TE Vwgh Beschluss 2018/4/27 Ra 2018/04/0091

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.04.2018
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/02 Energierecht;

Norm

MinroG 1999 §193 Abs1;
MinroG 1999 §2 Abs1 Z1;
VStG §31;
VStG §32 Abs2;
VStG §32;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §38;
VwGVG 2014 §50;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Krems gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 9. März 2018, Zl. LVwG-S-453/001-2017, betreffend Bestrafung nach dem Mineralrohstoffgesetz (mitbeteiligte Partei: J P, vertreten durch die Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KG in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems (belangte Behörde, Revisionswerberin) wurde dem Mitbeteiligten als handelsrechtlichem Geschäftsführer der P GmbH vorgeworfen, er trage die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung dafür, dass die P GmbH am 27. Juni 2015 auf näher bezeichneten Grundstücken in näher beschriebenen Bereichen Schotter abgebaut habe, ohne dass dies durch eine Bergbauberechtigung gedeckt gewesen wäre, weil die Abbauflächen nicht durch den genehmigten Gewinnungsbetriebsplan umfasst gewesen seien. Dadurch habe der Mitbeteiligte § 193 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 1, § 84 Abs. 1 und § 116 Abs. 1 Mineralrohstoffgesetz (MinroG) verletzt, weshalb die Behörde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 300,- verhängte.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. März 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einvernahme des Mitbeteiligten sowie zweier Zeugen (des Amtssachverständigen für Geologie, der die Überschreitung der Abbaugrenze und Abbautiefe festgestellt hatte, und eines Mitarbeiters des verantwortlichen Markscheiders) -

der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt, hob den bekämpften Bescheid auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein. Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

Bei einer Überprüfungsverhandlung am 27. Mai 2015 aus Anlass der Neubestellung des verantwortlichen Markscheiders sei - so das Verwaltungsgericht - festgestellt worden, dass eine näher beschriebene Abbaugrenze um rund vier Meter und die Abbautiefe um bis zu drei Meter überschritten worden sei. Die Abbauarbeiten in den betroffenen Bereichen seien Ende 2014 beendet worden. Letzteres ergebe sich - so das Verwaltungsgericht in seiner Beweiswürdigung - aus den Aussagen des Mitbeteiligten und des Mitarbeiters des verantwortlichen Markscheiders, der angegeben habe, seit Übernahme der Tätigkeit als Markscheider (im Oktober 2014) hätten in den gegenständlichen Bereichen keine Arbeiten stattgefunden. Aus dem Bericht des Markscheiders ergebe sich zudem, dass der Abbau im Jahr 2015 projektkonform innerhalb der Abbaugrenzen erfolgt sei. Gestützt auf die Aussage des Vertreters der belangten Behörde hielt das Verwaltungsgericht weiter fest, dass es sich bei dem im Straferkenntnis angeführten Tattag 27. Juni 2015 um einen Tippfehler handle, gemeint gewesen sei der Tag der genannten Überprüfungsverhandlung, somit der 27. Mai 2015.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes handle es sich bei der vorgeworfenen Übertretung des MinroG nicht um ein Dauerdelikt, bei dem auch die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes strafbar sei. Tatzeit könne daher nur jener Zeitraum sein, in dem mineralische Rohstoffe ohne entsprechende Bergbauberechtigung gewonnen worden seien. Wie festgestellt worden sei habe die P GmbH aber weder an dem im Spruch angeführten Tag noch am Tag der Überprüfungsverhandlung mineralische Rohstoffe außerhalb des genehmigten Abbaugebietes aufgesucht oder gewonnen. Die vorgeworfene Tathandlung sei nicht bloß unterbrochen, sondern bereits beendet gewesen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die belangte Behörde führt zur Zulässigkeit der Revision aus, das Gewinnen von mineralischen Rohstoffen erschöpfe sich nach der Definition des § 1 Z 2 MinroG nicht in der Tätigkeit des Abbauens, sondern darunter seien auch damit in Zusammenhang stehende vorbereitende, begleitende und nachfolgende Tätigkeiten zu verstehen. Dies habe das Verwaltungsgericht gänzlich außer Acht gelassen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes liege daher ein Begehungsdelikt vor, das nicht "mit dem Ende der ausschließlichen Abbautätigkeit abgeschlossen" sei. Zur Frage, wann ein deliktisches Handeln beim Begriff "Gewinnen" als abgeschlossen angesehen werden könne, gebe es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

6 Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht - auch wenn im angefochtenen Erkenntnis wiederholt auf den nicht vorliegenden "Abbau" von mineralischen Rohstoffen Bezug genommen wurde - die Aufhebung des Straferkenntnisses damit begründet hat, dass zum vorgehaltenen Tatzeitraum außerhalb des genehmigten Abbaugebietes mineralische Rohstoffe nicht "aufgesucht oder gewonnen" worden seien. Dabei stützte sich das Verwaltungsgericht auf die Aussage des einvernommenen Zeugen, wonach seit Oktober 2014 im betroffenen Bereich keine Arbeiten mehr stattgefunden hätten. Dem angefochtenen Erkenntnis lässt sich somit nicht entnehmen, dass das Verwaltungsgericht nur auf den Abbau mineralischer Rohstoffe, nicht jedoch auf andere, damit zusammenhängende Tätigkeiten abgestellt hat (dass vorliegend zum Tatzeitpunkt mit dem Abbau zusammenhängende Tätigkeiten - siehe allgemein zu diesen VwGH 4.9.2002, 2001/04/0120; 17.4.1998, 96/04/0293 - erfolgt wären, wird im Übrigen auch im Zulässigkeitsvorbringen nicht behauptet).

7 Vor allem aber ist der Revisionswerberin entgegenzuhalten, dass dem Mitbeteiligten im Straferkenntnis vorgeworfen wurde, die P GmbH habe zum fraglichen Zeitpunkt "Schotter abgebaut". Dass dem Mitbeteiligten die Vornahme damit zusammenhängender begleitender oder nachfolgender Tätigkeiten vorgehalten worden wäre, wird weder vorgebracht, noch ist dies ersichtlich.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat festgehalten, dass "Sache" des Verwaltungsstrafverfahrens die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung, ist. Eine Verfolgungshandlung im Sinn der §§ 31 und 32 VStG muss eine bestimmte Verwaltungsübertretung zum Gegenstand haben, was erfordert, dass sie sich auf alle der späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen muss (siehe zu all dem VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226, mwN). Eine Befugnis der Verwaltungsgerichte zur Ausdehnung des Gegenstands des Verfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinn des § 50 VwGVG hinaus, etwa durch Ausdehnung des Tatzeitraumes, wurde durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle nicht geschaffen (siehe VwGH 5.11.2014, Ra 2014/09/0018). Eine Änderung der Tathandlung oder der Tatzeit durch das Verwaltungsgericht wäre daher unzulässig gewesen.

9 Somit kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage fallbezogen nicht an. Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen auf Grund von Revisionen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht berufen (siehe VwGH 25.7.2016, Ro 2014/02/0073, mwN).

10 Dass das Verwaltungsgericht die bloße Aufrechterhaltung eines durch einen rechtswidrigen Abbau bewirkten Zustandes nach § 193 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 1 MinroG für sich allein nicht als strafbar erachtet hat, ist nicht zu beanstanden.

11 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018040091.L00

Im RIS seit

23.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten