TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/9 LVwG-AV-1201/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2018
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Entscheidungsdatum

09.04.2018

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §77 Abs1,2,3 und4
GewO 1994 §81 Abs1
GewO 1994 §359 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Hofrat Dr. Kindermann-Zeilinger über die Beschwerde der A, ***, ***, vertreten durch die Rechtsanwälte B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 09.08.2017, ***, mit welchem der C GesmbH & Co KG die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage in ***, ***, durch Erweiterung des Schauraumes erteilt wurde,

zu Recht:

I.

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insoweit Folge gegeben, als die im angefochtenen Genehmigungs-bescheid vorgeschriebenen Auflagen um den nachstehenden weiteren Auflagenpunkt ergänzt werden:

13. Der Betrieb der projektierten Lüftungs- und Klimaanlagen ist ausschließlich zur Tagzeit (6 Uhr bis 19 Uhr) zulässig.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 09.08.2017,
***, wurde der C GesmbH & Co KG über deren Antrag die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage im Standort ***, ***, durch Erweiterung des Schauraumes unter gleichzeitiger Vorschreibung von 12 Auflagen erteilt.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde der A wendet sich diese unter Bezugnahme auf ihre Stellung als Nachbarin im Verfahren gegen die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung der in Rede stehenden Änderung durch Erweiterung des Schauraumes und führt, rechtsanwaltlich vertreten, dazu aus, dass sie im Verfahren eine Immissionsbelastung mit negativen Auswirkungen auf sie durch die Kälte- und Lüftungsanlage am Dach der Betriebsanlage eingewendet gehabt habe. Die Behörde habe dazu zwar nachträglich einen Lärmsachverständigen beigezogen, jedoch es unterlassen, einen humanmedizinischen Sachverständigen zu befassen, der die Frage der Auswirkungen von Immissionen auf Grundlage des Lärmgutachtens zu beurteilen gehabt hätte.

Zwar seien im angefochtenen Bescheid die Betriebszeiten mit Montag bis Freitag von 6:00 bis 20:00 Uhr und an Samstagen von 6:00 bis 13:00 Uhr festgelegt worden, jedoch gehe aus dem Bescheid nicht hervor, in welchem Zeitraum die Lüftungs- und Klimaanlage betrieben werden dürfe. Dazu gebe es weder eine Auflage noch gehe ein solcher Zeitraum aus den Projektunterlagen hervor. Der lärmtechnische Sachverständige berufe sich in diesem Zusammenhang lediglich auf ein Telefonat mit dem Behördenvertreter, wonach die Lüftungs- und Klimaanlagen nicht in der Abend- und Nachtzeit (19:00 Uhr bis 6:00 Uhr) betrieben werden würden.

Mangels einer entsprechenden Auflage sei aber davon auszugehen, dass die Lüftungs- und Klimaanlage entsprechend dem Projekt auch in der Nacht betrieben werden dürfe, weshalb durch die Genehmigung erhebliche Gesundheits-gefährdungen für die Beschwerdeführerin – besonders in der Nacht – hervorgerufen würden; somit habe es die Behörde unterlassen, erforderliche Auflagen vorzuschreiben bzw. die beantragte Genehmigung zu versagen.

Aus diesen Gründen werde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und in Stattgebung der Beschwerde den Genehmigungsbescheid zu beheben und den Antrag auf Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung abzuweisen, in eventu gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden und den Genehmigungsbescheid dahingehend abzuändern, dass die zum Schutz der Beschwerdeführerin erforderlichen Auflagen vorgeschrieben werden, bzw. den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Soweit mit dem Beschwerdeschriftsatz zusätzlich der Antrag gemäß § 78 Abs. 1 dritter Satz GewO, nämlich die Inanspruchnahme des Rechts der Genehmigungswerberin auf vorzeitige Errichtung und Betrieb der Anlage auszuschließen, gestellt wurde, ist darauf zu verweisen, dass über diesen Antrag bereits mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 12.10.2017 entschieden worden ist.

Zur erhobenen Beschwerde sowie zum angefochtenen Bescheid und zum Inhalt des Verwaltungsaktes der Bezirkshauptmannschaft Melk zur GZ: *** hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Folgendes erwogen:

Zunächst ist von folgendem als erwiesen anzusehenden Sachverhalt auszugehen:

Über Antrag der C GesmbH & Co KG, ***, ***, vom 05.05.2017 wurde hinsichtlich der genehmigten gewerblichen Betriebsanlage im Standort ***, ***, um die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch Erweiterung der Geschäftsfläche angesucht.

