehend gemäß § 68 Abs. 2 AVG ab, dass die Bewilligung zur Teilregulierung hinsichtlich der Ausdehnung eingeschränkt wurde. Schließlich schränkte die belangte Behörde auch diesen Bescheid mit dem Bescheid vom 12.07.1983 dahingehend ein, dass die wasserrechtliche Bewilligung zur Teilregulierung der *** nunmehr nur von der Autobahnbrücke bis zur Brücke im Zuge der *** gemäß § 41 WRG 1959 erteilt wird. Mit Bescheid vom 25.07.1983 erfolgte dann noch eine Berichtigung des Bescheides vom 12.07.1983. Alle Bescheide wurden rechtskräftig.

Von der belangten Behörde wurde das Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 10.02.2016 eingeholt, in dem dieser ausführte, dass den eingereichten Unterlagen zu entnehmen sei, dass die Bewilligung von der Brücke „***“ flussabwärts bis oberhalb des Kasernengeländes und rechtsufrig im Bereich des Kasernengeländes bis zur Autobahnbrücke wasserrechtlich bewilligt worden sei. Weiters hielt er fest, dass höhere Bepflanzungen den Ausführungsunterlagen nicht zu entnehmen seien, sondern aufgrund einer hydraulischen Nachrechnung sich ergäbe, dass in der Bewilligung kein höherer Bewuchs wie etwa Bäume oder Sträucher enthalten seien.

Mit Bescheid vom 30.01.2017 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt der Marktgemeinde ***, vertreten durch A, Rechtsanwälte OG, ***, ***, einen gewässerpolizeilichen Instandhaltungsauftrag gemäß § 50 Abs. 1 WRG 1959 zur Durchführung diverser Maßnahmen. Die Behörde trug der Marktgemeinde bis spätestens 20.04.2017 die Durchführung folgender Maßnahmen auf:

„1. Entfernung der auf den Schutzdämmen befindlichen beidufrigen Pappeln samt deren bei der Dammkrone herausragenden Wurzeln auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (im Eigentum der Republik Österreich, Land- und Forstwirtschaftsverwaltung Wasserbau, Öffentliches Wassergut), im Bereich:

• Linksufrig von Fluss km *** bis Fluss km *** sowie

• Rechtsufrig von Fluss km *** bis Fluss km ***,

entsprechend dem beiliegenden Lageplan.

2. Entfernung des auf beiden Seiten der Bachböschung (= Bereich vom Gewässer bis zur Dammkrone) situierten Strauchbewuchses auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***), im Bereich:

• Linksufrig von Fluss km *** bis Fluss km *** sowie

• Rechtsufrig von Fluss km *** bis Fluss km ***,

entsprechend dem beiliegenden Lageplan.

3. Die Maßnahmen sind im Einvernehmen mit der Abteilung Wasserbau – *** des Amtes der NÖ Landesregierung (Tel.-Nr. ***) durchzuführen.“

Dagegen erhob die Marktgemeinde ***, rechtsanwaltlich vertreten, fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass die nun zu entfernende Bepflanzung bereits zum Zeitpunkt der Kollaudierung der Hochwasserschutzdämme mit Bescheid vom 16.07.1987 vorhanden und der Behörde bekannt gewesen sei. Bei den Bäumen und Sträuchern handle es sich daher um den konsensgemäßen Bestand. Wenn nun die Behörde der Ansicht sei, eine solche Bepflanzung sei nicht Stand der Technik und beeinträchtige die Standsicherheit des Dammes, so sei deren Entfernung nach § 21a allenfalls aufzutragen. Die Behörde würde sich betreffend Konsenslosigkeit der Bepflanzung auf die Ausführungsunterlagen beziehen, welche die Bepflanzung nicht erwähnen würden. Dass die Bepflanzung mit der Wasserbauabteilung des Landes akkordiert gewesen sei, werde von der belangten Behörde nicht behandelt. Bei der Frage, ob eine Bepflanzung vom Konsens umfasst sei, handle es sich um eine Rechtsfrage und nicht um eine vom Sachverständigen abzuklärende Fragestellung. Abgesehen davon würden die Ausführungen im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 11 und 12 nicht auf sachverständiger Beurteilung beruhen. Es sei zumindest kein entsprechendes Gutachten zum Parteiengehör übermittelt worden und finde sich im angefochtenen Bescheid auch kein Hinweis auf eine solche Begutachtung. Die Behauptung, es liege kein konsensgemäßer Zustand vor, sei daher unrichtig.

