TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/15 LVwG-2018/25/0166-5

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Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren am xx.xx.xxxx, pA B GmbH, Adresse 1, Z, vertreten durch die Rechtsanwälte C, D, E, F, Adresse 2, Y, vom 08.01.2018 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 05.12.2017, Zl *****, betreffend Verfahren gemäß § 19 GewO 1994, nach Durchführung einer mündlichen Verhanlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und gemäß § 19 Gewerbeordnung 1994 festgestellt, dass AA, geb xx.xx.xxxx, die individuelle Befähigung für die Ausübung des Gewerbes „Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 94 Z 72 GewO 1994“ erbringt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die Bezirkshauptmannschaft Y gemäß § 19 GewO fest, dass die Beschwerdeführerin die individuelle Befähigung für die Ausübung des Gewerbes „Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 94 Z 72 GewO 1994“ nicht erbringt.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in der die Rechtsmittelwerberin durch ihre Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass sie bereits früher einige Unterlagen an die belangte Behörde mit der Nachfrage gesandt hatte, ob diese Unterlagen ausreichend wären, die individuelle Befähigung zur Ausübung des Gewerbes der Arbeitskräfteüberlassung festzustellen. Aufgrund einer dabei aufgetretenen Verwirrung habe sie den Antrag dann zurückgezogen. Mit neuerlicher schriftlicher Eingabe vom 10.11.2017 habe sie diesen Antrag auf Feststellung der individuellen Befähigung neuerlich gestellt und dabei auf die bereits vorhandenen Unterlagen verwiesen. Nach der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung könne der Nachweis für den Zugang zum Gewerbe unter anderem erbracht werden durch entsprechende Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss mehrerer aufgezählter Studienrichtungen sowie eine mindestens einjährige fachliche Tätigkeit und darüber hinaus das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung. Aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen ergebe sich eindeutig, dass sowohl die Vermittlung von Arbeitskräften als auch die sonstige Überlassung von Arbeitskräften zumindest im Zeitraum vom 01.10.2013 bis 06.04.2017 durch die Gewerbeinhaberin Frau B auf dem Gebiet der Republik X erbracht wurde. Aus der vorgelegten Arbeitsbestätigung vom 02.05.2017 ergebe sich, dass die Antragstellerin und Beschwerdeführerin seit 06.05.2015 im Unternehmen von Frau B beschäftigt ist. Ihrer Ansicht nach ergebe sich damit ausreichend, dass sie eine zumindest einjährige fachliche Tätigkeit in leitender Tätigkeit erbracht hat. Die Beschwerdeführerin habe am xx.xx.xxxx den Magistergrad in der Fachrichtung Tourismus und Freizeit, Fachgebiet internationaler Tourismus, erworben. § 1 Abs 1 Z 1 lit a der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung sehe die Möglichkeit der Erbringung der Zugangsvoraussetzungen im erfolgreichen Abschluss verschiedener Studienrichtungen vor. Die belangte Behörde habe das von ihr absolvierte Studium nicht als ein solches betrachtet, das entsprechend der Verordnung zur Erbringung des Befähigungsnachweises geeignet wäre. Sie habe richtigerweise einen entsprechenden Hochschulabschluss und eine zumindest einjährige fachliche Tätigkeit in leitender Stellung nachgewiesen. Auch habe sie die Module 1 und 2 der Befähigungsprüfung absolviert; bei diesen beiden Modulen handle es sich um die wesentlichen facheinschlägigen Komponenten. Die Ausbildnerprüfung und Unternehmerprüfung in den Modulen 3 und 4 sei für sie als Angestellte der Firma B nicht notwendig. Nachdem die Beschwerdeführerin beinahe sämtliche Voraussetzungen erfülle und nachgewiesen habe, die für den Erwerb der Befähigung an sich bereits vorgeschrieben wären, sei kein Grund ersichtlich, weshalb die Gewerbebehörde nicht das Vorliegen der individuellen Befähigung festgestellt hat. Aus diesem Grund werde die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend beantragt, dass die individuelle Befähigung der Beschwerdeführerin festgestellt wird.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.04.2018 gab die Beschwerdeführerin Folgendes an:

„Es ist richtig, dass ich seit 06.05.2015 bei der Firma B in W arbeite. Dieses Arbeitsverhältnis besteht weiterhin. Wenn ich gefragt werde, welche Tätigkeiten ich bei dieser Firma ausübte, so gebe ich an, dass ich für die Kunden dieser Firma die Steuerberatung und Buchführung durchführe. Dazu zählen auch Unternehmen, die die Vermittlung von Arbeitskräften in V ausüben. Für unsere deutschen Kunden und auch im Zuge der Schwesterfirma in V betreue ich unsere Kunden allgemein, erledige für sie Behördengänge; dabei kümmere ich mich sowohl um die Arbeitskräfte, die überlassen werden, als auch um die deutschen Unternehmen, denen die Arbeitskräfte überlassen werden. Die Vertretungen bei Behörden umfassen in der Regel Änderungsanträge, die Meldevorgänge gegenüber der Sozialversicherung und alles, was in diesem Zusammenhang an bürokratischem Aufwand anfällt.