Im Zuge des von der Gewerbebehörde durchgeführten Genehmigungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin zur anberaumten Ortsaugenscheinverhandlung ordnungsgemäß geladen; in der am 28.06.2017 abgeführten Ortsaugenschein-verhandlung hat sie unter anderem folgende Einwendung erhoben:

„Auf dem Dach sind Kälte- und Lüftungsanlagen vorgesehen für die keine schalltechnische Begutachtung vorliegt. Es ist daher zu befürchten, dass von diesen Anlagen eine Emissionsbelastung ausgeht, die zu einer Verschlechterung der gegenwärtigen Situation führt.“

Vor Ort stellt sich die Situation so dar, dass östlich des geplanten Neubaus der C GesmbH & Co KG das Wohngebäude der Beschwerdeführerin mit der Anschrift *** situiert ist und dieses ein ausgebautes Obergeschoß aufweist.

Nach dem örtlichen Flächenwidmungsplan ist das Wohngebäude der Beschwerdeführerin im Bauland-Wohngebiet gelegen.

Die für die Nachbarliegenschaft der Rechtsmittelwerberin zu erwartenden von der gegenständlichen Betriebsanlage ausgehenden Betriebsgeräusche liegen bei rund 42 dB.

Nach der Betriebsbeschreibung in den Projektunterlagen sind die Betriebszeiten der Betriebsanlage mit Montag bis Freitag von 8:00 bis 12:30 Uhr und von 14:00 bis 18:00 Uhr sowie an Samstagen von 9:00 bis 12:00 Uhr festgelegt.

Bezüglich der projektierten Lüftungs- und Klimaanlagen ist eine Betriebseinschränkung in zeitlicher Hinsicht in den Projektunterlagen nicht ausdrücklich vorgesehen und wurde eine solche auch mit dem angefochtenen Genehmigungsbescheid – etwa durch Vorschreibung einer entsprechenden Auflage – nicht verfügt.

Die Umgebungsgeräuschsituation, die vom Straßenverkehr geprägt ist, verursacht im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin einen Pegel, der zwischen 55 und 60 dB zu liegen kommt. Die Höhe des Pegels ist jeweils von der Zahl der Fahrbewegungen im Straßenverkehr abhängig; so ist davon auszugehen, dass der Straßenverkehr zur Tagzeit die meisten Fahrbewegungen aufweist, d.h. in weiterer Folge, dass der straßenverkehrsinduzierte Pegel zur Tagzeit jedenfalls nicht unter dem mittleren 24 Stunden-Pegelwert, der auch Abend- und Nachtzeit mit weniger Fahrbewegungen umfasst, zu liegen kommen wird. Bei einer für die Beschwerde-führerin günstigstenfalls angelegten Betrachtung ist daher von einem vor-herrschenden energieäquivalenten Umgebungsgeräuschpegel von zumindest 55 dB auszugehen.

Somit kommt der Beurteilungspegel des Betriebsgeräusches der gegenständlichen Lüftungs- und Klimaanlage von 42 dB um rund 13 dB unter dem an der Liegenschaft der Beschwerdeführerin günstigstenfalls zur Tagzeit zu erwartenden mittleren straßenverkehrsinduzierten Schallpegel zu liegen. Eine besondere Auffälligkeit dieses Geräusches zur Tagzeit ist nicht zu erwarten. Eine Wahrnehmbarkeit in besonders ruhigen, also verkehrsarmen Phasen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund des Inhaltes des von der Bezirkshauptmannschaft Melk vorgelegten Betriebsanlagenaktes, der den Gang des Genehmigungsverfahrens in unbedenklicher Weise dokumentiert. Insbesondere war die Verhandlungsschrift der von der Gewerbebehörde durchgeführten Ortsaugenscheinverhandlung vom 28.06.2017 heranzuziehen, aus der sich die von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihrem Beschwerdevorbringen erhobene Einwendung ergibt, durch die sie ihre Parteistellung im Verfahren gewahrt hat. Die Feststellungen über die auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zu erwartenden Betriebsgeräusche durch Umsetzung des gegenständlichen Projektes ergeben sich aus den im behördlichen Verfahren eingeholten lärmtechnischen Gutachten des Amtssachverständigen D vom 20.07.2017, in welchem dieser plausibel und nachvollziehbar mit den aus dem Projekt vorhandenen Angaben vereinfachte Schallausbreitungsrechnungen entsprechend der ÖNORM ISO 9613-2 für die Liegenschaft der Beschwerdeführerin vorgenommen hat und so die zu erwartenden Betriebsgeräusche unter Berücksichtigung der Höhensituation und der daraus abzuleitenden Schirmwirkung durch die Betriebsgebäudekante bei Vollbetrieb der Lüftungs- und Klimaanlage samt Außeneinheiten mit rund 42 dB ermittelt hat.