Der von der belangten Behörde erteilte Auftrag gehe davon aus, dass die Pappeln gefällt und nur die bei der Dammkrone herausragenden Wurzeln entfernt werden sollten, die übrigen Wurzeln im Damm könnten verbleiben. Dies sei jedoch kontraproduktiv, da nach der Fällung die absterbenden Wurzeln gefährliche Wegigkeiten verursachen würden. Es könne daher nur ein Neuaufbau des Dammkörpers erfolgen. Aus der angeschlossenen wasserbautechnischen Stellungnahme vom 12.03.2017 würde sich ergeben, dass die beauftragte Entfernung des Baumbewuchses technisch und wirtschaftlich nur im Zusammenhalt mit der Umsetzung des bereits wasserrechtlich bewilligten Hochwasserschutzprojektes möglich sei. Eine vorzeitige Entfernung der Pappeln wäre wirtschaftlich unverhältnismäßig. Die festgesetzte Frist bis 20.04.2017 sei jedenfalls zu kurz bemessen. Es werde ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass die Marktgemeinde *** Inhaberin der wasserrechtlichen Bewilligung für die Hochwasserschutzdämme sei und sei offenbar nicht geprüft worden, ob die Bewilligung nicht mittlerweile auf den Wasserverband *** übergegangen sei. Diesfalls wäre der Wasserverband Adressat von wasserpolizeilichen Aufträgen. Beantragt werde, der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich holte im Zuge des Beschwerdeverfahrens die forstfachliche Stellungnahme vom 20.02.2018 ein sowie Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik vom 23.02.2018 und eine weitere forstfachliche Stellungnahme vom 02.03.2018. Diese Ermittlungsergebnisse wurden der Beschwerdeführerin nachweislich mit der Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme binnen vier Wochen ab Zustellung zugeschickt.

Die Beschwerdeführerin nahm dazu mit Schreiben vom 10.04.2018 Stellung und brachte vor, dass die Erfüllung des gewässerpolizeilichen Auftrages einen Aufwand von mehr als € 200.000,-- verursachen würde. Es könne im Zuge der Umsetzung des wasserrechtlich mit Bescheid vom 16.3.2012 bewilligten Hochwasserschutzprojektes die Entfernung des Baumbewuchses samt Wurzeln durchgeführt werden und wäre dies im Herbst 2019 möglich. Es solle daher die Frist für die Entfernung nicht mit 6 Monaten, sondern mit 3 Jahren festgesetzt werden. Schließlich würde auch kein dringliches öffentliches Interesse ersichtlich sein, welches ein Zuwarten bis zum Jahr 2019 nicht gestatten würde. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Der Auftrag hätte richtigerweise an den Wasserverband *** gerichtet werden müssen, da die Bewilligung auf diesen mittlerweile übergegangen sei.

Folgender Sachverhalt wird anhand der vorliegenden und klaren Aktenlage als erwiesen festgestellt:

Die Marktgemeinde *** hat eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 41 WRG 1959 für eine Teilregulierung der *** im Ortsgebiet von ***. Das mit dieser Bewilligung eingeräumte Wasserrecht ist persönlich erteilt. Auf den beidseitig neben der *** hergestellten Hochwasserschutzdämmen befinden sich auf dem Grundstück ***, KG ***, Pappeln sowohl im Böschungsbereich als auch auf der Dammkrone und ist weiters auf den Böschungen Strauchbewuchs. Diese Bepflanzungen sind nicht Bestandteil des wasserrechtlichen Konsenses, schränken den Abflussquerschnitt ein und führen im 30-jährlichen Hochwasserfall zu Überflutungen des Umlandes. Angrenzend an die Dämme befinden sich Grundstücke im Wohngebiet.

Diese Feststellungen basieren auf der eindeutigen Aktenlage sowie auf den eingeholten Gutachten und auf folgender Beweiswürdigung:

In der Beschwerde wird vorgebracht, es sei ohne nähere Begründung davon ausgegangen worden, dass die Marktgemeinde *** Inhaberin der wasserrechtlichen Bewilligung für die Hochwasserschutzdämme sei. Vorgeworfen wird, dass in keiner Weise geprüft worden sei, ob die Bewilligung nicht mittlerweile auf den Wasserverband *** übergegangen sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das mit Bescheid vom 12.09.1975 der Marktgemeinde *** erteilte Wasserrecht kein dingliches ist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der Marktgemeinde die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung der Hochwasserschutzdämme auf dem Grundstück der Republik Österreich, Öffentliches Wassergut, eingeräumt wird. Da Konsensinhaber und Grundeigentümer des betroffenen Grundstückes nicht ein und dieselbe Person sind, kann das erteilte Wasserbenutzungsrecht nur ein persönliches sein. Eine Übertragung eines persönlichen Wasserrechtes ist nicht möglich. Damit kann der Einwand, es sei nicht geprüft worden, ob die wasserrechtliche Bewilligung auf den Wasserverband übergegangen sei, nicht zum Erfolg führen.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige führt im Gutachten vom 23.02.2018 aus, dass die auf den Schutzdämmen befindlichen Pappeln nicht Konsensbestandteil sind. Ebenso wenig sind seiner Meinung nach die Sträucher Bestandteil des wasserrechtlichen Konsenses. Der Amtssachverständige bezieht sich dazu auf das Regelprofil der Kollaudierungsunterlagen, denen weder ein Baum- noch ein Strauchbewuchs entnommen werden kann. Darüber hinaus argumentiert er damit, dass der Rauhigkeitsbeiwert, welcher die Oberflächenbeschaffenheit ausdrückt, auf eine Böschungsoberfläche ohne Gehölzbewachsung hindeutet und augenscheinlich die Dammgeometrie nicht für Gehölzbewuchs ausgelegt ist. Das Gutachten ist fachlich fundiert erstellt und logisch nachvollziehbar. Es wird durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegte fachliche Stellungnahme nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. In diesem Zusammenhang ist auch bereits auf die Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 10.02.2016 zu verweisen, welche im Zuge des Behördenverfahrens abgegeben wurde und in welcher anhand der hydraulischen Nachrechnung darauf geschlossen wurde, dass die Bewilligung keinen höheren Bewuchs (Bäume und Sträucher) umfasst. Den Ausführungsunterlagen sind auch aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich keine höheren Bepflanzungen zu entnehmen, die Schlussfolgerungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen aufgrund der hydraulischen Nachrechnung sind nachvollziehbar. Es entspricht auch nicht dem Stand der Technik, dass Hochwasserschutzdämme mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt werden. Dies gilt auch für ältere Dammanlagen, weil dies dem Zweck der Anlage entgegenstünde.

Unzweifelhaft steht anhand der Aktenlage fest, dass der Bereich, auf welchen sich der angefochtene Bescheid bezieht, von seiner Ausdehnung her auch vom wasserrechtlichen Konsens umfasst ist.

Im Gutachten vom 23.02.2018 wird ausgeführt, dass die Pappeln großteils entlang der Böschungskante auf der Dammkrone stehen, vereinzelt befinden sich aber Bäume und dichter Strauchbewuchs direkt auf der Böschung.

Im Gutachten wird weiter fachlich ausgeführt, dass die auf der Dammkrone befindlichen Bäume im Falle eines hundertjährlichen Hochwasserereignisses zu einer Erhöhung der Wasserspiegellage im Flussschlauch führen. Der Amtssachverständige führt zu den Sträuchern und Bäumen auf der Uferböschung aus, dass diese die Rauigkeit erhöhen und damit den Abflussquerschnitt verkleinern. Der wasserbautechnische Amtssachverständige bejaht dann das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses. Er hält dazu fest, dass es bereits bei HQ30 wegen eines verringerten Profilquerschnittes zu einem Hinterströmen des Hochwasserschutzdammes kommt und bei HQ100 der Damm nahezu vollständig überströmt wird. Darüber hinaus erachtet er durch das Belassen der Bäume eine Gefahr für die Sicherheit von Personen als gegeben, da bei Entwurzelung umgestürzter Bäume beim Damm kraterartige Schäden entstehen würden, die eine Einschränkung der Funktion des Dammes zur Folge hätten und bereits geringere Abflüsse zu Ausuferungen der *** auf angrenzende Grundstücke führen würden. Diese Grundstücke sind im Wohngebiet und großteils bebaut.