Mein Rechtsvertreter legt dem Verhandlungsleiter die Arbeitskräfteüberlassungs-Prüfungsordnung vor, aus der der Inhalt der vier Module zu ersehen ist. Daraus ergibt sich, dass die für die praktische Ausübung des Gewerbes maßgeblichen Fächer in den von mir bereits absolvierten Modulen 1 und 2 enthalten sind. Diese Unterlage wird vom Verhandlungsleiter zum Akt genommen. Die im Akt befindliche Übersetzung über den Charakter, Zeitraum und Art der Gewerbetätigkeit auf dem Gebiet der Republik X zählt diejenigen Branchen auf, für die B nach xischem Recht die Steuerberatungs- und Buchführungstätigkeit ausüben darf. B beschäftigt in X neun Mitarbeiter.

Wenn mich der Verhandlungsleiter fragt, ob ich im Sinn des § 1 Abs 2 der Zugangsvoraussetzungen eine hauptberufliche Tätigkeit als Angestellte in leitender Stellung im Personalbereich oder als Werkstätten- oder Betriebsleiterin mit mindestens 20 Mitarbeitern mit eigener Personalverantwortung oder als selbstständige Unternehmerin oder geschäftsführende Gesellschafterin mit mindestens fünf Mitarbeitern ausgeübt habe, so verneine ich dies. Mein Rechtsvertreter wird dem Verwaltungsgericht allerdings weitere Unterlagen über meine Tätigkeit vorlegen, aus denen sich ergibt, dass ich für unsere Kunden in V nicht nur Steuerberatungs- und Buchführungstätigkeiten sondern Managementtätigkeiten ausgeübt habe, welche vergleichbar mit der Tätigkeit sind, die ich in Österreich als Gewerbeinhaberin auch auszuüben hätte.“

Im Rechtsmittelverfahren legte die Beschwerdeführerin die beglaubigte Übersetzung ihres Hochschuldiploms aus dem Xischen vor, weiters 8 Dokumente, die repräsentativ ihre Tätigkeit für das Schwesterunternehmen in T umschreiben.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin erhielt am xx.xx.xxxx von der Handelshochschule U den Magistergrad in der Fachrichtung „Tourismus und Freizeit, Spezialisierung: Internationaler Tourismus“ verliehen. Am xx.xx.xxxx legte sie bei der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer Oberösterreich erfolgreich die Module 1 und 2 der Befähigungsprüfung für das Gewerbe „Überlassung von Arbeitskräften“ ab. Seit 06.05.2015 ist sie bei der Firma B in W beschäftigt. Für die Kunden dieser Firma übt sie Steuerberatung und Buchführung aus. Dazu zählen auch Unternehmen, die die Vermittlung von Arbeitskräften in V ausüben. Ihre Dienstgeberin B ist als Einzelunternehmerin tätig; dieses Unternehmen betreibt in T ein Schwesterunternehmen, welches seit 2014 in V das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung ausübt. Für diese deutsche Schwesterfirma betreut die Beschwerdeführerin die Kunden allgemein, sie kümmert sich sowohl um die Arbeitskräfte, die überlassen werden, als auch um die deutschen Unternehmen, denen die Arbeitskräfte überlassen werden. So erledigt sie die anfallenden Behördengänge und alles, was in diesem Zusammenhang an bürokratischem Aufwand anfällt. So meldete sie beispielsweise mit E-Mail vom 25.09.2017 an die Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall, führte im Februar/März 2018 einen E-Mail-Verkehr mit der AOK T, Gesundheitskasse, über Versicherungsfragen, führte im April 2017 eine Korrespondenz mit der Firma G, wobei es hier um die Anbahnung neuer Geschäftstätigkeiten und Kundenbeziehungen ging, führte zwischen Oktober 2016 und Februar 2017 Korrespondenz mit der Handwerkskammer von S und R über die Eintragung in die Kammerliste, organisierte im März 2018 für einen Kunden die Zusammenstellung der Monteurtrupps bzw deren Einteilung, kommunizierte im Juni 2016 mit der Firma J GmbH & Co KG zum Zweck der Anbahnung einer möglichen Geschäftsbeziehung, führte im Juli 2017 Korrespondenz mit dem Jobcenter Q über die beabsichtigte Einstellung eines Mitarbeiters mit Behinderung zum Erhalt des entsprechenden Eingliederungszuschusses. All diese Tätigkeiten wurden für die Niederlassung der Firma B in P ausgeführt.