Diesem Gutachten ist im Verfahren seitens der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten worden, vielmehr hat sie in ihrem Rechtsmittel bemängelt, dass dieses Gutachten nicht als Grundlage für ein humanmedizinisches Gutachten bezüglich der Frage der Auswirkungen der zu erwartenden Immissionen gedient hat.

Ein derartiges humanmedizinisches Amtssachverständigen-Gutachten ist nunmehr seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich im Beschwerdeverfahren eingeholt worden. Darin wird vom Amtssachverständigen E vom Amt der NÖ Landesregierung in seinem Gutachten vom 06.11.2017 dargelegt, dass die örtliche Umgebungsgeräuschsituation vom Straßenverkehr geprägt ist und von einem straßenverkehrsinduzierten mittleren Schallpegel, abrufbar unter ***, im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin von 55 bis 60 dB auszugehen ist.

Damit weist er nach, dass der Beurteilungspegel des Betriebsgeräusches der projektierten Lüftungs- und Klimaanlagen von 42 dB um rund 13 dB unter dem an der Liegenschaft der Beschwerdeführerin günstigenfalls zur Tagzeit zu erwartenden mittleren straßenverkehrsinduzierten Schallpegel zu liegen kommen wird und eine besondere Auffälligkeit dieses Geräusches zur Tagzeit nicht zu erwarten ist.

Das Gutachten des humanmedizinischen Amtssachverständigen ist den Verfahrensparteien mit Schreiben vom 08. November 2017 zur Kenntnis gebracht worden und ihnen die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden. Gleichzeitig wurde an die Verfahrensparteien die Frage herangetragen, ob auf die – beantragte – Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich verzichtet wird.

Dazu hat die Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom 30.11.2017 den Verzicht auf die Beschwerdeverhandlung bekanntgegeben und im Übrigen sich zum humanmedizinischen Gutachten nicht geäußert. Seitens der belangten Behörde wurde keine Stellungnahme abgegeben, sodass insgesamt dem eingeholten humanmedizinischen Gutachten nicht entgegengetreten worden ist und dieses daher auf Grund der darin auch enthaltenen ausführlichen Befundaufnahme, die eine örtliche Erhebung durch den Sachverständigen mitumfasst hat, auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen vollinhaltlich der Entscheidung zugrunde zu legen gewesen ist.

In rechtlicher Hinsicht war Folgendes zu erwägen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

         1.       das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

         2.       die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

         3.       die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

         4.       die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

         5.       eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Gemäß § 77 Abs.1 GewO ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, dass bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.

Gemäß § 77 Abs.2 GewO ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Gemäß § 77 Abs.3 GewO hat die Behörde Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden. Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder eine Überschreitung

         -        des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b zum IG-L,

         -        eines in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwertes,

         -        des Halbstundenmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,

         -        des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder

         -        eines Grenzwertes gemäß Anlage 5b zum IG-L

vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn

         1.       die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder

         2.       der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a IG-L oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Überschreitungen der in diesem Absatz angeführten Werte anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.

Gemäß § 77 Abs.4 GewO ist die Betriebsanlage erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen zu genehmigen, wenn die Abfälle (§ 2 Abfallwirtschaftsgesetz) nach dem Stand der Technik (§ 71a) vermieden oder verwertet oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß entsorgt werden. Ausgenommen davon sind Betriebsanlagen, soweit deren Abfälle nach Art und Menge mit denen der privaten Haushalte vergleichbar sind.