Zu den Leistungsfristen wird unten näher ausgeführt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die für gegenständlichen Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:

„§ 50.

(1) Sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, haben die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, daß keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.

(2) ...

...

§ 138.

(1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)

eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b)

        ...“

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.01.2017 werden der Beschwerdeführerin diverse Maßnahmen zur Instandhaltung des wasserrechtlich bewilligten Hochwasserschutzdammes auf beiden Seiten der *** im Ortsgebiet von *** in einem bestimmten Flusskilometerabschnitt auferlegt.

Es sind die auf den Schutzdämmen befindlichen Pappeln an beiden Ufern zu beseitigen sowie jene Wurzeln, welche bei der Dammkrone herausragen. Weiters ist auch der Strauchbewuchs an beiden Bachböschungen, also vom Gewässer bis zur Dammkrone zu entfernen. Gestützt wird dieser Auftrag auf § 50 Abs. 1 WRG 1959. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin als Wasserberechtigte der Hochwasserschutzdämme im gegenständlichen Bereich für die Entfernung der Pappeln und des Strauchbewuchses zu sorgen hätte, da diese ein wesentliches Abflusshindernis darstellen würden. Es stünde der Schutz des Siedlungsgebietes vor Hochwasser im öffentlichen Interesse und hätte die Sicherheit eines Hochwasserschutzdammes Vorrang gegenüber einer Bepflanzung. Es könne auch zu einem Dammbruch kommen.

Angemerkt wird, dass der Bereich der bewilligten Hochwasserschutzdämme, in dem eine Entfernung von Pappeln samt Wurzelstöcken und von Sträuchern fachlich als erforderlich erachtet wird, im Zuge einer gemeinsamen Begehung durch einen wasserbautechnischen Amtssachverständigen und einen Vertreter der Abteilung Wasserbau des Amtes der NÖ Landesregierung am 13.07.2016 - wie aktenkundig ist – festgestellt wurde. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den Ausführungsbericht der Abteilung Wasserbau des Amtes der NÖ Landesregierung vom Mai 1986, in dem auf eine Neuvermessung des gegenständlichen Regulierungsbereiches der *** Bezug genommen wird.

Unstrittig ist, dass sich die gegenständlichen Bäume und Sträucher auf den wasserrechtlich bewilligten Dämmen der Marktgemeinde *** befinden. Gegen die Lage der Pappeln und Sträucher wird auch nicht eingewendet. Es wird aber gegen die Notwendigkeit der Entfernung dieser Pflanzen vorgebracht.

Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist, ob und welche Instandhaltungsmaßnahmen für die gegenständlichen Dämme fachlich erforderlich sind. Das eingeholte wasserbautechnische Gutachten hat ergeben, dass nicht nur die Entfernung der Bäume auf der Dammkrone, sondern auch jener in der Böschung zum Schutz öffentlicher Interessen unabdingbar notwendig ist; dies betrifft auch die Wurzeln. Damit aber ist vom Verfahrensgegenstand auch umfasst, dass eine Entfernung der Bäume samt Wurzelstöcken auf der Böschung aufzutragen ist, wenn auch dies im angefochtenen Bescheid so nicht vorgeschrieben wurde. Maßgeblich ist nach der Judikatur nämlich, welche Maßnahmen im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung, hier der Erlassung der gerichtlichen Entscheidung, erforderlich sind.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist damit zuständig, auch die Entfernung der Wurzeln der Bäume auf den Böschungen aufzutragen.

Eine Entfernung der Bäume und des Strauchbewuchses von den Uferböschungen wird im Gutachten vom 23.02.2018 aus fachlicher Sicht binnen drei Monaten als durchführbar erachtet, wenngleich eine unverzügliche Entfernung gefordert wird. Dies gilt auch für jene vereinzelte Bäume auf der Dammkrone, welche Biberbissspuren aufweisen. Aus faktischen Gründen kann daher nur eine Entfernung binnen drei Monaten aufgetragen werden.

Hinsichtlich der sonstigen Bäume auf der Dammkrone erachtet der wasserbautechnische Amtssachverständige eine Frist von sechs Monaten als für eine Durchführung ausreichend.