Eine Tätigkeit entsprechend § 1 Abs 2 der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung hat die Rechtsmittelwerberin nicht ausgeübt.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung und den von ihr vorgelegten Dokumenten.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Rechtsvorschriften von Bedeutung:

GewO 1994:

Befähigungsnachweis für reglementierte Gewerbe

§ 18. (1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für jedes reglementierte Gewerbe, hinsichtlich der im § 94 Z 14, 32, 33, 41 und 46 genannten Gewerbe und hinsichtlich des im § 94 Z 42 genannten Gewerbes, soweit es sich um die Tätigkeiten des Piercens und Tätowierens handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. Dabei hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu berücksichtigen, dass bei reglementierten Gewerben, bei denen der Qualifikation auf Grund der Richtlinie 92/51/EWG über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG oder der Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome Diplomniveau zukommt, dieses Diplomniveau gewahrt bleibt.

(2) Als Belege im Sinne des Abs. 1 kommen in Betracht

         1.       Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung bei den im § 94 als Handwerke bezeichneten reglementierten Gewerben oder über eine sonstige Befähigungsprüfung;

         2.       Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung;

         3.       Zeugnis über den Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität;

         4.       Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Fachhochschul-Studienganges;

         5.       Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schule;

         6.       Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Lehrganges;

         7.       Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung;

         8.       Zeugnis über eine fachliche Tätigkeit;

         9.       Zeugnis über eine Tätigkeit in leitender Stellung;

         10.      Zeugnis über eine Tätigkeit als Betriebsleiter;

         11.      Nachweise über eine Tätigkeit als Selbstständiger.

(3) Unter fachlicher Tätigkeit (Abs. 2 Z 8) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind. Unter Tätigkeit in leitender Stellung (Abs. 2 Z 9) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die überwiegend mit fachspezifischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens verbunden ist. Unter Tätigkeit als Betriebsleiter (Abs. 2 Z 10) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die in einer der folgenden Funktionen ausgeübt wurde

         1.       als Leiter des Unternehmens oder einer Zweigniederlassung oder

         2.       als Stellvertreter des Unternehmers oder des Leiters des Unternehmens, wenn mit dieser Stellung eine Verantwortung verbunden ist, die der des vertretenen Unternehmers oder Leiters entspricht oder

         3.       in leitender Stellung je nach der Eigenart des betreffenden Gewerbes mit kaufmännischen oder mit kaufmännischen und technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens.

(4) Wenn es Gründe der Abwehr von besonderen Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen erfordern, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung festzulegen, dass Zeugnisse im Sinne des Abs. 2 für ein Gewerbe nicht mehr zu berücksichtigen sind, wenn der Inhaber des Zeugnisses seit der Prüfung, dem Abschluss der Ausbildung oder seit der fachlichen Tätigkeit, die durch das betreffende Zeugnis bescheinigt wird, zehn Jahre nicht mehr die den Gegenstand des betreffenden Gewerbes bildenden Tätigkeiten ausgeübt hat.

(5) Bei Schulen, bei denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, ist der erfolgreiche Besuch (Abschluss) durch das Abschlussprüfungszeugnis (Reifeprüfungszeugnis), bei Schulen, bei denen keine Abschlussprüfung vorgesehen ist, durch das Abschlusszeugnis (Jahreszeugnis) nachzuweisen. Als Abschluss eines Studiums gilt der Abschluss eines Diplom-, Bachelor-, Master- oder Doktoratsstudiums. Als Abschluss eines Fachhochschul-Studienganges gilt der Abschluss eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges, eines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges.

(Anm.: Abs. 6 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 85/2012)

(7) Der Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Gärtner (§ 94 Z 24) kann auch durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Gärtnermeisterprüfung gemäß den Vorschriften über die land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildung erbracht werden.

Individueller Befähigungsnachweis

§ 19. Kann der nach § 18 Abs. 1 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt. § 373d Abs. 5 ist sinngemäß anzuwenden.

Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung:

Zugangsvoraussetzungen

§ 1. (1) Die fachliche Qualifikation zum Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (§ 94 Z 72 GewO 1994) wird durch folgende Belege erbracht:

         1.       Zeugnisse über

         a)       den erfolgreichen Abschluss einer der folgenden Studienrichtungen: Rechtswissenschaften, Soziologie, Sozialwirtschaft, Statistik, Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Handelswissenschaften, Wirtschaftspädagogik, angewandte Betriebswirtschaft, internationale Betriebswirtschaft, Wirtschaftsingenieurwesen – Bauwesen, Wirtschaftsingenieurwesen – Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen – Technische Chemie oder eines fachlich einschlägigen Fachhochschul-Studienganges und jeweils eine mindestens einjährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder

         b)       den erfolgreichen Abschluss einer Handelsakademie oder deren Sonderformen oder einer Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe oder deren Sonderformen oder einer Höheren Lehranstalt für Tourismus oder der Höheren Lehranstalt für Betriebstechnik bzw. der Höheren Lehranstalt für Wirtschaftsingenieurwesen oder einer Höheren Lehranstalt für elektronische Datenverarbeitung und Organisation oder einer Höheren Lehranstalt für Bautechnik – Ausbildungszweig Bauwirtschaft, jeweils einschließlich deren Sonderformen oder eines Lehrganges gemäß § 40a AHStG in der geltenden Fassung, jeweils mit Schwerpunkt Betriebswirtschaftslehre und jeweils eine mindestens eineinhalbjährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder

         c)       den erfolgreichen Abschluss einer nicht unter Z 2 fallenden berufsbildenden höheren Schule oder einer allgemein bildenden höheren Schule oder deren Sonderformen und jeweils eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder

         d)       den erfolgreichen Abschluss einer Handelsschule oder der Sonderform der Handelsschule gemäß § 61 Abs. 1 lit. a des Schulorganisationsgesetzes in der geltenden Fassung oder einer mindestens dreijährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe oder einer Hotelfachschule oder die erfolgreiche Ablegung einer Meisterprüfung, einer Befähigungsprüfung oder der Lehrabschlussprüfung in einem kaufmännischen Lehrberuf und jeweils eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) und

         2.       das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung.

(2) Als fachliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 gilt eine hauptberufliche Tätigkeit als Angestellter in leitender Stellung im Personalbereich oder als Werkstätten- oder Betriebsleiter mit mindestens 20 Mitarbeitern mit eigener Personalverantwortung oder als selbstständiger Unternehmer oder geschäftsführender Gesellschafter mit mindestens fünf Mitarbeitern.

Übergangsbestimmung

§ 2. Zeugnisse über erfolgreich abgelegte Prüfungen, die gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 sowie Zeugnisse über abgelegte Prüfungen, die gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 507/1996 erworben worden sind, gelten als Zeugnisse über die erfolgreich absolvierte Ausbildung gemäß § 1.

V.       Erwägungen:

Die fachliche Qualifikation zum Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften nach § 94 Z 72 GewO 1994 kann durch die Vorlage verschiedener Zeugnisse und den Nachweis einer fachlichen Tätigkeit im Sinn des § 1 Abs 2 der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung oder durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung erbracht werden. Der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Hochschulabschluss im Fach Tourismus und Freizeit, Spezialisierung: Internationaler Tourismus, kann gleichgesetzt werden einem Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss einer Höheren Lehranstalt für Tourismus im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 lit b der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung. Diese Bestimmung sieht in praktischer Hinsicht eine mindestens eineinhalbjährige fachliche Tätigkeit im Sinn des Abs 2 vor. Eine Tätigkeit, die genau diesen Kriterien entspricht, hat die Rechtsmittelwerberin nicht absolviert. Andererseits hat sie zwei der vier Module der Befähigungsprüfung im Sinn des § 18 Abs 2 Z 1 GewO abgelegt, es fehlen ihr für den erfolgreichen Abschluss der Befähigungsprüfung noch die Module 3 und 4. Frau AA kann somit weder die hinsichtlich § 1 Abs 1 Z 1 noch Z 2 der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung erforderlichen Belege erbringen.

Da somit der nach § 18 Abs 1 vorgeschriebene Befähigungsnachweis von der Beschwerdeführerin nicht erbracht werden kann, hatte die Behörde festzustellen, ob durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Module 1 und 2 der Arbeitskräfteüberlassungs-Prüfungsordnung enthalten die für die Ausübung des Gewerbes maßgeblichen Fächer. Die Module 3 und 4 mit Ausbildnerprüfung und Unternehmerprüfung sind für die Beschwerdeführerin als Arbeitnehmerin von keiner praktischen Relevanz. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass Frau AA die Kenntnisse über die einschlägigen österreichischen Vorschriften und Fertigkeiten verfügt. Dadurch, dass sie nachgewiesenermaßen für das Schwesterunternehmen der Firma B, welches seit 2014 in V das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung ausübt, die verschiedensten behördlichen Erledigungen und sonstige organisatorische Tätigkeiten ausübt, geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Rechtsmittelwerberin die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen aufweist, weshalb der bekämpfte Bescheid dahingehend abzuändern war, dass das Vorliegen der individuellen Befähigung für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 94 Z 72 GewO festgestellt wird.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Individueller Befähigungsnachweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.25.0166.5

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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