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Gemäß § 359 Abs. 1 erster und zweiter Satz GewO sind im Bescheid, mit dem die Errichtung und der Betrieb der Anlage genehmigt werden, die allenfalls erforderlichen Auflagen anzuführen. Wenn es aus Gründen der Überwachung der Einhaltung der Auflagen notwendig ist, hat die Behörde im Genehmigungsbescheid anzuordnen, dass ihr die Fertigstellung der Anlage angezeigt wird; der Inhaber einer dem Abschnitt 8a betreffend die Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen unterliegenden Betriebsanlage hat deren Fertigstellung der zur Genehmigung dieser Anlage zuständigen Behörde anzuzeigen, ohne dass es einer diesbezüglichen Anordnung im Genehmigungsbescheid bedarf. Die Behörde hat in den Genehmigungsbescheid gegebenenfalls einen Hinweis darauf aufzunehmen, dass ihrer Ansicht nach im Standort das Errichten und Betreiben der Anlage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch Rechtsvorschriften verboten ist.

Im gegenständlichen Fall erfolgte mit dem angefochtenen Bescheid die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage durch Erweiterung des Schauraumes einschließlich der damit verbundenen Lüftungs- und Klimaanlage für die gegenständliche Betriebsanlage. Zu den dazu seitens der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Beschwerdepunkten, insbesondere zu der fehlenden Beurteilung der Lärmimmissionssituation durch einen humanmedizinischen Sachverständigen, wurde im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ergänzend zu der von der Gewerbebehörde bereits erfolgten Beweisaufnahme durch Einholung eines lärmtechnischen Gutachtens ein darauf aufbauendes humanmedizinisches Gutachten eingeholt, und zwar unter Vorgabe des folgenden Beweisthemas:

„Ist auf Basis des lärmtechnischen Gutachtens des ASV D vom

20.07.2017 der Betrieb der Lüftungs- und Klimatisierungsanlagen auf dem Dach

der Betriebsanlage aus humanmedizinischer Sicht für die Bewohner des

Nachbargebäudes von A auf Grund der zu erwartenden

Lärmimmissionen bzw. Lärmbelästigungen gemäß § 74 Abs. 2 Z 2

Gewerbeordnung 1994 (GewO) zumutbar oder bedarf es, um diese

Zumutbarkeit sicherstellen zu können, der Vorschreibung von zusätzlichen

Auflagen, etwa im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin befürchteten

Betrieb während der Nachtstunden?“

Auf Grund des dazu erstatteten und den Verfahrensparteien in der Folge bekanntgegebenen humanmedizinischen Gutachtens haben sich die im oben dargestellten Sachverhalt wiedergegebenen Parameter ergeben, von denen der Amtssachverständige in seiner Conclusio festhält, dass eine erhebliche Belästigung der Beschwerdeführerin durch den Betrieb der gegenständlichen Lüftungs- und Klimaanlage zur Tagzeit nicht zu erwarten ist.

Zu der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auch aufgeworfenen Frage der Betriebszeiten der projektierten Lüftungs- und Klimaanlage, hinsichtlich der sich in den Projektunterlagen bzw. im angefochtenen Bescheid keine konkreten Ausführungen finden, ist unter Zugrundelegung des humanmedizinischen Gutachtens davon auszugehen, dass eine Wahrnehmbarkeit des Betriebsgeräusches der gegenständlichen Lüftungs- und Klimaanlage in besonders ruhigen, also verkehrsarmen Phasen nicht ausgeschlossen werden kann. Derartige verkehrsarme Phasen sind nach dem Gutachten, wonach der Straßenverkehr im gegenständlichen Bereich zur Tagzeit die meisten Fahrbewegungen aufweist, in den Abend- und Nachtstunden anzusetzen.

Demnach war – unabhängig von der im Verfahren seitens des Unternehmens ohnedies in diesem Sinne geäußerten Absicht – eine Betriebszeitenfestlegung hinsichtlich der projektierten Lüftungs- und Klimaanlage vorzunehmen und spruchgemäß als zusätzliche Auflage zur erteilten Genehmigung vorzuschreiben.

Insoweit war daher der Beschwerde stattzugeben.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in der gegenständlichen Beschwerdesache konnte angesichts des erfolgten Verzichtes auf eine solche durch die Beschwerdeführerin Abstand genommen werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).

Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis war nicht zuzulassen, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen ist und die Entscheidung auch nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerberecht; Änderung; Auflage; Immissionen; Nachbarn;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1201.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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