Zu den Wurzelstöcken der Bäume verweist der wasserbautechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 23.02.2018 auf ein einzuholendes Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen, merkt aber an, dass die Wurzelstöcke vorerst noch belassen werden können. Der wasserbautechnische Amtssachverständige führt dazu noch aus, dass im Laufe der Zeit durch die im Damm befindlichen Wurzeln und Wurzelstöcke Wasserwegigkeiten im Zuge von Verrottungsprozessen entstehen können. Er führt auch aus, dass augenscheinlich ist, dass die Wurzeln weit in das Damminnere vorgedrungen sind und bei einzelnen Bäumen auch ersichtlich ist, dass die Wurzeln zunächst oberflächig quer über die Dammkrone gewachsen sind und dann weiter auf der landseitigen Böschung in den Damm hinein. Abschließend erachtet der Amtssachverständige die Vornahme bloßer Ausbesserungsarbeiten nach Entfernung von Bäumen und Wurzeln als nicht machbar, da durch die Wurzelentfernung massiv in die Dammstruktur eingegriffen wird, und bejaht er die Verhältnismäßigkeit der aufgetragenen Maßnahmen zur Erhaltung der Hochwasserschutzanlage und zur Aufrechterhaltung des Abflussprofiles.

Das forsttechnische Gutachten vom 02.03.2018 führt zur Fragestellung hinsichtlich des Verrottungsprozesses und damit des Absterbens der Wurzeln im größeren Ausmaß aus, dass der Absterbeprozess sofort nach dem Schlägern beginnt. Der forsttechnische Amtssachverständige führt auch aus, dass ab dem Beginn des Zersetzungsprozesses von Wurzeln auch die Bodenstruktur zerstört wird und eine beginnende Destabilisierung des Dammes zu erwarten ist.

Es ergibt sich damit, dass die Entfernung der Wurzeln grundsätzlich zeitgleich mit der Schlägerung der Bäume durchzuführen sein wird, da mit einer Destabilisierung des Dammes bereits mit Beginn des Absterbeprozesses, also nach dem Schlägern, gerechnet werden muss. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch bei den im Böschungsbereich zu entfernenden Bäumen und dem Strauchbewuchs eine Wurzelstockentfernung binnen einer Frist von sechs Monaten ab Zustellung der Entscheidung als noch ausreichend erachtet werden kann, woraus sich eine zeitlich verzögerte Entfernung dieser Wurzeln ergibt. Das unmittelbare Gefährdungspotenzial durch die einen wesentlichen Widerstand im Hochwasserabfluss bildenden Bäume und Sträucher ist nach drei Monaten beseitigt.

Ein Instandhaltungsauftrag nach § 50 WRG 1959 ist dem Inhaber eines wasserrechtlichen Konsenses dann zu erteilen, wenn der der Bewilligung entsprechende Zustand nicht mehr gegeben ist. In gegenständlichem Fall sind die vorhandenen Sträucher und Pappeln nicht vom erteilten wasserrechtlichen Konsens umfasst, die Anlage entspricht damit nicht der erteilten Bewilligung und sind schon aus diesem Grund die Bepflanzungen zu entfernen. Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit deren Entfernung auch zum Schutz der oben dargestellten öffentlichen Interessen am ungehinderten Hochwasserabfluss und an der Sicherheit von Personen.

Ein Anwendungsfall des § 21a WRG 1959 ist in gegenständlichem Fall nicht erkennbar.

Dass die Herstellung der Pappeln bzw. Bepflanzung der Dämme mit Pappeln in Absprache mit der Wasserbauabteilung des Landes NÖ erfolgt sei, ersetzt nicht das Erfordernis einer wasserrechtlichen Bewilligung, welche derartige Bepflanzungen mitumfasst.

Zum Vorbringen, es schienen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 11 und 12 nicht auf einer Sachverständigenbeurteilung zu beruhen, ist festzuhalten, dass diesem Bescheid auf Seite 12 zu entnehmen ist, dass die davor wiedergegebenen Ausführungen solche eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen sind. Ein allenfalls verletztes Parteiengehör ist mit der Beschwerdeerhebung saniert.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige erachtet eine wesentliche Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses aufgrund der vorhandenen Pappeln und des Strauchbewuchses an den Dammböschungen und der Pappeln auf der Dammkrone als gegeben. Die Fristen zur Entfernung wurden danach differenziert, ob sich die Bäume und der Strauchbewuchs auf der Böschung befinden oder auf der Dammkrone. Dass die Entfernung der einzelnen Bäume sowie des Strauchbewuchses auf den Böschungen vordringlicher durchzuführen ist, ist nachvollziehbar und wird dazu auch vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen hinsichtlich einer technischen Machbarkeit ausgeführt.

Für eine Entfernung auf der Dammkrone wird eine längere Frist von 6 Monaten als ausreichend erachtet und dazu begründend – aufgrund der Mehrzahl der Bäume - auch auf eine Planungsphase und das Erfordernis eines Vergabeverfahrens hingewiesen.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige erachtet die Durchführung von Instandhaltungsarbeiten am Damm durch ein bloßes Ausbessern jener Stellen, an denen die Bäume samt Wurzelstöcken entfernt werden, als nicht durchführbar. Er begründet dies damit, dass durch das Entfernen der Wurzeln ein massiver Eingriff in die Dammstruktur erfolgt. Auch führt er aus, dass die Wurzeln weit in das Damminnere vorgedrungen sind. Der wasserbautechnische Amtssachverständige führt aus, dass ein Freihalten der Uferböschung zur Aufrechterhaltung des Abflussprofiles jedenfalls erforderlich ist. Abschließend rät der Amtssachverständige zu einer erhöhten Aufmerksamkeit bei der Dammbeobachtung im Hochwasserfall.

Zur Stellungnahme vom 10.04.2018 ist festzuhalten, dass wirtschaftliche Erwägungen nach der Judikatur unbeachtlich sind. Das Vorliegen einer wasserrechtlichen Bewilligung, im Zuge deren Umsetzung die hier aufgetragenen Maßnahmen durchgeführt werden sollen, rechtfertigt nicht, von einer Beauftragung abzusehen oder diese – entgegen der fachlichen Meinung – für einen längeren Zeitraum aufzuschieben. Auch ist darauf hinzuweisen, dass eine erteilte Bewilligung keine Pflicht zur Projektsverwirklichung enthält, da es sich um ein eingeräumtes Recht handelt.

Entgegen der in dieser Stellungnahme vertretenen Ansicht liegt sehr wohl ein öffentliches Interesse an der Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen vor, da aus fachlicher Sicht vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen eine erhebliche Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses und eine Gefahr für die Sicherheit von Personen (Überflutung von Wohngebiet) bei Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes als gegeben erachtet wird. Der Sachverständige fordert eigentlich eine unverzügliche Entfernung des Dammbewuchses.

Anzumerken ist, dass auch in der Stellungnahme der Gruppe Wasser vom 05.04.2016 (gemeint wohl: 2018) – welche der Stellungnahme vom 10.04.2018 beigelegt war – fachlich die Notwendigkeit der umgehenden Entfernung der auf den Böschungen befindlichen Sträucher und der umsturzgefährdeten Bäume bejaht wird. Ebenso wird in dieser fachlichen Stellungnahme auf die Gefährdung der Hochwasserschutzanlage und der unmittelbaren Umgebung durch erhebliche Wegigkeiten im Dammkörper aufgrund abgestorbener Wurzeln hingewiesen. In Übereinstimmung mit dem wasserbautechnischen Gutachten vom 23.02.2018 wird die Meinung vertreten, dass sowohl die Entfernung der Bäume als auch der Wurzeln erfolgen muss.

Im Übrigen ist eine Entfernung des Bewuchses aber bereits aufgrund des Umstandes gerechtfertigt, dass dieser – wie oben dargelegt – nicht vom wasserrechtlichen Konsens umfasst ist.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.

Angemerkt wird, dass eine Erfüllung der mit dem angefochtenen Bescheid aufgetragenen Maßnahmendurchführung de facto um ca. 1 ½ Jahre aufgeschoben wurde.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S.389, entgegenstanden. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24.06.2014, 2014/05/0059 ua).

Die Durchführung einer Verhandlung wurde in der Beschwerde nicht beantragt.

Im Falle einer nicht freiwilligen Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen wird ein Vollstreckungsverfahren einzuleiten sein und zunächst mit Androhung der Ersatzvornahme sowie anschließend mit Anordnung derselben vorzugehen sein.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Instandhaltung;

Anmerkung

VwGH 23.07.2018, Ra 2018/07/0372-6, Aufhebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.336.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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